VwGH 2010/09/0037

VwGH2010/09/003729.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der A S in W, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG, in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. November 2009, 1. Zl. UVS-07/A/26/6693/2008-18 (zur hg. Zl. 2010/09/0037), und 2. Zl. UVS-07/A/26/6694/2008-12 (zur hg. Zl. 2010/09/0038), betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §20;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §51 Abs7;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §20;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §51 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde vom 6. November 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der M. GmbH (Anonymisierung durch den VwGH) mit Sitz in Wien, Komplementärin der M. KG, gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass diese Gesellschaft (zu 1.) einen näher bezeichneten pakistanischen Staatsangehörigen in der Zeit vom 1. März bis zum 10. Juni 2007 und (zu 2.) acht näher bezeichnete ausländische Staatsangehörige in näher bezeichneten Zeiträumen zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 30. September 2007 als Zeitungszusteller beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt worden sei.

Über die Beschwerdeführerin wurden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) mit dem erstangefochtenen Bescheid eine Geldstrafe von EUR 2.800,--

(Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen 16 Stunden) und mit dem zweitangefochtenen Bescheid vier Geldstrafen zu je EUR 2.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen 16 Stunden), drei Geldstrafen in Höhe von EUR 4.200,-- (drei Ersatzfreiheitsstrafen von je vier Tagen 4 Stunden) und eine Geldstrafe zu EUR 3.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und 12 Stunden) verhängt.

Die ausländischen Staatsangehörigen hätten mit der M. KG einen "GSVG-Werkvertrag-Abonnentenbetreuung" mit folgendem Inhalt abgeschlossen:

"I.

Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die Abonnentenbetreuung (insbesondere die Hauszustellung von Zeitungen und Zeitschriften, Abonnentenwerbung, Katalogen und sonstigen persönlich adressierten Druckwerken, in der Folge Produkte genannt, an Abonnenten, Kunden und sonstige Dritte) in den mit dem Auftraggeber vereinbarten Gebieten (Zustellbezirken) an den vereinbarten Zustelltagen.

Eine Änderung des vom Auftraggeber angebotenen und vom Auftragnehmer gewählten Gebietes ist nur mit beidseitiger Zustimmung möglich.

Der Auftragnehmer schuldet die erfolgreiche Zustellung der Produkte grundsätzlich am gleichen Tag (Nachtzustellung Mo - Sa bis 06:00 Uhr und Sonn- und Feiertag bis 07:00 Uhr; Tagzustellung bis 11:30 Uhr) an die von den Kunden bzw. vom Auftraggeber jeweils bekannt gegebenen Hinterlegungsplätzen (wie z. Bsp. Wohnungstür, Zeitungsrolle, Briefschlitze oder -kästen).

Der Auftragnehmer erbringt die mit ihm vereinbarten Tätigkeiten selbstständig und haftet dem Auftraggeber gegenüber für die erforderliche Sorgfalt und für sämtliche Mängel der von ihm erbrachten Tätigkeiten.

Schäden, welche durch mangelhafte Leistungserbringung bzw. Nichtleistung entstehen, werden dem Auftragnehmer angelastet bzw. gegen noch offene Ansprüche aufgerechnet.

II.

Der Auftraggeber übergibt dem Auftragnehmer ein Verzeichnis mit den Abonnenten seines Gebietes. Dieses Verzeichnis (Hauptliste) wird bei jeder Veränderung des Abonnentenstandes im übergebenen Gebiet durch eine Ergänzung (Nachtragsliste) aktualisiert.

Der Auftraggeber übergibt dem Auftragnehmer weiters die für die Erfüllung der Tätigkeit notwendigen Geräte und Schlüssel. Diese verbleiben, wie Haupt- und Nachtragslisten, im Eigentum des Auftraggebers und sind bei Beendigung des Vertragsverhältnisses prompt und ohne separate Aufforderung vom Auftragnehmer zurückzustellen.

Der Auftragnehmer trägt die Verantwortung für einen ausschließlich widmungsgerechten Einsatz der übernommenen Unterlagen, Geräte und Schlüssel. Der Werkvertragspartner ist - im Rahmen des Datenschutzgesetzes - verpflichtet, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die in Ausübung der Tätigkeit bekannt werden, strengste Verschwiegenheit zu bewahren.

Die für die erfolgreiche Leistungserbringung wesentlichen eigenen Betriebsmittel (zum Beispiel PKW, sonstige Fahrzeuge, Trägertaschen, Telefon, Büro, usw.) stellt der Auftragnehmer auf eigene Kosten und Gefahr bei.

Stand, Juni 2006

III.

Die Werkentgelte setzen die ordnungsgemäße Leistungserbringung voraus und bemessen sich nach dem gesondert vereinbarten Preis/Leistungsverzeichnis. Sie werden monatlich im Nachhinein (allenfalls zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer) in Rechnung gestellt und mittels Banküberweisung bezahlt. Darüber hinaus gebühren keine wie immer gearteten Honorar- oder Vergütungsansprüche.

Die Vertragspartner kommen überein, dass die monatliche Abrechnung durch Erstellung einer Gutschrift seitens des Auftraggebers erfolgt. Das Banküberweisungsformular wird so ausgefüllt, dass alle für die Buchhaltung des Vertragspartner notwendigen Daten aufscheinen und dadurch die separate Ausstellung eines Gutschriftsbeleges nicht notwendig ist. Das Banküberweisungsformular ist somit gleichzeitig der Gutschriftsbeleg.

Der Auftragnehmer meldet allfällige Änderungen des Namens, der Anschrift und der Bankverbindung unverzüglich, damit die Überweisungsbelege ordnungsgemäß erstellt werden können. Nachteile aus der Unterlassung der Meldung (z.B. verspätete Überweisungen) gehen zu Lasten des Auftragnehmers.

IV.

Der Auftragnehmer ist bei der Erfüllung des Auftrages als selbstständig Erwerbstätiger weitestgehend - das heißt mit Ausnahme der Pflicht zur rechtzeitigen vertragskonformen Erfüllung der jeweiligen Zielschuld - ungebunden und organisiert sich die Abonnentenbetreuung selbst. Es liegt insbesondere keine persönliche Arbeitsverpflichtung vor, daher kann sich der Auftragnehmer generell und jederzeit bei der Erbringung der vereinbarten Tätigkeiten durch geeignete Dritte vertreten lassen. Bei etwaigen Verhinderungen hat der Auftragnehmer entsprechend seiner Zielschuldverpflichtung für Ersatz (Vertretung) zu sorgen bzw. bei ausnahmsweiser Unmöglichkeit solchen Ersatzes zur Schadensvermeidung bzw. Schadensminderung rechtzeitig den zuständigen Gebietsbetreuer oder Nachtdienst des Auftraggebers zu verständigen.

Lässt sich der Auftragnehmer vertreten, erfolgt dies auf seine Kosten und Gefahr und er haftet dem Auftraggeber gegenüber für die ordnungsgemäße Leistungserbringung seiner Mitarbeiter und Subunternehmer. Dies gilt insbesondere für die Erhaltung aller maßgebenden gesetzlichen Vorschriften, wie auch das Einholen allenfalls notwendiger Bewilligungen und hält der Auftragnehmer den Auftraggeber in diesem Zusammenhang vollkommen schad- und klaglos. Der Auftragnehmer hält den Auftraggeber in jedem Fall auch dann schad- und klaglos, wenn der Auftraggeber aufgrund unsachgemäßer Auftragserfüllung von Dritten in Anspruch genommen wird.

Dem Auftragnehmer steht es frei neben diesem Werkvertrag auch anderweitig selbstständig oder unselbstständig tätig zu sein.

V.

Auftraggeber wie Auftragnehmer gehen in beidseitiger Übereinstimmung und beiderseitigen Willen davon aus, dass es sich beim gegenständlichen Vertragsverhältnis infolge dessen Erfolgs- und Zielverschuldverbindlichkeiten und der vollen eigenen Kosten- und Risikotragung sozialversicherungsrechtlich um eine 'neue Selbstständigkeit' im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG handelt.

Eine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse durch den Auftraggeber unterbleibt somit.

Sozialversicherungsbeiträge werden ausschließlich vom versicherten Auftragnehmer nach seinen Meldungen an die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft abgeführt. Die vereinbarten Honorare werden seitens des Auftraggebers daher brutto für netto auf das jeweils namhaft gemachte Konto überwiesen.

Für den Fall, dass entgegen dieser gemeinsam gewollten rechtlichen Beurteilung von einem der ASVG unterliegenden Vertragsverhältnis auszugehen sein sollte, gilt ausdrücklich vereinbart, dass das Entgelt (auch rückwirkend) auf jene Höhe angepasst wird, die sich nach Abzug der ASVG - Dienstnehmeranteile ergeben hätte bzw. ergibt. Für diesen Fall ist der Auftragnehmer mit dem Einbehalt der Überbezüge ausdrücklich einverstanden. Diese Vereinbarung beruht darauf, dass die Höhe der Honorarvereinbarung auf Basis der vollen GSVG - Beitragspflicht des Auftragnehmers getroffen wurde und dient dazu, eine ungerechtfertigte Bereicherung des Auftragnehmers zu verhindern, die sich aus einer anderen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ergeben würde, wenn er die auch für freie Dienstnehmer vorgesehene Eigenbeitragsleistung nicht erbringen müsste und sich allenfalls selbst die gesamten GSVG - Beiträge zurückholen könnte. Der diesfalls vom Auftraggeber zu tragende Dienstgeberbeitrag bleibt auch bei dieser Vereinbarung das Risiko des Auftraggebers, sodass diese Vereinbarung auch einen angemessenen Riskenausgleich bewirkt.

Der Auftragnehmer hat neben den GSVG - Versicherungsbeiträgen auch sämtliche Steuern selbst zu tragen und für die Einhaltung der entsprechenden Meldeverpflichtung zu sorgen.

In diesem Zusammenhang verpflichtet sich der Auftragnehmer den Auftraggeber schad- und klaglos zu halten, sofern Forderungen Dritter (z.B. Steuern, Versicherungsbeiträge, Abgaben) an ihn herangetragen werden.

Der Auftragnehmer bestätigt mit seiner Unterschrift auch den Erhalt eines Informationsblattes über die Belange eines Werktragsverhältnisses.

VI.

Mit diesem Rahmenvertrag, der am ... beginnt, hat sich der

Auftragnehmer grundsätzlich zur Durchführung der vertragsgegenständlichen selbständigen Tätigkeit für die Dauer von zumindest 6 Monaten mit Verlängerungsoption verpflichtet. Der Vertrag kann vom Auftraggeber jederzeit und vom Auftragnehmer nach Ablauf der verpflichtenden Vertragsdauer, binnen einer Frist von 7 Tagen beendet werden.

VII.

Änderungen des vorliegenden Vertrages bedürfen der Schriftform. In Streitfällen ist das für den Auftraggeber zuständige Gericht in Wien anzurufen."

Die belangte Behörde verwies auf das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/09/0105, dem die arbeitnehmerähnliche Beschäftigung von Werbemittelverteilern zu Grunde gelegen sei. Die Tätigkeit von Zeitungszustellern sei jenen von Werbemittelverteilern gleichzuhalten. Umstände, dass die Sachlage, wie sie dem zitierten Erkenntnis zu Grunde liege, in den gegenständlichen Fällen soweit abweichen sollte, dass entgegen dem Grundsatz der nicht werkvertragsfähigen Verteilungstätigkeit doch selbständige Tätigkeiten anzunehmen seien, seien nicht hervorgekommen. Die wirtschaftliche Unselbständigkeit der ausländischen Arbeitskräfte werde darin erblickt, dass sie unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer tätig gewesen seien. Deren Tätigkeit sei von der M. KG organisiert worden. Die ausländischen Beschäftigten seien im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben eingegliedert gewesen. Sie seien - wie normale Arbeitnehmer - unmittelbar vom wirtschaftlichen Erfolg ihrer Auftraggeberin (Auftragslage) abhängig gewesen. Sie hätten im Ergebnis auch bei Fehlen einer Weisungsbindung (persönliche Abhängigkeit) de facto dieselbe Stellung wie Arbeitnehmer. Die M. KG bediene sich der ausländischen Beschäftigten als "Erfüllungsgehilfen" bei der Durchführung der Zeitungszustellungen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach der Erfolg der Zustellung der Zeitungen an die Abonnenten geschuldet würde, die Zusteller das Risiko ihres Erfolges selbst tragen würden, es ihnen völlig freigestellt sei, wie sie den Vertrag erfüllten, diese selbst tätig werden könnten, sich von Freunden und Bekannten vertreten lassen könnten oder sich auch Subunternehmer - auf eigene Kosten - bedienen könnten, stünden der Qualifikation als arbeitnehmerähnlicher Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG nicht entgegen. Dies auch dann, wenn die ausländischen Beschäftigten die übernommenen Aufträge mit eigenen Betriebsmitteln erfüllten, diese bei Erfüllung der Tätigkeit weisungsfrei seien, Kontrollen nur stichprobenartig durchgeführt würden und kein Konkurrenzverbot bestehe. Die belangte Behörde habe im Ermittlungsverfahren nicht den Eindruck gewonnen, dass die M. KG selbst davon ausgehe, dass es sich bei den Zeitungszustellern um Selbständige handeln würde. Dies ergebe sich daraus, dass die Zeugin Mag. F. von einem "Stücklohn" gesprochen habe, von "Entlohnung" und "Urlaubsunterbrechungen", sie also Begriffe verwendet habe, die nach dem allgemeinen Verständnis im Zusammenhang mit Unselbständigkeit gebraucht würden. Auch der von dieser Zeugin dargestellte hierarchische Aufbau im Konzern, es gäbe unter ihr drei Bereichsleiter, darunter Organisationsleiter, unter diesen Gebietsbetreuer und unter diesen Zusteller, lasse auf Arbeitnehmerverhältnisse schließen. Im Fall von Werkverträgen wären die einzelnen Zusteller gleichwertige Vertragspartner des Konzerns.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, das Gebot des § 3 Abs. 1 AuslBG, einen ausländischen Arbeitnehmer ohne behördliche Bewilligung nicht zu beschäftigen, diene dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes und dem Schutz der inländischen Arbeitnehmer. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Taten könne nicht als gering bewertet werden. Die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften führe auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu einer Wettbewerbsverzerrung. Das Verschulden der Beschwerdeführerin könne nicht als geringfügig angesehen werden. Es habe zur Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit von (Werbemittel)Verteilern bereits seit mehreren Jahren vor dem Tatzeitraum Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gegeben, die der Beschwerdeführerin zumindest dem Grund nach habe bekannt sein müssen. Wenn sie sich dennoch darüber hinweggesetzt habe, rechtfertigte dies die Annahme eines hohen Bedarfs an Spezialprävention, der im Strafausmaß seinen Ausdruck finden müsse. Angesichts der Strafzumessungsgründe und der jeweiligen Strafrahmen würden die von der Behörde erster Instanz verhängten Strafen daher als niedrig, jedenfalls als nicht zu hoch angesetzt erscheinen.

Gegen diese Bescheide richten sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Verfahren ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges wegen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Die vorliegenden Beschwerden und die damit angefochtenen Bescheide gleichen in den entscheidungswesentlichen Einzelheiten jener Beschwerde und jenem angefochtenen Bescheid, der dem hg Erkenntnis vom 22. April 2010, Zl. 2008/09/0295, zu Grunde lag. Dieses Erkenntnis, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, betraf wie im Beschwerdefall die Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften als Zeitungszusteller durch die M. KG. Die in diesem Erkenntnis ausgeführten Gründe treffen auch für die vorliegenden Beschwerdefälle zu.

Zur Strafbemessung bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe sich bei ihrer Auffassung, dass bei den Zeitungszustellern keine Arbeitnehmerähnlichkeit (sondern eine selbständige Tätigkeit) vorliege, auf ein Gutachten des Univ. Prof. Dr. R S. aus dem Jahre 1998, an das Ergebnis einer im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit am 13. Juli 2005 durchgeführten Besprechung, deren Inhalt vom Organ des Verbands österreichischer Zeitungen ("VÖZ aktuell") am 1. Dezember 2005 veröffentlicht worden sei, sowie an ein Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 27. Jänner 2006 an den Verband österreichischer Zeitungen gehalten, wo ebenfalls diese Rechtsansicht vertreten worden sei. Es habe in der Folge auch eine interne Abklärung der Rechtslage zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und dem Bundesministerium für Finanzen gegeben, die sich insbesondere mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 2006, Zlen. 2002/09/0187 bis 0189, auseinandergesetzt habe. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit habe dabei im Ergebnis seine Auffassung unterstrichen, dass bei Anwendung der Musterverträge der M. KG kein dem AuslBG unterliegendes Vertragsverhältnis vorliegen würde. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit habe das Bundesministerium für Finanzen ausdrücklich aufgefordert, die KIAB darauf hinzuweisen, weitere Anzeigen zu unterlassen. Dieses Schreiben sei in Kopie an das Bundesministerium für Inneres übermittelt worden. Die Beschwerdeführerin habe keinen wie immer gearteten Grund gehabt, an der Richtigkeit der Information des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zu zweifeln. Es treffe sie kein Verschulden. Die belangte Behörde hätte von der Möglichkeit der außerordentlichen Milderung der Strafe nach § 20 VStG Gebrauch machen bzw. gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen müssen.

Dem ist zu erwidern, dass die Beschwerdeführerin, die sich nach eigenem Bekunden ständig mit der Rechtslage und der Rechtsprechung zum AuslBG beschäftigt habe, nicht nur auf Grund der gegen sie ebenfalls wegen der Beschäftigung von Zeitungszustellern ohne die erforderliche Genehmigung nach dem AuslBG eingeleiteten Strafverfahren (vgl. die sie betreffenden hg. Erkenntnisse vom 22. April 2010, Zl. 2009/09/0295, und vom heutigen Tag, Zl. 2009/09/0050), sondern auch auf Grund des hg. Erkenntnisses vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187, sohin bereits während der gegenständlichen Zeiträume, gewichtige Anhaltspunkte dafür besaß, dass die zuständige Arbeitsmarktbehörde betreffend die Beurteilung der gegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse eine von ihren Vorstellungen abweichende Rechtsauffassung vertreten hat. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat in seinem Schreiben vom 27. Jänner 2006 auch darauf hingewiesen, dass seine Ausführungen nur unter der Voraussetzung gelten, dass die reale Durchführung der Tätigkeit dem schriftlichen Vertrag entspreche und dass die zuständigen Gerichte, Verwaltungsbehörden oder Sozialversicherungsträger zu anders lautenden rechtlichen Beurteilungen kommen können. Beides ist hier der Fall. Es sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der von der M. KG verwendete "GSVG-Werksvertrag-Abonnentenbetreuung" in den für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechenden Umständen, weil insbesondere Haftung für die "erforderliche Sorgfalt", Ersatz entstandenen Schaden, Durchführung einer "Abonnentenbetreuung", generelle Vertretungsmöglichkeit etc., im Rahmen des gegenständlichen Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich gelebt worden wäre. Auf die genannte Auskunft - so sie überhaupt zuträfe -

kann sich die Beschwerdeführerin daher nicht berufen. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits vor den gegenständlichen Tatzeiträumen klar gestellt worden ist, dass Tätigkeiten wie die vorliegenden unter ähnlichen Bedingungen ausgeübt wird wie von Arbeitnehmern (vgl. die im hg. Erkenntnis Zl. 2008/09/0295 zitierte Judikatur).

Bei dieser Sachlage hätte sich die Beschwerdeführerin nicht ohne weiteres an den für sie als günstig interpretierten Rechtsauffassungen orientieren dürfen, sondern sie wäre verpflichtet gewesen, sich einschlägig, das heißt bei der zuständigen Arbeitsmarktbehörde (vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/09/0105) unter Darlegung der konkreten Vertragsausgestaltung und dem konkret gelebten Beschäftigungsverhältnis zu informieren. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei der Strafbemessung davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführerin die einschlägige Judikatur zumindest dem Grund nach bekannt gewesen sein muss und der Umstand, dass sie sich dennoch darüber hinweggesetzt habe, die Annahme eines hohen Bedarfs an Spezialprävention rechtfertige.

Schließlich ist dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass seit dem Einlangen der Berufungen gegen die erstinstanzlichen Straferkenntnisse mehr als 15 Monate vergangen seien und die erstinstanzlichen Straferkenntnisse gemäß § 51 Abs. 7 VStG von Gesetzes wegen außer Kraft getreten wären, zu entgegen, dass die Berufungen der Beschwerdeführerin bei der erstinstanzlichen Behörde am 13. August 2008 eingelangt und die in Beschwerde gezogenen Bescheide am 11. November 2009, sohin vor Ablauf der genannten Frist, durch deren Zustellung an die Behörde erster Instanz erlassen worden sind.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. April 2011

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