VwGH 2011/06/0114

VwGH2011/06/011419.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der W GmbH in K, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 18. Mai 2011, Zl. 015073/2011/0002, betreffend baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §63;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §18 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §63;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit als "Bescheid" bezeichneter Erledigung vom 23. März 2011 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 der Auftrag erteilt, eine näher umschriebene Plakattafel auf dem Grundstück Nr. 62/2, EZ 13, KG E, binnen drei Wochen ab Rechtskraft zu beseitigen.

Das genannte Schriftstück enthält auf Seite 1 die Bezeichnung "Stadt Graz Bau- und Anlagenbehörde", weiters den "Spruch", aus dem eine bescheiderlassende Behörde nicht ersichtlich ist, auf Seite 2 die "Begründung", in der ebenfalls keine bescheiderlassende Behörde genannt ist, und auf Seite 3 die "Rechtsmittelbelehrung", wonach Berufung beim Magistrat Graz, Bau- und Anlagenbehörde eingebracht werden kann, ferner einen "Hinweis" auf die Möglichkeit der Einbringung eines Bauansuchens oder einer Bauanzeige und den Vermerk "Ergeht mit Zustellnachweis (RSb) an", wobei die Beschwerdeführerin als Errichterin und Eigentümerin der baulichen Anlage unter Ziffer 1 angeführt ist, unter Ziffer 2 J. L. und unter Ziffer 3 B. T., jeweils als Grundeigentümer; auf Seite 4 ist der Ergehungsvermerk "Zur Kenntnis an" vorhanden, wo unter Ziffer 4 die Magistratsabteilung 17 angeführt ist. Auf Seite 4 findet sich sodann die Fertigungsklausel "Für den Stadtsenat:", darunter die Namensbezeichnung Dipl. Ing. (FH) K. Z. und ferner der Vermerk "Elektronisch gefertigt" sowie eine Amtssignatur. Aus dem inhaltlichen Zusammenhang lässt sich nicht erkennen, dass nach Seite 3 noch eine weitere Seite zu kommen hat.

Mit Eingabe vom 13. April 2011 erhob die Beschwerdeführerin "Berufung", in der sie zunächst ausführte, sie gehe davon aus, dass es sich um einen "Nicht-Bescheid" handle, zumal nicht erkennbar sei, von welcher Behörde der "Bescheid" erlassen worden sei. Eventualiter bekämpfe sie den "Bescheid", weil ihr kein rechtliches Gehör gewährt worden sei und Plakattafeln keine baulichen Anlagen, die einer Anzeige- oder Bewilligungspflicht unterlägen, seien.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid sei "Für den Stadtsenat" gefertigt worden. Damit sei der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gemeint, der in erster Instanz in Bauangelegenheiten zuständig sei. Somit sei klar erkennbar, von welcher Behörde der Bescheid stamme. Ein "Nicht-Bescheid" liege nicht vor. Eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz sei als saniert anzusehen, wenn die Partei Gelegenheit gehabt habe, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung Stellung zu nehmen. Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei nicht mehr und nicht weniger als die Feststellung gewesen, dass auf dem Grundstück Nr. 62/2 eine Werbeanlage, wie sie im Bescheidspruch beschrieben sei, errichtet worden sei, weswegen der bekämpfte Auftrag ergangen sei. Da sich aus dem dem Bescheid zugrundeliegenden Erhebungsbericht substantiell nicht mehr ergebe als aus dem Bescheid selbst, sei der Verfahrensmangel als geheilt zu betrachten. Im Übrigen stelle die verfahrensgegenständliche Plakattafel eine bauliche Anlage dar, sodass der Auftrag zu Recht ergangen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig als rechtswidrig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, das als "Bescheid" titulierte Schriftstück vom 23. März 2011 lasse nicht erkennen, von welcher Behörde es stamme, da lediglich in der Überschrift die Wortfolge "Stadt Graz Bau- und Anlagenbehörde" zu finden sei, wobei es sich dabei um keine Behörde handle. Die belangte Behörde hätte daher nicht meritorisch über die als Eventualantrag eingebrachte Berufung entscheiden dürfen. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin bereits am 9. Dezember 2010 eine Bauanzeige eingebracht, die von der Baubehörde nicht zurückgewiesen worden sei, sodass auf Grund der Genehmigungsfiktion des § 33 Abs. 4 des Steiermärkischen Baugesetzes kein Beseitigungsauftrag hätte erlassen werden dürfen.

In der Gegenschrift verwies die belangte Behörde auf die Fertigungsklausel "Für den Stadtsenat" und die Unterschrift eines zur Genehmigung der Erledigung berechtigten Organwalters auf der Erledigung vom 23. März 2011.

In einer Replik legte die Beschwerdeführerin dar, dass ihr lediglich das aus drei Seiten bestehende Schriftstück, datiert vom 23. März 2011, zugestellt worden sei, das sie auch mit der Beschwerde als Beilage vorgelegt habe. Diesem Schriftstück fehle die Fertigungsklausel. Wäre eine solche vorhanden gewesen, wäre eine Zuordnung zum Stadtsenat möglich gewesen.

Gemäß § 18 Abs. 4 iVm § 58 Abs. 3 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung, insbesondere auch jeder Bescheid, die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß § 18 Abs. 3 AVG genehmigt worden ist.

Die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung vermag somit nur dann Rechtswirkungen zu entfalten, wenn sie einer bestimmten Behörde zurechenbar ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I, S. 203, Rz 16 zu § 18 AVG). Für den Bescheidcharakter einer Erledigung ist es daher wesentlich, dass ihr die bescheiderlassende Behörde (und nicht bloß der betreffende Rechtsträger oder Organwalter) bei objektiver Betrachtung entnommen werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG II, S. 614 Rz 15 zu § 56 AVG). Für einen meritorischen Abspruch über eine Berufung gegen eine Erledigung, die keine Bescheidqualität hat, ist die Berufungsbehörde nicht zuständig (Hengstschläger/Leeb, AVG III, S 831, RZ 46 zu § 63 AVG).

Es trifft zwar zu, dass sich im Akt eine vierseitige Ausfertigung der Erledigung vom 23. März 2011 befindet, die die Fertigungsklausel "Für den Stadtsenat" und eine Amtssignatur aufweist, ebenso eine handschriftlich unterfertigte Urschrift. Die Beschwerdeführerin hat allerdings bereits in der Berufung ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, von welcher Behörde der "Bescheid" erlassen worden sei. Ausgehend von diesem Vorbringen hätte die belangte Behörde zu ermitteln gehabt, ob der Beschwerdeführerin tatsächlich eine vollständige Bescheidausfertigung zugestellt worden ist; jedenfalls hätte sie zunächst die Beschwerdeführerin zu einer näheren Konkretisierung ihres Vorbringens auffordern müssen, das trotz der und gerade im Hinblick auf die im Akt befindliche Urschrift und Ausfertigung Zweifel hätte hervorrufen müssen.

Da die belangte Behörde dies unterlassen hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführerin - und allenfalls auch den im Zustellvermerk genannten Grundeigentümern - tatsächlich nur die ersten drei Seiten des Schriftstückes vom 23. März 2011 zugestellt worden sind, aus denen die bescheiderlassende Behörde nicht hervorgeht.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 19. Dezember 2012

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