VwGH 2010/05/0070

VwGH2010/05/007018.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. der KW und 2. des Mag. Ing. RW, beide in Wien, beide vertreten durch die Appiano & Kramer Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Jänner 2010, BOB - 557 und 558/09, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Ö Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Mag. Florian Kuch, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Garnisongasse 11/8), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §134a Abs1 lite;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §16 Abs2;
BauO Wr §76 Abs11;
BauO Wr §79 Abs5;
BauO Wr §81 Abs4 idF 2007/031;
BauRallg;
BauO Wr §134a Abs1 lite;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §16 Abs2;
BauO Wr §76 Abs11;
BauO Wr §79 Abs5;
BauO Wr §81 Abs4 idF 2007/031;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 7. August 2008 beantragte die mitbeteiligte Partei beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf der Liegenschaft D. Gasse 12 bis 16 und 22 bis 26. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Liegenschaft Gst. Nr. 2056/32, welche von der Bauliegenschaft nur durch einen Weg getrennt ist und dieser nordwestlich gegenüberliegt. Auf der Bauliegenschaft ist auf dem der Liegenschaft der Beschwerdeführer gegenüber gelegenen Bereich die Errichtung der Wohneinheit top 16 geplant.

Mit Schreiben vom 27. Jänner 2009 erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn Einwendungen, die sie in der am 28. Jänner 2009 durchgeführten mündlichen Verhandlung aufrecht hielten. Eingewendet wurde die Errichtung einer Reihenhausanlage in unzulässiger Gruppenbauweise, die Nichterreichung der erforderlichen Mindestgröße einiger Baulose, die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe, die Unzulässigkeit der Errichtung von Gemeinschaftsanlagen und die Unzulässigkeit der zu erwartenden Immissionen. Bei der mündlichen Verhandlung wurde auch noch das Nachbarrecht auf Einhaltung von Abständen geltend gemacht.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 17. Juli 2009 wurde die beantragte Baubewilligung für die "Gartensiedlungsanlage" mit 29 Wohneinheiten gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) erteilt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung u.a. der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich dieser auf die zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Pläne beziehe (mit denen eine Änderung hinsichtlich der Wohneinheiten Nr. 16 und 18 vorgenommen wurde, wonach nunmehr der Mindestabstand eingehalten werde).

In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 6958, sei für das gesamte Gebiet des Bauvorhabens die Widmung Gartensiedlungsgebiet festgesetzt, wobei das Ausmaß der bebaubaren Fläche mit 100 m2 je Baulos bestimmt werde. Nach den weiteren relevanten Bestimmungen dürfe die Dachneigung mehr als 25 Grad betragen. Der höchste Punkt der zur Errichtung gelangenden Dächer dürfe die ausgeführte Gebäudehöhe um nicht mehr als 4 m überragen. Bei Gebäuden mit einer Größe von mehr als 5 m2 seien bei Ausführung von Flachdächern diese entsprechend dem Stand der technischen Wissenschaften als begrünte Flachdächer zu errichten.

Weiters hielt die belangte Behörde fest, die Gartensiedlungshäuser sollten teilweise freistehend errichtet und teilweise an die Grundgrenze der Baulose angebaut werden. In der Widmung Gartensiedlungsgebiet sei keine bestimmte Bauweise im Sinne des § 76 Abs. 1 BO festgelegt, sondern es sei lediglich der gegebenenfalls einzuhaltende Abstand sowie das Ausmaß der bebaubaren Fläche für jedes Baulos mit 100 m2 festgesetzt. Bestimme der Bebauungsplan das Ausmaß der bebaubaren Fläche, dann dürfe dieses Ausmaß nur bebaut werden, wenn es nicht mehr als ein Drittel der Fläche des Bauloses betrage, wobei die zulässig bebaute Grundfläche 150 m2 nicht überschreiten dürfe (§ 76 Abs. 11 BO). Wie den Einreichplänen zu entnehmen sei, werde dies bei sämtlichen 29 Gartensiedlungshäusern eingehalten, wobei die zulässige verbaute Fläche von 100 m2 bei den Baulosen 1 bis 7, 10, 11 und 13 bis 16 zwar ausgenützt, nicht aber überschritten werde. Diese Baulose würden eine Fläche von 304 m2 bis 342 m2 aufweisen, sodass auch dem Erfordernis, dass nicht mehr als ein Drittel der Baulosfläche verbaut werden dürfe, entsprochen sei. Die Vorschrift des § 76 Abs. 11 BO sei auch bei den Baulosen Nr. 8, 12 und 17 bei einer geplanten bebauten Fläche von jeweils 50 m2 und einer Fläche des Bauloses von 250 m2 bis 310 m2 jedenfalls erfüllt.

Im Bebauungsplan werde die bebaute Fläche mit 100 m2 beschränkt, wobei diesbezüglich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht nach der Anzahl der Gebäude zu unterscheiden sei. Auch aus § 76 Abs. 11 BO lasse sich keine Regelung über die Anzahl der Gebäude auf einem Baulos entnehmen. Daran vermöge auch die Bezugnahme auf die bebaute Fläche nichts zu ändern. Festzuhalten sei, dass eine Bebauung in Gruppenbauweise iSd § 76 Abs. 5 BO, bei der die Mittelbauplätze von Bauplatzgrenze bis Bauplatzgrenze bebaut werden müssten, nicht vorliege.

Die Bestimmung über die flächenmäßige Mindestgröße der Baulose von 250 m2 (§ 16 Abs. 2 erster Satz BO) sei eine Sollbestimmung. Die Größe von Baulosen müsse lediglich ausreichend sein, um darauf und auf den angrenzenden Liegenschaften den Anforderungen der Bauordnung und des Bebauungsplanes entsprechende Gebäude errichten zu können. Dieses Erfordernis sei erfüllt.

Sämtliche Gartensiedlungshäuser würden entsprechend § 75 Abs. 7 BO eine einheitliche und zulässige Gebäudehöhe von weniger als 5,5 m aufweisen. Es sei klar ersichtlich, dass die iSd § 81 Abs. 2 BO ermittelte Gebäudehöhe an allen Gebäudefronten die höchstzulässige Gebäudehöhe von 5,5 m einhalte. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen blieben bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht. Weiters entspreche auch der geplante Dachumriss den Bestimmungen des Bebauungsplanes, die vorsähen, dass die Dachneigung mehr als 25 Grad betragen und der höchste Punkt der zur Errichtung gelangenden Dächer die ausgeführte Gebäudehöhe um nicht mehr als 4 m überragen dürfe. Nach der planlichen Darstellung werde das zulässige Ausmaß der Dachhöhe bei den Gartensiedlungshäusern sogar unterschritten.

Soweit sich die Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/05/0315, bezögen, sei zu bemerken, dass dieses Erkenntnis zur Ermittlung des Dachumrisses seit In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. Nr. 31/2007 am 30. August 2007 nicht mehr relevant sei. Nach § 81 Abs. 4 BO dürfe durch das Gebäude jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergebe, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad, von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt werde. Dies gelte auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt sei. Sei im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt, sei der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend. Der Bebauungsplan sehe keinen bestimmten Winkel für die Dachneigung vor, sondern erkläre lediglich einen solchen von mehr als 25 Grad für zulässig, sodass auch die projektierte Dachneigung von 45 Grad zulässig sei. Der in diesem Sinne zu bildende Dachumriss werde durch die Gartensiedlungshäuser nicht überschritten.

Die Regelung, dass begrünte Flachdächer herzustellen seien, sei eine stadtgestalterische Vorschrift, aus der kein subjektivöffentliches Nachbarrecht ableitbar sei. Im Übrigen handle es sich jeweils bei dem obersten Abschluss des Gebäudes (First) um kein Flachdach im Sinne dieser Bebauungsbestimmung.

Zur möglichen Verletzung von Abstandsbestimmungen durch die Bebauung auf den Baulosen 1, 8 und 17 sei festzuhalten, dass der Nachbar nur dann betroffen wäre, wenn die Abstandsverletzung ihm zugewandte Fronten beträfe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Im Übrigen entspreche die beanstandete Bebauung der Bestimmung des § 79 Abs. 5 BO.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, die Reihenhausanlage werde in unzulässiger Gruppenbauweise errichtet. Meist würden zwei Wohngebäude auf ein und demselben Bauplatz (gemeint: Baulos) errichtet, sodass Gebäude auf den benachbarten Bauplätzen (gemeint: Baulosen) größtenteils an den gemeinsamen Grenzen aneinandergebaut würden. Die vorgesehene, aber noch nicht durchgeführte Grundabteilung wolle es sich durch die gewählte Gruppenbauweise statt geschlossener Bauweise zunutze machen, die jeweils am äußersten Rand gelegenen Einzelparzellen bebaubar zu machen, was sonst nicht möglich wäre. Außerdem werde durch die Bauweise eine neuerliche Grundabteilung umgangen, infolge derer die an den äußersten rechten und äußersten linken Grenzen des Bauvorhabens jeweils errichteten Gebäude mangels Erreichens der erforderlichen Mindestbauplatzgröße (gemeint: Mindestbaulosgröße) wegfielen. Zwar werde nur die maximal bebaubare Fläche von einem Drittel der Fläche des Bauloses gemäß § 76 Abs. 11 BO ausgenutzt, allerdings durch zwei getrennte Wohngebäude. Gemäß § 79 Abs. 5 letzter Satz BO sei im Gartensiedlungsgebiet ausschließlich die geschlossene Bauweise zulässig, woraus folge, dass die Gruppenbauweise iSd § 76 Abs. 1 lit. d BO nicht zulässig sei. Wäre die geschlossene Bauweise der Gruppenbauweise wertungsmäßig gleichzuhalten, wäre zum einen schon die gesetzliche Unterscheidung der Regelungen des § 76 Abs. 1 lit. d und lit. e BO sinnlos, insbesondere wären das aber auch die für die Gruppenbauweise besonderen gesetzlichen Anordnungen des § 76 Abs. 5 BO iVm § 79 Abs. 3 BO. Dass § 79 Abs. 3 BO die Widmungsart Gartensiedlungsgebiet nicht erwähne, sondern diese abschließend und gesondert in § 79 Abs. 5 BO unter alleiniger Einbeziehung der zulässigen geschlossenen Bauweise (nicht aber der Gruppenbauweise) behandelt werde, gebiete bei einer verständigen Gesetzesauslegung die einzige Schlussfolgerung, dass an eine Gruppenverbauung im Gartensiedlungsgebiet nicht gedacht sei, sondern nur an eine geschlossene Bauweise.

Bei einer geschlossenen Bauweise könnten auf Grund der festgelegten Gebäudehöhe und der Grundstücksbreite nicht auf jedem Baulos zwei selbständige Gebäude errichtet werden. Es handle sich daher nicht nur um die maximale Ausnützung einer gegebenen Widmungsart, sondern um eine widmungswidrige Verbauung, die infolge der gewählten Gruppenbauweise im Gartensiedlungsgebiet nicht zulässig sei. Das Plandokument 6958 enthalte keinerlei Regelung über die Ausbildung der Gruppenbauweise, weshalb die gewählte Bauweise auch aus diesem Grund ausscheide.

§ 76 Abs. 11 BO spreche vom Ausmaß der bebauten Fläche und nicht der bebauten Flächen. Ebenso spreche § 79 Abs. 5 Satz 2 BO bei der Widmungsart Gartensiedlungsgebiet lediglich im Singular von dem zu errichtenden Gebäude, wobei die gesetzliche Differenzierung kein sprachlicher Zufall sei, da noch im Folgesatz ausdrücklich die Ausnahme für Nebengebäude, also im Plural, geregelt sei. Unzutreffend sei daher die Folgerung aus § 76 Abs. 11 BO in Zusammenhalt mit dem Bebauungsplan, dass der Bebauungsplan die Errichtung beliebig vieler Gebäude zulasse, solange nur die bebaute Fläche auf 100 m2 beschränkt bleibe.

Das Gartensiedlungsgebiet sei nicht geeignet für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen wie kollektiven Kinderspielplätzen, Müllsammelplätzen, Pelletsanlagen, Trafostationen etc. Durch die Massierung der Gebäude einzeln und insgesamt sowie letztlich im Ergebnis die Verdoppelung der Bauplatzausnutzung gingen damit unzumutbare, widmungs- und ortsunübliche sowie gesundheitsbeeinträchtigende Schädigungen durch Immissionen einher, insbesondere durch die Pelletsanlage bei kollektiver Beheizung. Derartiges sei der Widmung Gartensiedlungsgebiet völlig fremd und verkehre sie in ihr Gegenteil. Dasselbe gelte für die Verdoppelung der Stellplätze. Die Verdoppelung des An- und Abfahrtsverkehrs durch die Errichtung von zwei Wohngebäuden auf ein und demselben Baulos führe zu einer gesetzlich unzulässigen Verdoppelung der damit verbundenen Immissionen von Lärm und Abgasen. Es handle sich um Immissionen, die dadurch entstünden, dass eine widmungswidrige vermehrte bauliche Ausnützung zu rechtlich nicht gedeckten Beeinträchtigungen führe.

In Bezug auf die Baulose Nr. 8, 17, 19 und 24 werde die Mindestgröße von 250 m2 nur durch die Verbindung über eine Grundstücksfahne erreicht, was eine Umgehung darstelle, wobei die gesonderte Restfläche keinerlei natürliche Verbindung zum eigentlichen Baulos aufweise, nicht bebaubar sei und somit außer Betracht zu bleiben habe. § 16 Abs. 2 dritter Satz BO ordne die Verbindung mit Fahne zur Verkehrserschließung ausdrücklich an, woraus zu folgern sei, dass jegliche andere Einbeziehung zweier an sich physisch getrennter Grundflächen nicht in Frage komme. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergebe sich auch aus § 76 Abs. 11a BO, der ausdrücklich die Ausnehmung der Grundstücksfahne von der Ermittlung der bebaubaren Fläche anordne. Somit sei die Hinzurechnung der eigentlich hinter der Grundstücksfahne gelegenen Fläche schon nach der Wertung dieser Bestimmung eine unzulässige Umgehung, weil das Gesetz klar davon ausgehe, dass nur der als Bauplatz (richtig: Baulos) eigentlich verwendbare Teil flächenmäßig anzurechnen sei und nicht irgendwelche nur durch Teilungsgeschicklichkeit mitverbundene, aber letztlich für die faktische Bebaubarkeit völlig irrelevante andere Flächen. Dass die flächenmäßigen Anordnungen für Bauplätze und Baulose lediglich Sollbestimmungen seien, sei unzutreffend. § 16 Abs. 2 BO lege fest, welchen Voraussetzungen ein Bauplatz, ein Baulos und ein Kleingarten entsprechen müssten. Diese Bestimmung diene zweifelsfrei nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem der Anrainer.

Der Bebauungsplan sehe bei einer Ausbildung als Flachdach die Herstellung einer begrünten Fläche vor. Dies sei nicht erfüllt. Es handle sich um ein Derivat nach Art eines Staffelgeschoßes. Die Aufbauten seien weder technisch erforderlich noch dienten sie der Belüftung, sondern sie seien eine bautechnische Maßnahme zur Erweiterung der jeweiligen Raumausnutzung. Es liege daher keine Ausführung als begrüntes Flachdach vor. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei der entsprechenden Bestimmung um keine stadtgestalterische Vorschrift, sondern um eine Verletzung der Bebauungsbestimmungen.

Die Ausbildung des de facto letzten Wohngeschoßes in einem Winkel von 45 Grad und des fiktiven Gebäudeumrisses als Trapez mit der höchstzulässigen Gebäudehöhe und der Maximalüberschreitung von 4 m sei unzulässig. Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof in seinem genannten Erkenntnis vom 30. Jänner 2007 über die Auslegung des § 81 Abs. 4 BO vor der Novelle LGBl. Nr. 31/2007 abgesprochen habe, sei zufolge diesem Erkenntnis der fiktive Gebäudeumriss als gleichschenkeliges Dreieck mit Schnittpunkt der beiden Dreiecksschenkel auf der höchstzulässigen Überschreitung der Gebäudehöhe von 4 m zu bilden. Somit wäre der Winkel nicht 45 Grad, sondern entsprechend geringer. Da der höchste Punkt des Daches die ausgeführte Gebäudehöhe um nicht mehr als 4 m überragen dürfe, könne ein Winkel von 45 Grad nicht voll ausgeschöpft werden, weil die fiktive Firsthöhe auf maximal den genannten Höchstpunkt zu liegen kommen dürfe. Selbst bei einer zulässigen Dachneigung von mehr als 25 Grad müsse insbesondere bei der Widmung Gartensiedlungsgebiet (und gerade auf Grund eines zulässigen, höheren Winkels) ein Dach mit einer Neigung ausgebildet werden und nicht ein Flachdach mit über der zulässigen Gebäudehöhe liegenden Geschoßteilen, welche der erweiterten und damit dem Gesetz widersprechenden Raumausnützung dienten.

Auf den Baulosen 1, 15 und 29 müsste entweder unmittelbar an die Grundgrenze angebaut werden oder ein Mindestabstand von 2 m eingehalten werden. Beides sei nicht erfüllt, da Baulos 1 einen zu geringen Abstand zum öffentlichen Gut aufweise und die Baulose 8 und 17 ein in den baulichen Verband voll integriertes Stiegenhaus enthielten, das in dem Seitenabstand liege. Derartige als Gebäudebestandteil geltende Gebäudeteile dürften in den Mindestabstand gemäß § 76 Abs. 9 BO nicht hineinragen.

Da bisher entgegen § 66 BO die Grundabteilung nicht durchgeführt worden sei, seien die Beschwerdeführer betreffend alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwände als Grundnachbarn zu qualifizieren, und zwar für das gesamte Bauvorhaben, und daher entgegen der Auffassung der belangten Behörde auch insoweit in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Im Beschwerdefall ist die Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung gemäß LGBl. Nr. 41/2008 anzuwenden. Folgende Regelungen sind im Beschwerdefall von Bedeutung (auszugsweise):

"§ 5

(2) Die Bebauungspläne haben zu enthalten:

a) Die Widmungen der Grundflächen und der darüber- oder darunterliegenden Räume;

  1. b) die Fluchtlinien;
  2. c) für Verkehrsflächen die Höhenlagen und die Breiten sowie die insbesondere durch Mindestmaße festgelegte Ausgestaltung der Querschnitte.

(3) Neben den Festsetzungen nach Abs. 2 haben die Bebauungspläne im Bauland mit Ausnahme der Gartensiedlungsgebiete und der Industriegebiete entweder

  1. a) die Bauklassen (§ 75) und die Bauweisen (§ 76) oder
  2. b) die Strukturen (§ 77)

    zu enthalten.

(4) Über die Festsetzungen nach Abs. 2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:

d) Bestimmungen über die flächenmäßige beziehungsweise volumenbezogene Ausnützbarkeit der Bauplätze und der Baulose oder von Teilen davon;

k) Bestimmungen über die Ausbildung der Schauseiten und Dächer der Gebäude, insbesondere über die Begrünung der Dächer, sowie über die Dachneigungen, die auch mit mehr als 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet auch mit mehr als 25 Grad festgesetzt werden können;

Zulässige Nutzungen

§ 6

(7) In Gartensiedlungsgebieten dürfen nur Wohngebäude und Bauwerke mit Geschäftsräumen für Geschäfte des täglichen Bedarfs, Gaststätten und Gemeinschaftsanlagen, die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen Zwecken dienen, errichtet werden.

§ 16.

(2) Die Größe eines Bauplatzes soll unbeschadet einer Festsetzung im Bebauungsplan nach § 5 Abs. 4 lit. v mindestens 500 m2, die eines Bauloses mindestens 250 m2 betragen. … Bauplätze und Baulose dürfen mit der Verkehrsfläche beziehungsweise einem Aufschließungsweg auch durch einen Verbindungsstreifen (Fahne) verbunden werden, wenn der Bebauungsplan die Bebauung der als Verbindungsstreifen vorgesehenen Grundfläche nicht zwingend vorschreibt. ...

Bauweisen; Ausnützbarkeit der Bauplätze

§ 76. (1) In den Bebauungsplänen können folgende Bauweisen ausgewiesen werden:

  1. d) Gruppenbauweise und
  2. e) geschlossene Bauweise.

(5) In der Gruppenbauweise müssen die Gebäude auf mehreren benachbarten Bauplätzen an den gemeinsamen Bauplatzgrenzen aneinandergebaut werden; die Mittelbauplätze sind von Bauplatzgrenze bis Bauplatzgrenze zu bebauen, an den Enden der Gruppe sind gegen Nachbarbauplätze mindestens die Abstände gemäß § 79 Abs. 3 einzuhalten. Die Errichtung freistehender oder gekuppelter Gebäude ist dann zulässig, wenn das örtliche Stadtbild nicht gestört wird.

(11) In Gartensiedlungsgebieten darf das Ausmaß der bebauten Fläche, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt (§ 5 Abs. 4 lit. d), nicht mehr als 50 m2 betragen. Bestimmt der Bebauungsplan das Ausmaß der bebaubaren Fläche, darf dieses Ausmaß nur bebaut werden, wenn es nicht mehr als ein Drittel der Fläche des Bauloses beträgt, wobei die zulässig bebaute Grundfläche 150 m2 nicht überschreiten darf.

(11a) Die zu einem Bauplatz oder Baulos gehörende Fläche des Verbindungsstreifens (Fahne) ist bis zu einer Breite von 3 m bei der Ermittlung der bebaubaren Fläche des Bauplatzes beziehungsweise des Bauloses nicht anzurechnen.

§ 79.

(5) In Gartensiedlungsgebieten müssen die Gebäude auf den Baulosen von der Achse der Aufschließungswege einen Mindestabstand von 4 m aufweisen. Wird das Gebäude nicht unmittelbar an Grundgrenzen errichtet, muss es von diesen einen Abstand von mindestens 2 m einhalten. Dieser Abstand ist mit Ausnahme von Nebengebäuden von jeder Bebauung freizuhalten. Für das Anbauen an Grundgrenzen bedarf es nicht der Zustimmung des Eigentümers der Nachbarliegenschaft. Baulose dürfen auch geschlossen bebaut werden.

§ 81.

(4) Durch das Gebäude darf jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad, von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Dies gilt auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt ist, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend.

§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

  1. b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
  2. c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

    d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

    e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

    f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen."

    Die Aufzählung der Nachbarrechte in § 134a Abs. 1 BO ist taxativ (vgl. "erschöpfend" in § 134 Abs. 3 BO und die bei Moritz, Bauordnung für Wien, 4. Auflage, S. 348 zitierte hg. Judikatur).

    Die Nachbarn haben somit keine Nachbarrechte auf Einhaltung der Mindestgröße eines Bauplatzes oder Bauloses und auch nicht darauf, dass Flachdächer begrünt werden. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.

    Der Nebensatz "sofern sie ihrem Schutze dienen" bedeutet, dass jeder Nachbar die Nachbarrechte nur soweit geltend machen kann, als er, insbesondere im Hinblick auf die Situierung des Bauvorhabens, durch ihre Nichteinhaltung betroffen wäre (vgl. die bei Moritz, aaO, S. 351 zitierte hg. Judikatur). Im vorliegenden Fall kommt es daher nicht darauf an, ob die Abteilung auf Baulose bereits erfolgt ist, sondern ausschließlich darauf, dass lediglich die Wohneinheit Top 16 in Bezug auf den einzuhaltenden Abstand für die Beschwerdeführer von Relevanz ist. Soweit die Beschwerdeführer die Nichteinhaltung des Mindestabstandes hinsichtlich der Wohneinheiten Top 1, 15 und 29 rügen, geht ihr Vorbringen folglich ins Leere.

    Der belangten Behörde ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer beizupflichten, dass im vorliegenden Fall der für den zulässigen Dachumriss maßgebende Winkel auf Grund des Bebauungsplanes größer als 25 Grad sein kann, also keine Bedenken dagegen bestehen, dass hier ein Winkel von 45 Grad herangezogen wird. Der belangten Behörde ist auch Recht zu geben, dass seit der Novelle LGBl. Nr. 31/2007 die Festsetzung über die Höhe der Dächer keinen Einfluss mehr auf diesen Winkel hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2012, Zl. 2010/05/0142). Ein Nachbarrecht im Sinne des § 134a Abs. 1 BO kann im Übrigen dann nicht verletzt sein, wenn sich das tatsächlich ausgebildete Dach innerhalb des zulässigen Dachumrisses bewegt (vgl. die bei Moritz, aaO, S. 355 zitierte hg. Judikatur). Dass dies gegeben ist, hat die belangte Behörde dargelegt und wird in der Beschwerde, abgesehen von den obigen Ausführungen, nicht weiter bestritten. Die Nachbarn können daher nicht in einem Recht verletzt sein, wenn kein geneigtes Dach ausgebildet wird, sofern sich das tatsächlich beabsichtigte Dach im Rahmen des zulässigen Umrisses hält. Auch das Vorbringen in der Beschwerde zur Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe führt die Beschwerde daher nicht zum Erfolg.

    Im Übrigen normiert § 134a Abs. 1 BO Nachbarrechte hinsichtlich des Abstandes, der Gebäudehöhe und der flächenmäßigen Ausnützbarkeit, nicht aber ein Nachbarrecht darauf, dass dann, wenn diese Bestimmungen eingehalten sind, nur eine bestimmte Anzahl von Gebäuden errichtet werden dürfte. Insoweit sich die Beschwerdeführer daher gegen die Errichtung von mehreren Gebäuden auf einem Baulos wenden, kann dies ihre Beschwerde nicht zum Ziel führen.

    Im gegenständlichen Fall legt der Bebauungsplan keine Bauweise fest. Solange daher die für das Gartensiedlungsgebiet maßgebenden Bestimmungen über die Ausnützbarkeit und die Situierung der Baulichkeiten eingehalten sind (insbesondere § 76 Abs. 11 und § 79 Abs. 5 BO), kann ein Nachbarrecht durch die Situierung der Baulichkeiten auf den Baulosen nicht verletzt sein. Es erübrigt sich daher, auf das Vorbringen hinsichtlich der gruppenartigen Bebauung weiter einzugehen.

    Dass Gemeinschaftsanlagen im Gartensiedlungsgebiet zulässig sind, ergibt sich bereits aus § 6 Abs. 7 BO. Die Beschwerdeführer bringen nicht vor, dass es sich um Gemeinschaftsanlagen handeln würde, die nicht im Zusammenhang mit der Wohnnutzung stehen. Soweit Immissionen aber im Zusammenhang mit der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken stehen, besteht kein Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. e BO . Dies gilt auch für Immissionen von Stellplätzen im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Nachbarn dann, wenn ihre Rechte nach § 134a Abs. 1 lit. a bis d BO nicht verletzt werden, auch nicht mit Erfolg unter Heranziehung der lit. e der genannten Norm geltend machen können, dass (also bei einer zulässigen Ausnützung des Grundstückes, die sie hinnehmen müssen) unzulässige Immissionen aus Wohnzwecken oder von Pflichtstellplätzen entstünden.

    Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Beschwerdeführer haben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

    Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

    Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

    Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werde.

    Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 18. März 2013

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