VwGH 2010/05/0052

VwGH2010/05/005228.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, in der Beschwerdesache der Dr. HM in Wien, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Jänner 2010, Zl. BOB-465/09, betreffend Zurückweisung einer Berufung (weitere Partei: Wiener Landesregierung) (mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. HC in Wien, 2. Dr. JB in A), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Wr §70;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
BauO Wr §70;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 29. Dezember 2005 sowie am 9. Februar 2006 langten beim Magistrat der Stadt Wien, MA 37, insgesamt drei Bauanzeigen der mitbeteiligten Parteien betreffend bauliche Änderungen im Zusammenhang mit der Zusammenlegung von Wohnungen an der Adresse 1160 Wien, H-Gasse 4, ein. Den in den Akten einliegenden Bearbeitungsbögen ist zu entnehmen, dass die Baubehörde in allen drei, zu den Zahlen MA 37/16-H-Gasse 4/56618-1/2005, MA 37/16-H-Gasse 4/5533-1/2006 und MA 37/16-H-Gasse 4/5534-1/2006 protokollierten Verfahren zu dem Ergebnis gelangte, dass die Bauanzeigen vollständig belegt seien und kein Untersagungsgrund vorliege.

Am 20. Juli 2009 brachte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien, MA 37, hinsichtlich dieser Verfahren "Berufung" ein, in welcher sie angab, Miteigentümerin der von den Bauanzeigen betroffenen Liegenschaft zu sein. Inhaltlich führte sie aus, zu den begehrten - in der Berufung näher ausgeführten - Änderungen sei die Zustimmung aller Mit- und Grundeigentümer erforderlich gewesen, das Abtragen einer aussteifenden Wand sei überhaupt nicht genehmigungsfähig, die Einreichpläne seien nicht von den tatsächlichen Grundeigentümern unterschrieben worden bzw. es lägen entsprechende Vollmachten nicht vor. Es sei leicht erkennbar, dass die eingereichten Änderungen wie die Abmauerung von Gangteilen und Durchbrüche in Bestandsobjekte trennende Mauern allgemeine Teile der Liegenschaften betreffen würden; die erforderliche Zustimmung aller Miteigentümer sei bei allen beeinspruchten Bauanzeigen nach wie vor nicht vorhanden.

Mit Berufungsbescheid vom 26. Jänner 2010 wies die Bauoberbehörde für Wien mit dem nunmehr angefochtenen Spruchpunkt II. die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die in den obgenannten Verfahren der MA 37 erstatteten Bauanzeigen gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass etwaigen Eigentümern (Miteigentümern) der von der Bauführung betroffenen Liegenschaft kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung Parteistellung nicht zukomme und eine solche auch nicht aus § 8 AVG abgeleitet werden könne. Im Verfahren nach § 62 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) sei gemäß § 134 Abs. 5 BO lediglich der Bauwerber Partei. Somit müsse der Eigentümer der Liegenschaft im Bauanzeigeverfahren weder die Einreichpläne unterfertigen noch dem Bauvorhaben zustimmen. Entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes stelle dies auch keine Verletzung des Grundeigentümers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Eigentums dar. Parteistellung komme dem Eigentümer der Liegenschaft kraft ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zu, wenn die Baubehörde zu Unrecht das Vorliegen einer bloß anzeigepflichtigen Maßnahme annehme, weil diesfalls kein Anzeigeverfahren, sondern ein Baubewilligungsverfahren durchzuführen sei. Die eingereichten Planunterlagen, aus welchen eindeutig hervorgehe, dass die vorliegenden Bauanzeigen lediglich den Austausch von Fenstern bzw. die Durchführung von Baumaßnahmen im Inneren des Gebäudes, welche keine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken würden, zum Gegenstand hätten, nicht die Umwidmung von Wohnungen beträfen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen würden, würden deutlich belegen, dass die gesetzlichen Vorgaben des § 62 Abs. 1 Z 3 und 4 BO durch die gegenständlichen Baumaßnahmen eingehalten würden und die Einreichung der in Rede stehenden Bauanzeigen durch die Bauwerber sowie das Unterbleiben einer entsprechenden Untersagung gemäß § 62 Abs. 4 BO jedenfalls zu Recht erfolgt seien. In den gegenständlichen Verfahren komme der Berufungswerberin daher keine Parteistellung zu, weshalb die Berufungen als unzulässig zurückzuweisen gewesen seien.

Gegen Spruchpunkt II. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die zweitmitbeteiligte, unvertretene Partei hat ebenfalls eine (von zwei weiteren Wohnungs- und Miteigentümern, denen jedoch nicht die Stellung mitbeteiligter Parteien zukommt, mitunterfertigte) Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid (Spruchteil II.) in ihrem "Recht auf gesetzeskonforme Durchführung eines Bauverfahrens gemäß § 70 der Bauordnung für Wien" verletzt. Die gegenständliche Beschwerde führt schon deshalb nicht zum Erfolg, da die Möglichkeit der Verletzung des im Rahmen des Beschwerdepunktes bezeichneten Rechtes im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, "wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet". Aus der erforderlichen Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten ergibt sich, dass nicht schon die Behauptung der Rechtswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit) eines Bescheides an sich zur Beschwerdeerhebung berechtigt, sondern nur eine solche behauptete Rechtswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit), die den Beschwerdeführer in "seinen", d.h. ihm in der angewendeten Verwaltungsvorschrift eingeräumten subjektivöffentlichen Rechten verletzen kann (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0053, und vom 3. Juli 2007, Zl. 2006/05/0267).

Voraussetzung für die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung ist daher die Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt zu sein. Da der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet, kommt der im § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vom Beschwerdeführer geforderten Angabe der Beschwerdepunkte für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entscheidende Bedeutung insoweit zu, als der Beschwerdeführer jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Beschwerdeerhebung erst begründet. Wird der Beschwerdepunkt - wie hier - ausdrücklich und unmissverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 18. Mai 2005, Zl. 2004/04/0026).

So wie es weder ein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung noch ein abstraktes Recht auf ein "ordnungsgemäßes bzw. gesetzmäßiges, also rechtsstaatliches bzw. mangelfreies Verfahren" oder auf Bescheidbegründung oder darauf gibt, dass die Behörde unter einer bestimmten Aktenzahl entscheidet (s. Steiner, "Beschwerdepunkte und Beschwerdegründe unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Einflüsse", in Holoubek/Lang, "Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen", und die dortigen Judikaturzitate), ist ein subjektives Recht auf gesetzeskonforme Durchführung eines bestimmten Verfahrens zu verneinen.

Steht der Beschwerdeführerin das im Beschwerdepunkt als verletzt behauptete Recht ("Recht auf gesetzeskonforme Durchführung eines Bauverfahrens gemäß § 70 der Bauordnung für Wien") nicht als subjektiv-öffentliches Recht im zugrunde liegenden Verfahren zu, so fehlt es ihr auch an der Möglichkeit, im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG verletzt zu werden. Es mangelt ihr daher an der Beschwerdeberechtigung (vgl. den hg. Beschluss vom 3. März 1999, Zl. 99/04/0015).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach Abs. 3 leg. cit. in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Da auf Grund der obigen Ausführungen die behauptete Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht erfolgt sein kann, war ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beschwerdeausführungen scheinen im Übrigen von der - hier nicht zur Anwendung gelangenden - Rechtslage vor der Novelle LGBl Nr. 2005/41 auszugehen, wo § 62 Abs. 1 Z. 4 BO noch zusätzlich verlangte, dass nicht gemeinsame Teile der Baulichkeit oder der Liegenschaft in Anspruch genommen wurden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Kostenersatz bezüglich des Schriftsatzaufwandes steht einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei nicht zu.

Wien, am 28. Mai 2013

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