Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §46 Abs4;
NAG 2005 §72 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73 Abs4;
NAG 2005 §74;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §46 Abs4;
NAG 2005 §72 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73 Abs4;
NAG 2005 §74;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Kosovo, vom 10. März 2006 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der seit 13. Juli 2004 durchgehend in Österreich polizeilich gemeldete Beschwerdeführer bereits zweimal erfolglos einen Asylantrag gestellt habe. Anschließend habe er den gegenständlichen Antrag im Inland eingebracht und er habe sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten.
Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien jedoch Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet im Ausland einzubringen und es sei die Entscheidung im Ausland abzuwarten. Somit stehe diese Bestimmung einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegen. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, sei entbehrlich.
Gemäß § 74 NAG könne die Behörde einen im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung aus besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Gründen (§ 72 NAG) von Amts wegen zulassen. Der Beschwerdeführer berufe sich auf die Pflegebedürftigkeit seines Vaters, mit dem er in Wien wohne und dessen einzig verbliebener Angehöriger er sei.
Die belangte Behörde stelle dazu fest, dass die Krankheit des Vaters einen immer schlechter werdenden Verlauf gehabt habe und nicht plötzlich eingetreten sei. Somit sei der schlechte Zustand im Vorhinein absehbar gewesen. Der Beschwerdeführer oder sein Vater hätten schon zu früheren Zeitpunkten Vorsorge treffen können. Eine Inlandsantragstellung werde daher nicht von Amts wegen zugelassen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid an ihn gerichtete Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit weiterem Beschluss vom 28. Jänner 2009, B 2253/07-17, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten, der über die ergänzte Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
§ 21 Abs. 1 NAG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 lautet:
"Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten."
Zunächst ist dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten, dass es sich bei der Verpflichtung, den Antrag im Ausland zu stellen und das Verfahren im Ausland abzuwarten, nicht um ein bloßes Formalerfordernis, sondern um eine Erfolgsvoraussetzung handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, 2008/21/0145). Somit ist es nicht "denkunmöglich", dass die belangte Behörde den Antrag ab- und nicht zurückgewiesen hat.
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass es sich bei dem gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag handelt und dass keiner der eine Antragstellung im Inland ermöglichenden Tatbestände des § 21 Abs. 2 NAG vorliegt.
Das Recht, die Entscheidung über den gegenständlichen Antrag im Inland abwarten zu dürfen, kommt daher nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, so ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei die Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 Abs. 1 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2009, 2008/22/0328, mwN).
So stellt der am Maßstab der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ausnahmsweise direkt aus Art. 8 EMRK ableitbare Anspruch auf Familiennachzug einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung dar. Nach der Rechtsprechung des EGMR kommt es für diese Gewährleistung von Familiennachzug auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 2008, 2008/22/0164, 0165 mwN). Im Allgemeinen hat ein Fremder kein Recht, in seinem aktuellen Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, fällt nicht entscheidend ins Gewicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, 2008/21/0288 bis 0290).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im bereits zitierten Erkenntnis 2008/22/0164, 0165 erkennen lassen, dass es auch dann einen Eingriff in das Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK bewirken kann, wenn nicht der pflegebedürftige Fremde selbst außer Landes geschafft wird, sondern durch die Verhinderung des Verbleibs eines Fremden in Österreich die weitere Pflege eines hier aufhältigen Angehörigen unmöglich gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch klargestellt, dass ein unzulässiger Eingriff in das Familienleben nur dann vorliegt, wenn eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit im Heimatland nicht gegeben ist (vgl. dazu die bereits zitierten Erkenntnisse 2008/22/0164, 0165, sowie 2008/22/0328).
Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, dass eine Behandlung seines Vaters im Heimatland nicht entsprechend möglich wäre. Sein diesbezügliches Vorbringen in der Beschwerde stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar. Schon aus diesem Grund durfte die belangte Behörde das Vorliegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs nach Art. 8 EMRK durch die Versagung der Niederlassungsbewilligung verneinen.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die weitere Bescheidbegründung wendet, dass ein "weiteres Eingehen" auf die persönlichen Verhältnisse im Hinblick auf Art. 8 EMRK entbehrlich sei, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde durch die Anwendung der §§ 72 und 74 NAG ohnedies eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorgenommen hat. Dem zitierten Teil der Bescheidbegründung kommt somit im vorliegenden Fall kein eigenständiger Begründungswert zu.
Der Beschwerdehinweis auf die Erforderlichkeit einer Beurteilung, ob eine Ausweisung des Beschwerdeführers zulässig wäre, geht fehl, weil - wie dargelegt - die Verweigerung einer Niederlassungsbewilligung ebenso wie die Zulässigkeit einer Ausweisung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK unterliegt.
Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 26. Jänner 2010
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