Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste am 28. Mai 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos die Gewährung von Asyl. Am 15. Jänner 2005 heiratete er die österreichische Staatsbürgerin S., von der er (laut eigener Aussage im Februar 2007) geschieden wurde. Gestützt auf diese Ehe waren ihm Niederlassungsbewilligungen - zuletzt eine "Niederlassungsbewilligung unbeschränkt" mit Gültigkeitsdauer bis zum 3. Juni 2009 - erteilt worden. Über einen rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag war bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht entschieden worden.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 sowie §§ 61, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend stützte sie sich darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 31. März 2009 wegen § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall sowie Abs. 2 Z. 3 SMG zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe (davon 12 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt worden sei. Er sei schuldig erkannt worden, in Graz und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einem das 15-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Ausmaß, nämlich 4.744,4 g Cannabiskraut, von den Niederlanden aus nach Österreich eingeführt zu haben, indem er das in einem Reservereifen verborgene Suchtgift am 26. August 2008 von einem unbekannten Mittäter in Amsterdam übernommen und sodann mit dem im Kofferraum seines PKWs verwahrten Reservereifen aus den Niederlanden über Deutschland nach Österreich eingeführt habe.
Sodann verwies die belangte Behörde auf verschiedene Eingaben und die Berufungsschrift des Beschwerdeführers, in der dieser die erwähnte Eheschließung, den gemeinsamen Wohnsitz bei seiner Ehefrau und verschiedene legale Berufstätigkeiten in Österreich dargestellt hatte.
Dem Beschwerdeführer sei - so argumentierte die belangte Behörde auf das im vorliegenden Zusammenhang Wesentliche zusammengefasst weiter - eine gewisse Integration zuzubilligen, die jedoch durch die dargestellte schwere Straftat erheblich beeinträchtigt und stark relativiert werde. Suchtgiftkriminalität sei an sich als besonders schwerwiegend anzusehen. Wenn der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auch zeitweise und vorübergehend einer erlaubten Beschäftigung nachgegangen sei, so sei es dennoch (aus den Feststellungen des zitierten Strafurteils) aktenkundig, dass er offensichtlich in der Absicht gehandelt habe, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sodass vom Vorliegen gewerbsmäßiger Suchtmittelkriminalität auszugehen sei. Der vom Strafgericht ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht komme im vorliegenden Verfahren keine Relevanz zu, weil die Behörde ihre Entscheidung frei von jeder Bindung und an Erwägungen, die dieses Gericht veranlasst haben, die Strafe bedingt auszusprechen, eigenständig und ausschließlich aus dem Blickwinkel der von ihr anzuwendenden fremdenrechtlichen Normen zu treffen habe.
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei angesichts der mit der Suchtmittelkriminalität verbundenen erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht als rechtswidrig zu erkennen. Danach folgen - als Textbausteine abgefasste - Ausführungen unter anderem über (im Beschwerdefall nicht vorliegende) familiäre Beziehungen, Kontaktmöglichkeiten zu Angehörigen aus dem Ausland, Unterhaltszahlungen und ein Erfordernis, den Aufenthalt undokumentierter, mittelloser sowie illegal nach Österreich gelangter und straffällig gewordener Fremder zu beenden.
Das beschriebene massive Drogendelikt lasse - so die belangte Behörde weiter - keine günstige Prognosebeurteilung zu. Die öffentlichen Interessen an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes, insbesondere zum Schutz der Gesundheit anderer Personen, wögen schwerer als die Auswirkungen der Maßnahme auf die konkrete Lebenssituation des Beschwerdeführers. Dessen "etwas mehr" als sechsjähriger rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich stehe auch der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 55 FPG nicht entgegen. Auch unter Berücksichtigung des mehrjährigen Aufenthalts, der früheren Unbescholtenheit und der Lebenssituation des Beschwerdeführers seien keine ausreichenden Gründe für eine Ermessensübung zu seinen Gunsten ersichtlich. Die Dauer des Aufenthaltverbotes berücksichtige die erstmalige Straffälligkeit sowie die Verhängung einer teilbedingten Freiheitsstrafe, deren unbedingter Strafteil bereits vollzogen worden sei. Es könne daher nach Ablauf von 10 Jahren von einer Änderung der Einstellung des Beschwerdeführers zu den Gesetzen und der Rechtsordnung der Republik Österreich ausgegangen werden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG hat gemäß § 60 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FPG zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.
Im Hinblick auf das beschriebene, zu der erwähnten strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 31. März 2009 führende Fehlverhalten kann der Auffassung der belangten Behörde, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Wenn auch - was die Beschwerde zutreffend hervorhebt - keine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Handelns mit Suchtmitteln erfolgte, so fallen doch die grenzüberschreitende Tatbegehung sowie die große Menge an Suchtgift erheblich zu Ungunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht. Ebenso verhilft der Hinweis auf die im Strafurteil herangezogenen Milderungsgründe (nämlich die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein Beitrag zur Wahrheitsfindung) der Beschwerde nicht zum Erfolg: Auch die belangte Behörde ist nämlich vom Vorliegen lediglich einer Straftat ausgegangen, die jedoch auf Grund ihrer Schwere erheblich zu Lasten des Beschwerdeführers zu gewichten ist. Der Beitrag zur Wahrheitsfindung hat in die Ausmittlung der Strafhöhe (von 18 Monaten) Einfluss gefunden; für die Notwendigkeit einer zusätzlichen Berücksichtigung im vorliegenden Zusammenhang fehlt diesem Umstand ausreichendes Gewicht.
Soweit die Beschwerde die ungünstige Prognosebeurteilung beanstandet, ist ihr zu entgegnen, dass ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters in erster Linie daran zu prüfen ist, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft (hier am 31. März 2009) in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2009/21/0350 mwN). Im Hinblick auf das dargestellte, massive und planmäßig durchgeführte Verbrechen erscheint die bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides (am 27. November 2009) verstrichene Zeit bei weitem zu kurz, um auf einen Wegfall oder zumindest eine erhebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit schließen zu können.
Was die Beurteilung nach § 66 FPG (idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) anlangt, so ging die belangte Behörde (überschießend) davon aus, dass mit dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot ein Eingriff nicht nur in das Privat- sondern auch in ein (nicht bestehendes) Familienleben des Beschwerdeführers erfolge. Dabei berücksichtigte sie insbesondere den langjährigen Aufenthalt in Österreich (seit 28. Mai 2002), wobei dem Beschwerdeführer wiederholt Aufenthaltstitel erteilt worden waren, die vorübergehenden Berufstätigkeiten (etwa als Zeitungsverteiler, wie sie der Beschwerdeführer - von der belangten Behörde unwidersprochen - in seiner zum Bestandteil des angefochtenen Bescheides erklärten Berufungsschrift geltend gemacht hatte) und die etwas mehr als zwei Jahre dauernde Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin S. Diese - auch in der Beschwerde ins Treffen geführten - Umstände reichen jedoch nicht aus, um die Beurteilung der belangten Behörde, der Eingriff (richtig: in das Privatleben des Beschwerdeführers) sei angesichts seines Fehlverhaltens zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (insbesondere zum Schutz der Gesundheit anderer Personen) dringend erforderlich, als verfehlt erscheinen zu lassen.
Zwar weist der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheid wiederholt Textbausteine aufgenommen hat, die mit dem von ihr aktuell zu beurteilenden Lebenssachverhalt in keinem Zusammenhang stehen. Beispielsweise führt der Beschwerdeführer ins Treffen, über keinerlei familiäre Beziehungen zu verfügen, während der angefochtene Bescheid solche sowie das Erfordernis von Unterhaltszahlungen unterstellt. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde - soweit sie vom gegenteiligen Sachverhalt ausgeht - (grundsätzlich zutreffend) Aktenwidrigkeit vor. Dieser kann allerdings keine Relevanz für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens zukommen, ist doch nicht ersichtlich, inwieweit die (wenn auch aktenwidrige) Unterstellung aufrechter familiärer Bindungen in Österreich für den Beschwerdeführer nachteilig geworden sein könnte (vgl. etwa das die belangte Behörde betreffende hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2006/21/0237).
Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, die Dauer des Aufenthaltsverbotes wäre auf einen kürzeren Zeitraum zu befristen gewesen. Damit ist er jedoch darauf zu verweisen, dass ein Aufenthaltsverbot gemäß § 63 Abs. 1 FPG in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1, 5 und 12 bis 14 unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden kann. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer ist gemäß § 63 Abs. 2 erster Satz FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde zutreffend betonten Schwere der beschriebenen Straftat und der hohen Sozialschädlichkeit einer illegalen Einfuhr von Suchtmitteln kann der Beurteilung nicht entgegengetreten werden, vor einem Ablauf von zehn Jahren könne nicht von einer relevanten Einstellungsänderung beim Beschwerdeführer ausgegangen werden.
Vor dem Hintergrund der nicht allzu ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist auch unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung keine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen, fehlen doch besondere Umstände, die ein Absehen von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verlangt hätten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 23. September 2010
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