VwGH 2010/22/0094

VwGH2010/22/00946.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des R, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 26. Mai 2010, Zl. E1/2271/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
MRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. Mai 2010 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen armenischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus. Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer am 30. Juli 2002 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und am 31. Juli 2002 einen Asylantrag gestellt habe. Dieser sei in erster Instanz mit Bescheid vom 9. Juli 2003 abgewiesen worden. Die dagegen eingebrachte Berufung sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16. März 2010 "gemäß §§ 7 und 8 AsylG 97" als unbegründet abgewiesen worden. Der inländische Aufenthalt des Beschwerdeführers sei somit nicht mehr rechtmäßig.

Der Beschwerdeführer habe den Asylantrag unter einem falschen Namen gestellt und habe zuvor sein Reisedokument vor der Einreise weggeworfen. Sein Reisepass sei am Straßenrand aufgefunden und bei der tschechischen Grenzpolizei abgegeben worden. Es sei weiters bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer bereits drei Mal in der Bundesrepublik Deutschland illegal aufhältig gewesen und nach negativem Asylverfahren abgeschoben worden sei.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. In seinem Heimatstaat lebten seine Mutter, sein Bruder und dessen Ehefrau und zwei Kinder. Vom 11. Dezember 2009 bis 11. April 2010 sei der Beschwerdeführer einer meldepflichtigen Erwerbstätigkeit als Hausmeister nachgegangen. Eine Integration am österreichischen Arbeitsmarkt sei nicht feststellbar. Er lebe mit keiner Österreicherin und auch nicht mit in Österreich daueraufenthaltsberechtigten Fremden in Lebensgemeinschaft.

Der Beschwerdeführer sei (erst) im Alter von 42 Jahren in das Bundesgebiet eingereist und er sei somit in seinem Heimatland sozialisiert und kulturell geprägt worden.

Aus diesen Feststellungen schloss die belangte Behörde auf die Zulässigkeit der Ausweisung im Sinn des § 66 FPG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er sich seit Abschluss des Asylverfahrens unrechtmäßig in Österreich aufhält. Der Gerichtshof hegt somit keine Bedenken gegen die Heranziehung des Ausweisungstatbestandes des § 53 Abs. 1 FPG durch die belangte Behörde.

Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass er in Österreich sehr gut integriert sei und eine Einstellungszusage besitze. Weiters habe er einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 44 Abs. 4 NAG gestellt. Ihm könne nicht vorgeworfen werden, dass das österreichische Asylwesen "zumindest in der Vergangenheit so schlecht organisiert war, dass ein an und für sich nicht schwieriges Asylverfahren beinahe acht Jahre bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss benötigt". Dieses Organisationsverschulden der Republik Österreich sei dem Beschwerdeführer nicht vorzuwerfen.

Der Beschwerdeführer wendet sich somit gegen das Ergebnis der behördlichen Prüfung nach § 66 FPG. Damit wird jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

§ 66 FPG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 lautet auszugsweise:

"§ 66. (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

  1. 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
  2. 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
  3. 4. der Grad der Integration;
  4. 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
  5. 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
  6. 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

    8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

    (3)…"

    Zunächst hat die belangte Behörde ohnedies den langen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit dem Jahr 2002 zu seinen Gunsten berücksichtigt. Sie hat aber auch zutreffend gewertet, dass sich der Asylantrag als unberechtigt erwiesen habe und der Beschwerdeführer nach Erlassung des erstinstanzlichen "negativen" Bescheides des Bundesasylamtes am 9. Juli 2003 davon ausgehen musste, dass er nur über einen unsicheren Aufenthaltsstatus verfügt. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer den Asylantrag unter falschem Namen gestellt hat, nachdem er sich seines Reisepasses entledigt hatte.

    Sohin besteht ein öffentliches Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers, zumal grundsätzlich der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse vermag der Beschwerdeführer zwar - wie bereits erwähnt - auf einen langen inländischen Aufenthalt und auf eine Berufstätigkeit in Österreich zu verweisen, er verfügt aber nicht über familiäre Bindungen im Bundesgebiet. Da auch kein Grund zu sehen ist, weshalb dem Beschwerdeführer die Wiedereingliederung in seinem Heimatland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre, durfte die belangte Behörde die nach Art. 8 EMRK geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung zu seinen Lasten vornehmen. Entgegen der Beschwerdeansicht kann mangels Konkretisierung nicht davon ausgegangen werden, dass es für jeden erwerbsfähigen Mann im Alter von 50 Jahren "vollkommen aussichtslos" wäre, "irgendeine Erwerbsgelegenheit in Armenien zu erhalten".

    Letztlich ist auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zu antworten, dass dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden kann, dass die zweitinstanzliche Asylentscheidung erst im Jahr 2010 ergangen ist. Andererseits macht eine lange Dauer des Asylverfahrens für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig.

    Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 6. Juli 2010

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