VwGH 2011/07/0126

VwGH2011/07/012610.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Innsbruck, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 8. April 2010, Zl. LAS - 984/4- 09 (Spruchpunkte 2 und 3), betreffend Feststellung von Gemeindegut und Zurückweisung von Anträgen (mitbeteiligte Partei:

Agrargemeinschaft I, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §365;
FlVfGG §15;
FlVfGG §20 Abs3;
FlVfLG Tir 1952;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2;
LO Tir 1989 §11 Abs4;
VwRallg;
ABGB §365;
FlVfGG §15;
FlVfGG §20 Abs3;
FlVfLG Tir 1952;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2;
LO Tir 1989 §11 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Zur Vorgeschichte:

Der Tiroler Landesausschuss genehmigte am 24. September 1886 unter Nr. 13294 die Statuten der I Waldgenossenschaft, wobei unter Punkt 23 dieser Statuten festgehalten wurde, dass die 27 Nutzungseigentümer laut ihrem Beschluss vom 23. Mai 1886 ausdrücklich das Obereigentum der Gemeinde I an dem Gemeinschaftswald unter der Bedingung anerkannten, dass ihnen selbst das bisherige ausschließliche Nutzungseigentum für immer zuerkannt werde.

Im Grundbuchsanlegungsprotokoll vom 7. April 1899 zu Post-Nr. 93, betreffend die Grundbuchseinlagezahl 215 II GB I wurde unter "Erhebung der Eigentumsrechte" die Gemeinde I als Obereigentümerin und die I Waldinteressentschaft als Nutzungseigentümerin festgehalten. Als Eigentumstitel wurden die Forsteigentumspurifikationstabelle vom 10. Februar 1848 und die Wirtschaftsstatuten vom 3. August 1887 erhoben.

Im Jahre 1942 wurde die Gemeinde I in die Stadtgemeinde Innsbruck, die nunmehrige Beschwerdeführerin eingemeindet.

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 18. Dezember 1952 wurde festgestellt, dass die in Grundbuchseinlagezahl 215 II KG I verzeichneten Grundstücke (insgesamt als I Wald benannt) agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 36 Abs. 1 lit. b des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1935 seien und das Eigentum daran der Agrargemeinschaft Waldinteressentschaft I zustehe. Dagegen wurde von der Beschwerdeführerin Berufung erhoben.

Mit Bescheid der AB vom 8. November 1954 wurde eine in Folge der Berufung zwischen der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde I einerseits und der I Waldgenossenschaft (Agrargemeinschaft I-Waldinteressentschaft) andererseits abgeschlossene Vereinbarung agrarbehördlich genehmigt. Die Vereinbarung hatte dabei auszugsweise folgenden Wortlaut:

"lit. a

Die Agrargemeinschaft I-Waldinteressentschaft (Waldgenossenschaft I) überlässt den sog. G, das ist der Interessentschaftsgrund von der verbauten Ortschaft I gegen Süden bis zur Parzellengrenze vor dem Sportplatz und dem Pflanzgarten im Westen bis zur K-Straße im Ausmaß von 4 ha, 88 a, 94 m2, und zwar bestehend aus Gp 723/1, 723/6, 723/7, 723/8, 723/9, 988, 989, 990 und Bp .139, alle KG I, in das alleinige Eigentum der Stadtgemeinde Innsbruck und zwar im bestehenden Zustand und mit allen an diesen Grundstücken etwa hängenden Pflichten und Lasten.

lit. b

Die Agrargemeinschaft I-Waldinteressentschaft (Waldgenossenschaft I) überlässt weiters den sog. G, das ist die GB 590, KG I, im Ausmaß von 2 ha 78 a, anschließend an den V Gemeindewald an die Stadtgemeinde Innsbruck im bestehenden Zustand und mit allen etwa darauf haftenden Pflichten und Lasten.

(...)

lit. f

Hinsichtlich des gesamten übrigen Grundes der Agrargemeinschaft I-Waldinteressentschaft (Waldgenossenschaft I) überträgt die Stadtgemeinde Innsbruck das Obereigentum an die Agrargemeinschaft I-Waldinteressentschaft (Waldgenossenschaft I), sodass diese alleinige Eigentümerin des ganzen Grund und Bodens, soweit er nicht gemäß Punkt a) und b) dieser Vereinbarung ins Eigentum der Stadtgemeinde Innsbruck übergeht, wird. Die Teilung in Ober- und Nutzungseigentum fällt hiedurch fort. (...)

lit. i

Vorbehaltlich der Genehmigung dieser Vereinbarung durch die Agrarbehörde zieht die Stadtgemeinde Innsbruck ihre gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 18.12.1952, Zl. IIIb-865/8, eingebrachte Berufung vom 07.01.1953, Zl. IV- 15020/52, zurück."

Mit Bescheid der AB vom 5. Oktober 1955 wurde ausgesprochen, dass die I Genossenschaftswaldung in EZ 215 II KG I zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinne des § 36 Abs. 1 lit. b TFLG 1952 zähle und das Eigentum an diesen agrargemeinschaftlichen Grundstücken der Agrargemeinschaft Waldinteressentschaft I zustehe.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes I als Grundbuchsgericht vom 9. April 1957 wurde schließlich das Ergebnis des agrarbehördlichen Verfahrens grundbücherlich durchgeführt und das Eigentum an den Grundstücken in der EZ 215 II, KG I, entsprechend der Teilungsvereinbarung vom 26. Juli 1954 einverleibt.

2. Zum gegenständlichen Verwaltungsverfahren:

Mit Schriftsatz vom 15. Jänner 2009 stellte die mitbeteiligte Partei bei der AB den Antrag, es möge festgestellt werden, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, B 464/07, auf die mitbeteiligte Partei nicht anzuwenden sei.

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2009 brachte die Beschwerdeführerin den Antrag ein, die AB möge die am 26. Juli 1954 zwischen der Beschwerdeführerin und der I Waldgenossenschaft bzw. der Agrargemeinschaft I-Waldinteressentschaft abgeschlossene Vereinbarung, weiters den Bescheid der AB vom 8. November 1954 betreffend die agrarbehördliche Genehmigung dieser Vereinbarung und schließlich den Bescheid der AB vom 5. Oktober 1955 betreffend die zu Gunsten der Agrargemeinschaft Waldinteressentschaft I getroffene Eigentumsfeststellung bezüglich des Gutsbestandes der Liegenschaft in EZ 215 II, KG I, aufheben, in eventu als nichtig erklären, in eventu in eine das Recht der Beschwerdeführerin auf die Substanz des Gemeindewaldes I berücksichtigende Regelung der Benützungs- und Verwaltungsrechte abändern. Weiters wolle die AB feststellen, wem die zum Gutsbestand der Liegenschaft in EZ 215, GB I, gehörigen Grundstücke gehörten, nämlich der Beschwerdeführerin. Schließlich werde die Feststellung begehrt, dass die in Rede stehenden Grundstücke Gemeindegut darstellten und es werde ein Verfahren zur Neuregulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte beantragt, mit welchem das Recht der Beschwerdeführerin auf die nach Abzug der Nutzungsrechte der übrigen Agrargemeinschaftsmitglieder verbleibende Substanz dieser Grundstücke zur Geltung zu bringen wäre.

Mit Bescheid der AB vom 19. Oktober 2009 wurde auf Grund des Antrages der mitbeteiligten Partei und des Eigentums- sowie Gemeindegutsfeststellungsbegehrens der Beschwerdeführerin festgestellt, dass beim Regulierungsgebiet der mitbeteiligten Partei, vorgetragen in EZ 215, GB I, kein Gemeindegut vorliege.

Den übrigen Anträgen der Beschwerdeführerin wurde gemäß Art. 11 Abs. 4 der Tiroler Landesordnung (im Folgenden: TLO) und § 68 AVG sowie § 69 TFLG 1996 keine Folge gegeben.

Mit Schreiben vom 6. November 2009 erhob die Beschwerdeführerin dagegen Berufung und führte begründend aus, dass nicht ersichtlich sei, durch welchen Vorgang die mitbeteiligte Partei Nutzungseigentümerin geworden sein sollte, weshalb die Übertragung des "Obereigentums" gemäß Vereinbarung vom 26. Juli 1954 der Agrargemeinschaft nicht vollständiges Eigentum verschaffen habe können. Diese Vereinbarung verstoße auch gegen diverse gesetzliche Verbote und gegen die guten Sitten und sei nichtig, da die Einräumung von Rechten an die Mitglieder der mitbeteiligten Partei über die Gemeindeordnung hinaus nach § 879 ABGB absolut nichtig gewesen sei. Die Vereinbarung verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, da eine unsachliche Benachteiligung der übrigen Gemeindemitglieder eintrete. Überdies sei unter Ausnützung einer Zwangslage der Beschwerdeführerin eine "massive Äquivalenzstörung" bewirkt worden, wobei sich die Zwangslage aus dem Erkenntnis des Landesagrarsenates zum V Gemeindewald ergeben habe, da die Beschwerdeführerin befürchten habe müssen, ihr werde das Eigentum an ihrem Gemeindegut in I entzogen. Auf Seiten der Beschwerdeführerin sei eine "verdünnte Willensfreiheit" vorgelegen, da ein Teil der Mitglieder der mitbeteiligten Partei im Gemeinderat der Gemeinde I an der Genehmigung der Statuten mitgewirkt habe und Vorschläge der Waldinteressentschaft 1903 angenommen hätte und dabei unzulässige sowie sittenwidrige Insichgeschäfte abgeschlossen worden seien.

Gegenständlich habe die Teilung des Gemeindegutes zu einer entschädigungslosen Entziehung der Substanz des Gemeindegutes geführt, wodurch die Beschwerdeführerin eine grobe Äquivalenzstörung erlitten habe. Ein rechtfertigendes öffentliches Interesse liege nicht vor. Die Hauptteilung sei im gegenständlichen Fall amtsmissbräuchlich verfügt worden, da das Recht auf die Substanz des Gemeindegutes der Gemeinde seit jeher zugestanden sei. Die Gesetzgeber des Flurverfassungsgrundsatzgesetzes und der Flurverfassungslandesgesetze hätten die vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 9336/1982 aufgezeigten Mängel der gesetzlichen Bestimmungen zwar nicht erkannt, doch seien der AB diese Mängel bereits 1952 wohl bekannt gewesen, was sich auch aus der Begründung des Bescheides vom 18. Dezember 1952 ergebe, zumal dort ausgeführt worden sei, dass Grundverkäufe Verfügungen über die Substanz darstellten, die keinen Anspruch auf eine Anteilsberechtigung und damit auch nicht auf das Eigentum gäben. Der Verfassungsgerichtshof habe festgestellt, dass die Eigentumsübertragungen am Gemeindegut an Agrargemeinschaften offensichtlich verfassungswidrig gewesen seien, was auch für Hauptteilungen gelte, weil auch diese zu einer entschädigungslosen Enteignung der Gemeinde geführt hätten. Es läge Amtsmissbrauch vor, wobei es diesbezüglich auf die subjektiven Elemente nicht ankomme, für deren Vorliegen im Übrigen die ungenügenden Erhebungen, die Nichtbefassung mit der Gemeindeordnung des Jahres 1819 sowie mit der Vorgangsweise der Grundbuchsanlegungskommission sprächen.

Beim Gebiet der mitbeteiligten Partei handle es sich nach wie vor um Gemeindegut, weil mit Bescheid der AB vom 5. Oktober 1955 festgestellt worden sei, dass die gegenständliche Waldung im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehe, welcher auch die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde I als Mitglied angehöre. Dieser Bescheid sei nie abgeändert worden und daher nach wie vor wirksam.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. April 2010 wies die belangte Behörde die Berufung, soweit sie sich auf den Eigentumsfeststellungsantrag hinsichtlich der Liegenschaft in EZ 215, GB I, zu Gunsten der Beschwerdeführerin bezog, als unzulässig zurück (Punkt 1).

Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen (Punkt 2).

Die von der Beschwerdeführerin gestellten Anträge, die belangte Behörde möge als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den Bescheid der AB vom 8. November 1954 und den Bescheid der AB vom 5. Oktober 1955 aufheben, in eventu als nichtig erklären, in eventu in eine das Recht der Beschwerdeführerin auf die Substanz des Gemeindewaldes I berücksichtigende Regulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte abändern, wurden zurückgewiesen (Punkt 3).

Nach Darlegung des Sachverhaltes und der einschlägigen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde zunächst zu den Anträgen nach Art. 11 Abs. 4 TLO aus, dass gegenständlich die Hauptteilung zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei vor der AB vereinbart und von der AB genehmigt worden sei. Dies sei nach der damaligen Rechtslage zulässig gewesen, was sich unter anderem aus den Bestimmungen der §§ 94 und 96 TFLG 1952 erschließen lasse, wonach für Übereinkommen und Vergleiche besondere Regelungen vorgesehen seien. Wenn keine Übereinkommen oder Vergleiche über agrarrechtliche Verhältnisse möglich gewesen wären, wären die entsprechenden Bestimmungen inhaltsleer.

Aus der gleich lautenden Überschrift des zweiten Abschnittes des TFLG 1952 und jener des TFLG 1996 gehe hervor, dass der Gesetzgeber die Teilung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken, gegenständlich die Hauptteilung, als Ordnungsinstrument und nicht als eine Maßnahme der Enteignung ansehe. In einem Erkenntnis des Obersten Agrarsenates werde die Hauptteilung als Auseinandersetzung zwischen der Ortsgemeinde und der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten definiert, wobei die Gemeinde aus der Gemeinschaft ausscheide und diese von den Nutzungsberechtigten fortgesetzt werde.

Gegenständlich liege keine Enteignung vor, was sich daraus ergebe, dass den Bescheiden eine Vergleichsvereinbarung der Beschwerdeführerin mit der mitbeteiligten Partei zu Grunde liege. Die Wesensmerkmale einer Enteignung träfen auf die Hauptteilung nicht zu. Eine Enteignung diene der Verwirklichung von im öffentlichen Interesse liegenden Vorhaben und Voraussetzung sei stets ein konkreter Bedarf, dessen unmittelbare Deckung durch die enteignete Sache im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Die genannten Kriterien träfen auf ein Verfahren zur Teilung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken nicht zu. Im Rahmen dieser Kriterien ließen sich die Voraussetzungen nach § 41 Abs. 3 TFLG für die Zulässigkeit der Teilung nicht einordnen. Auch zahlreiche Kommentare in Judikatur und Literatur führten aus, dass die Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften nicht unter den Begriff der Enteignung falle.

Ob die mit Bescheid vom 8. November 1954 genehmigte Parteienvereinbarung über eine Hauptteilung in jeder Hinsicht gesetzmäßig gewesen sei, entziehe sich einer nachträglichen Überprüfung, da der Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei.

Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, B 464/07, sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, da die dort getroffene Feststellung, dass die Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft verfassungswidrig gewesen sei, sich eindeutig nur auf das Regulierungsverfahren bezogen habe. Die verfassungskonforme Möglichkeit einer Hauptteilung habe der Verfassungsgerichtshof jedenfalls nicht verneint. Dass die Möglichkeit, eine Hauptteilung durchzuführen, im damals geltenden Flurverfassungsrecht vorgesehen gewesen sei, sei im Grunde unstrittig.

Schließlich erklärte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.503/2005, dass die Möglichkeit der Transformation von Nutzungsrechten in Eigentum auch in einem anderen Bereich der Bodenreform vorgesehen sei, nämlich bei der Auseinandersetzung zwischen verpflichteter Partei als Eigentümer servitutsbelasteter Grundstücke und berechtigter Partei in Form der Ablösung von Einforstungsrechten durch Abtretung von Grund und Boden.

Da mit der vereinbarten und agrarbehördlich genehmigten Teilung des I Waldes keine Enteignung verfügt worden sei, sei die Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 4 TLO nicht in Betracht zu ziehen gewesen. Die Hauptteilung sei wohl ein Eigentumseingriff, aber keine Enteignung der Beschwerdeführerin gewesen.

Zu den Anträgen gemäß § 68 Abs. 3 und 4 AVG wies die belangte Behörde zunächst auf die bereits dargelegten Ausführungen zu Art. 11 Abs. 4 TLO hin, wonach dem Vorwurf, die Hauptteilung sei verfassungswidrig gewesen, keine Berechtigung zuerkannt werden könne. Der Beurteilung der Frage, ob die Hauptteilung in jeder Hinsicht gesetzmäßig gewesen sei, stehe die Rechtskraft des agrarbehördlichen Bescheides entgegen. Der Vorwurf des Amtsmissbrauches sei im Hinblick darauf, dass die Maßnahme auf einer unbedenklichen gesetzlichen Grundlage beruht habe, haltlos. Dies gelte auch für den Folgebescheid. So sei kein Grund erkennbar, vom Abänderungs- und Behebungsrecht nach § 68 Abs. 3 und 4 AVG Gebrauch zu machen.

Dass durch die vorgenommene Hauptteilung des I Waldes das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdet würden, habe die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht und sei eine solche Situation auch nicht erkennbar. Hinsichtlich der Beseitigung der Hauptteilung zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, ihr sei das Recht auf die Substanz an einer Fläche von rund 330 ha I Gemeindewald entzogen worden, wodurch sich allein auf Basis des Verkehrswertes des Waldbodens ein Schaden von mehr als EUR 33 Millionen errechne. In der Zwischenzeit seien auch mehrere Hektar als Bauland veräußert und ca. 1,5 ha als Sonderfläche gewidmet worden, sodass der Schaden um ein Vielfaches höher sei. Da auch in Zukunft derartige Substanzerlöse zu erwarten seien, könne der gesamte Schaden für die Beschwerdeführerin noch gar nicht eingeschätzt werden. Damit könne aber nicht dargetan werden, inwieweit ein volkswirtschaftlicher Schaden durch die vorgenommene Hauptteilung des I Waldes eingetreten sei. Aus Sicht der Volkswirtschaft könne es wohl keinen Unterschied machen, ob die Beschwerdeführerin oder die mitbeteiligte Partei mögliche Substanzerlöse aus dem Gemeinschaftsgebiet in Anspruch nehmen könnte. Dass die mitbeteiligte Partei sich bisher schon einmal geweigert habe, Grundflächen für Gemeinwohlzwecke zu Verfügung zu stellen, werde nicht einmal vorgebracht; diesbezüglich sei auf die unterschiedlichen Einteignungs- und Zwangsrechtsbegründungsmöglichkeiten in den verschiedenen Rechtsmaterien zu verweisen.

Weiters sei ein strafgesetzwidriger Erfolg der vorgenommenen Hauptteilung weder erkennbar noch gegeben. Diese sei nach dem Willen der mitbeteiligten Partei und der Beschwerdeführerin erfolgt. Der Gemeinderat der Beschwerdeführerin habe in seiner Sitzung von 30. Oktober 1953 der Hauptteilung ausdrücklich seine Zustimmung erteilt und die Gemeindeverwaltung zum Abschluss ermächtigt. Die Beschwerdeführerin habe aus der Hauptteilung eine Grundfläche von ca. 7,8 ha sowie weitere Rechte der Sandund Schotternutzung sowie der Ausübung von Wasserbenutzungsrechten erhalten; von einer Entziehung des Substanzwertes des Gemeindegutes oder jeglicher Gegenleistung könne sohin nicht die Rede sein.

Zur Behauptung der groben Benachteiligung der Beschwerdeführerin durch die Hauptteilung sei zu bemerken, dass die vermögensrechtliche Bewertung eines jahrzehntelang zurückliegenden Vorganges aus heutiger Sicht durchaus zu einer anderen Beurteilung führen könne; allerdings ändere dies nichts daran, dass sich zum damaligen Zeitpunkt beide Seiten mit ihren Abfindungsteilen als zufriedengestellt angesehen hätte und die vorgenommene Hauptteilung gesetzmäßig gewesen sei. Den seinerzeit handelnden Personen auf beiden Seiten aus der heutigen Betrachtungsweise heraus amtsmissbräuchliches bzw. sonst strafgesetzwidriges Unterhalten zu unterstellen, sei zweifelsohne verfehlt und nicht gerechtfertigt.

Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes zukomme. Mangels eines solchen Rechtes sei die Beschwerdeführerin durch den in Berufung gezogenen Bescheid in keinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt worden.

Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führe, sie habe der mitbeteiligten Partei hinsichtlich einer bestimmten Fläche lediglich das "Obereigentum" übertragen, womit nur dann vollständiges Eigentum erworben hätte werden können, wenn der mitbeteiligten Partei das "Nutzungseigentum" an dieser Fläche schon vorher zugestanden wäre, was aber in Zweifel zu ziehen sei, sei auf den klaren Wortlaut der Vereinbarung vom 26. Juli 1954, insbesondere lit. f zu verweisen. Zumindest damals sei augenscheinlich allen Beteiligten völlig klar gewesen, dass beide Seiten hinsichtlich ihrer Abfindungsflächen Alleineigentum erwürben.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters vorbringe, dass mit dem Bescheid vom 5. Oktober 1955 ein Anteilsrecht der Gemeinde an der mitbeteiligten Partei festgestellt worden sei, welches ihr Recht auf die Substanz des Gemeindegutes repräsentiere, so übersehe sie, dass dieser Bescheid im Zusammenhalt mit jenem vom 8. November 1954 zu sehen sei. In der Begründung des Bescheides vom 5. Oktober 1955 sei festgehalten worden, dass die Ergänzung notwendig geworden sei, weil das Gericht die Ausdrucksweise des Bescheides vom 8. November 1954 für das Grundbuch nicht deutlich genug gefunden und das Landesgericht in einer Rekursentscheidung die Bestätigung der Rechtskraft des Bescheides vom 18. Dezember 1952 verlangt hätte, mit dem über das Vorliegen einer Agrargemeinschaft und über das Eigentum entschieden worden sei. Die Rechtskraftbestätigung habe aber nicht erteilt werden können, weil der Bescheid vom 18. Dezember 1852 durch jenen vom 8. November 1954 gegenstandslos geworden sei. Es ergebe sich schon aus dieser Begründung, dass der Bescheid vom 5. Oktober 1955 als Ergänzung zum Bescheid vom 8. November 1954 zu sehen sei und mit diesem Bescheid aus dem Jahr 1955 die im Jahr 1954 vereinbarte und agrarbehördlich genehmigte Hauptteilung nicht wieder zurückgenommen werden sollte. Auch lasse sich dem Akteninhalt unzweifelhaft entnehmen, dass als Verfahrensergebnis sämtlicher Bescheide die Hauptteilung des I Waldes zur Verbücherung gebracht worden sei.

Hinsichtlich des Eigentumsfeststellungsantrages führte die belangte Behörde aus, dass die Behörde erster Instanz festgestellt habe, dass beim Regulierungsgebiet der mitbeteiligten Partei, vorgetragen in EZ 215, GB I, kein Gemeindegut vorliege. Damit sei aber eine andere Feststellung getroffen worden als die laut Antragsgegenstand begehrte. Die darauf bezogene Berufung erweise sich somit als unzulässig, da in Wirklichkeit diesbezüglich gar keine Entscheidung vorliege.

Schließlich legte die belangte Behörde zum Gemeindegutsfestellungsantrag und zum Antrag auf Neuregulierung gemäß § 69 TFLG 1996 dar, dass mit der Hauptteilung des agrargemeinschaftlichen Gemeindegutes I Wald zwischen den Parteien die Eigenschaft des Gemeinschaftsgebietes als Gemeindegut tatsächlich beendet worden sei. Damit sei die bisherige gemeinschaftliche Nutzung des Gebietes als Gemeindegut beendet worden. Die entsprechende Feststellungsentscheidung im erstinstanzlichen Bescheid sei somit rechtsrichtig erfolgt, sodass die dagegen erhobene Berufung abzuweisen war. Wenn nun aber kein Gemeindegut vorläge, weil diese Eigenschaft des ursprünglichen Gemeinschaftsgebietes durch die Hauptteilung beendet worden sei, so komme auch kein Antrag der Beschwerdeführerin auf Durchführung eines Verfahrens zur Neuregulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte im Sinne der Bestimmung des § 69 TFLG 1996 mit dem Ziel in Betracht, das Substanzrecht der Gemeinde an den Grundstücken zur Geltung zu bringen. Somit sei die Berufung auch in diesem Punkt abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Erkenntnis vom 22. Februar 2011, B 719/10-14, feststellte, dass die Beschwerdeführerin durch den ersten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde und den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang aufhob. Im Übrigen lehnte er die Behandlung der Beschwerde, soweit sich diese gegen den zweiten und dritten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides richtet, ab.

Die Ablehnung der Beschwerde begründete er damit, dass diese mit Bezug auf den zweiten und dritten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums rüge. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum atypischen Gemeindegut nach dem TFLG 1996 (siehe insbesondere VfSlg. 18.446/2008 sowie VfGH 10.12.2010, B 639/10, B 640/10) auf Hauptteilungen nicht übertragen lässt - nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Bestimmungen von der Art des § 68 AVG (zB VfSlg. 4986/1965, 7978/1977 ua.) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. April 2011, B 719/10-16, wurde die gegen den zweiten und dritten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde über nachträglichen Antrag an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die Beschwerdeführerin ergänzte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre (gegen Spruchpunkt 2 und 3 des angefochtenen Bescheides gerichtete) Beschwerde und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin macht unter Hinweis auf Art. 11 Abs. 4 TLO geltend, sie sei damals (Übereinkommen vom 26. Juli 1954, dessen Genehmigung durch die AB mit Bescheid vom 8. November 1954 und den Feststellungsbescheid vom 5. Oktober 1955) entschädigungslos enteignet worden; es sei in der Folge kein im öffentlichen Interesse liegender Nutzen dieser Vermögensverschiebung eingetreten, sodass die Enteignung wieder rückgängig gemacht werden müsste.

Zu diesem Vorbringen genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen im Erkenntnis vom heutigen Tag, 2010/07/0216, zu verweisen. Aus den dort näher dargestellten Gründen ergibt sich, dass eine Hauptteilung nach dem TFLG 1952 keine Enteignung im Sinne des Art. 11 Abs. 4 TLO darstellt, sodass eine auf diese Norm gestützte Aufhebung der Enteignung nicht in Frage kommt.

2. Die Beschwerdeführerin meint weiters, es stehe fest, dass sie nicht aus der Agrargemeinschaft ausgeschieden sei. Es handle sich bei der Agrargemeinschaft daher um Gemeindegut nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 in der Fassung LGBl. Nr. 7/2010. Schließlich seien diese Grundstücke einmal im Eigentum der Beschwerdeführerin (Gemeinde) gestanden, seien im Zuge eines agrarbehördlichen Regulierungsverfahrens ins Eigentum der Agrargemeinschaft übertragen worden und dienten der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften.

Nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 in der genannten Fassung zählen solche agrargemeinschaftlichen Grundstücke zum Gemeindegut, die vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren.

Es kommt also unter anderem auch darauf an, ob die Grundstücke Gegenstand einer Hauptteilung waren. Das ist im Gegenstand der Fall. Dass diese Definition des Gemeindegutes, die auf das Fehlen einer rechtskräftigen Hauptteilung abstellt, verfassungsrechtlich unbedenklich ist, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem obzitierten Erkenntnis vom 22. Februar 2011, dargetan; demnach lässt sich die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum atypischen Gemeindegut nach dem TFLG 1996 (siehe insbesondere VfSlg. 18.446/2008 sowie VfGH 10.12.2010, B 639/10, B 640/10) auf Hauptteilungen gerade nicht übertragen. Eine Hauptteilung beendet daher die Eigenschaft von agrargemeinschaftlichen Grundstücken als Gemeindegut.

Die durch Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin im Instanzenzug getroffene Feststellung der belangten Behörde, es liege kein Gemeindegut vor, begegnet daher keinen Bedenken.

3. Die Beschwerdeführerin meint weiters, die Vereinbarung vom 26. Juli 1954 wäre nichtig, die Wirkung der Beseitigung von Gemeindegut aufgrund dieser Vereinbarung wäre verfassungswidrig und gemäß § 879 ABGB nichtig.

Damit übersieht die Beschwerdeführerin aber, dass die Vereinbarung allein allenfalls im Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern Rechtsfolgen auslöste. Ohne agrarbehördliche Genehmigung wäre dieser Vereinbarung aber nicht die Wirkung einer Hauptteilung zugekommen und hätte auch nicht die Qualifikation der agrargemeinschaftlichen Grundstücke als Gemeindegut zu beseitigen vermocht. Diese Wirkung trat allein mit dem diese Genehmigung bewilligenden agrarbehördlichen Bescheid ein, der diese Vereinbarung in öffentlich-rechtlicher Hinsicht umsetzte. Diese Genehmigung ist aber rechtskräftig.

4. Die Beschwerdeführerin macht weiters eine Rechtsverletzung durch die Zurückweisung ihrer auf ein Vorgehen der belangten Behörde nach § 68 Abs. 3 und 4 AVG gerichteten Anträge geltend.

Gemäß § 68 Abs. 7 AVG steht auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis Abs. 4 zustehende Abänderungs- und Behebungsrechtes niemandem ein Anspruch zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die hg. Erkenntnisse vom 8. Mai 2008, 2008/06/0003, vom 14. Dezember 2007, 2006/05/0152, und vom 25. Jänner 2007, 2005/07/0157).

Mangels eines solchen ihr zustehenden Rechtes ist die Beschwerdeführerin durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung ihrer Anträge auf ein Vorgehen nach den genannten Bestimmungen in subjektivöffentlichen Rechten nicht verletzt worden. Auf die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin genannten Gründe vorlägen oder nicht, war daher nicht weiter einzugehen.

5. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 10. November 2011

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