VwGH 2011/10/0198

VwGH2011/10/019823.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, in der Beschwerdesache der DS in Innsbruck, vertreten durch Mag. Christine Schneider, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien Straße 38, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Juli 2011, Zl. Va-456-11448/1/81, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §73;
MSG Tir 2010 §30 Abs1;
VwGG §34;
AVG §73;
MSG Tir 2010 §30 Abs1;
VwGG §34;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat mit Antrag vom 10. Februar 2011 die Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs, Hilfe zur Arbeit sowie eine "Zusatzleistung" nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz - TMSG, LGBl. Nr. 99/2010, beantragt. Da die Behörde erster Instanz darüber nicht binnen der gemäß § 30 Abs. 1 TMSG dreimonatigen Entscheidungsfrist entschieden hat, hat die Beschwerdeführerin am 9. Juni 2011 einen Devolutionsantrag gestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Juli 2011 hat die Tiroler Landesregierung diesen Devolutionsantrag mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde erster Instanz zurückzuführen sei, weil die Beschwerdeführerin erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt habe. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 8. August 2011 zugestellt.

In der dagegen gerichteten, am 25. November 2011 zur Post gegebenen Beschwerde wird u.a. vorgebracht, dass die Behörde erster Instanz nunmehr mit Bescheid vom 3. November 2011 auf Grundlage des unveränderten Akteninhaltes über den gegenständlichen Mindestsicherungsantrag entschieden habe. Da die Entscheidungspflicht auf Grund des Devolutionsantrages auf die belangte Behörde übergegangen sei, sei die Behörde erster Instanz dafür zwar nicht mehr zuständig gewesen. Es sei daraus aber ersichtlich, dass die Angelegenheit entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages bereits entscheidungsreif gewesen sei. Dazu hat die Beschwerdeführerin eine Ausfertigung des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 3. November 2011, mit dem über den gegenständlichen Mindestsicherungsantrag entschieden wurde, vorgelegt.

Gemäß § 34 VwGG sind Beschwerden, denen (u.a.) der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Das eine Voraussetzung für die Zulässigkeit darstellende Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse ist immer dann zu verneinen, wenn es auf Grund der geänderten Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat und daher den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 21. Oktober 2010, Zl. 2010/10/0197).

Ein solcher Fall liegt hier vor:

Die Behörde erster Instanz ist auf Grund der mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 8. August 2011 erfolgten rechtskräftigen Abweisung des Devolutionsantrages wieder zur Entscheidung über den Mindestsicherungsantrag zuständig geworden (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, Rz 39 zu § 73 wiedergegebene hg. Judikatur). Im Rahmen dieser Zuständigkeit hat sie mit Bescheid vom 3. November 2011 über den Mindestsicherungsantrag entschieden.

Die - ex tunc wirkende - Aufhebung des angefochtenen Bescheides hätte zur Folge, dass die belangte Behörde wieder über den Devolutionsantrag zu entscheiden hätte. Diesfalls könnte sie dem Antrag aber nur neuerlich nicht stattgeben, weil die Behörde erster Instanz nunmehr jedenfalls nicht mehr säumig ist. Der Beschwerde fehlt somit das Rechtsschutzinteresse (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. Mai 2011, Zl. 2008/08/0203, mwN).

Da die Entscheidung durch die wieder zuständige Behörde erster Instanz noch vor Einbringung der Beschwerde erfolgte (was sich schon daraus ergibt, dass mit der Beschwerde eine Ausfertigung dieses Bescheides vorgelegt wurde), machte es für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung keinen Unterschied, ob der angefochtene Bescheid aufgehoben wird oder nicht.

Wegen des somit fehlenden Rechtsschutzinteresses der Beschwerdeführerin war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen (vgl. auch dazu den bereits zitierten hg. Beschluss, Zl. 2010/10/0197).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. Oktober 2012

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