Normen
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
VStG §5 Abs2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2011230146.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 29. Juli 2002 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Mai 2003 gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 in erster Instanz abgewiesen. Das Verfahren über die dagegen erhobene Berufung war bei Erlassung des hier gegenständlichen Bescheides noch anhängig.
Mit diesem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. November 2007 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 8 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Rückkehrverbot.
Einleitend stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer von Organen des Zollamtes Wien am 9. Oktober 2006 - bekleidet mit einer Arbeitsjacke mit der Firmenaufschrift "Sauber Bau", einer Arbeitshose und Arbeitsschuhen - auf einer Baustelle in W angetroffen worden sei und angegeben habe, "an diesem Tag bei dieser Firma als Helfer beschäftigt" gewesen zu sein. Der handelsrechtliche Geschäftsführer dieses Unternehmens sei mit Straferkenntnis vom 14. Dezember 2006 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) bestraft worden, weil er (u.a.) den Beschwerdeführer ohne erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe. Weiters sei der Beschwerdeführer am 7. März 2007 von Organen des Finanzamtes Gänserndorf/Mistelbach auf einer Baustelle in N bei der Durchführung von Maurerarbeiten betreten worden.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass in Anbetracht der zweimaligen unerlaubten Tätigkeit der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG zweifellos verwirklicht sei. Da der Beschwerdeführer durch sein Fehlverhalten das große öffentliche Interesse "an der Verhinderung der gegen die Regelungen des AuslBG erbrachten Arbeit ('Schwarzarbeit')" gravierend beeinträchtigt habe, seien die Voraussetzungen zur Erlassung des Rückkehrverbotes - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 FPG - "im Grunde des § 62 Abs. 1" FPG gegeben.
In Ansehung des § 66 FPG verwies die belangte Behörde darauf, dass der seit Juli 2002 im Bundesgebiet aufhältige Beschwerdeführer von seiner in Österreich lebenden Tochter, die mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei, unterstützt werde. Angesichts dessen sei von einem mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in sein "Privat- und Familienleben" auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und des geregelten Arbeitsmarktes) dringend geboten. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet stünde das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit gegenüber. Die Auswirkungen des Rückkehrverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden keinesfalls schwerer wiegen als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fern bleibe. Von der Erlassung des Rückkehrverbotes könne auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im November 2007 geltende Fassung.
Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 62 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinn des Abs. 1 (u.a.) jene des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG. Nach dieser Bestimmung hat als die erwähnte Gefährdungsprognose rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder (u.a.) von einem Organ der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er bei der ersten Betretung im Oktober 2006 über einen Verstoß seines Arbeitgebers gegen die Regelungen des AuslBG nicht informiert gewesen sei und sich "im besten Glauben" auf der Baustelle befunden habe. Auch hinsichtlich der zweiten Betretung im März 2007 wird in der Beschwerde in Frage gestellt, ob sich der Beschwerdeführer "in schuldhafter Weise" auf der Baustelle befunden habe bzw. ob ihm selbst diesbezüglich ein Verstoß gegen die Regelungen des AuslBG vorzuwerfen sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass es auf die subjektive Sicht des Beschwerdeführers nicht ankommt, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Fremden verlangt werden muss, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers (über das angebliche Einholen einer Beschäftigungsbewilligung) zu verlassen (siehe etwa das Erkenntnis vom 24. April 2012, Zl. 2011/23/0295, mwN). Umso weniger durfte der Beschwerdeführer ohne eine entsprechende Mitteilung des Arbeitgebers darauf vertrauen, dass dieser die notwendigen ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligungen eingeholt habe, nur weil dem Arbeitgeber die Abwicklung des entsprechenden Bewilligungsverfahrens obliege.
Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt sei, erweist sich somit nicht als rechtswidrig. Dies indiziert die Gefährdungsprognose des § 62 Abs. 1 FPG, weshalb auch die diesbezügliche Annahme der belangten Behörde nicht zu beanstanden ist.
Gemäß § 62 Abs. 3 FPG gilt bei der Erlassung eines Rückkehrverbotes (u.a.) auch § 66 FPG. Nach § 66 Abs. 1 FPG ist ein Rückkehrverbot, mit dem in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Nach § 66 Abs. 2 FPG darf eine solche Maßnahme jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn deren Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei der Entscheidung über ein Rückkehrverbot ist der Behörde überdies Ermessen eingeräumt.
Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf den seit fünfeinhalb Jahren bestehenden Aufenthalt im Bundesgebiet und auf seine in Österreich lebende, mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratete Tochter, die ihn auch finanziell unterstütze.
Die belangte Behörde hat diese Umstände bei ihrer Abwägung ohnehin berücksichtigt, den daraus resultierenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet aber zu Recht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" gegenübergestellt, das der Beschwerdeführer durch sein (wiederholtes) Fehlverhalten erheblich beeinträchtigt hat. Angesichts dessen kann der Beschwerde auch nicht beigetreten werden, wenn sie vermeint, die belangte Behörde hätte die "Arbeitswilligkeit" des Beschwerdeführers als "erstrebenswert und lobenswert" erachten müssen. Es ist somit nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde bei Abwägung der wechselseitigen Interessen zum Ergebnis gelangte, dass die Auswirkungen des Rückkehrverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wiegen würden als die Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe es unterlassen, "bezüglich seines schuldhaften Verhaltens im Zusammenhang mit den Regelungen des AuslBG" sowie hinsichtlich seiner familiären Bindungen "entsprechende" Erhebungen durchzuführen. Die Beschwerde zeigt damit aber nicht auf, welche gegen das Vorliegen einer nach dem AuslBG unerlaubten Beschäftigung sprechenden bzw. welche die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet verstärkenden Verfahrensergebnisse dabei erzielt werden hätten sollen. Die Beschwerde legt somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich noch die unterbliebene Gewährung von Parteiengehör rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass ihm ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakten ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 21. Juni 2012
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