VwGH 2011/17/0309

VwGH2011/17/030923.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der K KG in S, vertreten durch Dr. Horvatits Rechtsanwalts KEG in 5033 Salzburg, Ginzkeyplatz 10/II, gegen die Bescheide der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck je vom 13. Oktober 2011, 1. Zlen. I-Präs-00408e/2011 sowie I-Präs- 00325e/2011, betreffend Vergnügungssteuer für März 2011 und

2. Zlen. I-Präs-00408e/2011 und I-Präs-00517e/2011 sowie I-Präs- 00325e/2011, betreffend Vergnügungssteuer für den Zeitraum April bis Juni 2011, zu Recht erkannt:

Normen

VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs3 Z4;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs3;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs3 Z4;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs3;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 13. April 2011, mit dem unter anderem Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 1.192,02 für 1. bis 31. März 2011 "in der Zeit von Freitag und Samstag 20.00 Uhr bis 04.00 Uhr, Sonntag bis Donnerstag normaler Barbetrieb", bezogen auf einen näher genannten Veranstaltungsort in Innsbruck vorgeschrieben worden war, als unbegründet ab; gleichzeitig wurde die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend abgeändert, dass "für den Zeitraum Sonntag bis Donnerstag in der Zeit von 20.00 Uhr bis 04.00 Uhr, an denen kein Eintritt eingehoben wird, Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 202,40 vorgeschrieben" wurde, wodurch sich insgesamt eine Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 1.394,42 errechne.

Begründend verwies die belangte Behörde auf die in dieser Abgabensache ergangene Berufungsvorentscheidung. Nachdem die Abgabenbehörde erster Instanz in ihrer Berufungsvorentscheidung vom 17. Mai 2011 "in erschöpfender Weise auf das Berufungsvorbringen eingegangen" sei und die abgabepflichtige beschwerdeführende Partei in ihrem Vorlageantrag kein weiteres neues Argument zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes vorgebracht habe, erfülle die Abgabenbehörde zweiter Instanz ihre Begründungspflicht grundsätzlich mit dem Verweis auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung.

Mit dieser war ausgesprochen worden, dass der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 13. April 2011, mit dem (unter anderem) eine Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 1.192,02 gemäß § 1 (richtig:) Abs. 3 Z. 4 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes vorgeschrieben worden war, keine Folge gegeben werde. Gleichzeitig werde für die Durchführung von Veranstaltungen mit mechanischer Musik (Parties), für jene Tage im besagten Zeitraum, an denen kein Eintritt eingehoben worden sei, gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 iVm § 16 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes eine Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 202,40 neu festgesetzt. Zusammen ergebe sich daraus eine Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 1.394,42.

Begründend ging die Abgabenbehörde erster Instanz in ihrer Berufungsvorentscheidung nach Wiedergabe des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides und der dagegen erhobenen Berufung sowie der nach Ansicht der Behörde anzuwendenden Gesetzesbestimmungen davon aus, dass die in der Berufung angeführte "Feststellung", wonach die im Lokal abgespielte Musik von einem Angestellten, der auch andere Aufgaben im Rahmen des Betriebes zu erledigen habe, ausgesucht werde, für die Abgabenbehörde nicht von Bedeutung sei, weil die rechtlichen Vorschriften des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes nicht darüber Auskunft gäben, durch wen das Zustandekommen einer Erbauung oder Belustigung durch mechanische Musik ausgelöst werden müsse, um eine Vergnügungssteuerpflicht hervorzurufen.

Vielmehr sei es für die rechtliche Subsumierung durch die Abgabenbehörde bedeutend, ob die gespielte Musik einen Hintergrundcharakter, wie z.B. in einer "Loungebar" wo die Besucher auf eine angenehme Art Kommunikation pflegen könnten, aufweise oder ob es sich um eine Bar oder ein Lokal handle, in der oder dem die dort gespielte Musik mit einer dominierenden Lautstärke das anwesende Publikum "zu ausgelassenen Handlungen wie z. B. Tanz oder wie der rechtliche Vertreter der Berufungswerber in der Berufung ausführt, an der Bar und den Stehtischen hin und her zu wippen, animiert".

Nach Ansicht der Abgabenbehörde werde auch von der beschwerdeführenden Partei gezielt - wie die Werbekampagnen im Internet auf ihrer Homepage erkennen ließen - auf Partyveranstaltungen zu bestimmten Tagen hingewiesen. Auch preise die beschwerdeführende Partei ihr Franchise-Konzept deshalb als erfolgreich an, da dieses für "Stimmung, Party und emotionales Nightlife" stehe.

Zur Differenzierung der Abgabenbehörde zwischen den Wochenendveranstaltungen und den Veranstaltungen während der Wochentage sei die Abgabenbehörde - nachdem der Sachbearbeiter mit dem Geschäftsführer bei der Erhebung vor Ort gesprochen habe - davon ausgegangen, dass es sich während der Tage von Sonntag bis Donnerstag um "normalen Barbetrieb", ohne besondere angekündigte Partyhöhepunkte handle. Im Lichte dessen, dass die beschwerdeführende Partei als Berufungswerberin "jedoch feststellt, dass an allen Tagen kein Unterschied zu den Wochenenden hinsichtlich der Veranstaltungen bestünde", habe die Abgabenbehörde der Beurteilung bezüglich der Steuerpflicht Rechnung zu tragen, dies entsprechend zu würdigen und die Abgaben für den bekämpften Zeitraum für die Tage Sonntag bis Donnerstag entsprechend zur Vorschreibung zu bringen.

Die Erhebungen im Vorfeld der Eröffnung mit dem darauf folgenden Schriftverkehr mit dem Veranstalter bzw. mit dem rechtlichen Vertreter (Schreiben vom 21. Februar 2011) hätten ergeben, dass "von Seiten dieses" an den Wochenenden, das heiße an Freitagen und Samstagen bzw. vor Feiertagen allgemein ein "Solidaritätsbeitrag" eingehoben werde. Dies bestätige auch eine Erhebung vom 4. März 2011 durch den Sachbearbeiter. Die von der beschwerdeführenden Partei dargelegte Begründung für die Einhebung dieses Beitrages sei, dass dieser zur Stützung (des Preises) der alkoholfreien Getränke diene.

Dieser Argumentation der beschwerdeführenden Partei könne die Abgabenbehörde nicht folgen, weil auf Grund der "amtlichen Feststellungen der im Internet veröffentlichten Getränkepreise (diese) an 'normalen Tagen' offenbar mit den (von) Freitagen, Samstagen oder vor Feiertagen identisch sind". Es sei aber für die Abgabenbehörde klar ersichtlich, dass bei "antialkoholischen Getränken" gegenüber den in dieser Liste angezeigten alkoholischen Getränken kein Preisunterschied herrsche. Somit sei die Zielsetzung, dass vorwiegend antialkoholische Getränke konsumiert werden sollten, nicht ersichtlich und dieses Vorbringen nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu messen.

Nachdem die Vorbringen in der gegenständlichen Berufung sich nicht mit jenen Feststellungen der Abgabenbehörde erster Instanz und deren rechtlichen Beurteilungen deckten, habe diese - so die Berufungsvorentscheidung abschließend - davon auszugehen, dass eine Steuerpflicht (auch) nach dem Tiroler Vergnügungssteuergesetz vorliege und der "Solidaritätsbeitrag" als Eintrittsgeld zu beurteilen sei.

Die belangte Behörde führte im vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid weiters aus, die Vergnügungssteuer werde entweder als Kartensteuer (wenn die Teilnahme einer Veranstaltung von der Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen abhängig gemacht werde) oder als Pauschsteuer nach festen Sätzen (wenn die Veranstaltung ohne Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen zugänglich sei oder neben der Kartensteuer, wenn durch die Bezahlung der Eintrittskarte nicht das gesamte Entgelt für die Teilnahme an einer Veranstaltung erfasst sei) erhoben. Unter diesen Voraussetzungen sei auch der von der abgabepflichtigen beschwerdeführenden Partei so bezeichnete "Solidaritätsbeitrag" gesehen worden, der als Grundlage für die Berechnung der Vergnügungssteuer an den Tagen Freitag und Samstag gedient habe.

Die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Berufung vorgebracht, dass im Hinblick auf die Art der Unterhaltung im Lokal keinerlei Unterschiede zwischen den Zeiträumen Freitag und Samstag bzw. Sonntag bis Donnerstag bestünden und die Behörde diesbezüglich von einer unsachlichen Differenzierung ausgehe; allein die Besucherfrequenz sei unterschiedlich. Die belangte Behörde habe dieses Argument aufgegriffen und die Neufestsetzung für den Zeitraum Sonntag bis Donnerstag im Rahmen der Berufungsvorentscheidung "in Analogie zum Zeitraum Freitag und Samstag" vorgenommen.

Soweit die beschwerdeführende Partei das Vorliegen einer Vergnügung im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes verneine werde darauf hingewiesen, dass auf der allgemein zugänglichen Homepage unter anderem angeführt werde, welch spezielle Veranstaltungen angeboten würden. Neben diesen diversen "events" an bestimmten Tagen werde damit geworben, dass das Lokal "Treffpunkt in der Gastro- und Tourismusbranche und Sportvereine, Reise- und Eventveranstalter und vieles mehr zur lockeren Party gegen den Alltagsstreß" sei. Sehe man die unter dem Link "Szene-Galerie" ausgestellten Fotos an, müsse objektiv von ausgelassener Partystimmung ausgegangen werden. Das von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Fehlen einer Tanzfläche sei dabei nicht ausschlaggebend; ausschlaggebend sei vielmehr allein die Art und Weise des tatsächlichen Ablaufs der Abende, welche von der Abgabenbehörde auf Grund eines Ortsaugenscheins glaubwürdig dokumentiert worden sei. Es sei dabei festgestellt worden, dass in dem besagten Lokal Musik gespielt werde, die offensichtlich Anlass "zu Tanzbewegungen" gebe. Das Fehlen einer Tanzfläche sei dabei nicht entscheidungswesentlich. Schließlich sei für die Vorschreibung ausschlaggebend, dass für das Lokal der beschwerdeführenden Partei im Internet auf der einschlägigen Homepage unter anderem als "Treffpunkt zur lockeren Party" geworben werde; es sei damit vom Vorliegen einer steuerpflichtigen Vergnügung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 4 des Vergnügungssteuergesetzes auszugehen. Diesbezüglich werde ausschließlich auf dem Umstand abgestellt, dass die Musik mechanisch wiedergegeben werde. Wer hiefür verantwortlich sei, sei für die Beurteilung an sich irrelevant, weshalb auch die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, dass ein Mitarbeiter hiefür verantwortlich sei, ins Leere ginge. Auch aus der Behauptung, dass die Gäste ausschließlich ins Lokal kommen würden, um einander zu treffen bzw. sich auszutauschen, lasse sich nichts gewinnen, da dieser Umstand an der Wiedergabe lauter Musik und dem Partyimage, mit dem geworben werde, nichts ändere.

1.2. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof zweitangefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Bescheide des Stadtmagistrates Innsbruck vom 7. Juli 2011 bzw. vom 15. Juli 2011 als unbegründet abgewiesen werde (Spruchpunkt 1).

Gleichzeitig berichtigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Juli 2011 dahin, dass unter dem Punkt Veranstaltungsdatum die Wortfolge "Freitag und Samstag 20.00 Uhr - 04.00 Uhr" ersatzlos gestrichen werde.

Mit dem Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Juli 2011 sei der beschwerdeführenden Partei unter anderem Vergnügungssteuer in Höhe von EUR 3.475,81 für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2011 in der Zeit "von Freitag und Samstag, 20.00 - 04.00 Uhr, Sonntag bis Donnerstag normaler Barbetrieb" am näher genannten Veranstaltungsort in Innsbruck "zur Einzahlung vorgeschrieben" worden.

Mit dem Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom 15. Juli 2011 sei der beschwerdeführenden Partei unter anderem eine Vergnügungssteuer in Höhe von EUR 572,-- für den (gleichen) Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2011 "Freitag und Samstag, 20.00 - 04.00 Uhr sowie Sonntag bis Donnerstag, 20.00 Uhr - 04.00 Uhr" an dem näher angeführten Veranstaltungsort auferlegt worden.

Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde begründend nach Wiedergabe der ihrer Ansicht nach heranzuziehenden Rechtsvorschriften aus, die Vergnügungssteuer werde entweder als Kartensteuer (wenn die Teilnahme an der Veranstaltung von der Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen abhängig gemacht werde) oder als Pauschsteuer nach festen Sätzen (wenn die Veranstaltung ohne Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen zugänglich sei oder neben der Kartensteuer, wenn durch die Bezahlung der Eintrittskarte nicht das gesamte Entgelt für die Teilnahme an einer Veranstaltung erfasst sei) erhoben.

Zum Einwand der beschwerdeführenden Partei, die Abgabenbehörde erster Instanz hätte sowohl nach der Kartensteuer als auch nach der Größe des benützten Raumes die Vergnügungssteuer vorgeschrieben und dadurch verbotenerweise eine Doppelbesteuerung vorgenommen, sei auszuführen, dass dies keineswegs zutreffe. Für Freitag und Samstag habe der von der beschwerdeführenden Partei eingehobene "Solidaritätsbeitrag" als Maßstab für die Vorschreibung in Form der Kartensteuer gedient; die Vorschreibung für die Tage Sonntag bis Donnerstag sei - in Ermangelung eines "Solidaritätsbeitrages" - nach der Größe des benutzten Raumes erfolgt. Zur diesbezüglichen Klarstellung sei der erstinstanzliche Spruch gemäß § 293 BAO entsprechend zu berichtigen gewesen.

Im Übrigen sei auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in der Berufung hinzuweisen, wonach im gegenständlichen Lokal im Hinblick auf die Art der Unterhaltung keinerlei Unterschied zwischen den Zeiträumen Freitag und Samstag bzw. Sonntag bis Donnerstag bestehe und die Behörde insoweit von einer unsachlichen Differenzierung (mit Ausnahme der Besucherfrequenz) ausgehe. Dieses Argument aufgreifend sei die Neufestsetzung für den Zeitraum Sonntag bis Donnerstag "in Analogie zum Zeitraum Freitag und Samstag" erfolgt.

Soweit die beschwerdeführende Partei davon ausgehe, dass eine Vergnügung im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes nicht vorliege, hielt dem die belangte Behörde wie bereits oben unter 1.1. dargestellt entgegen; als Tatbestand des Vergnügungssteuergesetzes sei § 1 Abs. 3 Z. 4 leg. cit. heranzuziehen.

1.3. Die beschwerdeführende Partei bekämpft beide Bescheide vor dem Verwaltungsgerichtshof erkennbar wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982 (Wiederverlautbarung; idF: TGVG) in der hier anzuwendenden Fassung durch LGBl. Nr. 24/2011, bestimmt in seinem § 1 Abs. 1, dass die Ausschreibung und die Einhebung von Vergnügungssteuern im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. werden die Gemeinden ermächtigt, über die in § 15 Abs. 3 Z. 1 des Finanzausgleichsgesetzes 2008, BGBl. I Nr. 103/2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, bestehende Ermächtigung hinaus, in dem durch das TGVG bestimmten Ausmaß für Vergnügungen Vergnügungssteuern auszuschreiben.

§ 1 Abs. 3 leg. cit. lautet wie folgt:

"(3) Steuerpflichtige Vergnügungen sind insbesondere:

  1. 1. Tanzbelustigungen, Kostümfeste, Maskenbälle;
  2. 2.
  3. 3.
  4. 4. mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder von Deklamationen einschließlich der Wiedergabe durch Musikautomaten (Musikboxen und Tonbandgeräte);

    5. …"

    Nach § 1 Abs. 4 leg. cit. wird die Annahme einer Vergnügung im Sinne dieses Gesetzes nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Veranstaltung gleichzeitig auch noch erbauenden, belehrenden oder anderen nicht als Vergnügen anzusehenden Zwecken dient oder dass der Unternehmer nicht die Absicht hat, eine Vergnügung zu veranstalten.

    § 3 leg. cit. regelt näher die Steuerform wie folgt:

"(1) Die Steuer ist für jede Veranstaltung gesondert zu berechnen und wird in zwei Formen erhoben:

1. als Kartensteuer, wenn die Teilnahme an der Veranstaltung von der Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen abhängig gemacht ist;

2. als Pauschsteuer nach festen Steuersätzen,

a) wenn die Veranstaltung ohne Lösung von Eintrittskarten oder sonstige Ausweise zugänglich ist,

b) neben der Kartensteuer, wenn durch die Bezahlung der Eintrittskarte nicht das gesamte Entgelt für die Teilnahme an der Veranstaltung erfasst wird.

(2) Als Teilnehmer im Sinne des Abs. 1 gelten alle Anwesenden mit Ausnahme der in Ausübung ihres Berufes oder Gewerbes beschäftigten Personen. Bei sportlichen Veranstaltungen gilt nicht als Teilnehmer, wenn er sich hiebei selber sportlich betätigt."

Im II. Abschnitt des Gesetzes wird die Kartensteuer wie folgt geregelt:

"§ 5

Steuermaßstab

Die Kartensteuer wird nach Preis und Zahl der ausgegebenen Eintrittskarten berechnet. Unentgeltlich ausgegebene Karten bleiben auf Antrag unberücksichtigt, wenn sie als solche kenntlich gemacht sind und der Nachweis ihrer unentgeltlichen Ausgabe nach näherer Bestimmung der Gemeinde erbracht wird.

§ 6

Preis und Entgelt

(1) Die Steuer ist nach dem auf der Karte angegebenen Preis ausschließlich der Steuer zu berechnen, auch wenn die Karte tatsächlich billiger abgegeben worden ist. Sie ist nach dem Entgelt zu berechnen, wenn dieses höher ist als der auf der Karte angegebene Preis. Die Steuer wird auf den vollen Cent-Betrag aufgerundet.

(2) Als Entgelt gilt die gesamte Vergütung, die für die Zulassung zur Veranstaltung gefordert wird, ausschließlich der Steuer sowie der für Rechnung Dritter einzuhebenden gesetzlichen Abgaben. Dazu gehört auch die Gebühr für Kleideraufbewahrung sowie für Kataloge und Programme, wenn die Teilnehmer ohne Entrichtung derartiger Gebühren zu der Veranstaltung nicht zugelassen werden. Wird neben diesem Entgelt unter bestimmten Voraussetzungen oder zu bestimmten Zwecken noch eine Sonderzahlung verlangt, so wird dem Entgelt der Betrag der Sonderzahlung oder, falls diese nicht zu ermitteln ist, ein Betrag von 20 v.H. des Entgeltes hinzugerechnet. Als solche Sonderzahlungen gelten insbesondere Beträge, die von dem Veranstalter vor, während oder nach der Veranstaltung durch Sammlungen oder dergleichen erhoben werden. Die Sonderzahlungen sind nicht hinzuzurechnen, wenn sie einem Dritten zu einem von der Landesregierung als gemeinnützig anerkannten Zweck zufließen.

(3) Am Eingang zu den Räumen der Veranstaltung oder an der Kasse sind an geeigneter, für die Besucher leicht sichtbarer Stelle die Eintrittspreise, die Höhe der Steuer und die für Rechnung Dritter einzuhebenden gesetzlichen Abgaben durch Anschlag bekannt zu machen.

§ 7

§ 8

Steuersätze bei Ausgabe von Eintrittskarten

(1) Die Steuer beträgt für jede Eintrittskarte allgemein höchstens 25 v.H. - für Vergnügungen der in § 1 Abs. 3 Z. 8 bezeichneten Art jedoch höchstens 10 v.H. - des Entgeltes mit Ausschluss der Abgaben (§ 15 Abs. 3 Z. 1 FAG 2008).

(2) Für Veranstaltungen gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 9 kann die Gemeinde die Steuer bis auf 50 v.H. erhöhen."

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 leg. cit. entsteht die Steuerschuld mit der Ausgabe der Karten. Die Ausgabe ist vollendet mit der Übertragung des Eigentums an der Karte. Nach § 12 Abs. 2 leg. cit. setzt die Gemeinde nach Abschluss ihrer Ermittlungen die Steuer fest und teilt sie dem zahlungspflichtigen Unternehmer mit, wozu es keines schriftlichen Bescheides oder Zahlungsauftrages bedarf. Wenn die Gemeinde nichts anderes vorschreibt, wird nach § 12 Abs. 3 leg. cit. die Steuerschuld mit Ablauf von zwei Werktagen nach der Mitteilung an den zahlungspflichtigen Unternehmer fällig.

Wenn durch Verschulden des Unternehmers die für die Berechnung der Steuer maßgebenden Verhältnisse nicht mit Sicherheit festzustellen sind, kann die Gemeinde nach § 12 Abs. 4 leg. cit. die Steuer so festsetzen, als ob sämtliche verfügbaren Plätze für die gewöhnlichen oder im Einzelfall ermittelten oder geschätzten höheren Kassenpreise verkauft worden wären. Über die Festsetzung ist ein schriftlicher Bescheid zu erlassen.

Die "Pauschsteuer" ist im III. Abschnitt des Gesetzes geregelt. Sie kann sich etwa nach einem Vielfachen des Einzelpreises (vgl. § 13 leg. cit.), nach dem Anschaffungswert (vgl. § 14 leg. cit.), nach der Zahl der Mitwirkenden (vgl. § 15 leg. cit.) oder nach der Größe des benutzten Raumes richten. Diesbezüglich bestimmt § 16 leg. cit. wie folgt:

"(1) Wenn die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Veranstaltungen - insbesondere Tanzbelustigungen, Varietes, Tingel-Tangel, Kabarette, Konzerte udgl. - im Wesentlichen der Gewinnerzielung aus der Verabreichung von Speisen und Getränken oder wenn sie der Unterhaltung bei Vereinsfestlichkeiten udgl. dienen, wird die Pauschsteuer nach der Größe des benützten Raumes erhoben. Die Größe des Raumes wird festgestellt nach dem Flächeninhalt der für die Vorführung und die Zuschauer bestimmten Räume einschließlich der Ränge, Logen und Galerien, Wandelgänge und Erfrischungsräume, aber ausschließlich der Bühnen- und Kassenräume, der Kleiderablagen und Aborte. Findet die Veranstaltung ganz oder teilweise im Freien statt, so sind von den im Freien gelegenen Flächen nur die für die Vorführung und die Zuschauer bestimmten Flächen einschließlich der dazwischen befindlichen Wege und der angrenzenden Veranden, Zelte und ähnlichen Einrichtungen anzurechnen.

(2) Die Steuer beträgt für Veranstaltungen mit Publikumstanz 10 Cent für je 10 Quadratmeter Veranstaltungsfläche, mindestens aber 2,2 Euro für jede Veranstaltung, für Veranstaltungen ohne Publikumstanz 6 Cent für je 10 m2 Veranstaltungsfläche, mindestens aber 1,5 Euro für jede Veranstaltung. …

(3) Bei längerer Dauer oder bei fortlaufender Aufeinanderfolge der Veranstaltungen gilt jeder angefangene Zeitraum von vier Stunden als eine Veranstaltung. Bei Veranstaltungen, die mehrere Tage dauern, wird die Steuer für jeden angefangenen Tag besonders erhoben."

Nach § 21 TGVG ist die Pauschsteuer, soweit nicht in den §§ 13 bis 19 eigene Bestimmungen getroffen sind, bei der Anmeldung zu entrichten und wird zurückgezahlt, wenn die Veranstaltung nicht stattfindet. Hiefür bedarf es keines schriftlichen Bescheides oder Zahlungsauftrages (Abs. 1). Die Bestimmung des § 12 Abs. 4 leg. cit. findet gemäß § 21 Abs. 2 TGVG entsprechende Anwendung.

Der Steuerschuldner und die Haftung werden in § 23 leg. cit. näher geregelt. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"(1) Steuerschuldner ist der Teilnehmer an einer steuerpflichtigen Veranstaltung.

(2) Der Unternehmer der Veranstaltung ist verpflichtet, die Steuer von den Teilnehmern an der Veranstaltung im Namen und für Rechnung der Gemeinde einzuheben und an diese abzuführen. Er haftet für die Einhebung und Abfuhr der von den Teilnehmern geschuldeten Steuer.

(3) Wer zur Anmeldung verpflichtet ist, ohne selbst Unternehmer zu sein, haftet neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner."

2.2. Die beschwerdeführende Partei bestreitet nach dem Inhalt ihres Vorbringens vor dem Verwaltungsgerichtshof zunächst, dass überhaupt eine Veranstaltung vorliege, die dem Vergnügungssteuergesetz zu unterstellen wäre. Die Abgabenbehörden verwiesen diesbezüglich auf den "Internet-Auftritt" der beschwerdeführenden Partei und insbesondere darauf, dass mit einem "Partyfeeling" geworben werde. Daraus könne aber - so das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zusammengefasst - (noch) nicht geschlossen werden, dass eine Veranstaltung im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes vorliege.

Die belangte Behörde bringt hierzu in ihrer Gegenschrift vor, wenn die beschwerdeführende Partei die Ansicht vertrete, dass die Indizwirkung der Homepage mit dem Hinweis "lockere Party gegen den Alltagsstress" zu Unrecht als Indiz für die Vorschreibung der Vergnügungssteuer herangezogen worden sei, so ändere dies nichts an der Tatsache, dass im "Gegenstandslokal" mechanische Musik wiedergegeben werde, was für sich gesehen die Steuerpflicht auslöse. Unter den "specials" auf der vorerwähnten Homepage werde eigens angeführt, welche speziellen Veranstaltungen angeboten würden und dabei neben diversen "events" zu bestimmten Zeiten an bestimmten Tagen damit geworben, dass das Lokal "Treffpunkt der Gastro- und Tourismusbranche und Sportvereine, Reise- und Eventveranstalter u.v.m. zur lockeren Party gegen den Alltagsstress" sei; auch die im Internet ausgestellten Fotos wiesen auf eine "ausgelassene Partystimmung" hin.

Wie sich aus dem TGVG ergibt, ist Gegenstand der Vergnügungssteuer die Abhaltung einer Vergnügung (Veranstaltung) der im Gesetz näher umschriebenen Art. Es kommt dabei - worauf die beschwerdeführende Partei zutreffend hinweist - auf das tatsächliche Geschehen, nicht aber auf die Werbung (hier den "Internetauftritt") an. Die Werbung (hier: der Internetauftritt) gibt dabei gegebenenfalls einen Hinweis auf das (beabsichtigte) tatsächliche Geschehen.

Nach den von der Abgabenbehörde erster Instanz in ihrer Berufungsvorentscheidung wiedergegeben Angaben der beschwerdeführenden Partei in ihrer Berufung sei deren Lokal in Innsbruck täglich geöffnet; für die dort vom Veranstalter dargebotene Musik sei ein Barangestellter, welcher auch für Aufgaben die Ausschank und andere Tätigkeiten zuständig sei, verantwortlich.

Eine Tanzfläche bestehe in diesem Lokal nicht. Im Lokal würden von der beschwerdeführenden Partei täglich die gleichen Leistungen geboten, nämlich der Ausschank von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken; es handle sich dabei um einen konventionellen Barbetrieb. Hierzu führte die Begründung der Berufungsvorentscheidung - ohne (eigene) weitere Feststellungen zu treffen - aus, die in der Berufung angeführte "Feststellung", dass die im Lokal abgespielte Musik von einem Angestellten, der auch andere Aufgaben im Rahmen des Betriebes zu erledigen habe, ausgesucht werde, sei für die Abgabenbehörde nicht von Bedeutung, weil die rechtlichen Vorschriften des TGVG nicht darüber "Auskunft" gäben, durch wen das Zustandekommen einer Erbauung oder Belustigung durch mechanische Musik ausgelöst werden müsse, um eine Vergnügungssteuerpflicht hervorzurufen. Es sei für die rechtliche Subsumierung durch die Abgabenbehörde vielmehr bedeutend, ob die gespielte Musik einen Hintergrundcharakter habe, oder ob es sich um eine Bar oder ein Lokal handle, in der oder dem "die dort gespielte Musik mit einer dominierenden Lautstärke das anwesende Publikum zu ausgelassenen Handlungen, wie z.B. Tanz " animiere.

Wesentlich für eine derartige Veranstaltung ist aber - wie sich schon aus dem Katalog des § 1 Abs. 3 TGVG ergibt -, dass bei der Veranstaltung das dort dargebotene Vergnügen im Vordergrund steht. Wie die belangte Behörde selbst zutreffend erkannt hat, würde nicht jedes Abspielen von Musik den von ihr herangezogenen Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z. 4 TGVG (mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder Textdeklamationen einschließlich der Wiedergabe durch Musikautomaten (Musikboxen und Tonbandgeräte)) erfüllen. Diesbezügliche Feststellungen aber wurden von den Abgabenbehörden - ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - nicht getroffen. Der bloße Hinweis auf die Lautstärke der Musik (und damit allenfalls verbundene Tanzbewegungen) reicht zur diesbezüglich verlässlichen Beurteilung nicht aus.

Da die belangte Behörde - ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - es unterließ, für die rechtliche Beurteilung ausreichende Feststellungen zu treffen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2.4. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, erforderlich, weil die vorliegende Abgabensache nicht "civil rights" betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/16/0205).

2.5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. Mai 2012

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