Normen
ABGB §1313a;
ASVG §111;
ASVG §114 Abs2;
ASVG §35 Abs3;
ASVG §67 Abs10;
StGB §153c Abs2;
VStG §9;
ABGB §1313a;
ASVG §111;
ASVG §114 Abs2;
ASVG §35 Abs3;
ASVG §67 Abs10;
StGB §153c Abs2;
VStG §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. September 2009 hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtet, rückständige Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 18. September 2009) in Höhe von EUR 3.495,59 zuzüglich Verzugszinsen seit dem 19. September 2009 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die im Rückstandsausweis vom 18. September 2009 ausgewiesenen Beiträge samt Nebengebühren von der Beitragsschuldnerin, der W. Gastronomie GmbH, nicht hätten eingebracht werden können. Der Beschwerdeführer sei als Geschäftsführer zur Vertretung der W. Gastronomie GmbH berufen. Er hätte dafür zu sorgen gehabt, dass insbesondere die Dienstnehmerbeitragsanteile ordnungsgemäß entrichtet und die Melde-, Anzeige- und Auskunftspflichten nach § 111 ASVG erfüllt worden wären.
In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, er habe im besagten Zeitraum die Lohnverrechnung einer Steuerberatungskanzlei R. anvertraut und als ordentlicher Kaufmann darauf vertrauen dürfen, dass die Abrechnungen ordnungsgemäß erstellt würden. Sollte es im Zeitraum 2004 bis 2007 zu Abrechnungsdifferenzen gekommen sein, so betreffe dies ca. 1.440 Abrechnungen pro Jahr oder
5.760 Abrechnungen im besagten Zeitraum. Der Personalaufwand habe zwischen EUR 1,400.000,-- und EUR 1,800.000,-- pro Jahr betragen. Die Beitragsprüfung sei im Zuge der Insolvenz durchgeführt worden und habe zu einer Nachzahlung von EUR 3.412,71 geführt. Diese hätte der Beschwerdeführer auch entrichtet, wenn die Gesellschaft dazu in der Lage gewesen wäre. Die Beiträge hätten durch Unwissenheit nicht entrichtet werden können.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde diesem Einspruch teilweise stattgegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtet sei, rückständige Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 3.412,71 zu bezahlen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dem Einspruch sei teilweise stattzugeben gewesen, weil eine Haftung für Verzugszinsen nicht gegeben sei. Die Uneinbringlichkeit der dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge stehe angesichts des über das Vermögen der Beitragsschuldnerin am 17. Juli 2008 eröffneten Konkursverfahrens fest. Der Konkurs sei nach Verteilung einer Quote von 0,097 % am 9. Oktober 2009 aufgehoben worden. Der Haftungsbetrag setze sich aus dem
"3. Nachtrag 3/09" in Höhe von EUR 3.412,71 zusammen. Der mit der Beitragsprüfung befasste Prüfer der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse habe über den Grund dieser Nachverrechnung mitgeteilt, dass zwar sämtliche ausbezahlten Lohnbestandteile ordnungsgemäß gemeldet worden seien, "jedoch Sonderzahlungen, Mehrarbeitszuschläge und Nachtzuschläge während der Feiertage, Urlaube etc. entweder nicht oder in zu geringer Höhe ausbezahlt worden seien und damit nachverrechnet werden mussten". Damit sei klar - so die belangte Behörde weiter -, dass der
"3. Nachtrag 3/09" auf Meldeverstöße zurückzuführen sei. Zwar sei richtig, dass der Beitragsprüfer die Ansicht vertreten habe, dass keine Meldeverstöße begangen worden seien und daher auch keine Geschäftsführerhaftung vorliege. Diese Rechtsansicht sei jedoch unrichtig, weil dem Sozialversicherungsträger nicht die tatsächlich zur Auszahlung gebrachten Entgelte zu melden sind, sondern jenes Entgelt, auf das der jeweilige Dienstnehmer Anspruch gehabt habe. Ein Geschäftsführer müsse sich bei Erfüllung der gegenüber der Gebietskrankenkasse bestehenden Verpflichtungen ein allfälliges Verschulden der Kanzlei, bei welcher die Buchführung erfolgt, nach den Grundsätzen über die Haftung für Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen. Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 eine detaillierte Aufschlüsselung des Haftungsbetrages zur Kenntnis gebracht worden. Ihm sei Gelegenheit geboten worden, hiezu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen bzw. einen Nachweis vorzulegen, ab welchem Zeitpunkt die Beitragsschuldnerin keine Mittel mehr zur Verfügung gehabt habe, um ihre Verbindlichkeiten zu begleichen. Der Beschwerdeführer habe keine weitere Stellungnahme abgegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe die ihm übertragenen Aufgaben zur Erfüllung von Meldeverpflichtungen im Rahmen der Lohnverrechnung (im Sinn des § 35 ASVG) an die Steuerberatungskanzlei R. bzw. die Kanzlei T. übertragen. Ihn treffe kein Verschulden an den äußerst geringfügigen Abrechnungsdifferenzen. Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG sei wie jene nach § 9 VStG und § 9 BAO keine Erfüllungsgehilfenhaftung, sondern nur eine solche für ein Auswahlverschulden. Ein Meldeverstoß liege aber auch deshalb nicht vor, weil der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ohnehin die aus dem anzunehmenden Kollektivvertrag zustehenden Entgelte bekannt gewesen seien.
Mit dieser Auffassung ist der Beschwerdeführer nicht im Recht.
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften (u.a.) die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 2000, Zl. 98/08/0191, 0192, VwSlg. 15.528 A/2000) gehört - nach der hier noch maßgeblichen Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 62/2010 (SRÄG 2010) - zu den den Vertretern auferlegten Pflichten im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG nicht auch die allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen. Vielmehr sind unter den "den Vertretern auferlegten Pflichten" im Sinne dieser Gesetzesstelle im Wesentlichen die Melde- und Auskunftspflichten, soweit diese im § 111 ASVG iVm § 9 VStG auch gesetzlichen Vertretern gegenüber sanktioniert sind, sowie die in § 114 Abs. 2 ASVG (vgl. nunmehr § 153c Abs. 2 StGB) umschriebene Verpflichtung zur Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeiträge zu verstehen. Ein Verstoß gegen diese Pflichten durch einen gesetzlichen Vertreter kann daher, sofern dieser Verstoß verschuldet und für die gänzliche oder teilweise Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung kausal ist, zu einer Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG führen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2002/08/0212). Für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen sind, haben die Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ohne Bedachtnahme auf die Frage der Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern und ohne Bedachtnahme auf die bei Fälligkeit oder bei tatsächlich erfolgter Lohnzahlung noch vorhandenen Mittel im Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Beiträge grundsätzlich zur Gänze zu haften (vgl. nochmals das Erkenntnis VwSlg. 15.528 A/2000).
Der Beschwerdeführer wäre gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 iVm § 34 Abs. 1 ASVG verpflichtet gewesen, während des Bestands der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden. Erfolgt die Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren iSd § 58 Abs. 4 ASVG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0535), so hat der Dienstgeber gemäß § 34 Abs. 2 ASVG nach Ablauf eines jeden Beitragszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte zu melden (Beitragsnachweisung).
Die belangte Behörde hat ausgeführt, die Nachverrechnung des
"3. Nachtrages 3/09" sei darauf zurückzuführen, dass "Sonderzahlungen, Mehrarbeitszuschläge und Nachtzuschläge während der Feiertage, Urlaube etc. entweder nicht oder in zu geringer Höhe ausbezahlt worden seien". Die nachzuzahlenden Beträge sind in den im Verwaltungsakt erliegenden Aufzeichnungen der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse unterteilt nach "Sonderzahlung/sonstiger Bezug", "Zulagen und Zuschläge", "Ausfallsentgelt" detailliert aufgeschlüsselt. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 wurde dem Beschwerdeführer - was er in der Beschwerde nicht bestritt - die detaillierte Aufschlüsselung des Haftungsbetrages zur Stellungnahme übermittelt. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen darzulegen, dass ihn aus bestimmten Gründen kein Verschulden daran getroffen hat, die den Dienstnehmern der Beitragsschuldnerin gebührenden Entgelte gemäß § 34 Abs. 2 ASVG zu melden.
Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang lediglich geltend gemacht, ihn treffe kein Verschulden daran, dass die von ihm beauftragte Steuerberatungskanzlei die entsprechenden korrekten Abrechnungen bzw. Meldungen unterlassen habe.
Dem ist zu entgegnen, dass sich ein Meldepflichtiger bei Erfüllung der gegenüber der Gebietskrankenkasse konkret bestehenden Verpflichtung ein allfälliges Verschulden der Kanzlei, bei welcher die Buchführung erfolgte und der offenbar auch der Verkehr mit der Gebietskrankenkasse oblag, zurechnen lassen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 2001/08/0069). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, einen Vertreter iSd § 35 Abs. 3 ASVG bestellt zu haben. Abgesehen davon, dass mit der Beauftragung eines Bevollmächtigten allein den Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 ASVG nicht Genüge getan wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1992, Zl. 88/08/0145), verstößt das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot. Von der ihm von der belangten Behörde eingeräumten Möglichkeit zur Aufschlüsselung des Haftungsbetrages und damit zu den konkret zur Rede stehenden Meldeverstößen Stellung zu nehmen, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keinen Gebrauch gemacht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 25. Mai 2011
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