VwGH 2010/16/0100

VwGH2010/16/010025.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der Dr. W in D, vertreten durch Rechtsanwalt Torsten Wenzlawiak in Deuerling, Deutschland, z. H. Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 8. Jänner 2010, Zl. Jv 55656-33a/09, betreffend Stundung von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Gerichtsgebühren in Höhe von EUR 7.407,-- gemäß § 9 Abs. 1 GEG zu stunden, mit der Begründung nicht Folge gegeben, dass sie weder Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen noch zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit gemacht habe.

Mit Beschluss vom 26. April 2010, B 452/10, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen vor ihm erhobenen Beschwerde abgelehnt und sie mit Beschluss vom 19. Mai 2010 antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Sie macht geltend, "durch die Nichtgewährung der Verfahrenshilfe bezüglich der Pauschalgebühr in Höhe von EUR 7.407,00 nebst Gebühren in ihrem Recht auf ein faires Gerichtsverfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) und ihrem Anspruch auf wirksame Beschwerde (Art. 8 EMRK) sowie des Art. 47 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt" worden zu sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Antrag kann nach § 9 Gerichtliches Einbringungsgesetz die vorgeschriebene Zahlungsfrist für Gerichtsgebühren verlängert oder deren Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder die Einbringlichkeit durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Richtigkeit der behördlichen Feststellung, wonach sie im Stundungsverfahren jegliche Angaben über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit unterlassen habe. Sie beschränkt sich in ihrem Ergänzungsschriftsatz im Wesentlichen auf das Vorbringen, dass sich "die Rechtswidrigkeit der Nichtgewährung von Verfahrenshilfe" aus den "mit Beschwerdeschrift vom 26.03.2010 dargelegten Gründen" (Anmerkung:

es handelt sich dabei offensichtlich um die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof) als auch aus den "in der Menschenrechtsbeschwerde vorgetragenen Gründen" (Anmerkung: es dürfte sich dabei um eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Zusammenhang mit dem der Gerichtsgebührenvorschreibung zu Grunde liegenden zivilgerichtlichen Verfahren betreffend u.a. die Geltendmachung eines Pflichtteilsergänzungsanspruches handeln) ergebe.

Zunächst ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass mit dem angefochtenen Bescheid nicht über die "Nichtgewährung von Verfahrenshilfe" abgesprochen wurde. Gegenstand des vor der belangten Behörde geführten Verfahrens war ausschließlich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Stundung von Gerichtsgebühren, deren Anspruch bereits entstanden ist.

Mit ihrem Verweis auf das vor anderen Gerichtshöfen erstattete Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stützt, müssen nämlich in der (ergänzten) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausgeführt sein; der Verweis auf andere Schriftsätze ist unzulässig (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2008/15/0166, mwN).

Auch aus der - nicht näher begründeten - Behauptung der Verletzung der Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 8 MRK (gemeint wohl: Art. 13) ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Die Beschwerdeführerin beruft sich dabei auf die Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte. Dem Verwaltungsgerichtshof kommt aber gemäß Art. 133 Z 1 B-VG eine Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung insoweit nicht zu, als die Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte behauptet wird. Überdies ist in diesem Zusammenhang auf den Beschluss Verfassungsgerichtshofes vom 26. April 2010 betreffend die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde zu verweisen.

Der Hinweis auf Art. 47 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) vermag der Beschwerde ebenfalls zu keinem Erfolg zu verhelfen. Nach Art. 47 Abs. 3 GRC wird Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewähren.

Durch diese Bestimmung soll der durch Art. 47 Abs. 1 GRC eröffnete Zugang zu den Gerichten wirksam gewährleistet werden (vgl. dazu Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar2, Art. 47 GRC, Rn 14). Es kann dahingestellt bleiben, ob unter Prozesskostenhilfe nicht nur die Gewährung von Verfahrenshilfe, sondern auch die Stundung von bereits aufgelaufenen Gerichtsgebühren zu verstehen ist. Gemäß Art. 51 Abs. 1 GRC gilt die Charta ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Es bedarf somit eines Bezugs zum Unionsrecht (vgl. Voet van Vormizeele, a.a.O., Rn 5). Dass im Beschwerdefall ein solcher Bezug zum Unionsrecht vorläge, wird aber in der Beschwerde nicht einmal behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Zum hilfsweise gestellten Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung "bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über die bereits ihm vorliegende Menschenrechtsbeschwerde entschieden hat" ist auf Folgendes hinzuweisen:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers der Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entfaltet nur Wirkungen für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Über das Ende des Beschwerdeverfahrens hinaus kann es keine aufschiebende Wirkung geben (vgl. die bei Mayer, B-VG4, 812, unter I.2. genannte hg. Rechtsprechung). Die Beendigung des Beschwerdeverfahrens durch die vorliegende Entscheidung macht einen Abspruch über diesen Antrag somit entbehrlich.

Da kein Fall der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts vorliegt, erübrigen sich auch Überlegungen hinsichtlich einer vorläufigen Anordnung (vgl. beispielsweise den hg. Beschluss vom 26. September 2005, Zl. AW 2005/10/0029, VwSlg. 16723/A).

Wien, am 25. November 2010

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