VwGH 2010/01/0027

VwGH2010/01/002711.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des A A in S, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. Jänner 2010, Zl. 1/12-21358/21-2010, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art6;
StbG 1985 §11a Abs4 Z1;
StbG 1985;
MRK Art6;
StbG 1985 §11a Abs4 Z1;
StbG 1985;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines sudanesischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom 16. Oktober 2008 gemäß "§ 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF (StbG) iVm § 11a Abs. 4 Z 1 leg cit" ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit 4. März 2002 in Österreich ununterbrochen mit Hauptwohnsitz gemeldet. Sein Asylantrag vom 1. März 2002 sei in zweiter Instanz am 13. Oktober 2004 positiv entschieden worden.

Im Zuge des Verleihungsverfahrens habe das Bundesasylamt - auf diesbezügliche Anfrage der belangten Behörde vom 11. November 2009 - am 18. (richtig: 17.) November 2009 mitgeteilt, dass gegen den Beschwerdeführer ein (Asyl)Aberkennungsverfahren eingeleitet worden sei (weil der Beschwerdeführer zum Zweck seiner Verehelichung freiwillig in seinen Heimatstaat Sudan gereist sei). Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19. November 2009 sei dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Bestimmung des § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG mitgeteilt worden, dass eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht möglich sei, da eine Mitteilung des Bundesasylamts über die Einleitung eines Asylaberkennungsverfahrens vorliege. Der Beschwerdeführer habe hiezu keine Stellungnahme abgegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 11a Abs. 4 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 (StbG), ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn ihm der Status als Asylberechtigter zukommt, sofern das Bundesasylamt auf Anfrage mitteilt, dass weder ein Verfahren nach § 7 AsylG 2005 eingeleitet wurde, noch die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens vorliegen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 (AsylG 2005), ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn 1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder 3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Die Gesetzesmaterialien zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 (RV 1189 BlgNr. 22.GP) führen zu § 11 Abs. 4 Z. 1 StbG aus:

"Abs. 4 nennt weitere Personengruppen, die zeitlich privilegiert die Staatsbürgerschaft erhalten. Als Asylberechtigter nach dem AsylG 2005 gelten - unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 alle Personen, denen der Status eines Asylberechtigten zuerkannt oder die als Asylberechtigte anerkannt wurden, gleichgültig, wann und nach welcher Rechtsgrundlage, soweit dieser Status zwischenzeitig nicht entzogen wurde. … Da die Beurteilung der Frage, ob § 7 AsylG Anwendung findet, den Asylbehörden vorbehalten werden sollte, wird vorgeschlagen, nur eine Verpflichtung zur Anfrage bei diesen durch die Staatsbürgerschaftsbehörden zu statuieren."

2. Der Beschwerdeführer war bei Einbringung seines Verleihungsantrages unstrittig Asylberechtigter im Sinn des § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG.

3. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor:

a) Der Beschwerdeführer habe erstmals durch den angefochtenen Bescheid davon erfahren, dass gegen ihn ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet worden sei. Der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf Gehör verletzt.

b) Die belangte Behörde habe zu Unrecht eine Bindung an die Stellungnahme des Bundesasylamtes angenommen; eine derartige Bindung sei nicht gegeben, da eine rechtsverbindliche bzw. rechtskräftige Entscheidung des Bundesasylamtes gegenüber dem Beschwerdeführer nicht vorliege. Es handle sich um ein "zwischen Behörden abgelaufenes internes Verfahren", aus dem keine Rechtsfolgen für den Beschwerdeführer abgeleitet werden könnten.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Zu a): Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 19. November 2009 davon in Kenntnis gesetzt, dass nach Mitteilung des Bundesasylamtes vom 17. November 2009 gegen ihn ein Asyl-Aberkennungsverfahren eingeleitet und die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht möglich sei, und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Akteneinsicht und Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten am 21. November 2011 (durch Hinterlegung) zugestellt. Von der eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme hat der Beschwerdeführer nicht Gebrauch gemacht. Die behauptete Verletzung im Recht auf Parteiengehör liegt nicht vor.

Zu b): Soweit die Beschwerde eine Bindung der belangten Behörde an die Mitteilung des Bundesasylamtes bestreitet, ist dem entgegen zu halten, dass nach § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG das Vorliegen der Mitteilung der Asylbehörde (dass gegen den Verleihungswerber weder eine Verfahren nach § 7 AsylG 2005 eingeleitet wurde, noch die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen gegeben sind) tatbestandsmäßige Voraussetzung für die nach dieser Bestimmung vorgesehene privilegierte Verleihung der Staatsbürgerschaft an Asylberechtigte ist (zur Begünstigung für anerkannte Flüchtlinge durch Verkürzung der Mindestaufenthaltsdauer vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1394, mwN).

Die Bestimmung verfolgt den Zweck, bestimmte Asylberechtigte von der zeitlich privilegierten Staatsbürgerschaftsverleihung auszuschließen, wobei nach den erwähnten Gesetzesmaterialien die "Beurteilung" der Frage, ob § 7 AsylG 2005 Anwendung findet, den Asylbehörden vorbehalten bleibt (und die Staatsbürgerschaftsbehörde lediglich zu einer diesbezüglichen Anfrage verpflichtet wird). Für die Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde im Verleihungsverfahren ist indes allein das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer entsprechenden Mitteilung des Bundesasylamtes ausschlaggebend; dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verleihungswerber (durch das Bundesasylamt) von der - bereits erfolgten bzw. bevorstehenden - Einleitung eines Asylaberkennungsverfahrens in Kenntnis gesetzt wurde.

Aus dem Gesagten folgt, dass eine bevorzugte Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn das Bundesasylamt mitteilt, dass ein Aberkennungsverfahren nach § 7 AsylG 2005 bereits eingeleitet wurde oder eingeleitet wird (vgl. Fessler/Keller/Pommerening-Schober/Szymanski, Staatsbürgerschaftsrecht7 (2006) S. 133).

Da im Beschwerdefall der belangten Behörde eine Mitteilung des Bundesasylamtes über die Einleitung eines Asylaberkennungsverfahrens in Bezug auf den Beschwerdeführer vorlag, wurde der Verleihungsantrag daher gemäß § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG zu Recht abgewiesen.

4. Soweit die Beschwerde - mit näheren Ausführungen - weiters die Verletzung des Beschwerdeführers in nach Art. 6 EMRK gewährleisteten Rechten behauptet, genügt es darauf hinzuweisen, dass Verfahren über die Verleihung oder Aberkennung der Staatsbürgerschaft nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen (vgl. zuletzt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 7. Februar 2012, Al Hamdani gegen Bosnien und Herzegowina, Beschwerde Nr. 31098/10, Randnr. 72, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2008/01/0019, mwN).

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den unter Punkt 4. angeführten Gründen gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. Oktober 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte