Normen
AVG §13 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs4;
WaffG 1996 §12 Abs7;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Berufung gegen die "Ablehnung" des Antrags des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Waffenverbots abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007, rechtskräftig seit 23. November 2007, bestätigte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (BH Linz-Land) nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das mit Mandatsbescheid vom 30. November 2004 über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), verhängte Waffenverbot.
Am 21. April 2009 beantragte der Beschwerdeführer schriftlich die "Wiedererteilung der mir entzogenen waffenrechtlichen Dokumente und Wiederausfolgung der beschlagnahmten Waffen", hilfsweise die "Festsetzung einer angemessenen Entschädigung". Er habe im Laufe der vergangenen Jahre seine Lektion gelernt und könne mit Fug und Recht behaupten, dass er mit dem WaffG niemals mehr in Konflikt kommen werde.
Mit Bescheid der BH Linz-Land vom 28. Dezember 2009 wurde der - in diesem Sinn gedeutete - Antrag des Beschwerdeführers vom 21. April 2009 auf Aufhebung des Waffenverbots gemäß § 12 Abs 7 WaffG und der "Antrag auf Entschädigung der verfallenen Waffen" gemäß § 12 Abs 4 WaffG "abgelehnt".
Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, ihre Erhebungen hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 28. April 2006, rechtskräftig seit 18. Oktober 2006, "nach den §§ 50 Abs 1, 50 Abs 3 und 50 Abs 4 WaffG" (richtig: § 50 Abs 1 Z 3, 4 und Abs 1a WaffG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten (Probezeit drei Jahre), verurteilt worden sei, weil er zumindest ab 14. Dezember 2004 bis 4. August 2005 vorsätzlich Schusswaffen und Kriegsmaterial zum Teil unbefugt erworben und besessen habe und fahrlässig Munition besessen habe, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten gewesen sei. Dieser - nach Verhängung des Waffenverbots eingetretene - Sachverhalt wirke sich im Fall des Beschwerdeführers erschwerend aus. Wenn auch seit der genannten Verurteilung keine weiteren gerichtlichen Strafen aufschienen, sei der "Zeitraum für die Voraussetzungen zur Aufhebung des Waffenverbotes noch zu kurz, um eine positive Prognose für die weitere Zukunft und für ein dauerndes Wohlverhalten bezüglich der waffenrechtlichen Verlässlichkeit zu erstellen". Darüber hinaus betrage die "Tilgung der Freiheitsstrafe" gemäß Tilgungsgesetz fünf Jahre. Die Behörde sei der Ansicht, dass sich der Beschwerdeführer auch in Zukunft über gesetzliche Bestimmungen hinwegsetzen werde und durch missbräuchliches Verwenden von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte, weshalb der Antrag auf Aufhebung des Waffenverbotes abzuweisen gewesen sei.
Mit Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbots würden die sichergestellten Waffen und Munition ex lege als verfallen gelten. Aus diesem Grund sehe sich die Behörde auch nicht in der Lage, dem Antrag (auf Ausfolgung der Waffen/Munition bzw auf Festsetzung einer Entschädigung) zu entsprechen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab.
In ihrer Begründung schloss sie sich den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde "vollinhaltlich an" und erhob sie zum Inhalt ihrer Entscheidung. Die Erstbehörde habe bereits darauf hingewiesen, dass der Zeitraum des Wohlverhaltens zu kurz sei, um eine verlässliche Prognose hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers abgeben zu können. Auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erachte einen Zeitraum des Wohlverhaltens in der Dauer von 3 ½ Jahren als zu wenig, um verlässliche Änderungen in der Verhaltensart einer Person erkennen zu können. Der Beschwerdeführer habe sich im gegenständlichen Fall seit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht einmal drei Jahre wohl verhalten. Hinsichtlich des Entschädigungsantrags sei auf die eindeutige gesetzliche Regelung (Einbringung des Antrages binnen Jahresfrist) hinzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), lauten:
"Waffenverbot
§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
…
(4) Die Behörde hat dem Betroffenen auf Antrag für die verfallenen Waffen, soweit er deren rechtmäßigen Erwerb glaubhaft macht, mittels Bescheides eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Ein solcher Antrag ist binnen einem Jahr ab Eintritt der Rechtskraft des Verbotes nach Abs. 1 zu stellen.
(7) Ein Waffenverbot ist von der Behörde, die dieses Verbot in erster Instanz erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind."
2. § 12 Abs 7 WaffG verpflichtet die Behörde bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages, unter Berücksichtigung der für die Erlassung des Waffenverbotes maßgebenden Gründe, des Verhaltens des Beschwerdeführers seit seiner Anlasstat und der Länge des zwischenzeitig verstrichenen Zeitraumes zu prüfen, ob die qualifizierte Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs 1 WaffG im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch aufrecht ist. Bei der Beurteilung des Weiterbestehens der Gefährdungsprognose hat die Behörde vor allem das Verhalten des Beschwerdeführers seit seiner Anlasstat zu berücksichtigen und allfällige in diesem Zeitraum liegende, für die weiter andauernde Aktualität der Prognose relevante Umstände festzustellen. Bei Fehlen derartiger Umstände, also bei einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers in dem zwischen der Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden Zeitraum, muss dieser Beobachtungszeitraum ausreichend lang sein, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können. Im Hinblick auf den dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist auch hier ein strenger Maßstab anzulegen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl 2009/03/0091, mwN).
3. Die Beschwerde macht (unter anderem) geltend, die belangte Behörde berechne den Zeitraum des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers unrichtig. Korrekterweise sei auf den seit der Anlasstat (nicht aber seit der rechtskräftigen Verhängung des Waffenverbots) vergangenen Zeitraum abzustellen. Im angefochtenen Bescheid werde auf die Anlasstat und die Frage, inwieweit diese Gefährdung noch aufrecht sei, überhaupt nicht eingegangen. Sollte die maßgebliche Anlasstat eine von der Behörde angenommene Körperverletzung (des Sohnes des Beschwerdeführers) im Zuge einer familiären Auseinandersetzung vom 21. April 2004 gewesen sein, so seien seither bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheids sechs, und nicht - wie von der Behörde fälschlich angenommen - drei Jahre verstrichen. Soweit die Behörde auf die zwischenzeitliche Verurteilung wegen unbefugten Waffenbesitzes Bezug nehme, übersehe sie, dass nicht jede strafgerichtliche Verurteilung als solche die (weitere) Annahme iS des § 12 Abs 1 WaffG rechtfertige.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen sekundären Feststellungsmangel der belangten Behörde auf:
Ihrer Einschätzung, wonach die Gründe für die Erlassung des Waffenverbots noch nicht weggefallen seien, begründete die belangte Behörde damit, dass der Beschwerdeführer sich "seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides" (erkennbar gemeint:
seit dem Bescheid der BH Linz-Land vom 29. Oktober 2007, mit dem das Waffenverbot rechtskräftig verhängt worden ist) nicht einmal drei Jahre wohl verhalten habe.
Dabei hat sie in rechtlicher Hinsicht verkannt, dass der relevante Beobachtungszeitraum nicht erst mit der (rechtskräftigen) Verhängung des Waffenverbots, sondern bereits mit dem Abschluss der diesem Waffenverbot zugrundeliegenden Anlasstat zu laufen beginnt.
Dementsprechend hat es die belangte Behörde unterlassen, die erforderlichen Feststellungen zur Anlasstat, dem seither vergangenen Zeitraum und dem Verhalten des Beschwerdeführers innerhalb dieses maßgeblichen Zeitraums zu treffen. Erwähnung findet im angefochtenen Bescheid lediglich die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Linz wegen der Vergehen nach § 50 WaffG (die zugrundeliegenden Delikte wurden bis August 2005 begangen), ohne dass näher begründet worden wäre, welche Schlüsse die belangte Behörde aus diesen - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids etwa fünf Jahre zurückliegenden - Taten für die entscheidungsrelevante Prognose zieht, der Beschwerdeführer könnte weiterhin durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Insgesamt lässt sich daher nicht hinreichend nachvollziehen, aus welchem Grund sie vom Fortbestehen der qualifizierten Gefährdung iS des § 12 Abs 1 WaffG ausgegangen ist.
Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als damit die Berufung gegen die erstinstanzliche "Ablehnung" des Antrags auf Aufhebung des Waffenverbots abgewiesen wurde, gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
4. Gegen die "Ablehnung" des Antrags auf Festsetzung einer Entschädigung für die verfallenen Waffen und Munition wendet der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, er sei am 21. April 2009 anlässlich der Vorsprache bei der Waffenbehörde erstmals damit konfrontiert worden, dass seine Waffen verfallen sein sollen. Es sei ihm aber ausdrücklich eine Entschädigung zugesichert worden. Aufgrund dieser Besprechung habe der Beschwerdeführer darauf vertrauen dürfen, dass er zumindest rechtzeitig um eine entsprechende Entschädigung angesucht habe. Auch ein mündlich gestellter Antrag bzw ein Gespräch mit einer entsprechenden Zusage auf Entschädigung sei als Antrag auf Entschädigung iS des § 12 Abs 4 WaffG zu verstehen.
Dem ist zu erwidern, dass gemäß § 12 Abs 4 WaffG die sichergestellten Waffen (und Munition) mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbots (hier: am 23. November 2007) ex lege als verfallen gelten. Es bedarf im Fall des Waffenverbots keines gesonderten, den Verfall aussprechenden Bescheids, sondern die Rechtswirkungen des Verfalls an sichergestellten Gegenständen treten bereits mit der Rechtskraft des ein Waffenverbot verfügenden Bescheids ein. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die in § 12 Abs 4 letzter Satz WaffG normierte Frist (von einem Jahr) zu laufen. Innerhalb dieser Frist muss der Anspruch auf Entschädigung bei sonstigem Verlust geltend gemacht werden (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl 2005/03/0033, mwN), und zwar - als fristgebundenes Anbringen - gemäß § 13 Abs 1 AVG in schriftlicher Form.
Das Beschwerdevorbringen ist auf dem Boden dieser Rechtslage nicht geeignet, einen Entschädigungsanspruch zu begründen. Die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs hätte innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des Waffenverbots erfolgen müssen. Am 21. April 2009 (zu diesem Zeitpunkt wurde die Entschädigung auch schriftlich beantragt) war diese Frist bereits überschritten. Dass die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen gelten, wurde dem Beschwerdeführer - entgegen seinem Vorbringen - im Übrigen bereits im Bescheid der BH Linz-Land vom 29. Oktober 2007 (Waffenverbot) mitgeteilt.
Dass die angebliche Zusage einer Entschädigung durch einen Mitarbeiter der Waffenbehörde - so die Argumentation der Beschwerde - als Antrag iS des § 12 Abs 4 WaffG zu verstehen sei, kann nicht nachvollzogen werden; es würde aber jedenfalls nichts daran ändern, dass ein solcher Antrag nach der zitierten Bestimmung verspätet gewesen wäre. Sollte das Beschwerdevorbringen aber dahin zu verstehen sein, dass die behauptete "Zusage" einen eigenen Rechtsgrund für die Entschädigung begründe, ist ihr entgegen zu halten, dass § 12 Abs 4 WaffG die Zuerkennung der Entschädigung ausdrücklich "mittels Bescheides" vorsieht. Dass ein solcher (allenfalls mündlicher) Bescheid im gegenständlichen Fall vorgelegen hätte, wird aber nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet.
Die Beschwerde war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 21. Oktober 2011
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