VwGH 2010/18/0355

VwGH2010/18/03553.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, in der Beschwerdesache des DS, geboren am 20. Juli 1975, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. Juli 2010, Zl. E1/174.615/2010, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, über 1. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde und 2. die Beschwerde gegen diesen Bescheid, den Beschluss gefasst:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs4;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs4;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 1. Juli 2010 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

2. Mit dem vorliegenden, am 13. September 2010 zur Post gegebenen Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den angeführten Bescheid die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Gleichzeitig brachte er die Beschwerde gegen diesen Bescheid ein.

Der Beschwerdeführer bringt zu seinem Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen vor, dass ihm der angeführte Bescheid am 15. Juli 2010 während seiner Haft in der Justizanstalt Krems zugestellt worden sei, wo er sich bis zu seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft am 19. August 2010 befunden habe. Infolge der Verhängung der Schubhaft gegen ihn sei der Beschwerdeführer aus der Strafhaft direkt in die Schubhaft überstellt worden; er habe sich bis zum 3. September 2010 im Polizeianhaltezentrum St. Pölten in Schubhaft befunden.

Zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien am 15. Juli 2010 sei der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass er nach seiner ihm "damals schon bekannt gewesenen bedingten Entlassung" noch zumindest eine Woche Zeit haben werde, um einen Rechtsanwalt aufzusuchen und eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde einbringen zu können. Dem Antragsteller sei zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen, dass er in Schubhaft genommen werde. "In der Schubhaft habe ich zwar versucht mit einem Anwalt Kontakt aufzunehmen, es ist mir das aber absolut nicht möglich gewesen."

Der Antragsteller sei daher durch ein "unvorhersehbares" und unabwendbares Ereignis daran gehindert gewesen, fristgerecht durch einen Rechtsanwalt eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde einzubringen.

II.

A. Zum Wiedereinsetzungsantrag:

1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

2. Mit dem - unter I.1. wiedergegebenen - im Hinblick auf die Hinderung an einer Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt völlig unkonkret gebliebenen Vorbringen des Beschwerdeführers werden allerdings die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG nicht dargetan:

Nach der hg. Rechtsprechung ist der Aufenthalt eines Fremden in Schubhaft - auch wenn er noch unvertreten ist - kein Grund, der es zuließe, die rechtzeitige Einbringung einer Beschwerde als unverschuldet oder als ein über den minderen Grad des Versehens nicht hinausgehendes Verschulden zu werten.

Ein Verhinderungsgrund im Sinn des § 46 Abs. 1 VwGG läge bei einem in Schubhaft befindlichen Fremden dann vor, wenn nicht sichergestellt wäre, dass er während der Einengung seiner Freiheit den von ihm gewünschten Rechts- oder sonstigen Beistand rechtzeitig erhält. Unter diesem Gesichtspunkt kommt es darauf an, dass der Antragsteller konkret in nachvollziehbarer Weise (z.B. durch Nennung des Tages; der Aufsichtsperson) behauptet und glaubhaft macht, dass er in der Schubhaft den Wunsch geäußert habe, in Kontakt mit einem Rechtsvertreter gelangen zu können, und dass dieser Wunsch abgelehnt oder ignoriert worden wäre (vgl. etwa in Bezug auf die mit § 46 Abs. 1 VwGG inhaltsgleiche Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG das hg. Erkenntnis vom 31. August 2006, Zl. 2004/21/0139, mwN).

Mangels eines derartigen konkreten Vorbringens liegen somit die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG nicht vor, stellt doch die Verhängung einer Haft über den Fremden für sich allein keine taugliche Begründung für einen Wiedereinsetzungsantrag dar (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2001/18/0037).

3. Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 4 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

B. Zur Beschwerde:

1. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

2. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 3. November 2010

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