VwGH 2011/10/0037

VwGH2011/10/003723.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des DK in G, vertreten durch Mag. Kathrin Lichtenegger, Rechtsanwältin in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. November 2010, Zl. FA11A B26-2438/2010-5, betreffend Hilfe durch heilpädagogisches Voltigieren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BehindertenG KostenzuschussV Stmk 2009 §2 Abs1;
BehindertenG KostenzuschussV Stmk 2009 §2 Abs5;
BehindertenG Stmk 2004 §2 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004 §2 Abs2;
BehindertenG Stmk 2004 §3 Abs1 lita;
BehindertenG Stmk 2004 §3 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004 §3 Abs2;
BehindertenG Stmk 2004 §42 Abs5 Z2 lita;
BehindertenG Stmk 2004 §5 ;
BehindertenG Stmk 2004 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §52;
BehindertenG KostenzuschussV Stmk 2009 §2 Abs1;
BehindertenG KostenzuschussV Stmk 2009 §2 Abs5;
BehindertenG Stmk 2004 §2 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004 §2 Abs2;
BehindertenG Stmk 2004 §3 Abs1 lita;
BehindertenG Stmk 2004 §3 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004 §3 Abs2;
BehindertenG Stmk 2004 §42 Abs5 Z2 lita;
BehindertenG Stmk 2004 §5 ;
BehindertenG Stmk 2004 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 8. November 2010 hat die Steiermärkische Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers vom 30. Juli 2009 auf Hilfeleistung zur Heilbehandlung durch heilpädagogisches Voltigieren gemäß §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 lit. a und 5 Steiermärkisches Behindertengesetz, LGBl. Nr. 26/2004 (Stmk BHG), iVm § 2 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 (offenbar gemeint: Abs. 2) der Verordnung über die Festlegung von Erkrankungen, die nicht als Beeinträchtigungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz gelten, sowie über Kostenzuschüsse zu Heilbehandlungen und Hilfsmitteln, LGBl. Nr. 36/2009 (Kostenzuschussverordnung), abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass beim Beschwerdeführer eine Behinderung im Sinn des Stmk BHG vorliege. Nach einem Therapiebericht vom Juli 2009 würden durch das heilpädagogische Voltigieren beim Beschwerdeführer Motorik, Konzentration, Reaktion, Körperhaltung und Sprache gefördert. Heilpädagogisches Voltigieren sei keine medizinisch anerkannte Therapie.

In der Kostenzuschussverordnung sei festgelegt, für welche Therapien ein Kostenzuschuss gewährt werde. Beim heilpädagogischen Voltigieren handle es sich nicht um eine medizinisch anerkannte Therapie, die in dieser Verordnung aufgezählt sei, sondern um eine pädagogische Maßnahme. Die Bewilligung komme daher auch nicht im Rahmen des § 2 Abs. 5 der Kostenzuschussverordnung in Betracht.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 21. Februar 2011, B 1734/10, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Normen haben (auszugsweise) folgenden

Wortlaut:

Steiermärkisches Behindertengesetz, LGBl. Nr. 26/2004 idF LGBl. Nr. 81/2010 (Stmk BHG):

§ 2. Voraussetzungen der Hilfeleistungen

(1) Menschen mit Behinderung haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes einen Rechtsanspruch auf Hilfeleistungen.

§ 3. (1) Als Hilfeleistung für einen Menschen mit Behinderung kommen in Betracht:

a) Heilbehandlung

(2) Dem Menschen mit Behinderung steht ein Anspruch auf eine bestimmte in Abs. 1 lit. a bis p genannte Hilfeleistung nicht zu.

§ 5 Heilbehandlung

(1) Hilfe zur Heilbehandlung wird gewährt für ärztliche Behandlung, Therapien, Heilmittel und Pflege in Kranken-, Kur- oder sonstigen Anstalten, wenn dadurch

  1. a) eine Behebung oder
  2. b) eine erhebliche Besserung der Beeinträchtigung oder
  3. c) eine Verlangsamung des Verlaufes der durch die Behinderung bestehenden Beeinträchtigungen erreicht werden kann oder

    d) eine Verschlechterung der durch die Behinderung bestehenden Beeinträchtigungen hintangehalten werden kann.

(2) Die Landesregierung kann durch Verordnung festlegen, für welche Heilbehandlungen bis zu welchem Stundensatz und Ausmaß Kosten übernommen werden.

§ 42. …

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde entscheidet über

b) die zu gewährende Hilfeleistung (§§ 3 und 4),

(5) …

2. a) Nach Abs. 4 lit. b hat die Bezirksverwaltungsbehörde vor Entscheidung über die Gewährung von Hilfeleistungen gemäß § 3 Abs. 1 lit. h, i, j und l sowie gemäß § 3 Abs. 1 lit. d, soferne Hilfe zur beruflichen Eingliederung nach § 8 Abs. 1 lit. a in Einrichtungen gemäß § 43 gewährt wird, ein Gutachten des Sachverständigenteams einzuholen, welches den individuellen Hilfebedarf feststellt. Das Sachverständigenteam erstellt einen Entwicklungs- und Hilfeplan. In allen übrigen Verfahren nach Abs. 4 lit. b kann ein Gutachten des Sachverständigenteams eingeholt werden, wenn es die Bezirksverwaltungsbehörde für notwendig erachtet. Der Mensch mit Behinderung, dessen gesetzlicher Vertreter und eine Vertrauensperson sind in die Begutachtung einzubeziehen.

…"

Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. März 2009 über die Festlegung von Erkrankungen, die nicht als Beeinträchtigungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz gelten, sowie über Kostenzuschüsse zu Heilbehandlungen und Hilfsmitteln, LGBl. Nr. 36/2009 (Kostenzuschussverordnung):

"§ 2. (1) Für folgende Heilbehandlungen wird ein Kostenzuschuss gewährt:

  1. 1. Physiotherapie,
  2. 2. Ergotherapie,
  3. 3. Psychotherapie,
  4. 4. Logopädie,
  5. 5. Psychologische Behandlung

(2) Kostenzuschüsse für eine Heilbehandlung gemäß Abs. 1 werden nur gewährt, wenn

1. die Behandlung medizinisch anerkannt ist und von einer hiezu befugten Person durchgeführt wird und

2. eine Leistungsverpflichtung eines Sozialversicherungsträgers für diese Behandlung nicht oder nur zum Teil besteht.

(5) Auf schriftlichen Antrag ist ein Kostenzuschuss nach Zustimmung der Landesregierung auch für eine in Abs. 1 nicht genannte Heilbehandlung zu gewähren. Im Antrag muss begründet werden, warum im konkreten Fall der angestrebte Erfolg nur durch die beantragte Heilbehandlung erreicht werden kann. Die Abs. 2 und 4 gelten auch für diese Fälle.

…"

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Steiermärkischen Behindertengesetz ausgesprochen, dass ein Behinderter - ungeachtet des Rechtsanspruchs auf Hilfeleistung gemäß § 2 Abs. 1 Stmk BHG - gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art der in Abs. 1 genannten Hilfeleistungen habe. Aus § 42 Abs. 5 Z. 2 lit. a Stmk BHG ergebe sich vielmehr, dass die Entscheidung über die konkret zu gewährende Hilfeleistung nach allfälliger (für einige Hilfeleistungen obligatorischer) Einholung eines Sachverständigengutachtens zu treffen sei. Daraus sei ersichtlich, dass die Entscheidung, welche Hilfeleistung im konkreten Fall nach Art und Ausmaß zu gewähren sei, der Behörde überlassen bleiben solle. Demgemäß könne der Behinderte einen Bescheid, mit dem ausschließlich eine bestimmte, konkret beantragte Maßnahme verweigert, der Anspruch auf Hilfeleistung aber nicht generell verneint werde, nicht wegen behaupteter Rechtswidrigkeit erfolgreich bekämpfen (vgl. das Erkenntnis vom 14. Juli 2011, Zl. 2010/10/0219, mwN).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die ausschließlich beantragte Heilbehandlung durch heilpädagogisches Voltigieren mit der wesentlichen Begründung abgelehnt, dass diese Maßnahme im Katalog der Heilbehandlungen, für die gemäß § 2 Abs. 1 der Kostenzuschussverordnung ein Zuschuss gewährt werden kann, nicht enthalten sei. Ein solcher Bescheid kann (wenn - wie hier - keine besonderen Umstände dafür sprechen) keinesfalls so gedeutet werden, dass dem Beschwerdeführer generell die Hilfeleistung durch Heilbehandlung - durch eine im Katalog der genannten Verordnung aufgezählte zielführende Maßnahme - verweigert wird.

Der Beschwerdeführer wird daher schon mangels Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art der Heilbehandlung durch die Abweisung der ausschließlich beantragten Heilbehandlung durch heilpädagogisches Voltigieren nicht in Rechten verletzt.

Hinzugefügt sei, dass der Verfassungsgerichtshof im über die vorliegende Beschwerde ergangenen Ablehnungsbeschluss vom 21. Februar 2011, B 1734/10, ausgeführt hat, § 2 der Kostenzuschussverordnung finde in § 5 Abs. 2 Stmk BHG eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass diese Verordnungsbestimmung mit § 5 Stmk BHG in Widerspruch stehe.

Weiters sei Folgendes festgehalten:

Heilpädagogisches Voltigieren ist unstrittig nicht unter eine der in § 2 Abs. 1 der Kostenzuschussverordnung aufgezählten Heilbehandlungen zu subusumieren. Diese Maßnahme könnte daher nur gemäß § 2 Abs. 5 der zitierten Verordnung - mit Zustimmung der Landesregierung - bewilligt werden, wenn im Antrag begründet wird, warum im konkreten Fall der angestrebte Erfolg nur durch die beantragte Maßnahme erreicht werden kann. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, im Verwaltungsverfahren in diesem Sinn begründet zu haben, warum der angestrebte Erfolg in seinem Fall nur durch das beantragte heilpädagogische Voltigieren erreicht werden könne. Eine derartige Begründung ist im Übrigen auch in der Beschwerde nicht enthalten.

Schließlich sei noch ausgeführt, dass mit dem Vorbringen, heilpädagogisches Voltigieren sei anderen Behinderten und (für einen früherer Zeitraum vorläufig) auch dem Beschwerdeführer selbst gewährt worden, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werden kann.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. 'Jänner 2012

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