VwGH 2010/07/0232

VwGH2010/07/023224.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Dipl.Ing. HA in W, vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mölker Bastei 10/5, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 28. September 2010, Zl. MA 64 - 2690/2010, betreffend Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr, zu Recht erkannt:

Normen

AWG Wr 1994 §18 Abs1 Z2;
AWG Wr 1994 §18 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 20. Jänner 2010 beantragte der Beschwerdeführer beim Magistrat der Stadt Wien die Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 Wiener Abfallwirtschaftsgesetz (Wr. AWG) für eine näher bezeichnete, in seinem Eigentum stehende Liegenschaft. An dieser Liegenschaft fielen keine Abfälle an, da das Haus unbewohnt und durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot unverwertbar sei. Der Beschwerdeführer selbst habe als Mittelpunkt seines Lebensinteresses eine Wohnung an einer anderen Anschrift.

Mit Schreiben vom 4. März 2010 teilte der Magistrat der Stadt Wien dem Beschwerdeführer mit, dass "einem ersten Ortsaugenschein zu Folge" das Gebäude auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bewohnbar sei bzw. "nach allgemeiner Verkehrsauffassung wieder bewohnt" werden könne. Damit könnten grundsätzlich auch Abfälle anfallen.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2010 brachte der Magistrat der Stadt Wien dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, ein Amtssachverständiger habe anlässlich einer Überprüfung am 27. Jänner 2010 festgestellt, dass sich das auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft befindliche Gebäude in einem guten Zustand befinde und ganzjährig bewohnbar sei.

Die Möglichkeit "zu dieser Verständigung" Stellung zu nehmen, ließ der Beschwerdeführer ungenützt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 7. Juni 2010 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 Wr. AWG als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Im Berufungsverfahren wurde der Magistrat der Stadt Wien mit der Durchführung eines weiteren Ortsaugenscheines beauftragt.

Mit Schreiben vom 9. August 2010 ersuchte der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführer um Kontaktaufnahme, um zu klären, wann die verfahrensgegenständliche Baulichkeit "außen und innen" besichtigt werden könne.

Mit Schreiben vom 20. August 2010 teilte der Beschwerdeführer mit, dass eine Besichtigung des verfahrensgegenständlichen Objektes nur durch einen in seiner "Berufung genannten Sachverständigen" und nur "nach gesetzeskonform erfolgter Berufungsentscheidung" vorgenommen werden könne.

Mit Schreiben vom 30. August 2010 erging durch die belangte Behörde eine Aufforderung an den Beschwerdeführer, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht im Berufungsverfahren den Zutritt zur Liegenschaft zu ermöglichen. Sollte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers "im Sinne einer Mitwirkungspflicht" im Berufungsverfahren einlangen, werde das Verfahren auf Grund des bisherigen Ermittlungsverfahrens fortgeführt.

In seiner Stellungnahme vom 10. September 2010 kam der Beschwerdeführer dieser Aufforderung der belangten Behörde, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht im Berufungsverfahren den Zutritt zur verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zu ermöglichen, nicht nach. Vielmehr übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde in diesem Schreiben eine "Berufungserweiterung und Berufungsanträge".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid des Magistrates der Stadt Wien bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sie verpflichtet sei, alle sachdienlichen Beweise zu erheben. Damit korrespondiere aber auch die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes. Die belangte Behörde habe ihre Möglichkeiten, die Liegenschaft betreten zu können, ausgeschöpft und habe daher davon ausgehen müssen, dass das nach äußerem Anschein in bewohnbarem Zustand befindliche Gebäude auch benützt werden könne.

Dies stelle der Beschwerdeführer auch gar nicht in Abrede, er bestreite indessen, dass Müll anfalle. In diesem Zusammenhang gestehe der Beschwerdeführer selbst zu, dass im Haus auch Wasserentnahmen erfolgten.

Bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft handle es sich um eine solche, die schon wegen der Art der Bebauung eine Benützung ermögliche, die nach der allgemeinen Verkehrsanschauung üblicherweise den Anfall von Müll erwarten lasse und damit typischerweise geeignet sei, Müll "zu produzieren". Ob und wie eine bebaute Liegenschaft tatsächlich benutzt werde, sei bei der Beurteilung, ob die Benützung einer Liegenschaft ihrer Art nach üblicherweise mit dem Anfall von Müll in Verbindung zu bringen sei, rechtlich nicht von Belang.

Ob auch die zweite in § 18 Abs. 1 Z 2 Wr. AWG genannte Voraussetzung, dass "auch durch die tatsächliche Benützung durch den hiezu Berechtigten keine Abfälle anfallen", vorliege, sei nicht weiter zu prüfen gewesen, da beide Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssten. Dies sei aber nicht der Fall.

Die beantragten Erhebungen über die seit 2002 anfallenden Müllentleerungen auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft sowie über den getätigten Wasserverbrauch seit 2000 seien für die vorliegende Entscheidung nicht von Relevanz.

Soweit der Beschwerdeführer sich in Bezug auf die Vorgehensweise bei anderen Liegenschaften ungerecht behandelt fühle, sei zu entgegnen, dass es wohl keiner näheren Begründung bedürfe, dass ein allfälliges rechtswidriges Verhalten von Bewohnern und Gewerbetreibenden umliegender Liegenschaften keinesfalls geeignet sein könne, daraus einen Anspruch auf Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr abzuleiten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 Z 2 Wr. AWG samt Überschriften

lauten:

"Entsorgungspflicht

§ 17. (1) In die öffentliche Müllabfuhr sind alle im Gebiet des Landes Wien gelegenen Liegenschaften einbezogen, sofern sie nicht gemäß § 18 ausgenommen sind.

Ausnahmen

§ 18. (1) Der Magistrat hat auf schriftlichen Antrag von der öffentlichen Müllabfuhr mit Bescheid auszunehmen:

2. Liegenschaften, auf denen durch eine Benützung, die für solche Liegenschaftsarten nach der allgemeinen Verkehrsanschauung üblich ist, keine Abfälle anfallen und auch durch die tatsächliche Benützung durch den hiezu Berechtigten keine Abfälle anfallen."

§ 18 Abs. 1 Z 2 Wr. AWG enthält zwei Voraussetzungen, die beide vorliegen müssen, damit eine Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr in Betracht kommt.

Die erste der beiden Voraussetzungen stellt nicht auf den konkreten Müllanfall auf einer Liegenschaft ab, sondern auf die für eine Liegenschaftsart nach der allgemeinen Verkehrsanschauung übliche Benützung. Fallen bei einer solchen Benützung typischerweise Abfälle an, kommt eine Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr nicht in Betracht, ohne dass es noch einer Prüfung bedürfte, ob auf der Liegenschaft, für die eine Ausnahme beantragt wird, Müll anfällt oder nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. Juni 2006, Zl. 2005/07/0174, und vom 17. September 2009, Zl. 2008/07/0015).

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall davon aus, dass der Anfall von Müll auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bereits wegen des Bestandes eines bewohnbaren Einfamilienhauses grundsätzlich nicht auszuschließen sei. Ob auf der Liegenschaft nicht nur üblicherweise, sondern auch tatsächlich Müll anfalle, sei nicht weiter zu prüfen gewesen.

Mit dieser Rechtsansicht findet sich die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der zitierten hg. Rechtsprechung. Das Anknüpfen an einen bewohnbaren Zustand ist insofern rechtmäßig, weil sich daraus die übliche Benutzung ergibt. Der tatsächliche Anfall von Abfall ist nicht ausschlaggebend.

Die gerügten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor:

Die für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Feststellung, wonach sich das auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft situierte Einfamilienhaus in einen bewohnbaren Zustand befindet, ist nicht zu beanstanden. Vielmehr ist dem Beschwerdeführer vorzuhalten, dass er der ihn treffenden Mitwirkungspflicht im Zusammenhang mit der Ermöglichung des Betretens der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Teilband, 2005, zu § 39 Rdn 10 zitierte hg. Judikatur).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Jänner 2013

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