VwGH 2010/18/0335

VwGH2010/18/033515.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des SS in W, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Juli 2010, Zl. E1/214.519/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §62 Abs4;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z3;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z5;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z8;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §32;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44b Abs3;
AVG §62 Abs4;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z3;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z5;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z8;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §32;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44b Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Juli 2010 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 7. September 2002, offenbar unmittelbar nach illegalem Grenzübertritt von der Slowakei kommend, von Soldaten des österreichischen Bundesheeres im Gemeindegebiet M aufgegriffen worden. Im Zuge seiner bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf am 7. September 2002 durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung habe der Beschwerdeführer angegeben, schlepperunterstützt nach Österreich gelangt zu sein, den Namen B.S. zu führen und am 6. August 1985 in G geboren zu sein. Sein Reisepass sei ihm von Schleppern bereits in S abgenommen worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom selben Tag sei gegen den Beschwerdeführer ein bis 6. September 2007 gültiges, in Rechtskraft erwachsenes Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit verhängt worden.

Am 9. September 2002 habe der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt - Außenstelle Traiskirchen (ebenso unter seiner Identität als B.S., geboren am 6. August 1985) einen Asylerstantrag gestellt. Wegen unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers - er habe einer Ladung zur Vernehmung für den 27. September 2002 keine Folge geleistet - habe das Asylerstverfahren am 30. Oktober 2002 gemäß § 30 Abs. 1 AsylG eingestellt werden müssen.

Das Bundesasylamt - Außenstelle Traiskirchen sei zu diesem Zeitpunkt nicht in Kenntnis gewesen, dass der Beschwerdeführer am 24. Oktober 2002 beim Bundesasylamt - Außenstelle Wien unter dem (im Spruch angegeben) Namen S.S., geboren am 6. August 1979 in B, einen Asylzweitantrag gestellt habe.

Am 26. August 2003 sei der Beschwerdeführer im Rahmen seines Asylzweitverfahrens beim Bundesasylamt - Außenstelle Wien niederschriftlich vernommen worden. Auf Vorhalt seiner im Zuge des Asylerstverfahrens angegebenen Identität habe der Beschwerdeführer eingestanden, aus Angst und Einschüchterung durch den Schlepper (welcher zu ihm gesagt habe, dass er falsche Angaben machen solle) bei seiner Asylerstantragstellung bewusst falsche Angaben getätigt zu haben. Er habe daraufhin seinen Asylerstantrag zurückgezogen.

Der am 24. Oktober 2002 gestellte Asylzweitantrag sei im Instanzenzug mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18. Mai 2009 unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien zulässig sei, rechtskräftig abgewiesen worden. Die dem Beschwerdeführer erstmals am 26. August 2003 erteilte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz sei am 19. Mai 2009 widerrufen worden.

Gegen den Beschwerdeführer, der nach dem rechtskräftig negativen Abschluss seines Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei, sei daraufhin von der Behörde erster Instanz das gegenständliche Ausweisungsverfahren eingeleitet worden. Der Beschwerdeführer sei wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes nach den Bestimmungen des FPG bestraft worden, wobei eine dagegen eingebrachte Berufung derzeit beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien anhängig sei.

Im Zuge des Ausweisungsverfahrens habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er in Österreich als "selbständiger Zeitungsverkäufer" tätig sei und aus seiner Erwerbstätigkeit bzw. den angehäuften Ersparnissen seinen Unterhalt sichere. Diesbezügliche Abrechnungen mit der K.-GmbH seien vom Beschwerdeführer aktenkundig gemacht worden. Zudem habe er (nach seinen Angaben) eine gesicherte Unterkunft und sei bei der Wiener Gebietskrankenkasse selbstversichert. Er habe sich in Österreich eine neue Existenz aufgebaut und Kenntnisse der deutschen Sprache erworben. Er verfüge über ein großes Netz von Bekannten und Freunden und würde mit den engsten Freunden "de facto das Privat- und Familienleben führen".

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass sich der Beschwerdeführer zunächst nach seiner illegalen Einreise sogar trotz Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bis zur Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (auf Grund des Asylzweitantrages) bzw. nach deren Widerruf, sohin seit etwas mehr als einem Jahr, unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, sei er doch auch später nicht in den Besitz eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels gelangt.

Solcherart seien die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben.

Der Beschwerdeführer sei nach den Angaben im Asylverfahren bzw. nach der Aktenlage ledig und habe keine Sorgepflichten. Es seien keine konkreten familiären Bindungen zu namentlich genannten Personen im Bundesgebiet geltend gemacht worden. In seinem Heimatland lebten nach den Angaben im Asylverfahren bzw. Ausweisungsverfahren seine leiblichen Eltern, die (nach den Angaben im Asylverfahren) eine Landwirtschaft betrieben. Er habe (ebenso nach den Angaben im Asylverfahren) zehn Jahre lang die Schule besucht und danach - bis zu seiner Ausreise - seinen Lebensunterhalt sieben Jahre lang als Landwirt auf der elterlichen Landwirtschaft bestritten.

Vor dem Hintergrund des langjährigen, jedoch zum Großteil auf Grund des anhängigen Asylverfahrens bloß geduldeten inländischen Aufenthaltes sei trotz Fehlens von familiären Bindungen von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- bzw. auch das Berufsleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff erweise sich jedoch jedenfalls zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens - als dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der längere unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Anschluss an ein negativ beschiedenes Asylverfahren jedoch gravierend.

Dazu komme, dass der Beschwerdeführer gegenüber einer Fremdenbehörde bzw. einer Asylbehörde bewusst falsche Angaben über seine wahre Identität, nämlich den Namen, das Geburtsdatum bzw. den Geburtsort getätigt und sohin sogar zwei österreichische Behörden im Sinn des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG qualifiziert getäuscht habe, um sich eine bessere Stellung im Asylverfahren bzw. eine Aufenthaltsberechtigung zu erschleichen. Durch das massive mehrfache Täuschungsverhalten und durch die Nichtbefolgung eines Ladungstermines habe der Beschwerdeführer den Ausgang der Asylverfahren nicht nur erschwert, sondern auch verzögert.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung behaupte, ein "intensives Privatleben in Österreich" zu führen, so werde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass selbst die Behörde erster Instanz bereits von einer gewissen privaten Integration des Beschwerdeführers ausgegangen sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch nicht einmal behauptet, dass er mit einer bestimmten (namentlich genannten) Person im gemeinsamen Haushalt lebe bzw. mit irgendeiner Person tatsächlich familiäre Beziehungen unterhalte.

Auf Grund der längeren Aufenthaltsdauer werde auch davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mittlerweile zumindest auch teilweise sprachlich integriert sei, wobei er jedoch keine Belege dafür beigebracht habe, dass er tatsächlich ein entsprechendes Sprachniveau aufweise.

Wenn der Beschwerdeführer behaupte, dass er "bereits seit Jahren als Zeitungsverkäufer für die (K.-GmbH) tätig sei", und man zugunsten des Beschwerdeführers auch annehmen möge, dass er nicht unselbständig, sondern selbständig bei der "Firma" K. erwerbstätig sei, sei auszuführen, dass diese Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit ohne einen dafür erforderlichen Titel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG auch aus fremdenrechtlicher Sicht als illegale Tätigkeit angesehen werden müsse. Abgesehen davon, dass eine tatsächliche erforderliche Veranlagung beim Finanzamt auf Grund der von ihm vorgelegten Urkunden nicht nachgewiesen bzw. behauptet worden sei, sei auf Grund der vorgelegten Bestätigungen der "Firma" K. nicht ersichtlich, welche tatsächlichen Geldmittel er zur Bestreitung seines Unterhaltes aus seiner Beschäftigung lukriere.

Da lediglich über eine Ausweisung abzusprechen sei, möge in diesem Zusammenhang jedoch dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer als mittellos (im Sinn des § 60 Abs. 2 Z. 7 FPG) anzusehen sei. Jedenfalls könnten rechtswidrig erlangte Geldmittel (hier: Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ohne entsprechenden Aufenthaltstitel) nicht dazu geeignet sein, ausreichende Unterhaltsmittel zu belegen, sei es der Beschwerdeführer doch zudem in diesem Zusammenhang schuldig geblieben, ein entsprechendes Einkommen bzw. entsprechende Ersparnisse anzuführen bzw. zu behaupten. Auf Grund des dargestellten Sachverhaltes sei der Beschwerdeführer jedenfalls als nicht selbsterhaltungsfähig einzustufen und nach der Aktenlage auch nicht in der Lage, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

Abgesehen davon habe "der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner illegalen Einreise, des Anführens einer falschen Identität bzw. selbst bei Anführen seiner angeblichen richtigen Identität darauf bauen dürfen, sich im Bundesgebiet - zu welchen Zwecken auch immer - niederlassen zu können".

Während der Beschwerdeführer noch im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens angeführt habe, dass "auf Grund seiner jahrelangen Abwesenheit aus Indien der Kontakt dorthin großteils abgerissen sei", habe er im (etwas mehr als ein halbes Jahr später ergangenen) Berufungsschriftsatz ohne nähere Begründung deponiert, dass er "sämtliche Bindungen zu seinem Heimatland abgebrochen" habe. Abgesehen davon, dass - so die belangte Behörde - diese Angaben in sich widersprüchlich und nicht zu erklären seien, handle es sich diesbezüglich jedoch auch um bloße lapidare Behauptungen. Es sei nämlich nicht ersichtlich, weshalb die sozialen Kontakte zu seinen leiblichen Eltern nicht doch wieder aufgenommen werden könnten bzw. welche konkreten Umstände den Beschwerdeführer nachvollziehbar davon abhalten könnten, im Landwirtschaftsbetrieb seiner Eltern - dass dieser nicht mehr existiere, sei nicht behauptet worden -, wie vor seiner Ausreise aus dem Heimatland, wiederum erwerbstätig zu sein. Auch reiche die bloße Befürchtung, dass er auf Grund seines jahrelangen Auslandsaufenthaltes soziale Missachtung erleiden müsste und durch die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit in eine existenzbedrohende Lebenssituation geriete, nicht dazu aus, bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 2 FPG entscheidend zugunsten des Beschwerdeführers auszuschlagen, werde doch - mit der ausgesprochenen Ausweisung nicht darüber abgesprochen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in sein Heimatland auszureisen habe.

Da außer der strafgerichtlichen Unbescholtenheit keine sonstigen, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Asylerstantrag des Beschwerdeführers von diesem zurückgezogen worden und sein Asylzweitantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei, wobei vom Beschwerdeführer nicht behauptet wird, dass ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK bzw. des § 66 Abs. 1 und 2 FPG und bringt vor, der Beschwerdeführer habe sich während seines fast achtjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet wohlverhalten und sei strafgerichtlich unbescholten. Während des Asylverfahrens sei nicht nur eine "Duldung" des Aufenthaltes des Beschwerdeführers vorgelegen, sondern es sei dieser vorläufig zum Aufenthalt berechtigt gewesen. Die Nichtbefolgung eines Ladungstermines im Asylverfahren sei auf Kommunikationsprobleme mit den Asylbehörden zurückzuführen gewesen. Der Verbleib in Österreich nach Abschluss des Asylverfahrens könne nicht als gravierender Verstoß gegen die öffentliche Ordnung angesehen werden.

Von der belangten Behörde sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der Beschwerdeführer seit Jahren selbständig erwerbstätig sei sowie über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und über gute Deutschkenntnisse verfüge.

Wenn nach Ansicht der belangten Behörde nicht ersichtlich sei, welche Geldmittel der Beschwerdeführer zur Bestreitung seines Unterhaltes aus seiner "Beschäftigung" lukriere, so hätte die belangte Behörde selbst auf die Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes in diesem - ihrer Ansicht nach unklaren - Punkt hinwirken müssen. Der Beschwerdeführer wäre in der Lage gewesen, nachzuweisen, dass er ausreichende Unterhaltsmittel für die Bestreitung seines Unterhaltes aus der selbständigen Erwerbstätigkeit erwirtschafte. Unrichtig seien die Ausführungen des angefochtenen Bescheides, wonach der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig sei.

Zu seinem Heimatland habe der Beschwerdeführer praktisch sämtliche Bindungen abgebrochen, lediglich zu den Eltern bestehe noch ein loser Kontakt. Auf Grund der Gefahr, die ihn zum Verlassen Indiens bewogen habe, könne der Beschwerdeführer nicht bei seinen Eltern den Wohnsitz nehmen. Er könne daher auch nicht in der Landwirtschaft seiner Eltern tätig sein. In Indien verfüge er über kein soziales Netz mehr.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie sich der Beschwerdeführer durch Angabe eines falschen Vornamens und Geburtsdatums einen Vorteil im Asylverfahren erschlichen haben solle. Auch habe die belangte Behörde nicht ausgeführt, gegen welche gesetzliche Bestimmung der Beschwerdeführer durch die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit verstoßen habe.

Bei Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit der Ausweisung wäre dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel nach § 43 Abs. 2 NAG zu erteilen, mit welchem er auch einen umfassenden Arbeitsmarktzugang hätte. Die belangte Behörde verkenne auch, dass in das NAG die Möglichkeit der Heilung von Inlandsanträgen eingefügt worden sei und für den Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 43 Abs. 2 NAG bestehe.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 FPG und des Art. 8 Abs. 2 EMRK hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit September 2002, eine dementsprechende private Integration im Bundesgebiet (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 3 FPG), die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und eine zumindest teilweise sprachliche Integration (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 4 FPG) berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und das Berufsleben des Beschwerdeführers angenommen.

Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt ab der Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz bis zu deren am 19. Mai 2009 erfolgten Widerruf nur auf Grund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt und ab 19. Mai 2009 unrechtmäßig war (vgl. dazu § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG und das hg. Erkenntnis vom 23. März 2010, Zl. 2010/18/0046).

Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe den - nicht näher konkretisierten - "großen Freundes- und Bekanntenkreis" des Beschwerdeführers nicht ausreichend gewürdigt, ist unzutreffend, hat die belangte Behörde doch - wie dargestellt -

ihrer Beurteilung einen durch die Ausweisung bewirkten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers zugrunde gelegt. Die Beschwerde legt nicht im Einzelnen dar, welche allfälligen besonderen Aspekte der privaten Integration im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden wären.

Darüber hinaus wurden die geltend gemachten privaten Bindungen des Beschwerdeführers zum Bundesgebiet zu einem Zeitpunkt begründet, in dem der Beschwerdeführer im Hinblick auf sein offenes Asylverfahren bzw. dessen rechtskräftig negative Beendigung nicht mit einem dauernden Aufenthalt in Österreich rechnen durfte (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG und etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2010, Zl. 2010/18/0195, mwN).

Die dieser Judikatur auf den ersten Blick widersprechenden, von der Beschwerde aufgegriffenen Ausführungen der belangten Behörde, wonach "der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner illegalen Einreise, des Anführens seiner falschen Identität bzw. selbst bei Anführen seiner angeblichen richtigen Identität darauf bauen (hätte) dürfen, sich im Bundesgebiet - zu welchen Zwecken auch immer - niederlassen zu können", stellen - wie der Aufbau und der übrige (dazu im Gegensatz stehende) Inhalt der Bescheidbegründung ohne Zweifel zeigen - ein offenkundiges Versehen der belangten Behörde dar, das auf dem Fehlen des Wortes "nicht" beruht und nicht den Intentionen der belangten Behörde entspricht. Bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte die belangte Behörde ihren Fehler bereits bei der Erlassung des Bescheides vermeiden können. Es liegt daher ein berichtigungsfähiger Fehler iSd § 62 Abs. 4 AVG vor. Der angefochtene Bescheid ist in diesem Zusammenhang auch vor einer derartigen Berichtigung bereits in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen (vgl. dazu die in Hengstschläger/Leeb, AVG, § 62 Rz 75 zitierte hg. Judikatur). Die auf der zitierten Formulierung der belangten Behörde beruhenden Beschwerdeausführungen zeigen daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Da der Beschwerdeführer lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt hat, kommt auch der von ihm ausgeübten Beschäftigung keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. März 2010). Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang bemängelt, die belangte Behörde habe nicht ausgeführt, gegen welche gesetzliche Bestimmung die behauptete selbständige Erwerbstätigkeit verstoßen habe, ist anzumerken, dass die belangte Behörde auf den aus fremdenrechtlicher Sicht für die Erwerbstätigkeit - auch von der Beschwerde unbestritten - notwendigen Titel nach dem NAG verwiesen hat (vgl. dazu § 32 NAG). Ebenso wenig sind die Ausführungen der belangten Behörde zu beanstanden, wonach das Einkommen aus einer ohne entsprechenden Aufenthaltstitel erfolgenden Erwerbstätigkeit nicht geeignet sei, ausreichende Unterhaltsmittel zu belegen.

Den weiteren Darlegungen der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer ledig sei, keine Sorgepflichten habe und keine konkreten familiären Bindungen im Bundesgebiet geltend gemacht habe (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 2 FPG), tritt die Beschwerde nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer bestreitet ferner nicht, dass in seinem Heimatland seine Eltern leben, zu denen - nach den Beschwerdeausführungen - noch ein loser Kontakt bestehe (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 5 FPG). Wenn er in diesem Zusammenhang von einer - nicht näher konkretisierten - "Gefahr" spricht, die ihn zum Verlassen Indiens bewogen habe, weshalb er bei seinen Eltern nicht den Wohnsitz nehmen und nicht in deren Landwirtschaft tätig sein könne, ist auszuführen, dass die Frage des allfälligen Vorliegens von Gründen im Sinn des § 50 Abs. 1 oder 2 FPG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren, so etwa in einem asylrechtlichen Verfahren, zu beurteilen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2010, Zl. 2008/18/0555).

Zutreffend hat die belangte Behörde darüber hinaus einerseits die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FPG), andererseits aber auch den Umstand berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer gegenüber der Asylbehörde und der Fremdenbehörde unrichtige Angaben über seine wahre Identität getätigt hat (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 7 FPG).

Zu Recht hat die belangte Behörde dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert zugemessen (vgl. erneut das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2010, mwN). Dieses große öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt maßgeblich beeinträchtigt. Soweit die Beschwerde auf die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 43 Abs. 2 NAG verweist, ist ihr zu entgegnen, dass selbst ein bereits gestellter Antrag gemäß § 43 Abs. 2 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründete und der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegenstünde (vgl. § 44b Abs. 3 NAG).

Im Hinblick auf die - wie dargestellt - relativierten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet und die beschriebenen hohen öffentlichen Interessen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass § 66 FPG der Erlassung der Ausweisung des Beschwerdeführers nicht entgegensteht, keinem Einwand.

2.3. Vor dem Hintergrund des Gesagten zeigt auch das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, den maßgebenden Sachverhalt vollständig festzustellen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen zu geben und den angefochtenen Bescheid ausreichend zu begründen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 2010

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