VwGH 2009/22/0202

VwGH2009/22/020220.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der L, geboren 1984, vertreten durch die Dr. Göbel Rechtsanwalts GmbH in 1080 Wien, Florianigasse 19/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 3. Juni 2009, Zl. 153.603/2-III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293;
EStG §4 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ASVG §293;
EStG §4 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. Juni 2009 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer philippinischen Staatsangehörigen, vom 6. August 2008 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin die Familienzusammenführung mit ihrem österreichischen Ehemann anstrebe. Diesen habe sie am 19. März 2008 geheiratet. Von diesem als Zusammenführenden sei ein Einkommensnachweis zu erbringen. Der Ehemann verdiene nach den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen als Taxilenker monatlich ca. EUR 1.200,--. Er habe einen Kredit in der Höhe von EUR 31.210,-- zu begleichen. Die Kreditraten würden bei EUR 520,-- liegen und somit die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel schmälern. Dem Ehemann verblieben daher im Monat lediglich EUR 680,--.

Da das Einkommen unter den sich aus § 293 ASVG ergebenden Richtsätzen liege, sei der Unterhalt der Beschwerdeführerin nicht gedeckt und es würde ihr Aufenthalt in Österreich zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen.

In der weiteren Bescheidbegründung nahm die belangte Behörde eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG zu Lasten der Beschwerdeführerin vor und stellte weiters fest, dass sie die Voraussetzungen der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG nicht erfülle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage samt Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zutreffend beurteilte die belangte Behörde das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel nach dem Richtsatz des § 293 ASVG. Sie ging davon aus, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin als Taxilenker monatlich EUR 1.200,-- verdiene, er jedoch einen Kredit mit monatlichen Raten von EUR 520,-- zurückzahlen müsse. Somit würden ihm im Monat lediglich EUR 680,-- für sich und die Beschwerdeführerin verbleiben.

Die Feststellungen halten einer Schlüssigkeitsprüfung nicht stand.

Die belangte Behörde bezieht sich auf die Unterlagen, die die Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 29. Mai 2009 vorgelegt hat. Gemäß der Nachricht der Wirtschaftstreuhänderin und Steuerberaterin Dr. Helga Strauss-Günters vom 26. Mai 2009 zeige der Vergleich der Umsätze des Unternehmens des Ehemannes der Beschwerdeführerin mit den Vorjahren eine kleine, aber nicht wesentliche Steigerung. Mit dem Kauf eines neuen Firmenautos würden Aufwendungen für Reparaturen nicht anfallen, sodass der Gewinn, sofern nichts Unvorhergesehenes geschehe, heuer fast EUR 15.000,-- erreichen werde. Die steuerliche Bemessungsgrundlage verringere sich auf Grund der Abschreibung für das neue Auto soweit, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin für den ausgewiesenen Gewinn auch keine Einkommensteuer bezahlen müsse. Umgerechnet auf einen Monat würden ihm im Jahr 2009 im Durchschnitt vorsichtig berechnet etwa EUR 1.200,-- zum Verbrauch zur Verfügung stehen.

Aus diesem Schreiben ist eindeutig abzuleiten, dass der Kredit unternehmensbezogen zum Ankauf eines neuen Fahrzeuges aufgenommen wurde. Wenn darin von einem Gewinn von fast EUR 15.000,-- die Rede ist und davon, dass im Monat etwa EUR 1.200,-- zum Verbrauch zur Verfügung stünden, ist die behördliche Feststellung nicht nachvollziehbar, dass die Kreditraten bei dieser unternehmensbezogenen Betrachtung nicht berücksichtigt sind und erst von dem zum Verbrauch zur Verfügung stehenden Betrag von EUR 1.200,-- abgezogen werden müssten. Diese sich auf das Jahr 2009 beziehende Erklärung ist nämlich im Zusammenhang mit für davor liegende Jahre abgegebenen Erklärungen zu legen, wonach unter ausdrücklichem Hinweis auf den erfolgten Abzug der Kosten für das Auto von einem für den Verbrauch zur Verfügung stehenden Betrag von EUR 1.000,-- auszugehen sei.

§ 4 Abs. 1 EStG definiert im Übrigen den Gewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Fehlt die gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung und werden Bücher auch nicht freiwillig geführt, darf gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben als Gewinn angesetzt werden.

In der Beschwerde wird in diesem Sinn zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kredit dem Taxiunternehmen zuzurechnen sei. Hätte die belangte Behörde Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Bestätigung der Steuerberaterin gehabt, hätte sie weitere Erhebungen durchführen müssen.

Wegen dieses aufgezeigten Verfahrensmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 20. Jänner 2011

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