VwGH 2011/04/0199

VwGH2011/04/019921.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X in Y, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14/1/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Oktober 2011, Zl. M63/006403/2011, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §26 Abs2;
GewO 1994 §26;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87;
IRÄG 2010;
VwRallg;
AVG §38;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §26 Abs2;
GewO 1994 §26;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87;
IRÄG 2010;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthauses an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass mit nach Aktenzahlen näher bezeichneten Beschlüssen des Handelsgerichts W vom 12. und 13. April 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet worden sei. In der Insolvenzdatei würde in diese Insolvenzfälle noch Einsicht gewährt. Damit lägen die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach den zitierten Gesetzesbestimmungen vor. Es handle sich um einen "absoluten Entziehungsgrund". Ein Absehen von der Entziehung komme nicht in Betracht. Dass die Beschwerdeführerin auch ein Ansuchen um Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung gestellt habe, sei für das Entziehungsverfahren irrelevant, da das Verfahren nach § 26 Abs. 2 GewO 1994 gesondert zu führen sei und die Entscheidung darüber im Entziehungsverfahren keine Vorfrage darstelle. Im Rahmen des Nachsichtsverfahrens werde zu prüfen sein, ob aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, dass den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachgekommen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn "wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit seines Inhaltes" aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der in § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.

§ 13 Abs. 3 GewO 1994 ordnet an, dass Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen sind, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde (Z. 1) und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist (Z. 2).

Bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach der genannten Stelle handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; sie liegt nicht im Ermessen der Behörde (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO 19943 (2011) § 87 Rz 2, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Anders als nach der Rechtslage vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 29, kann die Behörde - ausgenommen im Falle des Vorliegens einer Berechtigung zu Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung - von der in § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung auch dann nicht mehr absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Ausgehend davon hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, dass aufgrund der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen (Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens; noch nicht abgelaufener Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den Insolvenzfall gewährt wird) mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorzugehen ist.

Die Beschwerde hält dem vor allem entgegen, dass die Beschwerdeführerin auch einen Antrag gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 auf Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung gestellt habe. Deshalb wäre die belangte Behörde nach Auffassung der Beschwerde verpflichtet gewesen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung tatsächlich noch gegeben sind. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Bestimmung des § 26 Abs. 2 GewO 1994 nach der ständigen hg. Rechtsprechung im Entziehungsverfahren gemäß § 87 leg. cit. nicht anzuwenden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/04/0218, mwN). Ob die Voraussetzungen für eine Nachsicht (wegen Verbesserung der Vermögenslage) gegeben sind, ist daher nur im Nachsichtsverfahren zu klären; die Entscheidung in diesem Verfahren stellt auch keine Vorfrage im Sinn von § 38 AVG dar, die zu einer Aussetzung des Entziehungsverfahrens führen könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2001, Zl. 2001/04/0016). Für eine klare Trennung des Prüfgegenstands von Entziehungs- und Nachsichtsverfahren sprechen auch die Materialien zur bereits angesprochenen Novelle BGBl. I Nr. 29/2010, wonach damit das Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung bei Insolvenzen vereinfacht werden sollte. Den Fällen, in denen der Schuldner seine Insolvenzsituation wieder bereinigen könne und daher eine Fortsetzung der Gewerbeausübung zu rechtfertigen sei, werde durch die in § 26 GewO 1994 bestehende Möglichkeit der Nachsicht Rechnung getragen (RV 612 BlgNR 24. GP, S. 44).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2011

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