VwGH 2010/18/0152

VwGH2010/18/015215.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des DM in W, vertreten durch Dr. Christof Dunst, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. März 2010, Zl. E1/98.250/2010, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §55 Abs3 Z1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §61 Z4;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8;
FrPolG 2005 §55 Abs3 Z1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §61 Z4;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. März 2010 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der in W geborene Beschwerdeführer halte sich seit seiner Geburt in Österreich auf. Er habe laut eigenem Vorbringen in Österreich die Volks- und Hauptschule besucht und danach eine Tischlerlehre begonnen, die er jedoch abgebrochen habe. Der Beschwerdeführer sei mit einer Drittstaatsangehörigen verheiratet und laut eigenen Angaben für ein Kind sorgepflichtig. Er sei in Österreich legal aufhältig und verfüge über einen (vom 2. Juni 2003) bis 1. Juni 2013 gültigen Niederlassungsnachweis.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. Oktober 2008 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Diesem Urteil sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 19. August 2008 in W ein weibliches Tatopfer (seine Ehegattin) durch Faustschläge, die Blutunterlaufungen an beiden Oberarmen zur Folge gehabt hätten, vorsätzlich am Körper verletzt habe.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. Juli 2009 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Diesem Urteil sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 13. Jänner 2009 in W einem näher genannten weiblichen Tatopfer dadurch, dass er diesem eine in seinem Hosenbund steckende, einer echten Waffe gleichende Spielzeugpistole gezeigt habe, das Wort "Überfall" geäußert und das Tatopfer zur Übergabe von Wertgegenständen aufgefordert habe, mithin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich Schmuck und Uhren im Gesamtwert von EUR 12.450,14, ein Mobiltelefon und EUR 870,-- Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Am 16. Jänner 2009 habe er einen näher genannten Polizeibeamten während der Erfüllung seiner Pflichten durch einen Stich mit einem Fliesenstück, der eine Schnittwunde im Halsbereich zur Folge gehabt habe, vorsätzlich am Körper verletzt. Das Strafgericht habe die geständige Verantwortung als mildernd, die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen als erschwerend gewertet.

Nach Darstellung des vom Beschwerdeführer während seiner Untersuchungshaft und in seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 4. Februar 2010 erhobenen Berufung erstatteten Vorbringens führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Beschwerdeführer seit 2. Juni 2003 über einen Niederlassungsnachweis verfüge, der nach der Überleitungsbestimmung des § 11 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung - NAG-DV als "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" bzw. "Daueraufenthalt - EG" weiter gültig sei.

Für die Beantwortung der für ein Aufenthaltsverbot gegen einen langfristig Aufenthaltsberechtigten maßgeblichen Frage, ob die in § 60 Abs. 1 iVm § 56 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, sei zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lasse, dass ein weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle. Bei der Beurteilung der genannten, in § 56 Abs. 2 FPG beispielsweise konkretisierten Gefährdung könne auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden.

Im gegenständlichen Verfahren lägen die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vor. Zum einen sei auf Grund der erwähnten Verurteilungen der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Das den Verurteilungen zugrunde liegende Verhalten lasse zum anderen aber auch die Annahme als gerechtfertigt erscheinen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle und überdies anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, insbesondere dem Schutz der Gesundheit, der Verteidigung der Ordnung und der Verhinderung von strafbaren Handlungen, zuwiderlaufe. In einem solchen Fall könne gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, insofern nicht die Bestimmungen der §§ 66, 56 und 61 FPG entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet. Sein Aufenthalt in Österreich sei legal. Der Beschwerdeführer sei mit einer Drittstaatsangehörigen verheiratet und behaupte, für ein Kind sorgepflichtig zu sein; überdies befänden sich seine Eltern und ein Bruder im Bundesgebiet. In Ansehung dieser Umstände sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen massiven Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dessen ungeachtet seien die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 66 FPG zu bejahen und im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Gewalt- und Eigentumskriminalität die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele als dringend geboten zu erachten.

Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers sei nicht allein auf die bloße Tatsache der Verurteilungen, sondern (auch) auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Der Beschwerdeführer - ohne Berufsausbildung und über Jahre vornehmlich Empfänger von Arbeitslosengeld, fallweise auch von Notstandshilfe und von Krankengeld und (laut eigenen Aussagen in der Niederschrift vom 1. Juli 2009) fallweise "Schwarzarbeiter" - habe seinen Hang zu unkontrollierter Gewalt bzw. Aggression zum ersten Mal im Zuge häuslicher Gewalt, begangen an der Ehegattin im August 2008, dokumentiert bzw. unter Beweis gestellt.

Die diesbezügliche Verurteilung habe den Beschwerdeführer aber nicht davon abgehalten, neuerlich - in erheblich schwererem Ausmaß - (einschlägig) straffällig zu werden. Der Beschwerdeführer habe nicht nur einen Raub unter Verwendung einer Spielzeugpistole, mithin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, begangen, er habe auch in der Haft einen Beamten durch einen aus der Wand herausgerissenen Fliesensplitter angegriffen, jenem eine Schnittwunde im Halsbereich zugefügt und ihn dadurch vorsätzlich am Körper verletzt.

In Gesamtheit habe der Beschwerdeführer durch sein Agieren nicht nur seine erhebliche Gefährlichkeit in Bezug auf geschützte Rechtsgüter, seine erhebliche Aggressivität, sondern auch seine auffallende Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich geltenden Normen und Werten zum Ausdruck gebracht. Ob seiner (offenbar unbeherrschten) Aggressivität in Verbindung mit der Geringachtung von Normen und Werten stelle der Beschwerdeführer eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Eine positive Verhaltensprognose für den aktuell in Haft angehaltenen Beschwerdeführer könne in Ansehung dieses Umstandes und des geschilderten (jüngsten) schweren strafbaren Verhaltens in keinem Fall erstellt werden. Es werde noch einer sehr langen Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers (in Freiheit) bedürfen, um auch nur auf eine Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr schließen zu können.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessenabwägung sei die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes und den familiären Bindungen ableitbare Integration insofern als erheblich relativiert anzusehen, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch das schwere strafbare Verhalten des Beschwerdeführers massiv beeinträchtigt werde.

Naturgemäß sei das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers auf Grund des Aufenthaltes im Inland seit der Geburt kaum steigerbar. In Hinblick auf die Zulässigkeit der administrativrechtlichen Maßnahme gegen den Beschwerdeführer seit daher auf Art und Schwere der Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes im Gastland, die seit der Tat verstrichene Zeitspanne, das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit und die Intensität etwaiger Bindungen im Gast- sowie im Herkunftsstaat Bedacht zu nehmen.

Die Bindungen zu seiner Kernfamilie, den Eltern und dem Bruder, seiner Ehefrau bzw. dem Kind, so sie überhaupt noch bestünden, hätten den Beschwerdeführer zum einen nicht davon abgehalten, zum Teil in ganz erheblichem Ausmaß straffällig zu werden. Zum anderen werde ein gemeinsamer Haushalt mit den Eltern und dem Bruder bzw. ein spezielles Abhängigkeitsverhältnis nicht behauptet. Insofern sei von einem unter Volljährigen üblichen Verhältnis auszugehen. Die Bindung des Beschwerdeführers zum elfjährigen Sohn möge gegebenenfalls eng sein, dennoch werde der Beschwerdeführer aktuell seit erheblicher Zeit in Strafhaft angehalten; der Sohn lebe (vermutlich bereits zuvor) bei der Kindesmutter. Ein eingeschränkter Kontakt werde nach der Haftentlassung auch durch Kontakt vom Ausland her möglich sein. Der Beschwerdeführer könnte auch durch Arbeit im Ausland seiner Unterhaltspflicht (später) wieder nachkommen. Das tatsächliche Bestehen eines engen Familienlebens sei weder behauptet worden, noch habe ein solches erkannt werden können.

Der Beschwerdeführer habe zwar seiner Schulpflicht in Österreich Genüge getan; eine Berufsausbildung sei jedoch nie erfolgreich abgeschlossen worden, wenngleich dies in der Berufung nunmehr unbelegt behauptet worden sei. Der vom Beschwerdeführer angeführte Besuch von "1 Jahr Tischlerlehre Schule" stelle zweifellos eine ungenügende Tatsache dar, um den Lehrberuf eines Tischlers erfolgreich abzuschließen. Der Beschwerdeführer sei in den letzten Jahren auch - wenn überhaupt - nur kurzzeitig beschäftigt gewesen. Eine nachhaltige Integration in den heimischen Arbeitsmarkt habe nicht festgestellt werden können. Laut den Feststellungen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Urteil vom 21. Juli 2009 sei auch "Geldnot" des Beschäftigungslosen ursächlich für den Raub gewesen. Es möge in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, inwieweit der Beschwerdeführer überhaupt selbsterhaltungsfähig gewesen sei bzw. seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind in der Vergangenheit generell nachgekommen sei.

Hinsichtlich der Bindungen des Beschwerdeführers zum Heimatstaat führte die belangte Behörde aus, dass jener unstrittig im Inland geboren worden und aufgewachsen sei. Auch wenn er die Schulbildung im Inland erhalten habe, bestreite er nicht, seine "Muttersprache" (Serbokroatisch) zu verstehen, wenngleich behauptet werde, er könne in seiner "Muttersprache" nicht lesen oder schreiben. Im überwiegenden öffentlichen Interesse werde der Beschwerdeführer sowohl Auswirkungen auf sein Familienleben als auch etwaige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in seinen Heimatstaat jedenfalls zu tragen haben. Überdies entstammten die Angehörigen des Beschwerdeführers allesamt demselben Sprach- und Kulturkreis wie der Beschwerdeführer. Es bestünden daher keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht zumindest ein (wenn auch eingeschränkter) Kontakt zwischen dem Fremden und seiner Familie z. B. durch fallweise Besuche im Ausland aufrechterhalten werden könnte. Von einer überwiegenden Schutzwürdigkeit des Familienlebens habe ebenso wenig ausgegangen werden können wie von einer überwiegenden Schutzwürdigkeit des Privatlebens.

Den erheblich verminderten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet stünden hoch zu veranschlagende öffentliche Interessen entgegen. Eine Gewichtung der widerstreitenden Interessen habe ein klares Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und künftig am Fernbleiben des Beschwerdeführers vom Bundesgebiet ergeben. In Anbetracht des vom Beschwerdeführer gesetzten Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes sei evident, dass von ihm eine tatsächliche, gegenwärtige und durchaus erhebliche Gefahr ausgehe, die Grundinteressen der Gesellschaft berühre. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei auch im Sinne des § 66 Abs. 2 FPG nicht nur zulässig, sondern erweise sich zudem als dringend geboten.

Auf Grund einer Verurteilung des Beschwerdeführers im Sinne des § 55 Abs. 3 FPG komme eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht in Betracht.

Die von der Behörde erster Instanz vorgenommene unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbotes erscheine zwar vertretbar, aber im Hinblick auf den konkreten Sachverhalt dennoch als sehr restriktiv. Zwar sei der Beschwerdeführer in erheblichem Ausmaß straffällig geworden, dennoch sei die letzte Verurteilung zugleich auch wegen dessen erster wirklich schwerer Straftat erfolgt. Es erscheine sohin vorab eine zeitliche Befristung des Aufenthaltsverbotes unter Beachtung der Lebenssituation des Beschwerdeführers möglich. In Hinblick auf die Schwere der Straftaten, welche zum Teil überdies auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten, könne - auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen Lebenssituation des Beschwerdeführers, des legalen Aufenthaltes und der familiären Bindungen - ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der schweren Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung zutreffend die beiden - mit den Urteilen vom 17. Oktober 2008 und vom 21. Juli 2009 ausgesprochenen - Verurteilungen des Beschwerdeführers zu Freiheitsstrafen im Ausmaß von drei Monaten bedingt bzw. drei Jahren unbedingt zugrunde gelegt hat. Die Sachverhaltsausführungen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer mit Urteil vom 21. Juli 2009 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von (lediglich) zwei Jahren verurteilt worden sei, sind nach Ausweis der in den Verwaltungsakten enthaltenen Urteilsausfertigung unzutreffend.

1.2. Auf der Grundlage der festgestellten und nicht bestrittenen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers und der deswegen erfolgten rechtskräftigen Verurteilungen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt und die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt seien, keinen Bedenken.

1.3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Ausführungen der belangten Behörde, wonach er über einen (bis 1. Juni 2013 befristeten) Niederlassungsnachweis verfüge, der nach den Überleitungsbestimmungen des § 11 NAG-DV als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" bzw. "Daueraufenthalt - EG" weiter gültig sei, und er sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet befinde.

Gemäß § 61 Z. 4 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und langjährig rechtmäßig niedergelassen ist, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden oder würde einen der in § 60 Abs. 2 Z. 12 bis 14 FPG bezeichneten Tatbestände verwirklichen.

Im Hinblick auf die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren steht § 61 Z. 4 FPG der Erlassung des angefochtenen Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

1.4. Ferner darf gemäß § 61 Z. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 leg. cit. wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre.

Nach dem in diesem Zusammenhang zu beachtenden § 56 Abs. 1 FPG dürfen Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" oder "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" verfügen, nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde. In seinem Abs. 2 nennt § 56 FPG - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen - Beispielsfälle, bei deren Verwirklichung die im Abs. 1 genannte Gefährdungsprognose indiziert ist.

Auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen eines Verbrechens (vgl. § 56 Abs. 2 Z. 1 FPG) sind auch die gegenüber

§ 60 Abs. 1 FPG strengeren Voraussetzungen des Gefährdungsmaßstabes nach § 56 Abs. 1 FPG erfüllt.

Dessen ungeachtet erweist sich auch der von der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangten Behörde habe bei der Annahme, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine schwere Gefahr "für die öffentlichen Interessen" darstelle, den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ausschließlich auf die strafgerichtlichen Verurteilungen reduziert bzw. bei der in die Zukunft gerichteten Gefährlichkeitsprognose nicht das Persönlichkeitsbild des Fremden herangezogen, als unzutreffend.

Die belangte Behörde hat sich vielmehr ausführlich mit der Art und Schwere der den Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrunde liegenden Straftaten und dem sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbild auseinandergesetzt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sie dabei den Hang des Beschwerdeführers zu unkontrollierter Gewalt bzw. Aggression sowohl im häuslichen als auch im übrigen Bereich, ferner die trotz einer bereits erfolgten Verurteilung begangenen weiteren - noch schwereren - Straftaten, die Umstände des mit der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben verbundenen Raubes, die vorsätzliche Körperverletzung sowie die aus seinem Verhalten resultierende erhebliche Gefährlichkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf geschützte Rechtsgüter hervorgehoben hat. Sie hat im Rahmen der Beurteilung des Persönlichkeitsbildes aber auch dem Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers, seiner Berufsausbildung und der Frage seiner Erwerbstätigkeit entsprechendes Augenmerk geschenkt.

1.5. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass er die strafbaren Handlungen "vor geraumer Zeit" und "als Jugendlicher bzw. junger Erwachsener" begangen habe, ist ihm zu entgegnen, dass das der unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren zugrunde liegende strafbare Verhalten von ihm - im Alter von bereits 29 Jahren - lediglich etwas mehr als ein Jahr vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gesetzt wurde.

2.1. Die Beschwerde bekämpft auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt vor, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet geboren worden sei, sich seither durchgehend im Bundesgebiet aufhalte und über einen gültigen Aufenthaltstitel verfüge. Darüber hinaus lebten die Eltern und seine Geschwister im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer werde von seiner Familie finanziell unterstützt. Soweit die belangte Behörde vermeine, dass der Beschwerdeführer gar nicht mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind zusammenlebe, möge dies "gegebenenfalls auf das Verhältnis zu seiner Ehefrau zutreffen", wobei ihm die Ehefrau die ihr gegenüber begangene Straftat verziehen habe. Die Tatsache, dass das gemeinsame Kind im Bundesgebiet aufhältig sei, lasse jedoch eine von der Behörde vorgenommene Relativierung der sozialen Verhältnisse bzw. der daraus resultierenden Bindung zum Bundesgebiet nicht zu. Der Beschwerdeführer sei zweifellos für sein minderjähriges Kind sorgepflichtig; aus diesem Verhältnis erwüchsen ihm nicht nur gesetzliche Pflichten, sondern auch väterliche Rechte (Besuchsrecht etc.). Der Beschwerdeführer sei in familiärer und sozialer Hinsicht als integriert anzusehen.

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) seien gegenüber einem niedergelassenen Immigranten, der sich rechtmäßig mehrere Jahre im Gastland aufgehalten habe, sehr gewichtige Gründe für die Rechtfertigung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erforderlich. Darüber hinaus hätten die innerstaatlichen Behörden einen Spielraum bei der Beurteilung der Situation, ob ein Eingriff in ein vom Art. 8 EMRK geschütztes Recht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und gegenüber dem verfolgten Ziel verhältnismäßig sei. Ferner habe der EGMR judiziert, dass auch das Alter der betroffenen Person besonders zu berücksichtigen sei. Sehr gewichtige Gründe für die Rechtfertigung aufenthaltsbeendender Maßnahmen müssten umso mehr vorliegen, wenn die betroffene Person die der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zugrunde liegende strafbare Handlung als Jugendlicher begangen habe.

2.2 Dieses Vorbringen ist ebenfalls nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG hat die belangte Behörde den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit seiner Geburt, seine Ehe mit einer Drittstaatsangehörigen, seine Sorgepflicht für das gemeinsame Kind sowie familiäre Bindungen im Bundesgebiet zu den Eltern und einem Bruder des Beschwerdeführers berücksichtigt. Zutreffend hat die belangte Behörde einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers angenommen.

Ein vor der Haft bestandener gemeinsamer Haushalt mit seiner Ehegattin, dem gemeinsamen Sohn oder den Eltern und dem Bruder wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Ebenso sind die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer zwar in Österreich die Schule besucht, eine Berufsausbildung jedoch nie erfolgreich abgeschlossen habe, in der Beschwerde unbekämpft geblieben. Diese tritt auch den behördlichen Erwägungen nicht entgegen, dass eine nachhaltige Integration des Beschwerdeführers in den heimischen Arbeitsmarkt nicht festgestellt werden könne.

Als zutreffend erweist sich in diesem Zusammenhang die Beurteilung der belangten Behörde, dass die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes und den familiären Bindungen ableitbare Integration des Beschwerdeführers in ihrer sozialen Komponente durch sein gravierendes Fehlverhalten erheblich gemindert wird.

Den dargelegten - relativierten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die aus seinem Fehlverhalten resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen an der Verhinderung von Gewalt- und Eigentumskriminalität gegenüber. In Anbetracht der schwerwiegenden Straftaten des bereits einschlägig vorbestraften Beschwerdeführers sowie der geminderten familiären und der mangelnden beruflichen Integration im Bundesgebiet trifft die Ansicht der belangten Behörde, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das gegenläufige öffentliche Interesse an der Beendigung dessen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht überwögen und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes daher gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG zulässig sei, auf keine Bedenken.

In Anbetracht des dargelegten großen öffentlichen Interesses führt auch das Beschwerdevorbringen, im Herkunftsland des Beschwerdeführers sei eine familiäre Struktur im weitesten Sinne nicht vorhanden, zu keiner anderen Entscheidung. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer auf Grund seines gravierenden Fehlverhaltens die vorübergehende Trennung von seiner Familie in Österreich ebenso in Kauf zu nehmen wie die Umstände, dass er seiner Sorgepflicht gegenüber seinem Kind vom Ausland aus nachzukommen hat und unmittelbare familiäre Kontakte durch Besuche seiner Familienangehörigen nicht in Österreich erfolgen können.

Das im Zusammenhang mit der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG erstattete, auf die Judikatur des EGMR betreffend "junge Erwachsene" sowie jugendliche Straftäter abstellende Beschwerdevorbringen zeigt schon deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der von ihm begangenen Straftaten 28 bzw. 29 Jahre alt war.

Demgegenüber hatte der Beschwerdeführer des in der Beschwerde genannten Urteils des EGMR vom 23. Juni 2008, Nr. 1.638/03 (Maslov gegen Österreich), im Alter von 14 und 15 Jahren Delikte begangen, die mit einer Ausnahme nicht gewalttätiger Natur waren.

Auch die den Entscheidungen des EGMR vom 22. April 2004, Nr. 42.703/98 (Radovanovic gegen Österreich), sowie vom 18. Februar 1991, Nr. 31/1989/191/291 (Moustaquim gegen Belgien), zugrunde liegenden Straftaten wurden von den jeweiligen Beschwerdeführern jeweils im jugendlichen Alter begangen. Darüber hinaus wurde der größte Teil der über den Beschwerdeführer Radovanovic verhängten Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen. Die diesbezüglichen Sachverhalte sind daher mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

Schließlich ist auch mit dem von der Beschwerde ins Treffen geführten Urteil des EGMR vom 21. Juni 1988, Nr. 3/1987/126/177 (Berrehab gegen die Niederlande), für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weil dem Beschwerdeführer Berrehab keine strafbaren Handlungen angelastet wurden (vgl. zu den vorgenannten Urteilen des EGMR etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2009/18/0485, mwN).

3. Der belangten Behörde ist auch kein (materieller) Ermessensfehler vorzuwerfen, zumal bereits auf Grund der Verurteilung des Beschwerdeführers im Sinne des § 55 Abs. 3 Z. 1 FPG eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht im Sinne des Gesetzes gelegen wäre (vgl. dazu erneut das zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, mwN).

4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. September 2010

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