VwGH 2010/17/0101

VwGH2010/17/010120.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der F GmbH in I, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 8, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 15. April 2010, Zl. I-Präs- 00450e/2007, betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §11 Abs3;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §15 Abs3;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §15 Abs5;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §11 Abs3;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §15 Abs3;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §15 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Bestandnehmerin des Grundstückes Nr. 676/10, GB A.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2007 schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck der beschwerdeführenden Partei für das bereits begonnene Bauvorhaben der Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses sowie eines offenen Parkdecks auf der genannten Liegenschaft gemäß §§ 13 bis 16 Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (in der Folge: TVAAG), LGBl. Nr. 22/1998, in Verbindung mit dem Beschluss des Gemeinderates vom 3. Dezember 2004 über die Festsetzung des Gehsteigbeitragsatzes unter Zugrundelegung einer anrechenbaren Baumasse von 49.626 m3 und einer anteiligen Bauplatzfläche von

7.844 m2 einen Gehsteigbeitrag in der Höhe von EUR 119.980,80 vor (darin inbegriffen EUR 30.356,28 für den Bauplatzanteil sowie EUR 89.624,56 für den Baumassenanteil).

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und führte aus, dass die Kubatur des abgerissenen Altbaus in der Höhe von 8.680,37 m3 auf die Neubaumasse anzurechnen sei. Ebenso lasse die Behörde außer Acht, dass die Baumasse hinsichtlich des Garagenteiles gemäß § 15 Abs. 3 lit. b TVAAG um 2/3 zu reduzieren sei, sowie dass gemäß § 2 Abs. 4 TVAAG bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,5 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Acht zu bleiben habe. Somit anerkenne die beschwerdeführende Partei auf der Grundlage einer anrechenbaren Baumasse von 23.122,77 m3 (lediglich) die Vorschreibung eines Betrages von EUR 41.759,72. Die Vorschreibung eines Bauplatzanteiles sei nicht zulässig, da das Grundstück Nr. 676/10 und das Grundstück Nr. 676/13, welches dem Grundstück Nr. 676/10 teilweise zugeschrieben worden sei, bereits vor Realisierung des Bauvorhabens bebaut gewesen seien und die entsprechenden Gehsteigabgaben bereits entrichtet worden seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 26. Juni 2007 wies der Stadtmagistrat Innsbruck die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab und hielt im Wesentlichen fest, dass als frühere Rechtsvorschrift, welche konkret die Baumasse als Berechnungsgrundlage herangezogen habe, das Gesetz vom 25. November 1968 über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck (Gehsteigabgabengesetz), LGBl. Nr. 23/1969, welches mit 1. Jänner 1969 in Kraft getreten sei, in Betracht komme. Eine Abbruchmasse könne demnach nur dann von der Neubaumasse in Abzug gebracht werden, wenn das abzubrechende Objekt ursprünglich nach dem 1. Jänner 1969 baubehördlich bewilligt und somit eine Gehsteigabgabe hierfür bereits geleistet worden sei. Im gegenständlichen Fall sei seitens der Bau- und Feuerpolizei bekannt gegeben worden, dass von den 8.680,37 m3 Abbruchkubatur lediglich 908 m3 nach dem 1. Jänner 1969 ursprünglich baubehördlich bewilligt worden seien, weshalb -wie geschehen - von der Neubaumasse von 50.534,20 m3 lediglich diese 908 m3 in Abzug hätten gebracht werden können. Da mit In-Kraft-Treten des oben genannten Gesetzes (1. Jänner 1969) auch der Bauplatz erstmalig als Bemessungsgrundlage herangezogen worden und die in Rede stehende Liegenschaft bereits vor diesem Zeitpunkt bebaut gewesen sei, könne hiefür kein Bauplatzanteil im Zuge einer erstmaligen Bebauung für den gesamten Bauplatz angefallen sein. Folglich sei für die Berechnung des Bauplatzes § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 15 Abs. 5 TVAAG ausschlaggebend.

Die beschwerdeführende Partei beantragte die Vorlage der Berufung an die belangte Behörde.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 teilte die beschwerdeführende Partei mit, dass sie die Berufung (nach Anerkennung und Bezahlung eines Betrages von EUR 41.759,72) hinsichtlich eines (weiteren) Teilbetrages von EUR 1.319,83 (weil sie nunmehr von einer sich ergebenden Kubatur ausging, die um rund 730 m3 mehr betrug, als die Beschwerdeführerin ursprünglich ihrer Berechnung zu Grunde gelegt hatte) zurückziehe.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 übermittelte die Magistratsabteilung III (Bau- und Feuerpolizei) der belangten Behörde eine Überprüfung der Baumassenberechnung. Bei der Überprüfung sei festgestellt worden, dass fälschlicherweise das Atrium zur Baumasse hinzugerechnet worden sei, obwohl dieses nach oben offen beziehungsweise nicht überdacht sei. Aus § 2 Abs. 3 und 4 TVAAG ergebe sich, dass das nicht überdeckte Atrium keine Baumasse im Sinn von § 2 Abs. 4 TVAAG bilde. Daher sei die Baumassenberechnung in diesem Umfang zu reduzieren gewesen. Die korrigierte "Baumasse gesamt" betrage somit 50.359,76 m3. Diese Berechnung beruhe auf der Annahme, dass - neben der Atriumsfläche -

auch Aufzugs- und Installationsschächte nicht in Ansatz zu bringen seien.

Mit Schreiben vom 28. Jänner 2010 teilte die beschwerdeführende Partei mit, dass gegen die Anrechnung der korrigierten Baumasse von 50.359,76 m3 kein Einwand bestehe und die übrigen Einwendungen aufrecht blieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei teilweise statt und änderte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe ab, dass sie der beschwerdeführenden Partei unter Zugrundelegung einer anteiligen Bauplatzfläche von 7.110 m2 und einer abgabepflichtigen Baumasse von 50.359,76 m3 einen Gehsteigbeitrag in der Höhe von EUR 118.465,40 (darin inbegriffen EUR 27.515,70 für den Bauplatzanteil sowie EUR 90.949,73 für den Baumassenanteil) vorschrieb.

Als Rechtsgrundlage stützte sich die belangte Behörde auf die den Gemeinden gemäß § 13 Abs. 1 lit. a TVAAG erteilte Ermächtigung, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Gehsteigbeitrag zu erheben. Der Gehsteigbeitrag sei gemäß § 15 Abs. 1 TVAAG die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 3). Der Bauplatzanteil sei das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in m2 und 150 Prozent des Gehsteigbeitragssatzes, der Baumassenanteil sei das Produkt der Baumasse des Gebäudes in m3 und 70 % des Gehsteigbeitragssatzes.

Die belangte Behörde führte aus, dass sie sich inhaltlich mit Ausnahme der Bauplatzberechnung (die spruchgemäß korrigiert worden sei) im gegenständlichen Fall der Begründung der Berufungsvorentscheidung anschließe.

Die im Berufungsverfahren durchgeführte Überprüfung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen durch die Magistratsabteilung III habe ergeben, dass von einer "korrigierten Baumasse gesamt" von 50.359,76 m3 auszugehen sei. Mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2010 habe die beschwerdeführende Partei mitgeteilt, dass gegen die Anrechnung einer korrigierten Baumasse von 50.359,76 m3 kein Einwand bestünde, wobei seitens der belangten Behörde nach wie vor der Einwand bezüglich der Hochgarage zu beurteilen sei.

Grundsätzlich habe die ermittelnde Behörde von einer Baumasse in der Höhe von 50.359,76 m3 als Grundlage für ihre Berechnungen - gegen die seitens der beschwerdeführenden Partei kein Einwand bestehe - ausgehen können.

Zum Vorwurf der Vorschreibung von Gebühren für Raumhöhen über 3,5 m sei festzuhalten, dass die unterschiedliche Ermittlung der diesbezüglichen Kubatur/Baumasse (gemäß ÖNORM bzw. TVAAG) mit Schriftsatz der beschwerdeführenden Partei vom 28. Februar 2010, in dem die Baumasse ihrerseits anerkannt worden sei, geklärt sei.

Die belangte Behörde teile die Ansicht, es sei seitens der Abgabenbehörde erster Instanz nicht berücksichtigt worden, dass hinsichtlich des Grundstückes Nr. 676/13 eine Teilfläche von 734 m2 zugeschrieben worden sei. Daher sei bei der Vorschreibung des Gehsteigbeitrags der Bauplatzanteil entsprechend reduziert worden.

Die belangte Behörde sei nicht der Meinung, dass für die Garage die Baumasse gemäß § 15 Abs. 3 lit. b TVAAG um 2/3 zu ermäßigen sei. Garagen fänden in dieser Bestimmung keine Erwähnung und seien keinesfalls unter den Begriff Lagerhalle zu subsumieren, da laut Definition unter einer Lagerhalle ein Gebäude zu verstehen sei, in dem Sachen über eine längere Sicht hin verstaut würden. Eine Garage hingegen sei eine bauliche Anlage, in der Fahrzeuge vorübergehend, zum Schutz selbiger geparkt bzw. eingestellt, aber nicht "gelagert" würden.

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in ihrem Vorlageantrag, dass es die Behörden in anderen Verfahren in den Jahren 1981 bis 1995 unterlassen hätten, einen Bauplatzanteil vorzuschreiben und nunmehr seit dem Entstehen des Abgabenanspruches mehr als 10 Jahre vergangen seien, sei zu entgegnen, dass für das Entstehen und die Vorschreibung des gegenständlichen Gehsteigbeitrages gemäß § 16 Abs. 1 TVAAG die Rechtskraft der Baubewilligung entscheidend gewesen sei.

Zum Einwand der Beschwerdeführerin, die Vorschreibung der Gehsteigabgabe sei wegen Verjährung nicht mehr zulässig, wies die belangte Behörde schließlich darauf hin, dass es nach der Wortauslegung des § 15 TVAAG ausschließlich entscheidend sei, ob für den gegenständlichen Bauplatz bereits eine Vorschreibung erfolgt sei, die entsprechend anzurechnen sei.

Es sei daher der erstinstanzliche Bescheid unter Berücksichtigung einer korrigierten Baumasse von 50.359,76 m3 spruchgemäß zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des TVAAG, LGBl. Nr. 22/1998, lauteten in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung (das Zitat der Tiroler Bauordnung 2001 in § 15 Abs. 2 gemäß LGBl. Nr. 18/2007):

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(4) Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum. Die Baumasse ist geschoßweise zu ermitteln, wobei bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht bleibt. Der umbaute Raum ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschoßes und durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte lotrechte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird.

3. Abschnitt

Erschließungsbeitrag

§ 7

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Verlieren Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 3 zweiter Satz oder Teile davon ihren Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Neubau.

§ 11

Bemessungsgrundlage bei Änderungen des Baubestandes

(1) Wird auf einem Bauplatz, für den bereits ein Erschließungsbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften unter Zugrundelegung der Gesamtfläche des Bauplatzes entrichtet wurde, ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so geändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist nur ein dem Baumassenanteil entsprechender Erschließungsbeitrag zu entrichten.

(2) Wird auf einem Bauplatz, für den noch kein Erschließungsbeitrag oder ein Erschließungsbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften unter Zugrundelegung nur einer Teilfläche des Bauplatzes entrichtet wurde, auf dem aber bereits ein oder mehrere Gebäude bestehen, ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so geändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist ein Erschließungsbeitrag zu entrichten, der dem Baumassenanteil sowie einem Bauplatzanteil entspricht, der sich unter Zugrundelegung jener Teilfläche des Bauplatzes ergibt, die sich zur Gesamtfläche des Bauplatzes verhält wie die dem Baumassenanteil zugrunde liegende Baumasse zur Summe aus dieser Baumasse und der Baumasse des bestehenden Gebäudes oder der bestehenden Gebäude. Insgesamt darf dem Bauplatzanteil jedoch höchstens die Gesamtfläche des Bauplatzes zugrunde gelegt werden.

(3) Wird im Falle des Abbruchs oder der sonstigen Zerstörung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, dessen Baumasse bereits Grundlage für die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften war, dieses (dieser) wieder aufgebaut oder auf demselben Bauplatz sonst ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so geändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist der Baumassenanteil von der um die Baumasse des zerstörten Gebäudes oder Gebäudeteiles verminderten Baumasse zu ermitteln.

4. Abschnitt

Gehsteigbeitrag

§ 13

Abgabengegenstand, Gehsteigbeitragsatz

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt,

a) im Fall des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird,

b) im Fall, dass ein Bauplatz, auf dem ein Gebäude bereits besteht und für den nicht bereits ein Gehsteigbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften unter Zugrundelegung der Gesamtfläche des Bauplatzes und der gesamten Baumasse oder ein Kostenersatz nach § 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 31/1896, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/1969 entrichtet wurde, unmittelbar oder über eine rechtlich gesicherte Verbindung durch eine Verkehrsfläche, auf der ein zeitgemäßer Gehsteig noch nicht errichtet wurde, erschlossen ist,

einen Gehsteigbeitrag zu erheben.

(2) Abs. 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude oder entsprechend genutzte Gebäudeteile. Verlieren jedoch solche Gebäude oder Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 3 zweiter Satz oder Teile davon ihren Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Neubau.

(3) Die Erhebung des Gehsteigbeitrages erfolgt durch Festlegung des Gehsteigbeitragssatzes (Abs. 4).

(4) Der Gehsteigbeitragssatz ist von der Gemeinde durch Verordnung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festzulegen. Die Höhe des Gehsteigbeitragssatzes hat sich nach der von der Gemeinde für die Errichtung von Gehsteigen zu tragenden Straßenbaulast zu richten und darf 1 v. H. der durchschnittlichen Kosten für die Herstellung von einem Quadratmeter zeitgemäßer Gehsteigfläche in der Gemeinde nicht übersteigen.

§ 15

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

(1) Der Gehsteigbeitrag ist die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 3).

(2) Der Bauplatzanteil ist das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und 150 v. H. des Gehsteigbeitragssatzes. Im Falle des § 13 Abs. 1 lit. b ist bei Baugrundstücken, die auf Grund der vermessungsrechtlichen Vorschriften vor dem Inkrafttreten des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, gebildet worden sind, der Ermittlung des Bauplatzanteiles auch die Fläche der demselben Eigentümer gehörenden unmittelbar angrenzenden Grundstücke, auf die die Mindestabstandsflächen nach § 6 Abs. 1 lit. a oder b der Tiroler Bauordnung 2001 fallen, zugrunde zu legen. Im Übrigen gilt § 9 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß.

(3) Der Baumassenanteil ist

a) im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder im Falle des § 13 Abs. 1 lit. b das Produkt aus der Baumasse des Gebäudes,

b) im Falle der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, das Produkt aus der zusätzlich geschaffenen Baumasse,

jeweils in Kubikmetern und 70 v. H. des Gehsteigbeitragssatzes. Die Baumasse von Fabriks- und Werkstättengebäuden, von Lagerhallen und dergleichen oder entsprechend genutzten Gebäudeteilen ist nur zu einem Drittel anzurechnen. Verlieren solche Gebäude oder Gebäudeteile jedoch diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Vergrößerung der Baumasse im Ausmaß von zwei Dritteln der tatsächlichen Baumasse.

(4) Wurde im Fall des § 13 Abs. 1 lit. b ein Gehsteigbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften unter Zugrundelegung einer Teilfläche des Bauplatzes oder eines Teiles der Baumasse bereits entrichtet, so ist der Ermittlung des Gehsteigbeitrages jene Teilfläche des Bauplatzes bzw. jener Teil der Baumasse zugrunde zu legen, für die (den) ein Gehsteigbeitrag noch nicht entrichtet wurde.

(5) § 9 Abs. 3 vierter Satz und 4, § 10 und § 11 gelten sinngemäß."

Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid unter anderem mit dem Vorbringen, dass die belangte Behörde rechtswidrigerweise weder den von der Abgabenbehörde erster Instanz bereits berücksichtigten Abbruchbestand im Ausmaß von 908 m3 noch die restliche (von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachte) Abbruchkubatur von 7.772,37 m3 von der korrigierten Baumasse von 50.359,76 m3 abgezogen habe.

Die belangte Behörde bringt dazu in ihrer Gegenschrift vor, dass die Beschwerdeführerin selbst in ihrem Schreiben vom 28. Jänner 2010 die korrigierte Baumasse in der Höhe von 50.359,76 m3 anerkannt habe.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages an die Beschwerdeführerin ausgeführt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. September 2010, Zl. 2010/17/0100), verfängt dieser Einwand der belangten Behörde jedoch nicht.

Aus den in dem genannten Erkenntnis näher ausgeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist auch für das vorliegende Verfahren nicht davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei in ihrem Schreiben vom 28. Jänner 2010 die Rechtsansicht habe zum Ausdruck bringen wollen, der Altbestand wäre nicht zu berücksichtigen bzw. dass die damit anerkannte Baumasse des neu errichteten Gebäudes auch jene sei, die der Bemessung der Abgabe zu Grunde zu legen wäre. Die beschwerdeführende Partei hat in dem genannten Schreiben auch hinsichtlich der Gehsteigabgabe "die anderen Einwendungen" ausdrücklich aufrechterhalten. Die belangte Behörde hat daher auch im vorliegenden Fall den angefochtenen Bescheid insoweit mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nur auf § 15 Abs. 1 bis 3 TVAAG berufen und sich hinsichtlich einer allfälligen Anrechnung eines Altbestandes ebenfalls auf § 15 TVAAG gestützt, aus dem sich ergäbe, dass eine Anrechnung nur in Betracht käme, wenn für den "gegenständlichen Bauplatz bereits eine Vorschreibung erfolgt" sei, "die entsprechend anzurechnen wäre". Gleichzeitig hat sie sich jedoch auch pauschal der Begründung der Behörde erster Instanz in der Berufungsvorentscheidung angeschlossen (in der für die Berücksichtigung eines Altbestandes auf § 11 Abs. 3 TVAAG Bezug genommen wird).

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 11 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 5 TVAAG ist im Falle eines Abbruches eines Altbestandes und der Neuerrichtung eines Gebäudes auch bei der Vorschreibung des Gehsteigbeitrages als Baumassenanteil die um die Baumasse des abgebrochenen oder zerstörten Gebäudes oder Gebäudeteiles verminderte Baumasse heranzuziehen, wenn die Baumasse des abgebrochenen oder zerstörten Gebäudes oder Gebäudeteiles bereits Grundlage für die Vorschreibung eines Gehsteigbeitrages war. Im Falle einer Änderung eines Gebäudes wäre jedoch nach § 15 Abs. 3 TVAAG nur die zusätzlich geschaffene Baumasse der Bemessung des Gehsteigbeitrages zu Grunde zu legen (gleichgültig, ob für den Altbestand schon bei einer Vorschreibung eines Gehsteigbeitrages ein Baumassenanteil berücksichtigt wurde oder nicht).

Somit wäre auch im gegenständlichen Fall der Abbruchbestand - soweit er bereits Grundlage für die Vorschreibung eines Gehsteigbeitrages war - in Abzug zu bringen gewesen, wenn von einem Abbruch und einer Neuerrichtung auszugehen ist. Soferne die belangte Behörde, worauf ihre Berufung auf § 15 TVAAG hindeuten würde, von einer Änderung eines bestehenden Gebäudes ausgegangen sein sollte, wäre darüber hinaus jedenfalls nur die Berücksichtigung der zusätzlich geschaffenen Baumasse in Betracht gekommen.

Ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht, nach § 15 TVAAG komme eine Anrechnung jedenfalls nur dann in Betracht, wenn bereits eine Vorschreibung auch für einen Baumassenanteil erfolgt sei, hat die belangte Behörde somit entscheidungserhebliche Feststellungen nicht getroffen bzw. eine nähere Begründung unterlassen, inwiefern auf dem Boden ihrer Feststellungen eine Berücksichtigung der Baumasse des Altbestandes keinesfalls in Betracht kommen sollte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne dass näher auf das Vorbringen zur Berechnung des Bauplatzanteiles einzugehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren

war abzuweisen, weil neben den Pauschalsätzen der genannten Verordnung ein Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am 20. Juni 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte