VwGH 2012/03/0108

VwGH2012/03/010818.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden der Agesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Stephansplatz 8a, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 1.) 6. Juni 2012, Zl BMVIT-841.349/0013- IV/ST7/20 12 (zur hg Zl 2012/03/0108), 2.) 6. Juni 2012, Zl BMVIT- 841.632/0014-IV/ST7/20 12 (zur hg Zl 2012/03/0109),

3.) 6. Juni 2012, Zl BMVIT-842.024/0015-IV/ST7/20 12 (zur hg Zl 2012/03/0110), 4.) 6. Juni 2012, Zl BMVIT-842.023/0018- IV/ST7/20 12 (zur hg Zl 2012/03/0111), betreffend Konzession nach dem Kraftfahrliniengesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. L Tours in U, Serbien (zu den hg Zlen 2012/03/0108 und 0109), 2. G GesmbH in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 44/7 (zu den hg Zlen 2012/03/0110 und 0111)), zu Recht erkannt:

Normen

12010E049 AEUV Art49;
12010E054 AEUV Art54;
12010E058 AEUV Art58;
32009R1073 Personenkraftverkehrsmarkt Art1 Abs2;
62009CJ0338 Yellow Cab Verkehrsbetrieb VORAB;
EURallg;
KflG 1999 §1 Abs3;
KflG 1999 §14;
KflG 1999 §29 Abs1;
KflG 1999 §3 Abs2;
KflG 1999 §4;
KflG 1999 §7 Abs1 Z4 litb idF 2013/I/032;
KflG 1999 §7 Abs1 Z4 litb;
KflG 1999 §7 Abs1;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 5.305,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Den angefochtenen Bescheiden liegen Anträge der erstmitbeteiligten Partei vom 1. November 2011 sowie der zweitmitbeteiligten Partei vom 17. November 2011 auf Erteilung der Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecken der internationalen Kraftfahrlinien Arandelovac - Sabac - Wien (hg Zl 2012/03/0108) und Arandelovac - Ub - Belgrad - Wien (hg Zl 2012/03/0109) bzw Wien - Sabac - Arandelovac (hg Zl 2012/03/0110) und Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac (hg Zl 2012/03/0111) zugrunde.

2. Mit dem zur hg Zl 2012/03/0108 angefochtenen Bescheid wurde der erstmitbeteiligten Partei gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs 1 Z 1 bis 3 Kraftfahrliniengesetz (KflG) unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke "Wien IV, Südtiroler Platz (Busbahnhof) - Wiedner Gürtel - Landstraßer Hauptstraße - Schlachthausgasse - Auffahrt A 4 - A 4 - österreichisch/ungarische Staatsgrenze bei Nickelsdorf" der internationalen Kraftfahrlinie Arandelovac - Sabac - Wien auf die Dauer von fünf Jahren (6. Juni 2012 bis zum 5. Juni 2017) erteilt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides findet sich eine Darstellung der bisherigen Konzessionsverhältnisse zwischen der beschwerdeführenden Partei und der erstmitbeteiligten Partei:

Demnach seien der beschwerdeführenden Partei sowie der erstmitbeteiligten Partei mit Bescheiden vom 12. Juni 2008 die Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der Linie Wien - Obrenovac - Arandelovac bis zum 11. Juni 2013 wieder erteilt worden.

Mit Schreiben vom 28. März 2011 habe die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Partnerwechsel von der erstmitbeteiligten Partei auf die F GiZ sowie die Genehmigung zur Beauftragung des österreichischen Verkehrsunternehmens A I bei gleichzeitigem Widerruf der Beauftragung des bisherigen serbischen Reziprokpartners, der erstmitbeteiligten Partei, gestellt. Der Antrag auf Beauftragung der Unternehmerin A I sei mit Schreiben vom 24. November 2011 zurückgezogen worden, jener auf Partnerwechsel aufrecht geblieben.

Schließlich hätten die zweitmitbeteiligte Partei und die erstmitbeteiligte Partei den gegenständlichen Antrag auf Erteilung der Konzession für die österreichische Teilstrecke der internationalen Linie "Wien - Sabac - Debrc - Ub - Lazarevac - Arandelovac" (richtig wohl: Arandelovac - Sabac - Wien ) gestellt.

Im angefochtenen Bescheid werden außerdem die im Ermittlungsverfahren eingeholten Stellungnahmen im Wortlaut wiedergegeben:

Die beschwerdeführende Partei wandte sich in ihrer Stellungnahme vom 4. Jänner 2012 unter anderem dagegen, dass die Anträge der erstmitbeteiligten Partei als Anträge auf Erteilung der Konzessionen zum Betrieb von insgesamt bereits genehmigten Kraftfahrlinien eingestuft würden. Es sei vielmehr von gänzlich neuen, zu den bestehenden Kraftfahrlinien hinzutretenden Streckenführungen zwischen Wien und Arandelovac auszugehen.

Nach einer Korrektur des Fahrplans und der Beförderungspreise und der Einleitung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens erstattete die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 4. April 2012 neuerlich eine Stellungnahme, in der sie unter anderem ausführte, dass sie zufolge des Bescheides der belangten Behörde vom 12. Juni 2008 im Besitz der Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Obrenovac - Arandelovac, befristet bis zum 11. Juni 2013, sei. Diese Kraftfahrlinie sei ganzjährig mit drei Kurspaaren wöchentlich (Montag, Donnerstag und Freitag ab Wien; Donnerstag und Samstag ab Arandelovac) zu betreiben. Die Kursfahrten ab Wien würden montags und donnerstags um 18:00 Uhr und freitags um 17:00 Uhr verkehren, die Kursfahrten ab Arandelovac donnerstags und sonntags um 4:45 Uhr sowie sonntags auch noch um 11:00 Uhr. Dieser für die beschwerdeführende Partei und die erstmitbeteiligte Partei genehmigte reziproke Verkehrsdienst diene nicht im Wesentlichen touristischen Zwecken, da ein etwa gleichgelagerter Verkehrsnutzermix wie auf der internationalen Linie Wien - Belgrad erhoben worden sei; die beschwerdeführende Partei verwies dabei auf eine weitere Stellungnahme vom 2. April 2012 (siehe dazu näher im Folgenden unter Punkt 3.)

Wenn nun die zweitmitbeteiligte Partei sowie die erstmitbeteiligte Partei die Einrichtung eines zusätzlichen und überwiegend streckenparallelen grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes zwischen Wien und Arandelovac mit weiteren Haltestellen in Novi Sad, Sremska Mitrovica, Sabac, Ub und Lazarevac beabsichtigten, sei in Verbindung mit der zugunsten der beschwerdeführenden Partei weiters konzessionierten Linie Wien - Ub - Arandelovac anzumerken, dass dieser Antrag einzig darauf abziele, am vorhandenen reziproken Verkehrsaufkommen der beschwerdeführenden Partei zu partizipieren. Darauf deute auch hin, dass von den Konzessionswerbern Kursfahrten ab Wien täglich um 18:00 Uhr sowie zusätzlich freitags um 17:00 Uhr vorgesehen seien und ab Arandelovac die Kursfahrten täglich um 7:30 Uhr verkehren sollen.

Während die beschwerdeführende Partei auf ihrer grenzüberschreitenden Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac gemeinsam mit der erstmitbeteiligten Partei in den Jahren 2009 und 2010 noch 9.128 bzw 9.210 Fahrgäste befördert habe, seien aufgrund des intensiven wettbewerbswidrigen Verhaltens der erstmitbeteiligten Partei im Jahr 2011 nur mehr 685 Fahrkarten mit einem Gesamterlös von EUR 24.200,-- abzusetzen gewesen. Auf der Kraftfahrlinie Wien - Obrenovac - Arandelovac habe die beschwerdeführende Partei ihre Befahrungsrechte im Gegensatz zur erstmitbeteiligten Partei überhaupt nicht ausüben können, weil die serbische Berechtigung zwar schon am 6. August 2008 erteilt, seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie aber erst am 24. November 2011 zugestellt worden sei. Der erstmitbeteiligten Partei seien anlässlich der Erteilung der reziproken Genehmigung für die serbische Teilstrecke der internationalen Linie Arandelovac - Obrenovac - Wien vom 6. August 2008 die gleichen Haltestellen und der gleiche Fahrplan wie der beschwerdeführenden Partei genehmigt worden, die unter einem vidierte Streckenskizze habe allerdings eine von der Genehmigung nicht ergriffene Streckenführung über Belgrad aufgewiesen.

Der den Anträgen der zweitmitbeteiligten Partei bzw der erstmitbeteiligten Partei beigeschlossene Fahrplanentwurf lasse in wesentlichen Teilbereichen auf eine gänzlich andere Streckenführung und somit auf die Erteilung einer neuen Kraftfahrlinienkonzession schließen. Die exakte Streckenführung sei mangels Beischlusses einer Streckenskizze nicht eruierbar. Der wirtschaftliche Gehalt des Antrages liege daher in der Einrichtung eines konkurrenzierenden Parallelverkehrs.

Eine Quantifizierung im Sinne der §§ 7 Abs 1 Z 4 lit b und 14 Abs 3 KflG sei der beschwerdeführenden Partei schon deshalb nicht möglich, weil ihr die serbische Genehmigung erst dreieinhalb Jahre nach deren Erteilung zugestellt worden sei und somit der Linienbetrieb erst per 24. November 2011 aufgenommen habe werden dürfen. Aus diesem Grund mangle es der Kraftfahrlinie Wien - Obrenovac - Arandelovac an der erforderlichen Voraussetzung für die Geltendmachung einer Gefährdung der Erfüllung ihrer Verkehrsaufgaben, nämlich dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Betriebsführung.

Zu den Stellungnahmen der beschwerdeführenden Partei äußerten sich die erstmitbeteiligte Partei sowie die zweitmitbeteiligte Partei. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 24. April 2012 wandten sie sich im Wesentlichen gegen die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Wettbewerbswidrigkeit. Auch ein Verlust an Fahrgästen von über 9.000 auf 685 Fahrkarten könne daraus nicht erklärt werden. Dies sei wohl auf das Verhalten der beschwerdeführenden Partei bzw deren Auftragsunternehmer zurückzuführen. Überdies sei die Zahl 685 unglaubwürdig. Das weitere Vorbringen der beschwerdeführenden Partei bestehe eher aus Mutmaßungen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in seinem Urteil vom 22. Dezember 2010, C-338/09 , Yellow Cab, Zweifel daran, "bei Konzessionen welcher Art immer ganz einfach die Angaben des 'Gegners' heranzuziehen".

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die durchgeführten Ermittlungsverfahren hätten die Anträge der zweitmitbeteiligten Partei und der erstmitbeteiligten Partei auf Erteilung der Konzession für die österreichische Teilstrecke betroffen. Diese sei ausreichend genau angegeben gewesen.

Vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH vom 22. Dezember 2010, C-338/09 Yellow Cab, sei zu klären, ob es sich um touristische Verkehre handle. Dies gelte nicht nur für die beantragten Kraftfahrlinienverkehre, sondern auch für jene Kraftfahrlinien, für die ein Ausschließungsgrund der Konkurrenzierung aufgrund der nationalen Gesetzeslage vorgebracht werde.

Mangels Legaldefinition für "im Wesentlichen touristischen Zielen dienende Linienverkehre" habe das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend empfohlen, die Definition für "Touristen" der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) heranzuziehen:

"Touristen sind Personen, die zu Orten außerhalb ihres gewöhnlichen Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind."

Die beschwerdeführende Partei habe - ohne eigene Fahrgasterhebung - für die bestehende Linie Wien - Obrenovac - Arandelovac angegeben, dass diese einen gleichartigen "Verkehrsnutzermix" aufweise wie die Linie Wien - Belgrad und daher auch nicht im Wesentlichen touristischen Zielen diene. Daten bzw Fahrgasterhebungen zu dieser Behauptung seien von der beschwerdeführenden Partei jedoch nicht vorgelegt worden. Außerdem habe sie die erforderlichen betriebswirtschaftlichen Eckdaten nicht angeben können. Zudem sei die Linie Wien - Obrenovac - Arandelovac keine Linie des Nah- und Regionalverkehrs, die im täglichen Leben integriert und zur Daseinsvorsorge geeignet sei. Aus diesen Überlegungen sei die Linie vielmehr als im Wesentlichen von "Touristen" im Sinne der Definition der UNWTO frequentierte Linie zu beurteilen. Gleiches gelte für die neu zu genehmigende Linie Wien - Sabac - Arandelovac.

Aufgrund des Urteils des EuGH vom 22. Dezember 2010, C- 338/09 Yellow Cab, sei der Konkurrenzschutz nicht anzuwenden, wenn ein solcher für eine Linie gefordert werde, die im Wesentlichen touristischen Zwecken diene und nicht sichergestellt werden könne, dass die entsprechende Entscheidung nicht alleine auf Grund der Angaben des bestehenden Unternehmens und nicht nur wegen der geminderten Rentabilität des Unternehmens erfolge.

Somit erübrige sich die Beurteilung des allfälligen Vorliegens des Ausschließungsgrundes gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG.

3. Mit dem zur hg Zl 2012/03/0109 angefochtenen Bescheid wurde der erstmitbeteiligten Partei gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs 1 Z 1 bis 3 KflG unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke "Wien IV, Südtiroler Platz (Busbahnhof) - Wiedner Gürtel - Landstraßer Hauptstraße - Schlachthausgasse - Auffahrt A 4 - A 4 - österreichisch/ungarische Staatsgrenze bei Nickelsdorf" der internationalen Kraftfahrlinie Arandelovac - Ub - Belgrad - Wien auf die Dauer von fünf Jahren (6. Juni 2012 bis zum 5. Juni 2017) erteilt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides findet sich eine Darstellung der bisherigen Konzessionsverhältnisse zwischen der beschwerdeführenden Partei und der erstmitbeteiligten Partei:

Demnach seien der beschwerdeführenden Partei sowie der erstmitbeteiligten Partei mit Bescheiden vom 20. Mai 2008 die Konzessionen zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der Linie Wien - Ub - Arandelovac bis zum 19. März 2013 wiedererteilt worden.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2011 habe die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Partnerwechsel von der erstmitbeteiligten Partei auf die F GiZ sowie die Genehmigung zur Beauftragung des österreichischen Verkehrsunternehmens A I bei gleichzeitigem Widerruf der Beauftragung des bisherigen serbischen Reziprokpartners, der erstmitbeteiligten Partei, gestellt. Die Beauftragung sei mit Bescheid vom 23. Mai 2011 genehmigt worden. In weiterer Folge sei die Beauftragung der F KG statt des Verkehrsunternehmens A I beantragt und mit Bescheid vom 1. Dezember 2011 genehmigt worden. Der Antrag auf Wechsel des Reziprokpartners sei aufrecht geblieben.

Schließlich hätten die zweitmitbeteiligte Partei und die erstmitbeteiligte Partei gegenständlichen Antrag auf Erteilung der Konzession für die österreichische Teilstrecke der internationalen Linie "Wien - Belgrad - Obrenovac - Ub - Stepojevac - Lazarevac - Arandelovac" (richtig wohl: Arandelovac - Ub - Belgrad - Wien) gestellt.

Im angefochtenen Bescheid werden außerdem die im Ermittlungsverfahren eingeholten Stellungnahmen im Wortlaut wiedergegeben:

Neben der Stellungnahme vom 4. Jänner 2012, deren wesentlicher Inhalt bereits unter Punkt 2. wiedergegeben wurde, erstattete die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 2. April 2012 eine weitere Stellungnahme, in der sie unter anderem ausführte, dass sie zufolge des Bescheides der belangten Behörde vom 21. November 2011 im Besitz der Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad, befristet bis zum 30. Dezember 2012, sei. Diese Kraftfahrlinie werde ganzjährig mit einem Kurspaar täglich (Abfahrten in Wien um 9:00 Uhr und in Belgrad um 8:00 Uhr) sowie einem zusätzlichen Kurs ab Wien von montags bis donnerstags (Abfahrt jeweils um 10:00 Uhr) betrieben.

Die zweitmitbeteiligte Partei sowie deren in Aussicht genommener Reziprokpartner, die erstmitbeteiligte Partei, hätten im Zuge der Befahrung der Streckenführung zwischen Wien und Arandelovac auch eine Verkehrsbedienung von Belgrad beantragt. Die Abfahrten beider Konzessionswerber sollten ganzjährig täglich von Wien nach Belgrad um 9:00 Uhr und von Belgrad nach Wien um 8:00 Uhr, sohin in denselben Zeittrassen, wie sie die beschwerdeführende Partei nutze, erfolgen.

Unter Bedachtnahme auf das in der Rechtssache C- 338/09 Yellow Cab, ergangene Urteil des EuGH vom 22. Dezember 2012 habe die beschwerdeführende Partei in einem repäsentativen Zeitraum vom 29. Februar 2012 bis einschließlich 17. März 2012 Erhebungen bezüglich der fahrgastspezifischen Nutzung ihrer grenzüberschreitenden Kraftfahrlinie Wien - Belgrad angestellt.

Dieser Verkehrsdienst sei im Erhebungszeitraum von insgesamt 598 Fahrgästen, durchschnittlich 17,09 Fahrgäste je Kursfahrt, in Anspruch genommen worden. Die Kundenbefragung habe zutage gebracht, dass 54,01 % dieser Fahrgäste in Österreich aufgrund einer Arbeitserlaubnis oder Beschäftigungsbewilligung erwerbstätige serbische Staatsbürger gewesen seien, es sich bei 36,79 % um Fahrten von Familienangehörigen von in Österreich beschäftigten serbischen Staatsbürgern zwischen ihrem gewöhnlichen Wohnsitz und dem Beschäftigungsort in Wien gehandelt habe, 2,68 % Schüler/Studenten gewesen seien und die Linie nur von 6,19 % der Fahrgäste im Sinne der Definition der UNWTO touristisch genutzt worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die Kraftfahrlinie Wien - Belgrad im Wesentlichen nicht touristischen Zwecken diene und folglich § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG auf gegenständliches Verfahren anzuwenden sei.

Die Erteilung der Konzession würde zufolge § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG öffentlichen Interessen zuwiderlaufen, weil der beantragte Kraftfahrlinienverkehr geeignet sei, die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die beschwerdeführende Partei und deren Reziprokpartner, Fu d.o.o., in deren Verkehrsbereich die beantragte Linie zur Gänze falle, zu gefährden. Die beschwerdeführende Partei und Fu d.o.o. hätten auf der reziprok betriebenen grenzüberschreitenden Kraftfahrlinie Wien - Belgrad im Kalenderjahr 2011 auf Basis von

9.945 Fahrkartenverkäufen (einschließlich Retourfahrkarten) insgesamt 13.740 Personen befördert und Verkehrseinnahmen in der Höhe von EUR 330.870,908 erzielt. Je Kursfahrt seien durchschnittlich 19,52 Personen befördert worden. Für eine wirtschaftliche Betriebsführung dieser Linie seien Mindesteinnahmen in der Höhe von EUR 301.227,52 erforderlich. Dieser Betrag gründe auf einem kalkulierten Kostensatz von EUR 0,76/Kilometer und einer Jahresbetriebsleistung von

396.352 Fahrplankilometern.

Bei Erteilung der beantragten Konzession sei günstigstenfalls jährlich ein Fahrgastverlust von 4.576 Personen oder 46,01 % zu erwarten. Bezogen auf den genehmigten Einzelfahrtpreis von EUR 40,-

- würde hieraus ein Einnahmenverlust in Höhe von EUR 183.040,-- resultieren. Den verbleibenden Einnahmen in der Höhe von EUR 147.830,-- würden unverändert bleibende Kosten in Höhe von EUR 301.227,52 entgegenstehen, was eine Kostenunterdeckung in Höhe von EUR 153.397,52 zur Folge hätte. Der Kostendeckungsgrad würde sich dann auf bloß 50,92 % belaufen. Dieser prognostizierte Einnahmeausfall würde zweifellos eine einschneidende Beeinträchtigung dieses öffentlichen Verkehrsdienstes darstellen und jede weitere wirtschaftliche Betriebsführung nicht nur in Frage stellen sondern gänzlich ausschließen.

Die beschwerdeführende Partei sei zufolge des Bescheides der belangten Behörde vom 23. Mai 2011, befristet bis zum 19. März 2013, aber auch im Besitz der Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac. Diese Kraftfahrlinie sei ganzjährig mit einem Kurspaar täglich zu betreiben. Ab Wien würden die Kursfahrten montags und freitags ab 17:00 Uhr, dienstags, mittwochs, samstags und sonntags ab 17:30 Uhr und sonntags um 18:00 Uhr verkehren. Die Kursfahrten ab Arandelovac würden sonntags ab 4:45 Uhr, montags, dienstags, mittwochs, freitags und samstags ab 7:30 Uhr und donnerstags und sonntags ebenfalls um 7:30 Uhr verkehren. Reziproke Konzessionsinhaberin sei die erstmitbeteiligte Partei. Auch dieser grenzüberschreitende Verkehrsdienst diene nicht im Wesentlichen touristischen Zwecken, da ein in etwa gleichgelagerter Verkehrsnutzermix wie auf der internationalen Linie Wien - Belgrad erhoben worden sei.

Wenn nun die zweitmitbeteiligte Partei sowie die erstmitbeteiligte Partei die Einrichtung eines zusätzlichen und überwiegend streckenparallelen grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes zwischen Wien und Arandelovac mit weiteren Haltestellen in Obrenovac, Ub und Lazarevac beabsichtigten, sei anzumerken, dass dieser Antrag einzig darauf abziele, am vorhandenen reziproken Verkehrsaufkommen der beschwerdeführenden Partei zu partizipieren. Darauf deute auch hin, dass von den Konzessionswerbern Kursfahrten ab Wien täglich um 9:00 Uhr sowie montags und donnerstags um 18:00 Uhr, freitags um 17:00 Uhr, dienstags, mittwochs, samstags und sonntags um 17:30 Uhr vorgesehen seien. Ab Arandelovac würden die Kursfahrten täglich um 4:45 Uhr bzw 6:30 Uhr sowie sonntags zusätzlich um 10:00 Uhr verkehren.

Während die beschwerdeführende Partei auf ihrer grenzüberschreitenden Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac gemeinsam mit der erstmitbeteiligten Partei in den Jahren 2009 und 2010 noch 9.128 bzw 9.210 Fahrgäste befördert habe, seien aufgrund des intensiven wettbewerbswidrigen Verhaltens der erstmitbeteiligten Partei im Jahr 2011 nur mehr 685 Fahrkarten mit einem Gesamterlös von EUR 24.200,-- abzusetzen gewesen. Auf der Kraftfahrlinie Wien - Obrenovac - Arandelovac habe die beschwerdeführende Partei ihre Befahrungsrechte im Gegensatz zur erstmitbeteiligten Partei überhaupt nicht ausüben können, weil die serbische Berechtigung zwar schon am 6. August 2008 erteilt, seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie aber erst am 24. November 2011 zugestellt worden sei.

Der den Anträgen der zweitmitbeteiligten Partei bzw der erstmitbeteiligten Partei beigeschlossene Fahrplanentwurf lasse in wesentlichen Teilbereichen auf eine gänzlich andere Streckenführung und somit auf die Erteilung einer neuen Kraftfahrlinienkonzession schließen. Die exakte Streckenführung sei mangels Beischlusses einer Streckenskizze nicht eruierbar. Der wirtschaftliche Gehalt des Antrages liege daher in der Einrichtung eines konkurrenzierenden Parallelverkehrs.

Eine Quantifizierung im Sinne der §§ 7 Abs 1 Z 4 lit b und 14 Abs 3 KflG sei der beschwerdeführenden Partei schon deshalb nicht möglich, weil der Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac die erforderliche Voraussetzung für die Geltendmachung einer Gefährdung der Erfüllung ihrer Verkehrsaufgaben, nämlich das Vorliegen einer wirtschaftlichen Betriebsführung aus - im Rahmen einer einstweiligen Verfügung - gerichtlich bestätigtem Verschulden der erstmitbeteiligten Partei abhanden gekommen sei und nicht noch des Hinzutretens dieses beantragten Verkehrsdienstes bedürfe.

Zu den Stellungnahmen der beschwerdeführenden Partei äußerten sich die erstmitbeteiligte Partei sowie die zweitmitbeteiligte Partei. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 24. April 2012 führten sie im Wesentlichen aus, der EuGH sage in seinem Urteil vom 22. Dezember 2010, C-338/09 , Yellow Cab, nicht nur etwas über touristische Kraftfahrlinien, sondern auch, dass das Ziel, die wirtschaftliche Betriebsführung einer konkurrenzierenden Kraftfahrlinie zu gewährleisten, nach ständiger Rechtsprechung als rein wirtschaftliches Motiv keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen könne.

Das Potential für den Betrieb einer Kraftfahrlinie, welche Belgrad inkludiere, sei groß. Belgrad habe 2,2 Millionen Einwohner und werde offenbar derzeit nur von einer Kraftfahrlinie angefahren. Obrenovac werde derzeit von vier Unternehmen angefahren, Sabac von fünf oder sechs. Hier müsse - ohne Gefährdung einer bestehenden Linie - ein Potential existieren.

Schließlich seien sämtliche Vorwürfe der Unlauterkeit zurückzuweisen. Auch ein Verlust an Fahrgästen von über 9.000 auf 685 könne daraus nicht erklärt werden.

Der EuGH habe in seinem Urteil vom 22. Dezember 2010, C- 338/09 Yellow Cab, Zweifel daran, "bei Konzessionen welcher Art immer ganz einfach die Angaben des 'Gegners' heranzuziehen".

In rechtlicher Hinsicht gleichen die Ausführungen der belangten Behörde im Wesentlichen jenen, die (zur hg Zl 2012/03/0108) unter Punkt 2. wiedergegeben wurden.

Unter Bezugnahme auf die durchgeführte Fahrgasterhebung auf der Linie Wien - Belgrad führte die belangte Behörde ergänzend aus, dass die von der beschwerdeführenden Partei daraus gezogene Schlussfolgerung, es handle sich nicht um eine Linie, die im Wesentlichen touristischen Zielen diene, nicht nachvollziehbar sei. Um nicht unter die "Touristen-Definition" zu fallen, müssten die erhobenen Arbeitnehmer von einem Ort ihres gewöhnlichen Umfelds an einen solchen reisen, der jedenfalls mit der Ausübung einer bezahlten Tätigkeit verbunden sei. Die 54,01 % mit Arbeitserlaubnis oder Beschäftigungsbewilligung müssten das gewöhnliche Umfeld in Serbien haben und zu einer bezahlten Tätigkeit in Österreich reisen. Die Annahme, es könne sich um täglich vom "gewöhnlichen Umfeld Serbien" zu einer bezahlten Tätigkeit nach Österreich pendelnde Arbeitnehmer handeln, entbehre allein aufgrund der üblichen Fahrzeit von 8 Stunden 45 Minuten jeder Grundlage. Gleiches gelte für die Annahme, es könne sich um wöchentlich pendelnde Arbeitnehmer handeln. Die belangte Behörde komme daher zu dem Schluss, dass es sich bei dem überwiegenden Teil (54,01 %) der befragten Fahrgäste um in Österreich beschäftigte Arbeitnehmer handeln müsse, deren gewöhnliches Umfeld arbeitsbedingt zum überwiegenden Teil in Österreich liege und die für Familienbesuche oder Urlaube an Orte fahren, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden seien. Diese Fahrgäste seien daher als Touristen im Sinne der UNWTO-Definition einzustufen.

Somit erübrige sich die Beurteilung des allfälligen Vorliegens des Ausschließungsgrundes gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG.

4. Mit dem zur hg Zl 2012/03/0110 angefochtenen Bescheid wurde der zweitmitbeteiligten Partei gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs 1 Z 1 bis 3 KflG unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke "Wien IV, Südtiroler Platz (Busbahnhof) - Wiedner Gürtel - Landstraßer Hauptstraße - Schlachthausgasse - Auffahrt A 4 - A 4 - österreichisch/ungarische Staatsgrenze bei Nickelsdorf" der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Sabac - Arandelovac auf die Dauer von fünf Jahren (6. Juni 2012 bis zum 5. Juni 2017) erteilt.

Die Begründung des Bescheides entspricht im Wesentlichen jener des zur hg Zl 2012/03/0108 angefochtenen Bescheides, wie sie unter Punkt 2. wiedergegeben wurde.

5. Mit dem zur hg Zl 2012/03/0111 angefochtenen Bescheid wurde der zweitmitbeteiligten Partei gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs 1 Z 1 bis 3 KflG unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke "Wien IV, Südtiroler Platz (Busbahnhof) - Wiedner Gürtel - Landstraßer Hauptstraße - Schlachthausgasse - Auffahrt A 4 - A 4 - österreichisch/ungarische Staatsgrenze bei Nickelsdorf" der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac auf die Dauer von fünf Jahren (6. Juni 2012 bis zum 5. Juni 2017) erteilt.

Die Begründung des Bescheides entspricht im Wesentlichen jener des zur hg Zl 2012/03/0109 angefochtenen Bescheides, wie sie unter Punkt 3. wiedergegeben wurde.

6. Gegen diese Bescheide richten sich die zu den hg Zlen 2012/03/0108 bis 0111 protokollierten, die Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden mit dem Antrag, sie kostenpflichtig aufzuheben. In eventu wird angeregt, ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH einzuleiten.

7. Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete in den Verfahren Gegenschriften mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden, in eventu mit der Anregung eines Vorabentscheidungsantrages an den EuGH. Auch die zweitmitbeteiligte Partei erstattete zu den unter den hg Zlen 2012/03/0110 und 0111 protokollierten Beschwerden Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerden abzuweisen.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf die vorliegenden Beschwerden sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG, da diesbezüglich durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I Nr 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, im Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2.1. In den Beschwerdefällen ist die Frage strittig, ob die Bestimmung des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG aufgrund des Urteils des EuGH vom 22. Dezember 2010, C-

338/09, Yellow Cab Verkehrsbetriebs GmbH/Landeshauptmann von Wien , infolge des unionsrechtlichen Anwendungsvorranges auf die von der beschwerdeführenden Partei betriebenen internationalen Kraftfahrlinien, in deren Verkehrsbereich die von den mitbeteiligten Parteien beantragten Kraftfahrlinien fallen, unanwendbar ist.

Der EuGH hat in diesem Urteil ausgesprochen:

"Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die vorsehen, dass die Bewilligung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie zu touristischen Zwecken allein auf der Grundlage der Angaben des Konkurrenzunternehmens, das Inhaber einer Bewilligung für den Betrieb einer mit der beantragten ganz oder teilweise identischen Linie ist, wegen der geminderten Rentabilität dieses Unternehmens versagt wird."

2.2. Die belangte Behörde hat zur Beurteilung, ob die Kraftfahrlinien, für die ein die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellender Einnahmenausfall geltend gemacht wird, zu "touristischen Zwecken" betrieben werden, die "Touristen"- Definition der UNWTO herangezogen und darauf abgestellt, ob die Linien der beschwerdeführenden Partei im Wesentlichen von solchen frequentiert werden.

Davon ausgehend hat die belangte Behörde den Betrieb zu touristischen Zwecken für die Linien Wien - Obrenovac - Arandelovac und Wien - Ub - Arandelovac unter Hinweis darauf bejaht, dass die beschwerdeführende Partei keine entsprechenden Daten bzw Fahrgasterhebungen vorgelegt habe und es sich um keine Linien des Nah- und Regionalverkehrs, die im täglichen Leben integriert und zur Daseinsvorsorge geeignet seien, handle. Auch die Linie Wien - Belgrad diene touristischen Zwecken, da es sich beim überwiegenden Teil (54,01 %) der erhobenen Fahrgäste "um in Österreich beschäftigte Arbeitnehmer handeln muss, deren 'gewöhnliches Umfeld' (Wohnort) arbeitsbedingt zum überwiegenden Teil in Österreich (Wien) liegt und die für kürzere oder längere Familienbesuche, Urlaube (...) an Orte (Belgrad und Umgebung) fahren, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind".

3. Die Verordnung (EG) Nr 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 561/2006, ABl L 300 vom 14. November 2009, Seite 88 (im Folgenden VO 1073/2009 ), bestimmt ihren Anwendungsbereich in Art 1 wie folgt:

"Artikel 1

Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen im Gebiet der Gemeinschaft, der von in einem Mitgliedstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassenen Unternehmen gewerblich oder im Werkverkehr mit Fahrzeugen durchgeführt wird, die in diesem Mitgliedstaat zugelassen und die nach ihrer Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen - einschließlich des Fahrers - zu befördern, sowie für Leerfahrten im Zusammenhang mit diesem Verkehr.

Wird die Beförderung durch eine Wegstrecke unterbrochen, die mit einem anderen Verkehrsträger zurückgelegt wird, oder wird bei dieser Beförderung das Fahrzeug gewechselt, so berührt dies nicht die Anwendung dieser Verordnung.

(2) Bei Beförderungen aus einem Mitgliedstaat nach einem Drittland und umgekehrt gilt diese Verordnung für die in den Mitgliedstaaten, die im Transit durchfahren werden, zurückgelegte Wegstrecke. Sie gilt nicht für die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Aufnahme oder des Absetzens zurückgelegte Wegstrecke, solange das hierfür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittland nicht geschlossen wurde.

(3) Bis zum Abschluss der Abkommen gemäß Absatz 2 werden die in bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und den jeweiligen Drittländern enthaltenen Vorschriften über die Beförderungen aus einem Mitgliedstaat nach einem Drittland und umgekehrt von dieser Verordnung nicht berührt.

(4) Diese Verordnung gilt für innerstaatliche gewerbliche Personenkraftverkehrsdienste, die von einem nicht ansässigen Kraftverkehrsunternehmer gemäß Kapitel V zeitweilig durchgeführt werden."

Gemäß Art 1 Abs 2 der VO 1073/2009 gilt diese Verordnung bei Beförderungen nach einem Drittland (wie in den vorliegenden Beschwerdefällen Serbien) nicht für die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Aufnahme oder des Absetzens (hier: Österreich) zurückgelegte Wegstrecke, solange das hierfür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittland nicht geschlossen wurde. Da ein derartiges Abkommen zwischen der Europäischen Union und Serbien nicht abgeschlossen wurde, ist der hier in Rede stehende Marktzugang zum Kraftfahrlinienverkehr für die österreichischen Teilstrecken von Kraftfahrlinien zwischen Österreich und Serbien nicht durch Sekundärrecht der Europäischen Union geregelt.

4. Die maßgeblichen Bestimmungen des KflG in der hier anzuwendenden Fassung lauten (auszugsweise):

"Begriffsbestimmungen, Inhalt und Umfang der Berechtigungen

§ 1. (1) Kraftfahrlinienverkehr ist die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt werden. Der Kraftfahrlinienverkehr ist ungeachtet einer etwaigen Verpflichtung zur Buchung für jedermann zugänglich.

(...)

(3) Der innerstaatliche und grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nach Abs. 1 bedarf einer Konzession, der grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr, dessen Endhaltestellen auf dem Staatsgebiet von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz liegen, bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.

(...)"

"Grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehre,

zwischenstaatliche Vereinbarungen

§ 4. (1) Wenn dies zur leichteren Durchführung grenzüberschreitender Verkehre mit anderen Staaten erforderlich ist, können zwischenstaatliche Vereinbarungen über diese Verkehre auf Grund dieses Bundesgesetzes abgeschlossen werden.

(2) In den Vereinbarungen ist vorzusehen, daß die Einrichtung grenzüberschreitender Kraftfahrlinien auf der Grundlage der Gegenseitigkeit der von diesen Kraftfahrlinien berührten Staaten zu erfolgen hat und nach Maßgabe der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften einer Konzession bedarf. Ferner ist grundsätzlich nur die grenzüberschreitende Beförderung von Fahrgästen vorzusehen.

(3) Weiters kann vereinbart werden:

1. die Einbringung aller Ansuchen im Wege der zuständigen Behörden des Heimatstaates des Berechtigungswerbers. Diese schließen den Ansuchen ihre Stellungnahmen an und leiten sie an die zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei und erforderlichenfalls an die zuständigen Behörden dritter Staaten, die vom beabsichtigten Kraftfahrlinienverkehr berührt sind, weiter;

2. das regelmäßige Zusammentreffen der zuständigen Behörden der Vertragsparteien zur Besprechung der Anträge auf Einrichtung, Änderung oder Einstellung des Betriebes von Kraftfahrlinien sowie zur Abstimmung der Fahrpläne, Beförderungspreise und Beförderungsbedingungen;

3. der wechselseitige Entfall nationaler Gebühren und Abgaben für die Erteilung von Konzessionen und mit diesen in Zusammenhang stehenden Bewilligungen."

"Voraussetzungen und Ausschließungsgründe für die Erteilung von Berechtigungen

§ 7. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:

(...)

4. die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

(...)

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs. 1 bis 3) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, oder

(...)"

"Verkehrsbereich

§ 14. (1) Der Verkehrsbereich nach § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erstreckt sich so weit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken kann.

(2) Eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seines öffentlichen Verkehrs einschneidend beeinträchtigt wird, dies ist dann der Fall, wenn es hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet.

(3) Behauptet ein Verkehrsunternehmen, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall zu erleiden, so hat es der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird.

(...)"

5. Die belangte Behörde hat die Prüfung, ob die von den mitbeteiligten Parteien beantragten Kraftfahrlinien dazu geeignet sind, die Erfüllung der Verkehrsaufgaben der beschwerdeführenden Partei zu gefährden (§ 7 Abs 1 Z 4 lit b iVm § 14 KflG), unterlassen, da sie die Auffassung vertritt, dass eine derartige Prüfung dann nicht vorzunehmen sei, wenn es sich um einen touristischen Verkehr im Sinne des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22. Dezember 2010, C- 338/09 Yellow Cab, handle.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die anzuwendenden nationalen Rechtsnormen in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung (vgl nunmehr jedoch § 7 Abs 4 lit b KflG in der Fassung BGBl I Nr 32/2013) nicht darauf abstellen, ob ein touristischer Verkehr vorliegt.

Das von der Behörde in der tragenden Begründung genannte Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22. Dezember 2010, C-338/09 Yellow Cab, bezieht sich ausschließlich auf die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit nach Art 49 AEUV. Die Antwort des EuGH auf die Vorlagefragen in diesem Verfahren lautet wie folgt:

"1. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die für die Gewährung der Bewilligung zum Betrieb einer städtischen Kraftfahrlinie zur öffentlichen Personenbeförderung in Autobussen, durch die festgelegte Haltestellen entsprechend einem Fahrplan regelmäßig angefahren werden, verlangen, dass in anderen Mitgliedstaaten ansässige antragstellende Wirtschaftsteilnehmer noch vor der Erteilung der Bewilligung zum Betrieb der entsprechenden Linie über einen Sitz oder eine andere Niederlassung im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats verfügen. Dagegen steht Art. 49 AEUV nationalen Rechtsvorschriften, die ein Niederlassungserfordernis vorsehen, nicht entgegen, wenn die Niederlassung erst nach der Erteilung der Bewilligung und vor der Aufnahme des Betriebs der Linie durch den Antragsteller verlangt wird.

2. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die vorsehen, dass die Bewilligung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie zu touristischen Zwecken allein auf der Grundlage der Angaben eines Konkurrenzunternehmens, das Inhaber einer Bewilligung für den Betrieb einer mit der beantragten ganz oder teilweise identischen Linie ist, wegen der geminderten Rentabilität dieses Unternehmens versagt wird."

Die Niederlassungsfreiheit nach Art 49 AEUV gilt in sachlicher Hinsicht für grenzüberschreitende Niederlassungen innerhalb der Europäischen Union und in persönlicher Hinsicht für Unionsbürger sowie für Gesellschaften iS des Art 54 Abs 1 AEUV (vgl etwa Fischer, in Lenz/Borchardt (Hrsg), EU-Verträge Kommentar, 6. Auflage 2013, Rz 2 ff, 6 zu Art 49 AEUV; Schlag, in Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 3. Auflage 2012, Rz 10 ff, 27 ff zu Art 49 AEUV, mwN), das sind solche, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben.

Die - nicht systematisch getroffenen - Feststellungen der angefochtenen Bescheide lassen ebensowenig wie die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, ob in den Beschwerdefällen hinsichtlich der mitbeteiligten Parteien ein Sachverhalt gegeben ist, der in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt, was jedoch für eine Prüfung nach den im EuGH-Urteil vom 22. Dezember 2010, C-338/09 , Yellow Cab, dargelegten Kriterien - die gegebenenfalls zu einer Verdrängung der nationalen Rechtsvorschriften führen könnten - Voraussetzung wäre. Angesichts dieser unzureichenden Feststellungen entziehen sich die angefochtenen Bescheide schon deshalb einer Prüfung ihrer inhaltlichen Rechtsmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass für den Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs die Art 56 bis 62 AEUV gemäß Art 58 Abs 1 AEUV nicht unmittelbar anwendbar sind, vielmehr gelten dafür die Bestimmungen des Titels über den Verkehr (Art 90 bis 100 AEUV), dh insbesondere soweit der Unionsgesetzgeber entsprechende sekundärrechtliche Vorschriften erlässt (vgl Rn 29 des EuGH-Urteils vom 22. Dezember 2010, C- 338/09 Yellow Cab, sowie etwa Holoubek, in Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 3. Auflage 2012, Rz 1 zu Art 58 AEUV, mwN). Den angefochtenen Bescheiden und den vorgelegten Verwaltungsakten lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte entnehmen, dass in den Beschwerdefällen ein Sachverhalt gegeben sein könnte, der in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Titels über den Verkehr im AEUV fällt, sodass eine Verdrängung innerstaatlicher Vorschriften anzunehmen wäre.

6. Da die belangte Behörde ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsansicht die zur Beurteilung des Vorliegens der Konzessionsvoraussetzungen nach dem KflG erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit einem wesentlichen Verfahrensmangel. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455

 

(vgl § 79 Abs 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am 18. Februar 2015

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