VwGH 2012/06/0061

VwGH2012/06/00613.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des J L, 2. des C L und

3. der C H, alle in J, alle vertreten durch Dr. Matthias Lüth und Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Herzog-Friedrich-Straße 39, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. Februar 2012, Zl. RoBau-8-1/723/2- 2011, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. und 2. S und J S in J, 3. Gemeinde J), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §25;
BauRallg;
ROG Tir 2011 §41;
ROG Tir 2011 §42;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und des vorgelegten, angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte kamen mit dem Baugesuch vom 28. März 2011 (eingebracht bei der Gemeinde am 29. März 2011) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Abbruch und den Wiederaufbau eines bestehenden Wohnhauses (Wohnteil eines Bauernhauses) auf einem Grundstück im Gemeindegebiet ein. Das Grundstück ist als Freiland gewidmet.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines unmittelbar angrenzenden Grundstückes und erhoben in der Bauverhandlung vom 21. April 2011 Einwendungen gegen das Vorhaben.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Juli 2011 wurde die baubehördliche Bewilligung zum Abbruch und zum Wiederaufbau des Wohnteiles des bestehenden Bauernhauses unter Auflagen erteilt und die Einwendungen teils zurück und teils abgewiesen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 23. August 2011 abgewiesen wurde.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es zur Begründung, es handle sich hier um einen Abbruch und Wiederaufbau eines Bauernhauses (Wohnteil) im Freiland. Dem Nachbarn komme ein Mitspracherecht zu den Festlegungen des Flächenwidmungsplanes nur insoweit zu, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden sei. Dies sei bei der Widmung Freiland nicht der Fall. Den Beschwerdeführern komme daher kein Mitspracherecht zur Frage zu, ob das vom Gesetz vorgesehene Maß einer zulässigen Vergrößerung des Gebäudes eingehalten werde. Im Übrigen werde dieses Maß eingehalten (wurde näher ausgeführt). Hinsichtlich der Einwendung, dass die Nutzung nicht nur als Wohngebäude, sondern auch als Büroräumlichkeit geplant sei, sei den Ausführungen der Berufungsbehörde zu folgen, wonach es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handle, in dem ausschließlich auf Grund der Einreichunterlagen zu entscheiden sei. Im Falle einer abweichenden Bauführung oder Verwendung habe die Behörde einen baupolizeilichen Auftrag zu erlassen.

Zur Frage der Ableitung der Oberflächenwässer komme dem Nachbarn ebenfalls kein Mitspracherecht zu.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Zum Zeitpunkt der Einbringung des Baugesuches galt die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94, in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009. Während des gemeindebehördlichen Bauverfahrens trat mit 1. Juli 2011 die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 in Kraft. Die TBO 2001 wurde in der Fassung dieser Novelle mit der Kundmachung LGBl. Nr. 57/2011 mit Wirkung (ebenfalls) vom 1. Juli 2011 als Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) wiederverlautbart. Nach den Übergangsbestimmungen der Novelle LGBl. Nr. 48/2011 ist § 25 TBO 2001 in der vor der Novelle geltenden Fassung in anhängigen Bauverfahren weiterhin anzuwenden; dies trifft im Beschwerdefall zu.

§ 25 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

"(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
  3. d) der Abstandsbestimmungen des § 6;
  4. e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001."

    Bei Einbringung des Baugesuches galt das Tiroler Raumordnungsgesetz 2006, LGBl. Nr. 27 (Wiederverlautbarung - TROG 2006), das durch die Novelle LGBl. Nr. 47/2011 mit Wirkung vom 1. Juli 2011 novelliert wurde. Es wurde mit der Kundmachung LGBl. Nr. 56/2011 in der Fassung dieser Novelle mit Wirkung ebenfalls vom 1. Juli 2011 als Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 - TROG 2011 wiederverlautbart. Durch die Novelle LGBl. Nr. 47/2011 kam es unter anderem zu Änderungen der §§ 41 und 42 TROG 2006, die auf Grund der Übergangsbestimmungen dieser Novelle auch auf bestehende Widmungen anzuwenden sind.

    Die §§ 41 und 42 TROG 2011 lauten:

    "§ 41

    Freiland

(1) Als Freiland gelten alle Grundflächen des Gemeindegebietes, die nicht als Bauland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmet sind und die nicht Verkehrsflächen nach § 53 Abs. 3 erster Satz sind.

(2) Im Freiland dürfen errichtet werden:

a) ortsübliche Städel in Holzbauweise, die der Lagerung landwirtschaftlicher Produkte und landwirtschaftlicher Betriebsmittel mit Ausnahme von Kraftfahrzeugen, die den kraftfahrrechtlichen Vorschriften unterliegen, dienen,

  1. b) Bienenhäuser in Holzbauweise mit höchstens 20 m2 Nutzfläche,
  2. c) Jagd- und Fischereihütten mit höchstens 10 m2 Nutzfläche, wenn diese Gebäude zur Verwirklichung des jeweiligen Verwendungszweckes nach Größe und Ausstattung unbedingt erforderlich sind,
  3. d) Kapellen mit höchstens 20 m2 Grundfläche,
  4. e) den baurechtlichen Vorschriften unterliegende Aussichtsplattformen, Brückenbauten, Verbauungen zum Schutz vor Naturgefahren und dergleichen,
  5. f) allgemein zugängliche Kinderspielplätze,
  6. g) Nebengebäude und Nebenanlagen mit Ausnahme von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen mit einer Kollektorfläche von mehr als 20 m2.

    § 42

    Um- und Zubauten, Änderung des Verwendungszweckes und Wiederaufbau von Gebäuden im Freiland

(1) Im Freiland sind Umbauten von Hofstellen und von sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden sowie Änderungen von land- und forstwirtschaftlichen Anlagen mit Ausnahme von wesentlichen Erweiterungen zulässig. Zubauten zu Hofstellen und die Verwendung von bisher zu betrieblichen Zwecken genutzten Räumen von Hofstellen zu Wohnzwecken sind nur unter den Voraussetzungen nach § 44 Abs. 4 zulässig. Gebäude, die ausschließlich betrieblichen Zwecken dienen, dürfen jedoch nicht zu Wohnzwecken verwendet werden. Zubauten zu sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden mit Ausnahme von Kleingebäuden nach § 41 Abs. 2 lit. b und c, insbesondere zu Almhütten und Forsthütten, und wesentliche Erweiterungen land- und forstwirtschaftlicher Anlagen sind nur zulässig, wenn sie betriebswirtschaftlich erforderlich sind. Zubauten zu Kleingebäuden nach § 41 Abs. 2 lit. b und c sind unter denselben Voraussetzungen wie die Errichtung dieser Gebäude zulässig.

(2) Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb aufgelassen, so darf das Wohngebäude bzw. der Wohnteil der Hofstelle weiterhin zu Wohnzwecken verwendet werden, wenn die Hofstelle in ihrer Substanz und ihrem Erscheinungsbild im Wesentlichen erhalten wird. Unter dieser Voraussetzung sind auch Zu- und Umbauten des Wohngebäudes bzw. des Wohnteiles zulässig. Durch Zubauten und die Verwendung von ehemals zu betrieblichen Zwecken genutzten Räumen von Hofstellen zu Wohnzwecken darf die Baumasse des Wohngebäudes bzw. Wohnteiles um insgesamt nicht mehr als 25 v. H. vergrößert werden, wobei eine Vergrößerung der Baumasse um höchstens 300 m3 jedenfalls zulässig ist. Die Wohnnutzfläche des Wohngebäudes bzw. Wohnteiles darf dabei höchstens bis auf 300 m2 vergrößert werden. Im Übrigen ist die Verwendung von ehemals zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden und Gebäudeteilen zu anderen Zwecken nicht zulässig. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gilt als aufgelassen, wenn die Hofbewirtschaftung eingestellt worden ist und die zum Hof gehörenden landwirtschaftlich nutzbaren Grundflächen veräußert worden sind.

(3) Im Freiland sind Umbauten anderer als land- und forstwirtschaftlicher Gebäude sowie Zubauten zu solchen Gebäuden mit Ausnahme von Kapellen zulässig, mit denen die Baumasse (§ 61 Abs. 3) gegenüber dem ursprünglichen Gebäude um insgesamt nicht mehr als 25 v. H. vergrößert wird, wobei eine Vergrößerung der Baumasse um höchstens 300 m3 jedenfalls zulässig ist. Zubauten zu Kapellen sind nur zulässig, wenn das Gesamtausmaß der Grundfläche 20 m2 nicht übersteigt. Die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen ist mit Ausnahme von wesentlichen Erweiterungen zulässig.

(4) Gebäude im Sinn des Abs. 3 erster Satz, die ausschließlich betrieblichen Zwecken dienen, dürfen nicht zu Wohnzwecken verwendet werden. Gebäude im Sinn des Abs. 3 erster Satz, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, dürfen nicht zu betrieblichen Zwecken verwendet werden. Der Verwendungszweck von Gebäuden im Sinn des Abs. 3 erster Satz, die teils betrieblichen Zwecken und teils Wohnzwecken dienen, darf insoweit geändert werden, als dadurch die Baumasse der ursprünglich zu betrieblichen Zwecken bzw. zu Wohnzwecken genutzten Gebäudeteile um insgesamt nicht mehr als 25 v. H. erweitert wird, wobei eine Erweiterung der Baumasse um höchstens 300 m3 jedenfalls zulässig ist. Die durch einen allfälligen Zubau nach Abs. 3 neu geschaffene Baumasse ist einzurechnen.

(5) Werden durch ein Bauvorhaben nach Abs. 1 bis 4 bisher ungenutzte Gebäudeteile, insbesondere leer stehende Dachböden, einer Verwendung zugeführt, so darf die auf diese Gebäudeteile entfallende Baumasse die übrige Baumasse des Gebäudes um höchstens 25 v. H. übersteigen, wobei eine Vergrößerung der Baumasse um höchstens 300 m3 jedenfalls zulässig ist. Die durch einen allfälligen Zubau neu geschaffene Baumasse ist einzurechnen.

(6) Im Fall des Abbruches oder der sonstigen Zerstörung eines im Freiland nach den baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehenden Gebäudes darf, soweit dies baurechtlich sonst zulässig ist, stattdessen ein Neubau errichtet werden, sofern die Baubewilligung hierfür innerhalb von fünf Jahren nach der Zerstörung des betreffenden Gebäudes erteilt wird. In diese Frist sind die Zeiten des Bauverfahrens, eines Verfahrens vor der Vorstellungsbehörde, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinn des § 72 nicht einzurechnen. Der Wiederaufbau darf auch in unmittelbarer Nähe des zerstörten Gebäudes erfolgen, wenn dieser an derselben Stelle baurechtlich nicht möglich wäre oder berechtigten Interessen des Bauwerbers widersprechen würde. Hofstellen aufgelassener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dürfen nur unter der Voraussetzung, dass sie in ihrer Substanz und ihrem Erscheinungsbild im Wesentlichen wieder hergestellt werden, wieder aufgebaut werden. Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau von anderen als land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden ist eine Änderung des Verwendungszweckes im Rahmen des Abs. 4 zulässig.

(7) Die Wohnnutzfläche (§ 44 Abs. 3) von wieder errichteten Hofstellen darf 300 m2, wenn jedoch die Wohnnutzfläche der früheren Hofstelle mehr als 300 m2 betragen hat, das bisherige Ausmaß der Wohnnutzfläche nicht übersteigen. Die betriebliche Nutzfläche von wieder errichteten Hofstellen und sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden muss unter Bedachtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des jeweiligen Betriebes angemessen sein. Die Baumasse von wieder errichteten anderen als land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden einschließlich der Wohngebäude bzw. Wohnteile von Hofstellen aufgelassener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe darf die Baumasse des früheren Gebäudes in seiner ursprünglichen Form um nicht mehr als 25 v. H. übersteigen. Zubauten zu solchen wieder errichteten Gebäuden sind nur insoweit zulässig, als die Baumasse gegenüber dem früheren Gebäude in seiner ursprünglichen Form um insgesamt nicht mehr als 25 v. H. vergrößert wird. Eine Vergrößerung der Baumasse um höchstens 300 m3 ist in den Fällen des dritten und vierten Satzes jedenfalls zulässig. Die Wohnnutzfläche des Wohngebäudes bzw. Wohnteiles von Hofstellen aufgelassener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe darf überdies 300 m2 nicht übersteigen. Im Übrigen gilt Abs. 5 sinngemäß.

(8) In den Fällen des Abs. 3 erster Satz und Abs. 7 dritter und vierter Satz ist bei Gebäuden, die am 30. Juni 1976 bereits bestanden haben, von der zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig bestandenen Baumasse und bei allen übrigen Gebäuden von jener Baumasse auszugehen, die das ursprüngliche bzw. frühere Gebäude aufgrund der erstmalig erteilten Baubewilligung aufgewiesen hat. Im Fall des Abs. 4 dritter Satz gilt dies gleichermaßen hinsichtlich der ursprünglich zu betrieblichen Zwecken bzw. zu Wohnzwecken genützten Gebäudeteile. Wird ein Grundstück in Freiland rückgewidmet, so ist von der Baumasse im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rückwidmung auszugehen."

Die Beschwerdeführer machen geltend, es werde das bestehende Einfamilienhaus zu einem Dreifamilienhaus ausgebaut, weiters sei eine Büronutzung zu erwarten. Es möge zwar zutreffen, dass es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handle, in dem auf Grundlage der Projektunterlagen zu entscheiden sei, und die Behörde im Falle einer abweichenden Bauführung oder Änderung des Verwendungszweckes nach § 39 TBO vorzugehen habe (Bauauftrag), aber gerade durch diese "zweckwidrige Verwendung" als Büro sei mit erhöhten Immissionen in Form eines erhöhten Verkehrsaufkommens zu rechnen. Auch angesichts der Erweiterung zu einem Dreifamilienhaus sei mit mehr Immissionen (erhöhtes Verkehrsaufkommen, Lärmimmissionen) zu rechnen. Dazu müsse den Nachbarn wie bei einer Bauführung im Bauland ein Mitspracherecht zustehen, dies ebenfalls zur Frage der Ableitung der Oberflächenwässer.

Gemäß § 25 Abs. 3 lit. a TBO 2001 kommt dem Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes zu, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist. Daraus ergibt sich, dass dem Nachbarn kein Mitspracherecht hinsichtlich der Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan schlechthin zusteht, sondern nur insoweit, als mit der Flächenwidmung ein Immissionsschutz verbunden ist. Die Flächenwidmung Freiland gewährt - auch in der neuen Fassung - keinen Immissionsschutz (siehe zur alten Fassung das hg. Erkenntnis vom 30. März 2004, Zl. 2003/06/0065). Die Beschwerdeführer können daher nicht mit Erfolg geltend machen, durch die beabsichtigte Erweiterung des Gebäudes von einem Einauf ein Dreifamilienhaus wie nicht minder durch die "zweckwidrige Verwendung" als Büro sei mit erhöhten Immissionen zu rechnen, wobei die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen hat, dass das Baugenehmigungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist und daher auf mögliche Immissionen durch eine nicht projektierte (und auch nicht bewilligte) Verwendung als Büro nicht Bedacht zu nehmen ist. Im Übrigen wäre ein Wohnhaus auch im "Wohngebiet" gemäß § 38 TROG 2011 uneingeschränkt zulässig, und es sind in einem solchen Gebiet auch Gebäude, die neben Wohnzwecken im untergeordneten Ausmaß auch der Unterbringung von Büros, Kanzleien und Ordinationen und dergleichen dienen, zulässig (§ 38 Abs. 1 lit. c TROG 2011).

Ebensowenig kommt den Beschwerdeführern als Nachbarn ein Mitspracherecht im Sinne des § 25 TBO 2001 zur Frage zu, ob bei der projektierten Erweiterung die vom Gesetz vorgesehene höchstzulässige Fläche (siehe § 42 TROG 2011) eingehalten wird oder nicht (vgl. dazu abermals das hg. Erkenntnis vom 30. März 2004, Zl. 2003/06/0065).

Zutreffend hat die belangte Behörde auch erkannt, dass den Beschwerdeführern angesichts dessen, dass die Freilandwidmung keinen Immissionsschutz vorsieht, und auch sonst mangels Aufzählung im Katalog des § 25 Abs. 3 TBO 2001 kein Mitspracherecht zur Frage der Ableitung von Oberflächenwässern zukommt. (Allfällige Abwehransprüche nach dem bürgerlichen Recht werden dadurch nicht berührt.)

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 3. Mai 2012

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