Normen
EMRK Art8;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
VwGG §41;
EMRK Art8;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
VwGG §41;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer georgischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", den sie auf das Vorhandensein humanitärer Gründe stützte, gemäß § 43 Abs. 2 iVm § 44b Abs. 1 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei gemeinsam mit ihrem Ehemann und dem minderjährigen Sohn am 20. September 2004 in das Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag habe sie einen Asylantrag gestellt. Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 habe das Bundesasylamt den Asylantrag abgewiesen, (u.a.) die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Georgien für zulässig erklärt und sie nach Georgien ausgewiesen. Ihrer Berufung sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 22. Jänner 2007 keine Folge gegeben worden. Insbesondere sei auch die vom Bundesasylamt erlassene Ausweisung bestätigt worden. Diese Entscheidung sei nach Ablehnung der Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof (mit Beschluss vom 8. September 2009, 2008/23/0330 bis 0332) am 28. September 2009 in Rechtskraft erwachsen. Es sei damit bereits eine Abwägung im Sinne des Art. 8 EMRK durchgeführt und die Außerlandesschaffung der Beschwerdeführerin aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig betrachtet worden.
Im Hinblick auf die Anordnung des § 44b Abs. 1 NAG wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, konkret darzulegen, inwieweit sich die das Privat- und Familienleben betreffenden Umstände seit 28. September 2009 derart geändert hätten, dass sich die Aufenthaltsbeendigung nunmehr als nicht zulässig dargestellt hätte. Im Wesentlichen sei der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels mit den Integrationsbemühungen, dem mittlerweile erworbenen Sprachzertifikat und dem Schulbesuch des Sohnes begründet worden. Es seien auch Bestätigungen über die erfolgreich abgelegte Deutschprüfung sowie ein positives Schulzeugnis des Sohnes und ein die Beschwerdeführerin betreffender Arbeitsvorvertrag vorgelegt worden. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass ihr Sohn mittlerweile das Gymnasium besuche. All diese Umstände könnten allerdings nicht darlegen, dass es nunmehr zu einer Neubeurteilung der Situation der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK kommen müsse. Es liege sohin kein seit der Erlassung der Ausweisung vom 28. September 2009 maßgeblich geänderter Sachverhalt vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG (in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009) sind, wenn kein Fall des § 44a NAG vorliegt, u. a. Anträge nach § 43 Abs. 2 NAG als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
Es ist der belangten Behörde nun schon insoweit ein Rechtsirrtum vorzuwerfen, als sie davon ausgeht, für die Beurteilung, ob ein maßgeblich geänderter Sachverhalt vorliegt, sei auf den 28. September 2009, also jenen Zeitpunkt, in dem das das Asylverfahren betreffende Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abgeschlossen wurde, abzustellen. Entgegen ihrer Ansicht ist nämlich nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens maßgeblich, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahren, mit dem die Ausweisung erlassen wurde (vgl. dazu des Näheren das hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, 2011/22/0166, auf dessen Entscheidungsgründe insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).
Mit einer Antragszurückweisung gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG darf nach Erlassung einer Ausweisung nur dann vorgegangen werden, wenn im Hinblick auf das Antragsvorbringen eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2011, 2011/22/0018, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zu dem für diese Beurteilung anzulegenden Maßstab ausführlich im Erkenntnis vom 13. September 2011, 2011/22/0035 bis 0039, geäußert. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Auf dem Boden der Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates über die Ausweisung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 22. Jänner 2007 kann vor dem Hintergrund des Gesagten aber nicht davon ausgegangen werden, die Beschwerdeführerin hätte bloß solche Umstände geltend gemacht, nach denen eine anderslautende Beurteilung nach Art. 8 EMRK von vornherein nicht möglich wäre, und die es nicht erforderlich gemacht hätten, die (vier Jahre nach der Ausweisungsentscheidung) vorliegenden Änderungen im Sachverhalt einer Neubewertung nach Art. 8 EMRK zu unterziehen. Dann aber erweist sich die nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG ausgesprochene Antragszurückweisung als rechtlich verfehlt.
Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 13. Oktober 2011
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