VwGH 2010/09/0160

VwGH2010/09/016014.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der SP in L, vertreten durch Mag. Klaus Zorn, Rechtsanwalt in 4053 Haid, Salzburger Straße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Mai 2010, Zl. VwSen-252315/31/Py/Sta/Hu, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §25 Abs2;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §25 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe es als Gewerbeinhaberin und Arbeitgeberin des Gastgewerbebetriebes "Cafe T." in T. verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass sie die slowakische Staatsangehörige Miroslava L. zumindest am 16. April 2008 gegen 10.20 Uhr im dortigen Lokal als Hilfskraft - diese sei von Beamten der Polizeiinspektion T. bei Kellnertätigkeiten (Ausschank von Getränken und Kassieren) betreten worden - jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt habe, obwohl für die genannte Ausländerin keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt, weshalb über sie eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe:

67 Stunden) verhängt wurde.

Die belangte Behörde legte ihrer rechtlichen Beurteilung

folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die Beschwerdeführerin sei Gewerbeinhaberin des

Gastgewerbebetriebes "Cafe T." in T. Das Lokal verfüge über Sitzplatzmöglichkeiten für rund 30 Personen und bestehe aus einem Gastraum mit einem Thekenbereich sowie weiteren Räumlichkeiten, in denen Spielapparate sowie TV-Geräte aufgestellt seien. Das Lokal sei täglich von 6:00 Uhr bis 2:00 Uhr geöffnet. Es würden sowohl Getränke als auch verschiedene kalte und warme Imbisse im Lokal verabreicht. Zum Kontrollzeitpunkt habe das Lokal zwei Kellnerinnen beschäftigt, fallweise hätten auch die Beschwerdeführerin sowie Ekrem C. im Lokal gearbeitet.

Am 16. April 2008 sei die slowakische Staatsangehörige Miroslava L. durch Organe der Polizeiinspektion T. hinter der Theke des Lokals im Kassenbereich angetroffen worden. Miroslava L. sei eine Freundin des Ekrem C., die für den Fall, dass kein Personal vorhanden gewesen sei, auf das Lokal hätte aufpassen sollen. Im Gastraum des Lokales hätten sich zum Kontrollzeitpunkt vier Gäste aufgehalten. Sonstiges Personal sei nicht anwesend gewesen. Während der Kontrolle, die rund 30 Minuten in Anspruch genommen habe, hätten die Polizeibeamten beobachten können, dass Miroslava L. die Gäste bedient, Getränke ausgeschenkt und kassiert habe. Zum Tatzeitpunkt habe Miroslava L. unentgeltlich in einer über dem Lokal befindlichen Wohnung gewohnt, die vom Unternehmen den Kellnerinnen des Lokals als Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt werde. Miroslava L. habe im Lokal kostenlos Getränke oder Speisen konsumieren können.

Für die Beschäftigung der ausländischen Staatsangehörigen Miroslava L. am 16. April 2008 im Cafe T. seien keine arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen vorgelegen.

Die belangte Behörde sah sowohl das Vorliegen der objektiven als auch der subjektiven Tatseite des der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Verwaltungsstraftatbestandes als erfüllt an und legte ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bemängelt - wie auch schon im Verwaltungsstrafverfahren - dass Miroslava L. nie beauftragt gewesen sei, irgendwelche Tätigkeiten im Lokal durchzuführen. Wenn von den einschreitenden Beamten ausgeführt worden sei, dass Miroslava L. Kellner- oder Kassiertätigkeiten ausgeführt habe, so sei dies ohne Auftrag der Beschwerdeführerin geschehen. Wie von der belangten Behörde richtig festgestellt worden sei, sei Miroslava L. die Freundin von Herrn Ekrem C., einem Angestellten der Beschwerdeführerin, gewesen. Miroslava L. sei es gestattet gewesen in der Wohnung über dem Lokal zu wohnen, sie habe auch kostenlos Speisen und Getränke im Lokal in Maßen konsumieren dürfen. Dies alles sei durch das Naheverhältnis von Ekrem C. und Miroslava L. einerseits und das Naheverhältnis der Beschwerdeführerin mit Ekrem C. andererseits begründet gewesen.

Von der Beschwerdeführerin blieb unbestritten, dass Miroslava L. Gäste bedient, Getränke ausgeschenkt und kassiert hat. Die Beschwerdeführerin wendet sich auch nicht gegen die Feststellungen der belangten Behörde, dass Miroslava L. unentgeltlich in einer über dem Lokal befindlichen Wohnung, die den Kellnerinnen des Lokales vom Unternehmen der Beschwerdeführerin als Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird, gewohnt hat und im Lokal kostenlos Getränke oder Speisen konsumieren durfte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2012, Zl. 2012/09/0010, mwN). Auch die kurzfristige Beschäftigung einer Aushilfskraft unterliegt der Bewilligungspflicht des § 3 AuslBG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2012, Zl. 98/09/0361).

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass es sich bei den von Miroslava L. im Lokal der Beschwerdeführerin erbrachten Kellnertätigkeiten um Arbeitsleistungen gehandelt hat, die typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bilden und ihr als Leistungsempfängerin der Nutzen aus diesen Arbeiten zugekommen ist.

Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass es sich dabei grundsätzlich um eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG gehandelt hat, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Bei Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein dem Reglement des AuslBG unterliegender Gefälligkeitsdienst des (der) Ausländer(s) anzunehmen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0153, uva). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auch auf Grund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammenhang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen. Bei der Beurteilung der Frage, ob im jeweils konkreten Fall ein derartiger Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, erforderlichen Umständen um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne Weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist daher in diesen Fällen hauptsächlich Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2011, Zl. 2011/09/0004).

Unentgeltlichkeit war gegenständlich aber nicht vereinbart, vielmehr kann die Leistung von Kost und Logis durchaus als Entgelt angesehen werden. Im Übrigen wurde von der Beschwerdeführerin eine spezifische Freundschaft zwischen der Ausländerin und ihr selbst, weder während des Verwaltungsstrafverfahrens noch in ihrer Beschwerde vorgebracht, weshalb gegenständlich eine bewilligungspflichtige Beschäftigung der Ausländerin im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG vorlag.

Insoweit die Beschwerdeführerin mangelndes Verschulden behauptet und vorbringt, dass sie unerwartet das Lokal verlassen habe müssen und deshalb Miroslava L. ersucht habe, "auf das Lokal während der kurzfristigen Abwesenheit aufzupassen", sie aber nicht beauftragt habe, irgendwelche Tätigkeiten im Lokal durchzuführen, ist sie auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG zu verweisen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den sogenannten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter zu beweisen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, Zl. 2009/09/0254, mwH).

Die Beschwerdeführerin zeigt aber keine Umstände auf, die die Annahme fahrlässigen Verhaltens durch die belangte Behörde als rechtswidrig erscheinen ließen, hat die Beschwerdeführerin doch - auch wenn sie die Ausländerin nicht zur Durchführung von Tätigkeiten aufgefordert hat - eine zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht zugelassene Ausländerin beauftragt, auf ihr Lokal, in dem sich auch Gäste aufhielten, während ihrer Abwesenheit (bzw. jener der Kellnerin S.) "aufzupassen" und schon damit die ihr als Lokalbetreiberin obliegende Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verletzt.

Auch in der Strafbemessung der belangten Behörde kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkannt werden.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 14. Dezember 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte