VwGH 2011/22/0111

VwGH2011/22/01115.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des MP in W, vertreten durch Mag. Dinko Knjizevic, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Argentinierstraße 19/21, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 7. März 2011, Zl. 320.542/2- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §23 Abs1;
NAG 2005 §46 Abs4;
NAG 2005 §46 Abs6;
NAG 2005 §73 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §23 Abs1;
NAG 2005 §46 Abs4;
NAG 2005 §46 Abs6;
NAG 2005 §73 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 46 Abs. 4 iVm § 2 Abs. 1 Z 9 NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der im Oktober 1978 geborene Beschwerdeführer habe am 9. Juli 2010 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 46 Abs. 4 NAG eingebracht. Er sei allerdings volljährig. Als "erwachsener Sohn der Ankerperson" erfülle er die Voraussetzung nach § 46 Abs. 4 NAG insofern nicht, als er nicht im Sinn des Gesetzes als Familienangehöriger nach § 2 Abs. 1 Z 9 NAG anzusehen sei. Als solche kämen nämlich nur Kinder in Betracht, die minderjährig und ledig seien. Da es für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung mangle, sei auf familiäre und private Interessen nicht Bedacht zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:

§ 2 Abs. 1 Z 9 und § 46 Abs. 4 und Abs. 6 NAG lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels.

Bestimmungen über die Familienzusammenführung

§ 46. …

(4) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist eine 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' zu erteilen, wenn

  1. 1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;
  2. 2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
  3. 3. der Zusammenführende
    1. a) einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' innehat;
    2. b) eine 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt' innehat;
    3. c) eine Niederlassungsbewilligung außer eine 'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit' nach § 42 innehat und die Integrationsvereinbarung (§ 14) erfüllt hat oder

      d) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.

(6) Soll im Fall einer Familienzusammenführung (Abs. 4) eine 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' quotenfrei erteilt werden, hat die Behörde auch über einen gesonderten Antrag als Vorfrage zur Prüfung der Gründe nach § 11 Abs. 3 zu entscheiden und gesondert über diesen abzusprechen, wenn dem Antrag nicht Rechnung getragen wird. Ein solcher Antrag ist nur zulässig, wenn gleichzeitig ein Antrag in der Hauptfrage auf Familienzusammenführung eingebracht wird oder ein solcher bereits anhängig ist."

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, er sei im Hinblick auf die in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG enthaltene Definition des Begriffes "Familienangehöriger" nicht als solcher im Sinn des § 46 Abs. 4 NAG anzusehen. Vor dem Hintergrund dieser - oben wiedergegebenen - Bestimmungen begegnet die diesbezügliche Ansicht der belangten Behörde auch keinen Bedenken.

Der Beschwerdeführer macht allerdings geltend, auf Grund des § 73 Abs. 4 NAG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 sei zu prüfen, ob ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familienzusammenführung bestehe. Es lägen Gründe vor, aus denen sich ein derartiger Anspruch ergebe.

Dazu ist der Beschwerdeführer zunächst darauf hinzuweisen, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides diese Bestimmung nicht mehr in Kraft stand. Das NAG enthält aber auch keine Vorschrift, wonach der damalige § 73 Abs. 4 NAG auf später gestellte Anträge weiterhin anzuwenden wäre.

Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Argumentation inhaltlich offenbar auf die Bestimmung des § 46 Abs. 6 NAG abzielt, räumt er selbst ein, den dort vorgesehenen gesonderten Antrag nicht gestellt zu haben. Es ist aber auch darauf hinzuweisen, dass ein solcher im vorliegenden Fall von vornherein nicht hätte erfolgreich sein können, weil infolge des in § 46 Abs. 6 NAG enthaltenen Verweises auf dessen Abs. 4 ein Fall der Familienzusammenführung nach § 46 Abs. 4 NAG vorliegen muss. Ist aber der Drittstaatsangehörige nicht als Familienangehöriger im Sinn des § 46 Abs. 4 NAG anzusehen, kann nicht davon ausgegangen werden, es könnte ein dem § 46 Abs. 6 NAG unterliegender Fall gegeben sein.

Letztlich hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber auch zutreffend ausgeführt, dass im Fall des Fehlens besonderer Erteilungsvoraussetzungen eine Prüfung, ob Art. 8 EMRK die Erteilung eines Aufenthaltstitels gebiete, nicht vorzunehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 2011, 2008/22/0478, mwN).

Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, aus Art. 8 EMRK resultiere in seinem Fall ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, ist er darauf hinzuweisen, dass ihm für die Geltendmachung eines solchen Anspruches separate Verfahren zur Verfügung stehen (vgl. die §§ 43 ff NAG). Dass der belangten Behörde bei der Verfahrensführung in diesem Zusammenhang mit Blick auf § 23 Abs. 1 NAG ein Fehler vorzuwerfen gewesen wäre oder der Beschwerdeführer nicht einen Aufenthaltstitel nach § 46 Abs. 4 NAG angestrebt hätte, wurde nicht behauptet.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 5. Mai 2011

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