VwGH 2010/15/0085

VwGH2010/15/008519.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Feldkirch in 6800 Feldkirch, Reichsstraße 154, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 1. April 2010, Zl. RV/0422-F/08, miterledigt RV/0444-F/08, RV/0445-F/08, RV/0446-F/08, betreffend u. a. Umsatzsteuer 2006 sowie Umsatzsteuer April und Dezember 2007 (mitbeteiligte Partei: F GmbH & Co KG in S, vertreten durch die Stemmer Bahl Fend Steuerberatung KG in 6830 Rankweil, Am Bühel 6), zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art168a;
62003CJ0434 Charles und Charles-Tijmens VORAB;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs4;
EStG §7;
UStG 1972 §12 Abs2 Z1;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;
UStG 1994 §12;
UStG 1994 §3a Abs1a idF 2003/I/134;
UStG 1994 §3a Abs1a idF 2004/I/027;
UStG 1994 §3a Abs1a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte KG betreibt ein Ferienhotel. In den Jahren 2005 bis 2007 erweiterte sie das Hotelgebäude und errichtete dabei in diesem Gebäude auch zwei Wohnungen für die als Geschäftsführer tätigen Kommanditisten. Der Anteil der beiden Wohnungen an der Gesamtnutzfläche beträgt insgesamt 6,21%.

Die Mitbeteiligte machte die in Zusammenhang mit der Erweiterung des Hotels angefallenen Umsatzsteuern zur Gänze als Vorsteuern geltend.

Im Zuge einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, in Bezug auf jene Räume des Hotelgebäudes, welche die Wohnungen der Kommanditisten bildeten, stehe der Vorsteuerabzug nicht zu. Durch eine Ergänzung des § 3a Abs. 1a UStG 1994 mit der am 1. Mai 2004 in Kraft getretenen Novellierung, BGBl. I Nr. 27/2004, gelte die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für private Wohnzwecke nicht mehr als Verwendungseigenverbrauch und sei somit nicht steuerbar. Daher stehe ab 1. Mai 2004 bei gemischt genutzten Gebäuden ein Vorsteuerabzug nur im Ausmaß der tatsächlichen unternehmerischen Nutzung zu. Der Anteil der privat genutzten Flächen am Gesamtgebäude betrage 6,21%; in diesem Ausmaß seien die Vorsteuern abzuerkennen.

Bei Erlassung des Umsatzsteuerbescheids 2006 sowie der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für den April 2007 und Dezember 2007 schloss sich das Finanzamt der Ansicht des Prüfers an.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen führte die Mitbeteiligte aus, der Verwaltungsgerichtshof habe zur Frage des Vorsteuerabzuges bei gemischt genutzten Gebäuden zu Recht erkannt, dass der Vorsteuerabzug bis zum 1. Jänner 1995 zwar nur insoweit zugestanden habe, als die Entgelte nach den einkommensteuerlichen Vorschriften Betriebsausgaben darstellten. Er habe aber in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass ein zu 80% und mehr betrieblich genutztes Gebäude zur Gänze dem Betriebsvermögen zuzuordnen sei und aus diesem Grund der volle Vorsteuerabzug zustehe. Die private Verwendung werde durch den Ansatz einer "Nutzungsentnahme" berücksichtigt.

Im gegenständlichen Fall betrage der räumliche Anteil des Gebäudes, welcher betrieblich genutzt werde, 93,79%, also mehr als 80%. Aus diesem Grund gebühre der Vorsteuerabzug uneingeschränkt.

Das Finanzamt wies die Berufungen mit Berufungsvorentscheidung ab und führte zur Begründung die mit 1. Mai 2004 geänderte Rechtslage an. Das Hotelgebäude sei zwar zu 100% dem Unternehmensbereich zugeordnet. Im Hinblick auf die Regelung des § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 liege aber bezüglich der privat genutzten Gebäudeteile ein nicht steuerbarer Eigenverbrauch vor. Insoweit sei der Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 ausgeschlossen.

Die Mitbeteiligte stellte den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und anerkannte den begehrten Vorsteuerabzug. Nach dem Ergehen des Urteils des EuGH vom 8. Mai 2003, C-269/00 , Seeling, habe der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl. I Nr. 134/2003 ab 1. Jänner 2004 den Eigenverbrauch durch Einfügung des § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 neu geregelt. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 27/2004 sei § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 dahingehend ergänzt worden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für Zwecke außerhalb des Unternehmens vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausgenommen sei und insoweit der Vorsteuerabzug nicht bestehe. Damit stehe nach innerstaatlichem Recht der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke nur im Ausmaß der unternehmerischen Verwendung zu.

Es sei allerdings zu prüfen, ob dieses Ergebnis gemeinschaftsrechtskonform wäre.

Bereits bei der mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997 mit Wirkung ab 1. Jänner 1998 eingeführten Gesetzesänderung sei strittig gewesen, ob der durch § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 bewirkte Vorsteuerausschluss für den nichtunternehmerischen Gebäudeteil vom Beibehaltungsrecht des Art 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG umfasst und damit gemeinschaftsrechtskonform gewesen sei. Art 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie erlaube es den Mitgliedstaaten, alle Vorsteuerausschlüsse beizubehalten, die bis zum Inkrafttreten dieser Richtlinie in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestanden hätten (Stand-still-Klausel). Für Österreich sei der maßgebliche Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie der Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur EU, somit der 1. Jänner 1995.

Strittig sei gewesen, ob die jedenfalls beibehaltene Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2a UStG 1994 isoliert neben § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 Bestand gehabt habe.

Zur Klärung dieser Frage habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. September 2007 gemäß Art. 234 EG ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gestellt, das zum Urteil des EuGH vom 23. April 2009, C-460/07 , Puffer, geführt habe.

Auf der Grundlage dieses Urteils des EuGH habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, ausgesprochen, dass der Vorsteuerausschluss für ertragsteuerlich nichtabzugsfähige Aufwendungen gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 autonom anzuwenden sei. Der Verwaltungsgerichtshof sei damit zum Ergebnis gekommen, dass der Vorsteuerabzug für Gebäude nach den Regeln des UStG 1972 vorzunehmen sei. Dies bedeute, dass der Vorsteuerabzug für den privat genutzten Teil eines gemischt genutzten Gebäudes schon aufgrund des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ausgeschlossen sei und somit nur für den unternehmerisch genutzten Teil zustehe. Die Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes habe allerdings, wie sich dies aus dem Verweis des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auf § 20 EStG 1988 ergebe, nach den einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen. Gebäude würden im Einkommensteuerrecht grundsätzlich im Verhältnis der jeweiligen Nutzung in einen betrieblichen und einen privaten Teil aufgeteilt. Dieser Aufteilungsgrundsatz gelte auch im Anwendungsbereich des § 20 EStG 1988, trete doch das dort geltende Aufteilungsverbot bei der Beurteilung der Aufwendungen für ein Gebäude hinter den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes zurück. Die räumliche Aufteilung nach der betrieblichen und privaten Nutzung unterbleibe nach der ständigen Rechtsprechung dann, wenn der anders genutzte Teil nur von untergeordneter Bedeutung sei. Als Richtlinie für eine untergeordnete Bedeutung gelte ein Anteil bis 20% des gesamten Grundstücks. Erreiche der privat genutzte Teil nur untergeordnete Bedeutung, so sei das Gebäude insgesamt dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen und es stehe der Vorsteuerabzug zur Gänze zu. Die private Nutzung stelle nach der Gesetzessystematik einen Eigenverbrauch durch "Nutzungsentnahme" dar (Hinweis auf Kolacny/Mayer, UStG2, § 12 Anm. 11).

Der mit § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 bewirkte Vorsteuerausschluss für privat genutzte Gebäudeteile entspreche somit weitgehend der zum 1. Jänner 1995 geltenden und durch § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 beibehaltenen Rechtslage und sei daher gemeinschaftsrechtskonform. Insoweit der Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 auch im untergeordneten Ausmaß privat genutzte Gebäudeteile betreffe, werde damit gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Dieses Ergebnis würde nämlich eine Verschärfung des Vorsteuerausschlusses gegenüber dem zum 1. Jänner 1995 geltenden Rechtslage bedeuten und gegen die Standstill-Klausel des Art 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie verstoßen.

Die private Nutzung des Hotels sei mit einem räumlichen Anteil von 6,21 % zweifelsfrei von untergeordneter Bedeutung. In Anwendung des Gemeinschaftsrechts sei der Vorsteuerabzug auch für diesen (in untergeordnetem Ausmaß privat genutzten) Gebäudeteil zu gewähren.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde des Finanzamtes. Das Finanzamt stützt sich auf den Vorsteuerausschluss nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 und führt aus, dieser erfasse die für den Hauszahlt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge sowie generell die Aufwendungen für die Lebensführung. Aus dieser Norm ergebe sich der Vorsteuerausschluss für räumliche Teile des Gebäudes, die privat genutzt würden. Wäre der Vorsteuerausschluss nicht bereits durch § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 angeordnet, ergäbe er sich aus § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 27/2004).

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. § 20 Abs. 1 EStG 1988 erfasst in Z 1 "die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge" und in Z 2 lit. a die "Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung".

Mit Beschluss vom 24. September 2007, EU 2007/0008, hat der Verwaltungsgerichtshof dem EuGH gemäß Art 234 EG Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, über die der EuGH in der Folge mit Urteil vom 23. April 2009, C-460/07 , Sandra Puffer, abgesprochen hat. In diesem Beschluss vom 24. September 2007 führte der Verwaltungsgerichtshof zur Erläuterung der Rechtslage in Österreich u.a. aus:

"In Bezug auf privaten Wohnraum enthält das UStG 1994 zwei einander überlappende Bestimmungen, die einen Vorsteuerabzug entgegenstehen können:

§ 12 Abs. 2 Z. 2 Buchstabe a UStG 1994 schließt Aufwendungen für die private Lebensführung des Steuerpflichtigen vom Vorsteuerabzug aus. Unter den Begriff der Lebensführung fallen Aufwendungen für die Nahrung, bürgerliche Kleidung und die eigene Wohnung des Steuerpflichtigen. (…)

Für ein Gebäude, bei dem ein Teil der Räume für private Wohnzwecke und der andere Teil der Räume für das Unternehmen genutzt wird, bewirkt jede dieser Bestimmungen (§ 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 einerseits und § 12 Abs. 2 Z. 2 Buchstabe a UStG 1994 andererseits) für sich, dass der Vorsteuerabzug nur für jenen Teil des Gebäudes gewährt wird, der dem Unternehmen dient, nicht aber für jenen Teil, der privaten Wohnzwecken dient (siehe hiezu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 2007, 2005/14/0091).

Die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 hat seit dem EU-Beitritt Österreichs folgende Änderungen erfahren:

Bei Inkrafttreten des UStG 1994 (mit 1. Jänner 1995) bestimmte § 12 Abs. 2 Z. 1 (wie das Vorgängergesetz UStG 1972), dass Lieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden nur insoweit als für das Unternehmen ausgeführt gelten, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Das bedeutet, dass der Vorsteuerabzug hinsichtlich jenes Teiles des Gebäudes, der privaten Wohnzwecken des Steuerpflichtigen dient, nicht gewährt wird. (…)

(Anmerkung: Eine praktisch wenig bedeutsame Ausnahme ergab sich aus der Technik des Gesetzes, in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 an die Einkommensteuer anzuknüpfen, dadurch, dass nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur Einkommensteuer eine Aufteilung des Gebäudes dann nicht vorzunehmen ist, wenn die betriebliche Nutzung weitaus überwiegt, d.h. 80% der Fläche des Gebäudes erreicht. Ein solches zu 80% oder mehr betrieblich genutztes Gebäude wird nicht aufgeteilt, sondern gehört zur Gänze zum Betriebsvermögen. In einem solchen Fall erfolgt die erforderliche Korrektur bei der Gewinnermittlung des Betriebes dadurch, dass die private Nutzung als "Nutzungsentnahme" (insbesondere anteilige Absetzung für Abnutzung) angesetzt wird. Wenn auch jedes Jahr der Betriebsausgabenabzug durch den Ansatz einer "Nutzungsentnahme" sofort und unmittelbar wieder neutralisiert wird, letztlich also auch ein untergeordnet privat genutzter Teil eines Betriebsgebäudes nicht zu Betriebsausgaben, wie sie in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 und 1994 angesprochen sind, führt, haben Rechtsprechung und Verwaltungspraxis in einer großzügigen Auslegung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 und 1994 in solchen Fällen den Vorsteuerabzug doch für das gesamte Betriebsgebäude zuerkannt.)

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 9/1998, wurde einerseits in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 normiert, dass gemischt genutzte Gebäude auf Antrag des Steuerpflichtigen zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet werden können, und zugleich in § 6 Abs. 1 Z. 16 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 UStG 1994 bestimmt, dass die Verwendung der Gebäudeteile für private Wohnzwecke einen (den Vorsteuerabzug ausschließenden) steuerbefreiten Umsatz darstellt. (…)

(Anzumerken ist, dass die in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 vorgenommene Umstellung der Technik des Vorsteuerausschlusses auf jene der Bundesrepublik Deutschland dazu geführt hat, dass das Gesetz - seinem Wortlaut nach - auch jene Privaträume vom Vorsteuerabzug ausschließen würde, die in zu 80% und mehr betrieblich genutzten Gebäuden (Gewerbeimmobilien und Industrieimmobilien) gelegen sind. Der Verwaltungsgerichtshof hegt aber keine Zweifel, dass für solche (beinahe zur Gänze für das Unternehmen verwendete) Immobilien der zum 1. Jänner 1995 bestehenden Rechtsprechung entsprechend der Vorsteuerabzug zu gewähren ist.) (…)

Nach Ergehen des EuGH-Urteils vom 8. Mai 2003, C-269/00 , (im Folgenden Rs Seeling), (…) hat der österreichische Gesetzgeber - bei Beibehaltung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 - mit dem Bundesgesetz, BGBl I Nr. 27/2004, wiederum eine neue Gesetzestechnik zur Sicherstellung des Vorsteuerausschlusses versucht (siehe auch Bundesgesetz, BGBl I Nr. 134/2003)."

Das - Umsatzsteuer 2003 bis 2007 betreffende - hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2012, 2009/15/0217, lautet auszugsweise:

"Aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes erging das Urteil des EuGH vom 23. April 2009, C-460/07 , Puffer. Auf der Grundlage dieses Urteils des EuGH hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100 (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 29. März 2012, 2009/15/0210, und das Erkenntnis vom heutigen Tag, 2009/15/0222) ausgesprochen, dass sich der Vorsteuerausschluss bezüglich der ausschließlich oder überwiegend für private Wohnzwecke des Unternehmers genutzten räumlichen Bereiche eines gemischt genutzten Gebäudes aus § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ergibt, nicht hingegen aus der - nicht mit der Sechsten Richtlinie vereinbaren - Vorsteuerausschlussregelung, welche das Abgabenänderungsgesetz 1997 durch die Änderungen in § 12 Abs. 2 Z 1, § 6 Abs. 1 Z 16 und § 6 Abs. 2 UStG 1994 geschaffen hat.

Aus dem hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, ergibt sich, dass für ein Gebäude, bei welchem räumliche Bereiche überwiegend oder gänzlich für private Wohnzwecke des Unternehmers genutzt werden, der (anteilige) Vorsteuerausschluss - insbesondere vor dem Hintergrund der hier maßgeblichen Unionsrechtslage und somit jedenfalls für Zeiträume vor Inkrafttreten von Artikel 186a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - durch die (speziellere) Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 geregelt wird. Bei teilweise privaten Wohnzwecken des Unternehmers dienenden Gebäuden ist daher das Überwiegen der privaten Nutzung pro Raum zu prüfen und nicht das Erreichen der 10%-Grenze an unternehmerischer Nutzung des Gesamtgebäudes. Eine 10%-Grenze, wie sie mit dem AbgÄG 2004 in § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 eingeführt worden ist, findet sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht. Werden daher bei einem gemischt unternehmerisch und privat genutzten Gebäude Räume von insgesamt mehr als 90% der Nutzfläche des Gebäudes ausschließlich oder überwiegend privat genutzt, so schließt dies dennoch den Vorsteuerabzug nicht zur Gänze aus (vgl. Beiser, Steuern7, Stand 1. September 2009, 289 f)."

Den Erkenntnissen vom 28. Juni 2012, 2009/15/0217, und vom 28. Juni 2012, 2009/15/0222, ist zu entnehmen, dass auch nach der durch BGBl. I Nr. 134/2003, mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2004 vorgenommenen Einführung des Abs. 1a des § 3a UStG 1994 und auch nach der Ergänzung dieser Regelung durch BGBl. I. Nr. 27/2004, sohin auch für Zeiträume ab dem 1. Jänner 2004 (und zumindest für Zeiträume vor Inkrafttreten von Artikel 168a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie) für ein Gebäude, bei welchem räumliche Bereiche überwiegend oder gänzlich für private Wohnzwecke des Unternehmers genutzt werden, der (anteilige) Vorsteuerausschluss durch die spezielle Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 geregelt ist, die eine Anknüpfung an die einkommensteuerliche Behandlung des Gebäudes vorsieht.

Für die Zuordnung von gemischt genutzten Gebäuden zum Betriebsvermögen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1994, 91/14/0110): Grundsätzlich ist für jeden Raum, der zeitlich abwechselnd betrieblich und privat verwendet wird, das Überwiegen der einen oder der anderen Nutzung maßgeblich. Ergibt sich sodann, dass bei manchen Räumen die betriebliche Nutzung, bei anderen hingegen die außerbetriebliche Nutzung überwiegt, so gehört das Gebäude in jenem Ausmaß dem Betriebsvermögen an, in dem die Räume mit überwiegender betrieblicher Nutzung zu den Räumen mit überwiegend privater Nutzung stehen. Erreicht der privat genutzte räumliche Gebäudeanteil bloß ein untergeordnetes Ausmaß, was der Fall ist, wenn er weniger als ca. 20% des Gebäudes umfasst, gehört das Gebäude insgesamt zum Betriebsvermögen.

Werden für Zwecke der Einkommensteuer privat genutzte Räume eines Gebäudes dem Betriebsvermögen zugerechnet, weil sie in Verhältnis zum Gesamtgebäude nur ein untergeordnetes Ausmaß erreichen, hatte dies bereits im zeitlichen Geltungsbereich des UStG 1972 zur Folge, dass auch die mit diesem privat genutzten Gebäudeteil zusammenhängenden Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend gemacht werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1983, 82/14/0100, und hiezu Nolz, Auswirkungen der geringfügigen Privatnutzung, SWK 1983, 85 (87)). Wie der Verwaltungsgerichtshof schon im oben angeführten Beschluss vom 24. September 2007, EU 2007/0008, zum Ausdruck gebracht hat, besteht dieser nach der Rechtslage im Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur EU gegebene Vorsteuerabzug für bloß untergeordnete privat genutzte Gebäudeteile auch im Geltungsbereich des UStG 1994 weiter:

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes sind, nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Nach § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen bzw. für seine Lebensführung aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, sodass Kosten für den privaten Wohnraum bei der Einkünfteermittlung nicht berücksichtigt werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2012, 2009/15/0210). Ungeachtet der Regelung des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 zählen aber - wie oben ausgeführt - privat genutzte Gebäudeteile von untergeordneter Bedeutung einkommensteuerlich zum notwendigen Betriebsvermögen und führen damit zu (abzugsfähigen) Betriebsausgaben (AfA, etc.), welche erst in der Folge durch den korrespondierenden Ansatz einer so genannten "Nutzungsentnahme" im Ergebnis neutralisiert werden. Im Hinblick darauf ist die Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 - vor dem Hintergrund der Unionsrechtslage und somit jedenfalls für Zeiträume vor Inkrafttreten von Artikel 168a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie -

dahingehend auszulegen, dass sie für einen solchen Gebäudeteil, der erst nach einer Verrechnung mit der "Nutzungsentnahme" und sohin erst im saldierten Ergebnis zu nicht abzugsfähigen Aufwendungen führt, keinen Vorsteuerausschluss normiert.

Nach Artikel 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten bloß berechtigt, ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden Regelungen über den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts beizubehalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2012, 2009/15/0210, mwN). Entgegen der Ansicht des beschwerdführenden Finanzamtes bewirkt sohin auch nicht die Regelung des § 3a Abs. 1a UStG den Vorsteuerausschluss für den in Rede stehenden untergeordneten Gebäudeteil (vgl. hiezu auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3 Tz 300, unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 14. Juli 2005, C-434/03 , Charles).

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 19. März 2013

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