VwGH 2009/21/0132

VwGH2009/21/013222.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Villach vom 5. Mai 2009, Zl. 1-1021038/FRB/09, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §46;
AVG §58 Abs2;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nach eigenen Angaben am 29. November 1981 geborener Staatsangehöriger der Republik Elfenbeinküste, reiste am 21. Juni 2004 nach Österreich ein und beantragte die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Oktober 2007 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. iVm § 50 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach der Elfenbeinküste" zulässig sei. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Elfenbeinküste ausgewiesen.

In der Folge verließ der Beschwerdeführer seine bisherige Unterkunft und hielt sich, ohne die ihm im Asylverfahren bekannt gegebene Meldepflicht zu erfüllen, bei verschiedenen Freunden auf. Am 6. November 2008 versuchte er sich erfolglos einer fremdenpolizeilichen Kontrolle zu entziehen.

Mit Bescheid vom 6. November 2008 verhängte die Bundespolizeidirektion Klagenfurt gegen ihn gemäß § 76 Abs. 1 FPG die Schubhaft u.a. zur Sicherung seiner Abschiebung. Infolge dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer bis zum 12. Jänner 2009 in Schubhaft angehalten.

Am 11. November 2008 beantragte die Bundespolizeidirektion Klagenfurt bei der zuständigen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer. Nach Urgenzen vom 22. Dezember 2008 und 12. Jänner 2009 teilte die Botschaft mit, dass der Beschwerdeführer nicht Staatsangehöriger der Elfenbeinküste sei. Dies sei auf Grund seines Namens feststellbar, der "nicht typisch für die Elfenbeinküste" sei. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin am selben Tag aus der Schubhaft entlassen.

Am 15. Jänner 2009 beantragte er die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes nach § 46 Abs. 3 FPG, vorerst für die Dauer eines Jahres. Begründend verwies er auf das dargestellte Verwaltungsgeschehen, aus dem hervorgehe, dass seine Abschiebung aus dem Bundesgebiet aus faktischen Gründen nicht möglich sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 2009 wies die Bundespolizeidirektion Villach (die auf Grund eines Wohnsitzwechsels des Beschwerdeführers zuständig gewordene belangte Behörde) diesen Antrag gemäß § 46 Abs. 3 FPG ab.

Begründend verwies sie zunächst auf den rechtskräftigen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Oktober 2007, worin die Zulässigkeit der Abschiebung in die Republik Elfenbeinküste festgestellt worden sei. Eine aus § 50 Abs. 1 FPG folgende Unzulässigkeit habe auch der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Der Versuch, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, sei zwar schon einmal gescheitert, doch sei unter der Voraussetzung der "vollständigen Mitwirkung" des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass letztlich die Erlangung bzw. Ausstellung eines Heimreisezertifikates gelingen werde. Der Beschwerdeführer habe sich im Asylverfahren auf eine Staatsangehörigkeit der Republik Elfenbeinküste berufen, was Grund zur Annahme bilde, dass er Angehöriger dieses Staates sei. Selbst wenn man das Gegenteil unterstelle, wäre die Ursache für die Nichterlangung des Heimreisezertifikates in seiner Sphäre zu suchen. Es sei nämlich anzunehmen, dass bei ausreichender Mitwirkung des Staatsangehörigen die Botschaft der Republik Elfenbeinküste gewillt sei, ein Heimreisezertifikat auszustellen. Deshalb sei vom Gelingen dieses Vorhabens auszugehen. Darüber hinaus bestehe ein öffentliches Interesse, den Beschwerdeführer ohne Verzögerung außer Landes zu bringen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 46 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 50 FPG) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint.

Die belangte Behörde ist zwar insofern im Recht, als eine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung dann nicht vorliegt, wenn der einer Abschiebung entgegenstehende Grund vom Fremden auf zumutbare Weise (also etwa durch Bekanntgabe seiner wahren Identität bzw. des richtigen Herkunftsstaates) beseitigt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2007, Zl. 2006/21/0375, mwN).

Der erwähnte - die Begründung des angefochtenen Bescheides letztlich allein tragende - Vorwurf einer mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Erlangung eines Heimreisezertifikates beruht jedoch nicht auf einem mängelfreien Verfahren: Der Verwaltungsgerichtshof judiziert nämlich in ständiger Rechtsprechung, dass die bloße Bezugnahme auf die Mitteilung einer Botschaft, wie sie im vorliegenden Fall am 12. Jänner 2009 ergangen ist und in einem Aktenvermerk festgehalten wurde, nicht die Annahme rechtfertigt, der Fremde habe eine falsche Staatsangehörigkeit angegeben oder seine Identität verschleiert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2006/21/0007, mwN). Dies gilt ebenso für den nicht näher substanziierten Vorwurf der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht ausreichend mitgewirkt.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. Oktober 2009

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