VwGH 2010/05/0224

VwGH2010/05/022428.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des KN in W, vertreten durch Mag. Georg Morent, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. September 2010, Zl. BOB - 221/10, betreffend Versagung einer Baubewilligung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §6 Abs3;
BauRallg;
BauO Wr §6 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. März 2010 versagte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, gemäß §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien (BO) die vom Beschwerdeführer beantragte Baubewilligung zur Errichtung eines unterirdischen Zubaus zum bestehenden Wohngebäude auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien.

Begründend legte die Behörde zunächst dar, dass der Zubau mit der Widmung "Keller als Knautschzone gegen Hangkriechen" eingereicht und dem Ansuchen ein Gutachten eines Sachverständigen angeschlossen worden sei, welches belegen sollte, dass das bestehende Gebäude durch Hangbewegungen massiv gefährdet sei. Gestützt auf die von ihr eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 29 führte die Behörde aus, dass der beantragte unterirdische Zubau nicht geeignet oder unbedingt notwendig sei, das bestehende Wohngebäude vor eventuell auftretenden Hangrutschungen zu sichern, sondern lediglich einer Nutzflächenvermehrung diene. Der beantragte Zubau diene einem Wohngebäude, welches gemäß § 71a BO als auf jederzeitigen Widerruf iSd § 71 BO als bewilligt gelte, sodass Zubauten zu diesem Gebäude nur gemäß § 71 BO bewilligt werden könnten. Anzumerken sei, dass es sich allein auf Grund der Widmung und der zulässigen Nutzungen "in SWW" gemäß § 6 Abs. 3 BO um eine unzulässige Bauführung handle, die auch einer Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO unzugänglich wäre. Die Bewilligung für den Zubau sei daher gemäß § 70 BO zu versagen. Auch eine Bewilligung gemäß § 71 BO käme nicht in Betracht, zumal der Zubau nicht vorübergehenden Zwecken diene und er auf Grund seiner Größe nicht mit den Bestimmungen des § 6 Abs. 3 BO in Einklang zu bringen sei sowie den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes widerspreche; weiters habe auch kein Widerrufsgrund ermittelt werden können.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer - soweit dies für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist - geltend, dass bei der Definition "des SWW" nicht vom Verbot unterirdischer Bauten, wie etwa bei der Widmung "G", gesprochen werde und zB bei Weinrieden Weinkeller erlaubt seien. Da Schadholz ordnungsgemäß entsorgt werden müsse und für derartige Lagerungen der als "Knautschzone" gewidmete Keller verwendet werden könne, sei der für die Hangstabilisierung entwickelte Keller auch ein nach § 6 Abs. 3 BO bewilligungsfähiger, weil notwendiger Zubau außerhalb der Grundfläche des Genehmigungsbestandes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In ihrer Begründung legte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der gesetzlichen Bestimmungen zunächst dar, dass für die gegenständliche Liegenschaft nach dem gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 7771, die Widmung "Grünland - Schutzgebiet - Wald- und Wiesengürtel" (SWW) ausgewiesen sei. Eine besondere Bestimmung für eine etwaige Bebaubarkeit von Flächen auf der Liegenschaft sei nicht ausgewiesen, ebenso wenig seien Teilflächen der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten. Demgemäß dürften auf der gegenständlichen Liegenschaft nur Bauten kleineren Umfangs errichtet werden, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienten. Die Regelung des § 6 Abs. 15 BO komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen.

Der Begriff des "kleineren Umfanges" sei unter Berücksichtigung einer historischen Betrachtungsweise sowie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dahin zu verstehen, dass die baulichen Anlagen im Verhältnis zu der im Eigentum des Bauwerbers stehenden Fläche gering sein müssten, sondern dass es sich an und für sich um ein Bauwerk kleineren Ausmaßes handeln müsse. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 3 BO demonstrativ solche Bauwerke, wie zB Bienenhütten und Werkzeughütten, aufgezählt und habe damit seine Vorstellungen über das Ausmaß eines kleineren Umfanges zum Ausdruck gebracht.

Das gegenständliche Bauwerk solle in Massivbauweise errichtet werden und eine Gesamtnutzfläche von 83,65 m2 aufweisen. Ein Bauwerk mit einer derartigen Gesamtnutzfläche könne jedoch nicht mit jenen Vorstellungen in Einklang gebracht werden, "welche dem Wiener Landesgesetzgeber unter einem Bauwerk kleineren Umfanges (Bienenhütten und Werkzeughütten) vorgeschwebt sind".

Ob das gegenständliche Bauvorhaben, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht, tatsächlich auch land- und forstwirtschaftlichen Zwecken diene, könne im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil es bereits auf Grund seiner Größe nicht als Bauwerk kleineren Umfanges angesehen werden könne. Weiters sei es auch unerheblich, ob das Bauwerk oberirdisch in Erscheinung trete, weil es auf den Umfang des gesamten Bauwerks ankomme. Auch ein eventuell statisches Erfordernis des gegenständlichen Kellerzubaus zur Sicherung des bestehenden Wohngebäudes vor Hangrutschungen, welches - mit näherer Begründung der belangten Behörde - im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, könne kein Kriterium bei der Beurteilung des Bauwerkes als solches kleineren Umfanges darstellen. Da das eingereichte Projekt nicht unter die Bestimmung des § 6 Abs. 3 BO subsumiert werden könne, sei die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 BO nicht möglich.

Weiters legte die belangte Behörde mit näherer Begründung dar, dass auch die Möglichkeit der Erteilung einer Bewilligung nach § 71 BO für das gegenständliche Bauwerk nicht bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts "sowie Verfahrensmängel" aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstatte eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, übersehen zu haben, dass das gegenständliche Bauvorhaben oberirdisch überhaupt nicht in Erscheinung trete. Der Verwaltungsgerichtshof habe in einer vergleichbaren Entscheidung zur § 6 Abs. 4 BO eindeutig auf den Schutzzweck der Norm abgestellt und geprüft, ob das eingereichte Bauvorhaben der widmungsgemäßen Nutzung der Parzelle entgegenstehe. Dies habe die belangte Behörde verkannt und lediglich die Größe des Bauprojektes mit jener von Bienenhütten und Werkzeughütten verglichen. Sie habe dem Bauprojekt bereits auf Grund seiner Größe die Genehmigungsfähigkeit abgesprochen, ohne auf den Schutzzweck des § 6 Abs. 3 BO einzugehen. Dabei habe sie übersehen, dass das gegenständliche Bauvorhaben ausschließlich unterirdisch in Erscheinung trete und sohin keine störende Wirkung auf die widmungsgemäße Nutzung der Grundstücke entfalten könne. Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde sei insofern mangelhaft geblieben, als keinerlei Erhebungen dahingehend gepflogen worden seien, ob das Bauvorhaben den Wald- und Wiesengürtel überhaupt zu beeinträchtigen vermöge. Die tief in der Erde befindliche, teilweise Altbestand bildende Baulichkeit habe auch keine "Relevanz auf den Pflanzen- und Baumbewuchs" auf der Erdoberfläche, weshalb der Wald- und Wiesengürtel in keiner Weise beeinträchtigt sei.

Gemäß § 6 Abs. 3 BO ist der Wald- und Wiesengürtel bestimmt für die Erhaltung und Schaffung von Grünflächen zur Wahrung der gesundheitlichen Interessen der Bewohner der Stadt und zu deren Erholung in freier Natur; die land- und forstwirtschaftliche Nutzung solcher Grünflächen ist zulässig. Es dürfen nur Bauwerke kleineren Umfanges errichtet werden, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen (Bienenhütten, Werkzeughütten u. ä.), ferner die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendigen Bauwerke auf jenen Grundflächen, die für solche Zwecke im Bebauungsplan (§ 5 Abs. 4 lit. n) vorgesehen sind; alle diese Bauwerke dürfen keine Wohnräume enthalten, mit Ausnahme von Wohnräumen in Bauwerken für die forstwirtschaftliche Nutzung und Pflege, die nach dem Bebauungsplan zulässig sind.

Der maßgebliche Flächenwidmungs- und Bebauungsplan weist für die Liegenschaft des Beschwerdeführers die Widmung "Grünland - Schutzgebiet - Wald- und Wiesengürtel" (SWW) auf; eine besondere Bestimmung für eine etwaige Bebaubarkeit von Flächen auf dieser Liegenschaft ist nicht ausgewiesen, ebenso wenig sind Teilflächen der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten. Ausgehend davon hat die belangte Behörde zur Recht ausgeführt, dass auf der gegenständlichen Liegenschaft gemäß § 6 Abs. 3 BO nur Bauten kleineren Umfanges errichtet werden dürfen, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, wie zB Bienenhütten oder Werkzeughütten. Der belangten Behörde kann auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass ein Bau mit einer Gesamtnutzfläche von 83,65 m2 kein Bau kleineren Umfanges iSd § 6 Abs. 3 BO ist. Dies ergibt sich, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, eindeutig auch daraus, dass der Gesetzgeber Beispiele wie Bienenhütten und Werkzeughütten ausdrücklich nennt, die typischerweise derartige Ausmaße und Gestaltungsformen nicht erreichen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2010, Zl. 2008/05/0176).

Bei Beurteilung der Frage, ob ein Bau kleineren Umfanges iSd § 6 Abs. 3 BO vorliegt, kommt es hingegen nicht darauf an, ob dieser (auch) oberirdisch oder (nur) unterirdisch in Erscheinung tritt, zumal der Wortlaut des § 6 Abs. 3 BO insofern keine Differenzierung vornimmt. Zudem wäre es sachlich nicht gerechtfertigt, es mit einer derartigen Argumentation zu ermöglichen, im Wald- und Wiesengürtel unterirdisch bauliche Anlagen zu errichten, die - zB durch Emissionen, zahlreiche Besucher etc. - den Sinn und Zweck der Widmung unterliefen (vgl. dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2010).

Mit seinem Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Dezember 1980, Zl. 2790/79, verkennt der Beschwerdeführer, dass dieses Erkenntnis zu § 6 Abs. 4 BO ergangen ist, welcher die Errichtung von Bauwerken in Parkschutzgebieten regelt und in Bezug auf die Zulässigkeit solcher Bauwerke nicht auf deren Umfang abstellt, weshalb diese Bestimmung mit jener des § 6 Abs. 3 BO nicht vergleichbar ist. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, das gegenständliche Bauvorhaben umfasse zum Teil den Altbestand, unterliegt zudem dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Insgesamt zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Februar 2012

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