Normen
AnzeigenabgabeG NÖ §5 Abs4;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3;
BAO §236 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §236 Unbilligkeit Einhebung §3 Z2;
B-VG Art130 Abs2;
LAO Wr 1962 §164 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AnzeigenabgabeG NÖ §5 Abs4;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3;
BAO §236 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §236 Unbilligkeit Einhebung §3 Z2;
B-VG Art130 Abs2;
LAO Wr 1962 §164 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Nachsicht des Säumniszuschlages betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und, soweit er die Nachsicht der Stundungszinsen betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die Ausführungen in den hg. Erkenntnissen vom 22. Mai 2003, Zl. 99/17/0449, und vom 22. Februar 2008, Zl. 2005/17/0266, verwiesen. Aus diesen ergibt sich, dass der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 29. März 1996 dem Beschwerdeführer für die anlässlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen aller Art in näher genannten Medienwerken vereinnahmten Entgelte für den Zeitraum Dezember 1990 bis Dezember 1995 Anzeigenabgabe von insgesamt S 2,494.080,--, einen Verspätungszuschlag von S 249.408,-- und einen Säumniszuschlag von S 49.882,-- vorgeschrieben hat.
In seiner dagegen erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Abgabepflicht nach dem Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983 (Wr. AnzAbgG) mit dem Vorbringen, der Sitz seines Verlages befinde sich in P in Niederösterreich. Er habe dort die Anzeigenabgabe entrichtet.
Diese Berufung wurde mit Bescheid vom 23. November 1999 als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom 22. Dezember 1999 den Antrag, ihm die für Dezember 1990 bis Dezember 1995 festgesetzte Anzeigenabgabe zum Teil nachzusehen und ihm überdies einen Zahlungsaufschub (Stundung) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über eine von ihm gegen die Abgabenvorschreibung erhobene Beschwerde zu gewähren. Der Beschwerdeführer habe die zur Anzeigenabgabenvorschreibung führende Verlagstätigkeit in der niederösterreichischen Gemeinde P ausgeübt und sei stets der Meinung gewesen, ausschließlich in P anzeigenabgabepflichtig zu sein, was ihm der Revisionsbeamte des Magistrats Wien anlässlich einer Revision am 25. August 1992 auch bestätigt habe. Es sei sachlich unbillig, dass er nunmehr in zwei Gemeinden Anzeigenabgabe entrichten müsse. Zum Beweis seines Vorbringens legte der Beschwerdeführer eine Ablichtung eines handschriftlichen Revisionsprotokolls vom "25. August" vor.
Mit Schriftsatz vom 3. März 2000 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er u.a. Anträge auf Bruchteilsfestsetzung gestellt habe. Die niederösterreichische Gemeinde P weigere sich jedoch, die Hälfte der an sie entrichteten Anzeigenabgabe zurückzuzahlen. Er habe stets in gutem Glauben gehandelt. Unter Berücksichtigung des Existenzminimums sei er auch wirtschaftlich nicht in der Lage, die Abgabenforderungen der Gemeinde Wien in den nächsten Jahren zu erfüllen. Seine Liegenschaft sei mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie mit einem Wohnrecht zugunsten seiner Mutter belastet. Er stelle daher ergänzend den Antrag, ihm auch den Verspätungs- und den Säumniszuschlag nachzusehen.
Mit Bescheid vom 18. April 2000 wies der Magistrat der Stadt Wien die Nachsichtsanträge vom 22. Dezember 1999 und 3. März 2000 als unbegründet ab. Die Unbilligkeit sei nicht in der Abgabeneinhebung durch die Gemeinde Wien, sondern in der "nicht rechtmäßigen Abgabeneinbehaltung" durch die Gemeinde P gelegen. Der Säumniszuschlag sei eine verschuldensunabhängige Rechtsfolge der Nichtentrichtung der Abgabe beim Fälligkeitszeitpunkt und werde ohnehin nur vom tatsächlich zu leistenden Abgabenbetrag berechnet. Hinsichtlich des Verspätungszuschlages liege eine rechtskräftige Entscheidung vor, in der die Nichtentschuldbarkeit an der Verspätung wie auch die Angemessenheit des Ausmaßes des Verspätungszuschlages bejaht worden seien. Das Nachsichtsverfahren diene nicht dazu, um dieses Verfahren wieder aufzurollen.
Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 22. Mai 2003, Zl. 99/17/0449, die (die Abgabenvorschreibung betreffende) abweisende Berufungsentscheidung vom 23. November 1999 auf, weil die Abgabenbehörde zwar auf Grund der Angabe einer Wiener Telefon- bzw. Faxnummer im Impressum der Medienwerke bzw. auf den Rechnungen sowie des Standortes der Abo-Abteilung und Service-Hotline in Wien von der Abgabepflicht in Wien habe ausgehen können, die Bemessungsgrundlage aber nicht fehlerfrei ermittelt worden sei.
Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid vom 23. September 2005 der Berufung des Beschwerdeführers (gegen die Abgabenvorschreibung) teilweise Folge gegeben und der Abgabenbetrag mit EUR 180.572,95, der Säumniszuschlag mit EUR 3.611,46 und der Verspätungszuschlag mit EUR 9.028,65 festgesetzt.
Mit einem weiteren Erkenntnis vom 22. Februar 2008, Zl. 2005/17/0266, hob der Verwaltungsgerichtshof auch diesen Bescheid auf, weil die Behörde einen Bruchteilsfestsetzungsbescheid vom 21. Jänner 2000 als Grundlagenbescheid zu beachten und die Abgabe daher nur mit dem Hälftebetrag festzusetzen gehabt hätte.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Oktober 2009 wurde die Berufung gegen die Abweisung des Nachsichtsantrages abgewiesen.
In seinem Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer vor, in dem Abgabenbescheid vom 23. August 2009 (der in dem nach dem hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2008 fortgesetzten Verfahren erlassen worden ist) werde ihm nunmehr kein Verspätungszuschlag mehr vorgeschrieben, sodass sich sein Nachsichtsantrag auch nicht mehr auf diesen beziehe. Er habe von der Gemeinde P nach einem "mühsamen" Rechtsstreit 2003 und 2004 die Hälfte der dort entrichteten Anzeigenabgabe (betreffend den Abgabenzeitraum 1. April 1991 bis 31. Dezember 1995) rückerstattet erhalten. Mit Abgabenbescheid vom 23. August 2009 werde ihm noch Wiener Anzeigenabgabe von EUR 90.286,48 und ein Säumniszuschlag von EUR 1.805,73 vorgeschrieben. Aufgrund der doppelten Erhebung der Anzeigenabgabe durch die Gemeinde P und die Gemeinde Wien (im Zeitraum Dezember 1990 bis März 1991) habe er insgesamt um EUR 5.351,33 mehr an Anzeigenabgabe entrichtet, als wäre er nur bei einer Gebietskörperschaft anzeigeabgabepflichtig gewesen. Dazu kämen noch der Säumniszuschlag von EUR 1.805,73, die Aussetzungszinsen von EUR 12.583,93 und Stundungszinsen von EUR 44.538,17 (zugunsten der Gemeinde Wien).
Diese zusätzliche Abgabenbelastung sei objektiv unbillig, weil der Beschwerdeführer alles getan habe, um die Abgabenerhebungskompetenz der Gebietskörperschaften zu klären. Es seien nunmehr 14 Jahre seit der ersten Geltendmachung der Anzeigenabgabe durch die Gemeinde Wien vergangen. In diesem Zeitraum habe die Behörde unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. Nach einer Revision durch einen namentlich genannten Beamten der Gemeinde Wien vom 25. August 1992 habe er in gutem Glauben die Anzeigenabgabe ausschließlich an die Gemeinde P entrichtet. Erst die neuerliche Revision im Jahr 1996 habe die Behörde zu einer Änderung ihrer Rechtsauffassung veranlasst. Sie habe nunmehr die Auffassung vertreten, dass der Gemeinde Wien die Anzeigenabgabe zur Gänze zustehe, ohne den Beschwerdeführer auf die Möglichkeit eines Bruchteilsfestsetzungsverfahrens hinzuweisen. Aufgrund einer Ratenvereinbarung mit der Gemeinde Wien habe er die letzten neun Jahre monatlich EUR 726,73 entrichtet. Die Rückzahlungen von der Gemeinde P habe er erst 2003 und 2004 erhalten. Er habe diese Zahlungen auf ein mit 2 % verzinstes Sparbuch gelegt, um den Ausgang des Wiener Anzeigenabgabenverfahrens abzuwarten. Die Stundungszinsen von 5 % p. a. hätten sich damit aber "nicht verdienen lassen". Zinsaufwand habe er von der Gemeinde P nicht ersetzt bekommen.
Es sei ihm auch in einem (die Wiener Anzeigenabgabe betreffenden) Strafverfahren bestätigt worden, dass ihn an der verspäteten Abgabenentrichtung kein Verschulden treffe. Die Zinsen aus den Ratenzahlungen vom 13. März 2000 bis 26. Dezember 2009 von EUR 31.954,24 wären auch nicht angefallen, wäre seine Berufung vom 16. Mai 2000 nicht erst 2009 behandelt worden.
Mit seinem Gehalt von ca. EUR 4.300,-- müsse er auch seinen Sohn erhalten und Verluste aus seinem Einzelunternehmen abdecken. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation seines Arbeitgebers drohe ihm überdies eine Kürzung seiner Arbeitszeit und daher auch seines Gehalts. Er verfüge über kein nennenswertes Vermögen.
Er beantrage daher, ihm von der festgesetzten Anzeigenabgabe den Betrag von EUR 5.351,33, den Säumniszuschlag sowie die Stundungs- und Aussetzungszinsen jeweils zur Gänze, insgesamt daher den Betrag von EUR 51.695,23, nachzusehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 18. April 2000 dahingehend ab, dass der Antrag des Beschwerdeführers "auf Nachsicht einer Abgabenschuld an Anzeigenabgabe in der Höhe von EUR 5.351,33, eines Säumniszuschlages in der Höhe von EUR 1.805,73, und von Stundungszinsen in der Höhe von EUR 31.954,24 für den Zeitraum Dezember 1990 bis Dezember 1995" gem. § 236 BAO abgewiesen werde. Im Übrigen wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte begründend aus, der Beschwerdeführer verweise zwar auf seine bereits geleisteten Zahlungen, auf die Höhe des noch aushaftenden Betrages im Vergleich zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und auf Schwierigkeiten aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise. Er verkenne jedoch, dass eine persönliche Unbilligkeit nur vorliege, wenn die Einhebung der Abgabe beim Abgabepflichtigen mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden wäre bzw. dessen Existenz oder die Existenz seiner Familie gefährden würde. Beides habe der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Zur sachlichen Unbilligkeit sei festzuhalten, dass eine Besteuerung der Anzeigen durch mehrere Gemeinden mit der Möglichkeit der Bruchteilsfestsetzung keinesfalls ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis darstelle. Dies treffe auch bei gleichgelagertem Sachverhalt jeden Abgabepflichtigen gleichermaßen. Auch liege bei der Anzeigenabgabe keine anormale Belastungswirkung und - verglichen mit ähnlichen Fällen - kein in einem atypischen Vermögenseingriff gelegener Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen vor, die zudem auch der Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt wäre. Daran könne auch eine allenfalls unkorrekte oder unvollständige Aussage eines Revisionsbeamten bzw. ein überdurchschnittlich langes Abgabenfestsetzungsverfahren nichts ändern.
Gleiches gelte auch für die beantragte Nachsicht hinsichtlich des Säumniszuschlages, dessen Vorschreibung und Höhe eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage sei.
Auch hinsichtlich der Stundungszinsen liege keine sachliche Unbilligkeit vor, weil diese durch den Antrag auf Ratenzahlung ausgelöst worden seien. Es liege in der Ingerenz des Abgabepflichtigen, das Entstehen der Stundungszinsen durch raschere Entrichtung der Abgaben zu verhindern. Auch eine allfällige lange Verfahrensdauer könne eine sachliche Unbilligkeit der dadurch aufgelaufenen Stundungszinsen nicht begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nachsicht der Wiener Anzeigenabgabe (EUR 5.351,33), des Säumniszuschlages (EUR 1.805,73) und der Stundungszinsen (EUR 31.954,24) verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung findet Abs. 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach Lage des Falles tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in dieser Bestimmung vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2006/15/0278, mwN).
Nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (in der Folge: VO BGBl. II Nr. 435/2005), BGBl. II Nr. 435/2005, kann die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO persönlicher oder sachlicher Natur sein.
Eine persönliche Unbilligkeit liegt gem. § 2 leg. cit.
insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm
gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen
verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.
Nach § 3 Z 2 leg. cit. liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde erster Instanz geäußert wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist sachliche Unbilligkeit anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigen Ergebnis muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2012, 2009/16/0039, mwN).
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht die Nachsicht der Anzeigenabgabe, des Säumniszuschlages und der Stundungszinsen verwehrt hat. Die belangte Behörde hat ein Vorliegen sowohl von sachlicher als auch von persönlicher Unbilligkeit verneint, sodass für eine Ermessensentscheidung kein Raum blieb.
1. Zur Nachsicht der Anzeigenabgabe:
Der Beschwerdeführer hat im Nachsichtsverfahren zum Vorliegen von sachlicher Unbilligkeit vorgebracht, dass bei einer Revision durch den Magistrat der Gemeinde Wien am 25. August 1992 auch der Revisionsbeamte davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer sei nicht in Wien anzeigenabgabepflichtig. Es sei auch in der Folge eine Vorschreibung von Anzeigenabgabe durch die Gemeinde Wien unterblieben. Eine solche sei erst nach einer neuerlichen Revision im Jahr 1996 erfolgt. Erst danach habe er die Gemeinde P von der Rechtsauffassung des Wiener Magistrats verständigen können. Er habe 1998 in P die Bruchteilsfestsetzung und Rückerstattung der Hälfte der dort entrichteten Anzeigenabgabe beantragt. Wegen des in Wien verspätet durchgeführten Abgabeverfahrens habe er aber bei der Gemeinde P für den Zeitraum Jänner 1990 bis März 1991 keine Bruchteilsfestsetzung mehr erwirken können, was zur Folge gehabt habe, dass er für diesen Zeitraum sowohl in P als auch in Wien Anzeigenabgabe (und somit um EUR 5.351,33 zu viel) entrichtet habe.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Rechtmäßigkeit der Anzeigenabgabenvorschreibung durch den Magistrat der Gemeinde Wien, sondern macht im Wesentlichen geltend, dass auch dieser jahrelang davon ausgegangen sei, dass die Anzeigen in seinen Medienwerken nicht der Wiener Anzeigenabgabe unterlägen. Auch habe das diesbezügliche Abgabenverfahren vom erstinstanzlichen Bescheid bis zur rechtskräftigen Abgabenvorschreibung 13 Jahre gedauert.
Selbst wenn man mit dem Beschwerdeführer davon ausgehen wollte, dass der Rechtsirrtum des Beschwerdeführers durch das Verhalten der Abgabenbehörde verursacht worden wäre, so musste der Beschwerdeführer jedoch spätestens mit der Abgabenvorschreibung vom 29. März 1996 wissen, dass die Wiener Abgabenbehörde (nunmehr) eine andere Auffassung vertrat. Dennoch hat er nach seinem eigenen Vorbringen bis 1998 damit zugewartet, in der Gemeinde P einen Bruchteilsfestsetzungsantrag verbunden mit einem Rückzahlungsersuchen zu stellen. Damit hat er aber bewirkt, dass die Gemeinde P gemäß der Bestimmung des § 5 Abs. 4 des NÖ Anzeigenabgabengesetzes (NÖ AnzAbgG), wonach im Bruchteilsfestsetzungsverfahren der Nachweis der Doppelbesteuerung innerhalb der Verjährungsfrist zu führen ist, infolge von Verjährung der ältesten Abgabenansprüche nicht mehr den gesamten Zeitraum der Doppelbesteuerung aufgerollt hat. Dass dieses Zuwarten des Beschwerdeführers durch ein Verhalten der Wiener Abgabenbehörde verursacht worden wäre, behauptet die Beschwerde nicht. Auch die lange Verfahrensdauer bis zur rechtskräftigen Festsetzung der Anzeigenabgabe ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Weder die Bestimmungen über die Bruchteilsfestsetzung nach § 5 Abs. 4 des NÖ AnzAbgG noch jene des (im Wesentlichen gleichlautenden) § 4 Abs. 3 Wr. AnzAbgG haben bei der Antragstellung vorausgesetzt, dass die Abgabe in der jeweils anderen Gebietskörperschaft bereits (rechtskräftig) festgesetzt oder entrichtet worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0028, mwN, sowie Höld, Kommentar zu den Anzeigeabgabe- und Ankündigungsabgabegesetzen, 71).
Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung durch die Wiener Abgabenbehörde iSd § 236 Abs. 1 BAO (vgl. § 3 Z 2 VO BGBl. II Nr. 435/2005) kann somit nicht erblickt werden. Aber auch im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Doppelbelastung mit Anzeigenabgabe ihre Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf hatte, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine Doppelbelastung mit Abgaben ausgelöst hat, die nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwarten gewesen ist.
Bei einem Nettoeinkommen von rund EUR 4.100,-- kann aber von einer persönlichen Unbilligkeit iSd § 236 BAO (vgl. § 2 VO BGBl. II Nr. 435/2005) nicht ausgegangen werden, und zwar auch nicht bei Berücksichtigung der gesamten vom in Rede stehenden Nachsichtsansuchen umfassten Abgabenbeträge. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht dargelegt, dass die Entrichtung dieser Abgaben seine wirtschaftliche Existenz gefährden würde oder diese mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen (wie etwa die Verschleuderung von Vermögenswerten) verbunden wäre.
2. Zur Nachsicht des Säumniszuschlages:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so trat nach § 164 Abs. 1 WAO mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gem. Abs. 2 bis 7 dieser Bestimmung hinausgeschoben wurde.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht den Eintritt der Verpflichtung, Säumniszuschläge zu entrichten. Er wendet aber auch in diesem Zusammenhang sachliche Unbilligkeit ein.
Nach § 3 Z 2 der (nunmehr heranzuziehenden) VO BGBl. II Nr. 435/2005 liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde erster Instanz geäußert wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden. Gerade dies hat der Beschwerdeführer aber bereits im Nachsichtsverfahren geltend gemacht, wenn er vorgebracht hat, er habe aufgrund der Revision im Jahre 1992, welche die Anzeigenabgabe betroffen hat, davon ausgehen können, dass auch die Wiener Abgabenbehörde eine Abgabepflicht nach dem Wr. AnzAbgG verneint habe. Dies gründe sich sowohl auf die damalige Aussage des Revisionsorgans als auch auf den Umstand, dass die Abgabenbehörde nach dieser Revision von einer Geltendmachung des Abgabenanspruches Abstand genommen habe. Daher habe er in Wien keine Anzeigenabgabe abgeführt, was aber in der Folge zur Verhängung des Säumniszuschlages geführt habe.
Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde aber nicht auseinander gesetzt. Sie hat sich bei der Verneinung der sachlichen Unbilligkeit vielmehr auf den Hinweis beschränkt, dass Vorschreibung und Höhe des Säumniszuschlages (lediglich) Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage seien. Gerade der komplexe Verfahrenslauf lässt aber das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe aufgrund des Verhaltens des Wiener Magistrats sich an einer nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauffassung orientiert, was zur Nichtentrichtung der Anzeigenabgabe und in der Folge zur Verhängung des Säumniszuschlages geführt hat, nicht als unplausibel erscheinen. Indem die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage jede nähere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers unterlassen hat, hat sie ihren Bescheid diesbezüglich mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der Nachsicht des Säumniszuschlages gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Zur Nachsicht der Stundungszinsen
Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag vom 22. Dezember 1999 ausschließlich die Nachsicht der Anzeigenabgabe begehrt. Dieses Nachsichtsbegehren hat er mit seinem Schriftsatz vom 3. März 2000 auf den Säumniszuschlag und den Verspätungszuschlag ausgedehnt. Über diese Anträge hat der Magistrat mit Bescheid vom 18. April 2000 abweisend entschieden. Damit konnte aber Sache des Berufungsverfahrens ausschließlich die begehrte Nachsicht an Anzeigenabgabe, Verspätungs- und Säumniszuschlag sein, wobei der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag unter Hinweis auf die zwischenzeitige Nullfestsetzung des Verspätungszuschlages klargestellt hat, dass sich sein Antrag auf diesen nun nicht mehr beziehe. Damit war Sache des Berufungsverfahrens nur mehr die Nachsicht der Anzeigenabgabe und des Säumniszuschlages. Wenn nun der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag sein Nachsichtsbegehren auch auf Stundungs- und Aussetzungszinsen ausgedehnt hat, so ist dies als eigener Antrag anzusehen, über den die erste Instanz zu entscheiden hat. Sache des Berufungsverfahrens gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 18. April 2000 blieb somit ausschließlich die begehrte Nachsicht der Anzeigenabgabe und des Säumniszuschlages. Dennoch hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch über die Nachsicht der Stundungszinsen abgesprochen. Damit hat sie aber eine Zuständigkeit wahrgenommen, welche ausschließlich der ersten Instanz zugekommen ist, sodass der angefochtene Bescheid sich in dieser Hinsicht ebenfalls als rechtswidrig erweist. Diese Unzuständigkeit der belangten Behörde war vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2011, Zl. 2008/16/0167).
4. Der angefochtene Bescheid war somit - soweit er die Nachsicht des Säumniszuschlages betrifft - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und - soweit er die Nachsicht der Stundungszinsen betrifft - gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Hinsichtlich der Nachsicht der Anzeigenabgabe war die Beschwerde jedoch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. April 2013
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