VwGH 2010/15/0209

VwGH2010/15/020925.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, Hofrätin Dr. Büsser und Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der B J in G, vertreten durch die Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GesmbH in 8010 Graz, Schlögelgasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 8. November 2010, Zl. RV/0387- G/08, betreffend Einkommensteuer 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §15 Abs1;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erzielte im Streitjahr 2004 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus zwei Dienstverhältnissen. Für die X GmbH war sie im Ort A tätig, und zwar als Geschäftsführerin und zudem im Bereich der Vermittlung von Immobiliengeschäften (erstes Dienstverhältnis). Bei einem anderen Dienstgeber war sie als Rechtsanwaltsanwärterin im Ort B tätig (zweites Dienstverhältnis).

In der Einkommensteuererklärung 2004 machte die Beschwerdeführerin als Werbungskosten in Zusammenhang mit dem zweiten Dienstverhältnis u.a. Pkw-Fahrtkosten auf beruflich veranlassten Reisen in Höhe von 1.658,88 EUR und Aufwendungen für Pkw-Fahrten vom Dienstort A zum Dienstort B in Höhe von 5.115,60 EUR geltend.

Die angeführten Werbungskosten berücksichtigte das Finanzamt bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2004 nicht.

In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die angeführten Werbungskosten für beruflich veranlasste Reisen und für Fahrten zwischen den beiden Dienstorten A und B stünden mit der Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin in Zusammenhang. Sie pendle jede Woche vom Dienstort A zum Dienstort B und zurück. Als Aufwand werde - in Anlehnung an die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 9. November 1994, 92/13/0281 - das Kilometergeld geltend gemacht.

Die Beschwerdeführerin legte dem Finanzamt ihre zwei Dienstverträge vor. Aus dem Dienstvertrag mit der X GmbH ergibt sich, dass ihr u.a. als Sachbezug ein Pkw dieser GmbH mit einem Anschaffungswert von 50.000 EUR beigestellt war, wobei sie berechtigt war, das Fahrzeug für dienstliche und für private Fahrten uneingeschränkt zu nutzen. Die Betriebskosten des Fahrzeuges hatte zur Gänze die X GmbH zu tragen.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung argumentierte das Finanzamt damit, dass Werbungskosten einen Aufwand des Steuerpflichtigen voraussetzten. Da der Beschwerdeführerin in Zusammenhang mit der Benutzung des Kraftfahrzeuges kein Aufwand erwachsen sei, könnten die geltend gemachten Werbungskosten (Fahrtkosten) nicht berücksichtigt werden.

Im Vorlageantrag entgegnete die Beschwerdeführerin, sie habe im Zeitraum 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2004 für die Überlassung der Nutzung des Pkw durch die X GmbH einen Sachbezug von 510 EUR monatlich versteuern müssen. Der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung für private Zwecke aus dem Dienstverhältnis mit der X GmbH sei mit dieser Versteuerung pauschal abgegolten. Es treffe daher nicht zu, dass ihr in Zusammenhang mit der Benutzung des Pkw kein Aufwand entstanden sei. Beruflich veranlasste Pkw-Fahrtkosten, die ihr aus dem zweiten Dienstverhältnis als Rechtsanwaltsanwärterin entstanden seien, seien daher als Werbungskosten anzuerkennen.

In einer weiteren Eingabe brachte die Beschwerdeführerin vor, die Versteuerung des Sachbezuges aus der Überlassung des Pkw durch die X GmbH unterstelle, dass ihr ein geldwerter Vorteil aus dieser zugeflossen sei. Durch die Zurechnung des Sachbezuges zu ihrem steuerpflichtigen Einkommen würden die Kosten der Privatnutzung des Pkw, die der X GmbH angefallen seien, steuerlich der Beschwerdeführerin zugerechnet. Da sie aus dem geldwerten Vorteil in Form des Sachbezuges keinen Liquiditätsüberschuss erzielt habe, müsse diesem geldwerten Vorteil bzw. Zufluss ein entsprechender Abfluss gegenüber gestanden sein. Bei einer reinen Privatnutzung sei dieser Abfluss steuerlich irrelevant. Da die Nutzung des Pkw aber zum Teil auf berufliche Aktivitäten in Zusammenhang mit dem zweiten Dienstverhältnis entfallen sei, könnten entsprechende Abflüsse als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Das gleiche Ergebnis würde eintreten, hätte die Beschwerdeführerin der X GmbH einen Kostenersatz für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen Pkw geleistet, dafür aber von der X GmbH einen in diesem Ausmaß erhöhten laufenden Barlohn erhalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über die Berufung ab. In dem vor dem Verwaltungsgerichtshof noch strittigen Punkt der Fahrtkosten gab sie der Berufung keine Folge. Gehöre ein Pkw zu einem Betriebsvermögen (hier: Betriebsvermögen der X GmbH), könnten bei dessen betrieblicher Nutzung nicht die Kilometergelder, sondern nur die tatsächlich angefallenen PKW-Kosten als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Das gelte auch im Fall der unentgeltlichen Nutzung eines Fahrzeuges durch einen Dritten.

Die belangte Behörde stimme den Überlegungen des Finanzamtes zu, wonach der Beschwerdeführerin keine Aufwendungen in Zusammenhang mit der Nutzung des Pkw entstanden seien und aus diesem Grund auch keine Werbungskosten berücksichtigt werden könnten. Die Beschwerdeführerin habe zwar für den Sachbezug in Form der Überlassung der Nutzung des Pkw (durch die Arbeitgeberin X GmbH) Einkommensteuer zahlen müssen. Die Einkommensteuer zähle aber nicht zu den Pkw-Aufwendungen. Die Sachbezugsbesteuerung könne daher nicht die Grundlage für die Anerkennung von Werbungskosten bilden.

Die Beschwerdeführerin habe eingewendet, aus steuerlicher Sicht sei "zu unterstellen", dass ihr Pkw-Kosten in Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeuges im Rahmen ihres zweiten Dienstverhältnisses erwachsen seien, weil sie einen Sachbezug für die Nutzung des Pkw der X GmbH habe versteuern müssen. Die Versteuerung des Sachbezuges unterstelle nämlich, dass ihr ein geldwerter Vorteil aus der Privatnutzung des Pkw zugeflossen sei.

Mit diesen Ausführungen bestätige die Beschwerdeführerin, dass die Aufwendungen in Zusammenhang mit ihrer privaten Pkw-Nutzung (darunter falle auch die Pkw-Nutzung im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses) bei ihrem ersten Arbeitgeber angefallen seien. Nach Ansicht der belangten Behörde komme es ausschließlich darauf an, wer die Pkw-Kosten letztlich getragen habe.

Da den von der Beschwerdeführerin "unterstellten" Abflüssen von Pkw-Kosten stets Zuflüsse ihres Arbeitgebers X GmbH in derselben Höhe gegenüber gestanden seien, sei klar erkennbar, dass die Beschwerdeführerin letztlich keine Aufwendungen für die Nutzung des Pkw im Rahmen ihres zweiten Dienstverhältnisses getragen habe. Bei der Beschwerdeführerin könnten daher auch keine entsprechenden Werbungskosten berücksichtigt werden.

Die Anerkennung als Werbungskosten hätte darüber hinaus zur Folge, dass die Kosten doppelt, nämlich einmal als Werbungskosten bei der Beschwerdeführerin und einmal als Betriebsausgaben bei der X GmbH, berücksichtigt wären.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Überträgt der Dienstgeber dem Dienstnehmer zur (weiteren) Entlohnung der Dienstleistung ein Wirtschaftsgut (zB Notebook) in dessen uneingeschränktes Eigentum, so führt dies beim Dienstgeber zu Betriebsausgaben und beim Dienstnehmer zu Einnahmen (Sachbezug) im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 Abs. 1 Z 1 iVm § 15 Abs. 1 EStG 1988). Soweit der Dienstnehmer dieses Wirtschaftsgut (zB Notebook) zur Erzielung von Einkünften aus einer weiteren Einkunftsquelle einsetzt, führt dies zur Minderung der Einkünfte aus der weiteren Einkunftsquelle im Wege des Ansatzes von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten, in der Regel im Wege der Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung.

Grundsätzlich gleichartige Rechtsfolgen treten ein, wenn der Dienstgeber dem Dienstnehmer als (weitere) Entlohnung der Dienstleistung nicht ein Wirtschaftsgut als solches überträgt, sondern ihm die uneingeschränkte und entgeltsfreie Nutzung an dem Wirtschaftsgut überlässt und der Dienstnehmer diese Nutzung auch in Anspruch nimmt. Auch in diesem Fall erwachsen dem Dienstgeber Betriebsausgaben (insbesondere die AfA für das überlassene Wirtschaftsgut), während beim Dienstnehmer Einnahmen (Sachbezug) im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen sind (§ 25 Abs. 1 Z 1 iVm § 15 Abs. 1 EStG 1988). Soweit der Dienstnehmer diese ihm uneingeschränkt eingeräumte Nutzungsmöglichkeit zur Erzielung von Einkünften aus einer weiteren Einkunftsquelle einsetzt, führt diese ebenfalls zur Minderung der Einkünfte aus der weiteren Einkunftsquelle, und zwar im Wege der Berücksichtigung des durch die weitere Einkunftsquelle veranlassten Einsatzes des Wertes der ihm zugegangenen Nutzung (bzw. eines Anteiles dieses Wertes) im Rahmen der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, 97/15/0137).

Aus der Sicht jener Person, welcher der Vorteil aus der Nutzung zugewendet wird, ist der Vorgang vergleichbar mit der verdeckten Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter durch die Einräumung der unentgeltlichen Nutzung an einem Gegenstand oder durch die zinsfreie bzw. zinsgünstige Darlehensgewährung. Für den Fall der Gewährung eines Darlehens durch die Gesellschaft an den Gesellschafter, bei welchem dieses Darlehen für die Erzielung von Einkünften Verwendung findet, sprach der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 11. März 1992, 92/13/0030, unter Bezugnahme auf Doralt/Ruppe, Grundriss I4, 237, aus:

"Die Gesellschaft gewährt dem Gesellschafter ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von S 100.000,--. (…) Der Vorteil der Zinslosigkeit ist daher unter den Einkünften anzusetzen. Verwendet der Gesellschafter das Darlehen für Zwecke der Einkünfteerzielung (etwa zum Erwerb eines Mietobjektes oder in seinem Betrieb), so müssen konsequenterweise die (unterstellten) Zinszahlungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein."

Im gegenständlichen Fall ist nicht strittig, dass die Beschwerdeführerin Fahrten, die durch ihre berufliche Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin (also ihr zweites Dienstverhältnis) veranlasst sind, getätigt hat. Es ist auch nicht strittig, dass sie diese Fahrten mit jenem Pkw unternommen hat, welcher ihr von der Dienstgeberin X GmbH (im Rahmen ihres ersten Dienstverhältnisses) zur uneingeschränkten Nutzung (als Sachbezug) überlassen worden ist. Die belangte Behörde hat die Anerkennung von Werbungskosten für die beruflich veranlassten Fahrten mit der Begründung versagt, die Verwendung des Pkw der X GmbH habe auf Seiten der Beschwerdeführerin nicht zu Ausgaben geführt.

Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Die Überlassung der uneingeschränkten Nutzung hat im Rahmen des ersten Dienstverhältnisses zu einen Zufluss (Sachbezug) geführt. Korrespondierend dazu ist aber der Einsatz dieser Nutzung im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses als ein zu Werbungskosten führender Abfluss anzusehen. Der betragsmäßigen Höhe nach ist dieser Einsatz mit dem Wert des zugeflossenen Sachbezuges bzw. mit einem entsprechenden Anteil davon zu bewerten.

Die belangte Behörde hat sohin, weil sie mit der Begründung, es habe auf Seiten der Beschwerdeführerin keine Verausgabung stattgefunden, den Werbungskostenabzug versagt hat, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. April 2013

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