Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
BDG 1979 §123 Abs1 impl;
LBedG NÖ 2006 §204;
LDG 1984 impl;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
BDG 1979 §123 Abs1 impl;
LBedG NÖ 2006 §204;
LDG 1984 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Bauinspektionsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich und war in der Straßenbauabteilung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung tätig.
Mit Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 2011 wurde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beschwerdeführer gemäß § 95 DPL 1972 iVm § 204 Abs. 1 NÖ LBG beschlossen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)
"..., da Sie im Verdacht stehen, schuldhaft Dienstpflichtverletzungen
1. gemäß § 27 DPL 1972 dadurch begangen zu haben, dass Sie den Ihnen am 11.11.2009 für den 12.11.2009 erteilten Dienstreiseauftrag nicht befolgten, weil Sie eine vom Dienstreiseauftrag abweichende Route gewählt und eine andere als die angewiesene Tätigkeit ausgeübt haben;
2. gemäß § 27 DPL 1972 dadurch begangen zu haben, dass Sie die schriftliche Weisung vom 2.6.2009 während Ihres Krankenstandes vom 21.1.2010 bis 5.2.2010 nicht befolgt haben, weil Sie die schriftliche ärztliche Krankenstandsbestätigung nicht unverzüglich ab dem ersten Tag Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit, sondern erst am 27.1.2010 für die Zeit vom 21.1.2010 bis zum 26.1.2010 und erst am 1.2.2010 für die Zeit vom 27.1.2010 bis zum 5.2.2010 per Fax an die NÖ Straßenbauabteilung X übermittelt haben;
3. gemäß § 26 Abs. 1 DPL 1972 dadurch begangen zu haben, dass Sie am 14. April 2010, um 13.42 Uhr, während Ihres Krankenstandes ohne Zuständigkeiten und Befugnisse für die Vergabe von Planungsarbeiten in der NÖ Straßenbauabteilung X und ohne Auftrag und vor allem ohne Wissen seitens des Bauabteilungsleiters einen Anruf beim Geschäftsführer der W Bergbau und Aufschließungsgesellschaft m.b.H., Dipl.Ing. C, tätigten, sich dabei als Mitarbeiter des NÖ Straßendienstes ausgaben und Informationen über die Auftragsvergabe des geologischen Gutachtens für die 'Rutschung K' in der Straßenmeisterei M zu erlangen versuchten, wobei Sie sagten, dass Sie von Ihrem Chef Dipl.Ing. S gemobbt werden und die Frage stellten, wie die Firma W zum Auftrag für die geologische Untersuchung des Bauvorhabens Rutschung K in der NÖ Straßenbauabteilung X gekommen ist;
4. gemäß § 31 Abs. 2 DPL 1972 dadurch begangen zu haben, dass Sie während Ihres Krankenstandes am 29.5.2010, um ca. 15.00 Uhr in Ihrem Weingarten in D eine rund 90 Minuten dauernde Weinverkostung für ca. 12 bis 15 Personen durchführten, wobei Sie eine 'Wieselburger Bank' und zwei Sonnenschirme aufstellten, die jeweiligen Weinsorten präsentierten und auch Wein konsumierten."
Der angefochtene Bescheid wurde damit begründet, dass sich in der Sitzung der Disziplinarkommission ergeben habe, dass der in der Disziplinaranzeige des Leiters der NÖ Straßenbauabteilung vom 30. August 2010 dargestellte Sachverhalt in Verbindung mit dem Ergebnis von ergänzend durchgeführten Ermittlungen, die dem Beschwerdeführer im Rahmen eines Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG mit Schreiben vom 5. Mai 2011 zur Kenntnis gebracht worden seien, den Verdacht rechtfertige, dass er die angeführten Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen habe, weshalb das Disziplinarverfahren einzuleiten gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die maßgebliche Bestimmung des gemäß § 95 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (DPL 1972) anzuwendenden NÖ Landes-Bedienstetengesetzes (NÖ LBG) lautet:
"§ 204
Einleitung
(1) Die Disziplinarkommission hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige zu entscheiden, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind im Auftrag des vorsitzenden Mitglieds durchzuführen.
(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, ist dieser Beschluss den jeweiligen Beschuldigten, dem Disziplinaranwalt und dem Amt der Landesregierung zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 97/09/0264, zu den Erfordernissen eines Einleitungsbeschlusses in einem Disziplinarverfahren nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 Folgendes ausgeführt:
"Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist die dem Einleitungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren (hier: nach § 123 Abs. 1 BDG 1979) zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozeßvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluß begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluß in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0121, und Zlen. 91/09/0138, 0139, sowie vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243).
Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muß das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluß derart beschrieben werden, daß unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muß daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, daß keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozeßgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muß sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (vgl. in dieser Hinsicht die hg. Erkenntnisse vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0094, jeweils vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0121, und Zlen. 91/09/0138, 0139, vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0101, und vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243).
Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wird, nur in groben Umrissen zu umschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d. h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten umschrieben werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung zu beurteilen, insoweit sich aus dieser der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung zu dienen hat, ergibt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 11. April 1996, Zl. 94/09/0241, und vom 29. August 1996, Zlen. 94/09/0230, 0244).
Wie die Sachverhaltsschilderung beschaffen sein muß, um die Umgrenzungsfunktion zu erfüllen, hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab. Die Schilderung muß umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, daß der Beschuldigte verwechselbare Dienstpflichtverletzungen gleicher Art verübt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0094).
Die Disziplinarkommission ist nach dem Gesetz nicht gezwungen, vor Erlassung des Einleitungsbeschlusses über die Disziplinaranzeige hinausgehende Ermittlungen durchführen zu lassen. In dieser Phase des Verfahrens ist nur zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob allenfalls offenkundige Gründe für eine sofortige Einstellung des Disziplinarverfahrens (§ 118 Abs. 1 BDG 1979) vorliegen. Für die Einleitung des Verfahrens reicht reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Über die Disziplinaranzeige hinausgehende Ermittlungen werden vor der Einleitung des Verfahrens daher nur im Zweifelsfall notwendig sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1994, Zl. 94/09/0043, und die dort angeführte Vorjudikatur, sowie vom 20. April 1995, Zl. 93/09/0027).
Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen gegeben erscheinen lassen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1993, Zl. 92/09/0398, und vom 16. November 1995, Zl. 93/09/0054)." Vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0226, mwN.
Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für einen Einleitungsbeschluss gemäß § 204 des NÖ LBG.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er im Verwaltungsverfahren zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen jeweils Stellung genommen habe und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf nicht entsprechend Bedacht genommen habe. Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 1. hätte er eine Qualitätskontrolle von Bodenmarkierungen durchzuführen gehabt, was jedoch eine trockene Straßenoberfläche vorausgesetzt habe. Es habe geregnet, worauf er seine Route angepasst habe. Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 2. habe der Beschwerdeführer sofort gemeldet, sich sofort zum Arzt begeben und anschließend sofort dessen Bestätigung abgegeben. Zum Anschuldigungspunkt 3. sei zu seiner Kenntnis gelangt, dass es bei der Auftragsvergabe strittige Vorkommnisse gegeben habe und er habe es als angebracht angesehen, dem unabhängig von seinen Dienstpflichten im engeren Sinn nachzugehen. Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 4. habe der Beschwerdeführer ausgeführt, seine Erkrankung erfordere nicht nur keine Bettruhe oder dauernden Aufenthalt zuhause, sondern es sei für sie und für die Heilung sogar förderlich, dass es einige Abwechslung gebe und die besagte Weinverkostung sei in keiner Weise im Widerspruch zu seiner alsbaldigen Heilung gestanden.
Mit diesen Hinweisen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil er nicht darlegt, dass die im angefochtenen Bescheid dargestellten Verdachtsmomente ohne Zweifel entkräftet wären oder dass ein Grund für eine umgehende Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben wäre.
Ob die gegen den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid erhobenen Verdachtsmomente tatsächlich zutreffen, und ob eine Schuld des Beschwerdeführers in jedem einzelnen Punkt zu bejahen ist, ist Sache der Klärung im folgenden Disziplinarverfahren.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 18. Dezember 2012
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