VwGH 2009/18/0328

VwGH2009/18/032825.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerden 1. der A M, geboren am 17. März 1971, 2. des F M, geboren am 16. Juni 1968, 3. der F M, geboren am 30. Mai 2002,

4. des F M, geboren am 27. Mai 2006, und 5. des F M, geboren am 21. August 1995, alle in W, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Maga. Doris Einwallner, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien jeweils vom 8. Juli 2009, Zl. E1/202.551/2009 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin, hg. Zl. 2009/18/0328), Zl. E1/202.523/2009 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer, hg. Zl. 2009/18/0329), Zl. E1/203.086/2009 (betreffend die Drittbeschwerdeführerin, hg. Zl. 2009/18/0330), Zl. E1/203.033/2009 (betreffend den Viertbeschwerdeführer, hg. Zl. 2009/18/0331) und Zl. E1/203.006/2009 (betreffend den Fünftbeschwerdeführer, hg. Zl. 2009/18/0332), betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §51;
FrPolG 2005 §53 Abs1 impl;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
EMRK Art3;
NAG 2005 §43;
NAG 2005 §44;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §51;
FrPolG 2005 §53 Abs1 impl;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
EMRK Art3;
NAG 2005 §43;
NAG 2005 §44;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der übrigen Beschwerdeführer. Alle sind Staatsangehörige des Kosovo.

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 8. Juli 2009 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) die Beschwerdeführer jeweils gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde stellte in den - weitgehend gleichlautenden - Bescheiden den folgenden Sachverhalt fest:

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführer, sei am 15. Juni 2000 erstmalig und ohne seine Familie mit einem Schlepper in das Bundesgebiet gelangt und habe am 16. Juni 2000 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid vom 6. Juli 2000 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG abgewiesen worden sei. Gleichzeitig sei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo, gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt worden. Mit Bescheid der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) vom 26. März 2001 sei der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG ausgewiesen worden. Dennoch sei er - wieder unterstützt durch einen Schlepper - (laut seinen Angaben vor dem Bundesasylamt) am 14. August 2003 in das Bundesgebiet zurückgekehrt.

Ein am 20. August 2003 gestellter Asylantrag des Zweitbeschwerdeführers sei vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 9. September 2003 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden. Wiederum sei gemäß § 8 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Jugoslawien, Provinz Kosovo, für zulässig erklärt worden. Eine dagegen erhobene Berufung sei am 16. Oktober 2008 vom Asylgerichtshof abgewiesen worden.

Die Erstbeschwerdeführerin mache geltend, mit dem PKW eines Bekannten am 24. Mai 2005 in Österreich eingereist zu sein. Ein am 31. Mai 2005 (von ihr) gestellter Asylantrag sei im Instanzenzug am 16. Oktober 2008 vom Asylgerichtshof abgewiesen worden.

Die Drittbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer seien am 24. Mai 2005 mit ihrer Mutter, der Erstbeschwerdeführerin, unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Der Viertbeschwerdeführer sei am 27. Mai 2006 in W geboren worden und halte sich seitdem in Österreich auf. Ihre Asylanträge seien im Instanzenzug am 16. Oktober 2008 vom Asylgerichtshof abgewiesen worden.

Die Beschwerdeführer machten geltend, dass die gesamte Familie intakt, unbescholten und gut integriert wäre. Der Zweitbeschwerdeführer wäre seit August 2003 durchgehend und seit Mai 2005 mit seiner Familie im Bundesgebiet. Er hätte über das AMS (Arbeitsmarktservice) zwei mehrmonatige Kurse als Teppichrestaurator absolviert. Die Erstbeschwerdeführerin hätte bereits zwei Sprachkurse absolviert und nähme an Mütterseminaren in einer näher genannten Pfarre in W teil, wo die Familie als katholische Kosovo-Albaner gut in die katholische Kirchengemeinde integriert wäre. Sie ginge keiner Beschäftigung nach. "Die Geschwister" (offensichtlich gemeint: die Drittbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer) besuchten die Schule. Als Asylwerber könnten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen. Die Abdeckung der Lebensunterhalts- und Krankenkosten und der Krankenversicherung erfolgte durch die Grundversorgung. Im Kosovo bestünde weiterhin die Gefahr tätlicher Übergriffe der Polizei gegen den Zweitbeschwerdeführer. Dieser wäre im Oktober 2002 Opfer einer schweren Körperverletzung und Misshandlung im Kosovo geworden. Die damaligen Täter wären Polizisten gewesen. Das Gerichtsverfahren gegen die Polizisten wäre damals ohne Begründung eingestellt worden. Die Gerichtsunterlagen wären erst nach langer Zeit nach Zahlung von erheblicher Gebühr (Schwarzgeld) herausgegeben worden. Das bestätigte, dass der Kosovo noch weit entfernt von Rechtsstaatlichkeit wäre. Die gesamte Familie wollte in Österreich bleiben. Es fehlte jegliche Existenzgrundlage, Arbeitsmöglichkeit und Wohnung im Kosovo. Eine gesundheitliche Versorgung für den Viertbeschwerdeführer, die finanziell leistbar wäre, wäre nicht möglich. Der Bruder des Zweitbeschwerdeführers hätte die österreichische Staatsbürgerschaft. "Die Geschwister" hätten in der Schule einen Freundeskreis und wären gut integriert. Durch Kontakte zur Pfarrgemeinde hätte man einen Freundeskreis und Bekannte und wäre sozial integriert.

Zwischenzeitlich sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen gemäß § 72 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG angeregt worden.

Nach Darstellung des wesentlichen Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde weiter begründend aus, einem Bericht der Erstbehörde vom 10. Juni 2009 sei zu entnehmen, dass ein am 4. Dezember 2008 bei der Magistratsabteilung 35 (beim Landeshauptmann von Wien) gestellter Antrag auf eine quotenfreie Erstaufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen am 25. März 2009 abgewiesen worden sei. Am 28. Mai 2009 sei ein neuerlicher Antrag auf eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung nach § 44 Abs. 3 NAG gestellt worden, über welchen noch nicht entschieden worden sei.

In einer weiteren Stellungnahme vom 27. Mai 2009 seien "Unterstützungserklärungen für ein Bleiberecht in Österreich" für die gesamte Familie vorgelegt worden.

Die Beschwerdeführer verfügten über keinen Aufenthaltstitel. Solcherart seien die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen.

Nach Hinweis auf § 66 Abs. 1 und 2 FPG führte die belangte Behörde aus, dass vor dem Hintergrund dieser Gesetzesbestimmung von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer auszugehen sei. Dieser Eingriff erweise sich zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - jedoch als dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstießen die zweimalige rechtswidrige Einreise des Zweitbeschwerdeführers unter Zuhilfenahme eines Schleppers und die illegale Einreise der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder ganz massiv. Schon nach Abschluss des ersten Asylverfahrens und der Ausweisung nach § 33 FrG habe dem Zweitbeschwerdeführer und auch der Erstbeschwerdeführerin klar sein müssen, dass sie nicht darauf bauen könnten, durch eine illegale Einreise und durch Stellung eines Asylantrages einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Darüber hinaus sei der nicht bloß kurzfristige unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Anschluss an ein Asylverfahren zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sei das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer (gemeint: in Österreich) in wesentlichen Punkten zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer ihres unsicheren Aufenthaltsstatus hätten bewusst sein müssen.

In Anbetracht des Fehlens eines Niederlassungsrechtes sei die Ausweisung der Beschwerdeführer gerechtfertigt. Im Übrigen sei die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration während des Asylverfahrens in ihrem Gewicht dadurch erheblich gemindert, dass dieser Aufenthalt auf Grund eines (in der Folge abgewiesenen) Asylantrages lediglich vorläufig berechtigt gewesen sei. Auf dem Boden der getroffenen Feststellungen komme eine Legalisierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet vom Inland aus nicht in Betracht.

Die bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet. Die Erlassung der Ausweisung sei daher dringend geboten und sohin im Sinn des § 66 FPG zulässig.

Was die ins Treffen geführte Erkrankung des Viertbeschwerdeführers und die behauptete ungenügende ärztliche Behandlungsmöglichkeit im Heimatland betreffe, werde auf die vom Asylgerichtshof (in dessen Erkenntnis vom 13. Oktober 2008) im Asylverfahren getroffenen Feststellungen verwiesen:

Demnach existiere im Kosovo grundsätzlich eine funktionierende Grundversorgung im Gesundheitswesen, wenn auch nicht auf dem Niveau westeuropäischer Staaten. Für bestimmte Personengruppen sei die Gesundheitsversorgung kostenlos; allerdings würden seitens des medizinischen Personals gewisse "Aufmerksamkeiten" erwartet. Diese "Aufmerksamkeiten" hätten jedoch - in der Regel für Angehörige der albanischen Volksgruppe - keine existenzbedrohenden Ausmaße. Im Asylverfahren habe sich aus dem Vorbringen nicht ergeben, dass im Falle einer Rückkehr in den Kosovo die Familie am Leben bedroht oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wäre. Es bestehe ein Sozialhilfesystem auf niedrigem Niveau, und es sei davon auszugehen, dass die Familie - wie vor der Ausreise - auch Unterstützung durch ihre im Kosovo lebenden Verwandten erhalten könnte. Unabhängig davon wäre nach den Feststellungen selbst im Falle des Ausbleibens von Unterstützung seitens der Familie davon auszugehen, dass humanitäre Hilfe bei den nach wie vor im Kosovo tätigen internationalen Organisationen gefunden werden könnte. Es bestehe im Herkunftsstaat trotz schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse keine Situation, wonach die Familie lebensgefährdend in ihrer Existenz bedroht werde. Die Erkrankung des Viertbeschwerdeführers bilde vor dem Hintergrund der nach den Feststellungen bestehenden Grundversorgung im Gesundheitsbereich im Kosovo keinen Umstand, der eine Abschiebung als unmenschliche Behandlung erscheinen ließe.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden mit dem Begehren, die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und darüber erwogen:

1. Auf dem Boden der in den angefochtenen Bescheiden getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen, dass die von den Beschwerdeführern gestellten Asylanträge rechtskräftig abgewiesen worden seien und sie über keinen Aufenthaltstitel verfügten, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FPG jeweils erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerden bekämpfen die angefochtenen Bescheide jeweils unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK bzw. des § 66 FPG und bringen vor, dass die belangte Behörde die in § 66 Abs. 2 leg. cit. (idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) normierten Kriterien nur unzureichend berücksichtigt habe und der unrechtmäßige Aufenthalt für sich allein nicht den Schutz des durch Art. 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens mindere. Im Hinblick auf die §§ 43 und 44 NAG sei entgegen der Ansicht der belangten Behörde eine Legalisierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführer in Österreich möglich. Die seit mehreren Jahren in Österreich aufhältigen Beschwerdeführer hätten hier ein intaktes Familienleben, welches auch den Bruder des Zweitbeschwerdeführers, den österreichischen Staatsbürger G., und dessen Ehegattin umfasse. Sie seien in Österreich äußerst gut integriert und verfügten über einen gesicherten Lebensunterhalt und eine ortsübliche Unterkunft sowie eine alle Risken abdeckende Krankenversicherung. Die älteren Kinder besuchten sehr erfolgreich die Schule und beherrschten die deutsche Sprache bereits besser als die Sprache ihres Herkunftslandes. Auch ihre Eltern hätten die deutsche Sprache bereits sehr gut erlernt. Der Bruder und die Schwägerin des Zweitbeschwerdeführers seien österreichische Staatsbürger und unterstützten die Beschwerdeführer in jeglicher Hinsicht, insbesondere auch finanziell. Der Zweitbeschwerdeführer habe eine fixe Arbeitsplatzzusage, und die Kinder hätten sich besonders gut eingelebt, wobei sie die für die Sozialisierung eines Menschen maßgeblichen Jahre bereits hier verbracht hätten. Ihre Bindungen zu Österreich seien daher bereits wesentlich stärker ausgeprägt als ihre Bindungen zum Herkunftsland. Die rege Teilnahme der Familie am sozialen Leben sei durch bereits vorgelegte Unterlagen dokumentiert. Zu ihrem Herkunftsland bestünden keine nennenswerten Bindungen mehr. Es seien zwar noch Angehörige im Herkunftsland wohnhaft, auf Grund der Vorkommnisse, die die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in erhebliche Gefahr brächten, seien ihre Bindungen zum Herkunftsland jedoch erheblich abgeschwächt. Auch sei die medizinische Versorgung des Viertbeschwerdeführers im Kosovo nicht in ausreichender Form gewährleistet, bestehe doch dort - wie von der belangten Behörde dargelegt - lediglich eine Primärversorgung. Ob allerdings auch in medizinischen Notfällen eine ausreichende Versorgung notwendig sei, etwa im Fall eines Erstickungsanfalles, sei damit in keiner Weise beantwortet. Zwar seien die dargestellten Bindungen während des Asylverfahrens entstanden, sie seien jedoch trotzdem nicht einfach außer Acht zu lassen. Die belangte Behörde habe sich in keiner Weise ausreichend mit den Auswirkungen der Ausweisung auf das Familienleben der Beschwerdeführer und auf den Gesundheitszustand des Viertbeschwerdeführers, etwa durch Einholung eines Gutachtens, befasst und dazu auch keinerlei Ermittlungen durchgeführt. Der Verweis auf Feststellungen im Asylverfahren könne eigene Ermittlungen und Feststellungen nicht ersetzen. Auch habe die belangte Behörde beantragte Zeuginnen nicht vernommen und auch keinen Bericht zur wirtschaftlichen und humanitären Lage im Kosovo eingeholt. Darüber hinaus seien die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt worden und hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführern vor Erlassung der angefochtenen Bescheide noch Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Dabei hätten die Beschwerdeführer noch einmal ausführlich darlegen können, welche gravierenden Auswirkungen auf ihr Privat- und Familienleben mit der Ausweisung verbunden seien und weshalb es ihnen nicht zumutbar sei, in den Kosovo zurückzukehren und für die Antragstellung aus Österreich auszureisen, bzw. weshalb keine Möglichkeit bestehe, den Aufenthalt erfolgreich vom Ausland aus "sanieren" zu können. Sie hätten weiters darlegen können, dass der Viertbeschwerdeführer im Kosovo keinesfalls die erforderliche medizinische Behandlung erwarten könne und das Fortkommen der Familie im Fall der Rückkehr tatsächlich erheblich gefährdet sei. Schließlich hätten sie noch einmal auf die Bedeutung und Intensität der Beziehung zum Bruder und zur Schwägerin des Zweitbeschwerdeführers wie auch auf ihre Beziehungen zu den Mitgliedern der Pfarre hinweisen können.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerden keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf.

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 FPG (idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) hat die belangte Behörde einen mit der Ausweisung der Beschwerdeführer verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Sinne dieser Gesetzesbestimmung angenommen. Die aus der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration ist - worauf die belangte Behörde jeweils zutreffend hingewiesen hat - in ihrem Gewicht jedoch dadurch entscheidend gemindert, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nur auf Grund von sich als unberechtigt erweisenden Asylanträgen vorläufig berechtigt und nach rechtskräftiger Abweisung der Asylanträge unrechtmäßig war. Im Fall des Zweitbeschwerdeführers kommt hinzu, dass er nach rechtskräftiger Abweisung seines ersten Asylantrages im Jahr 2000 und seiner darauffolgenden Ausweisung am 14. August 2003 neuerlich unter Zuhilfenahme eines Schleppers in das Bundesgebiet eingereist ist und sich damit erneut über die maßgeblichen inländischen Rechtsvorschriften hinweggesetzt hat. Zu Recht hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass sich auch die am 24. Mai 2005 eingereisten Familienmitglieder ihres unsicheren aufenthaltsrechtlichen Status hätten bewusst sein müssen.

Den im Hinblick darauf stark relativierten persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt bewirkte erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, Zl. 2009/18/0048, mwN), gegenüber.

Nach der hg. Judikatur (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/18/0721, mwN) wären die Beschwerdeführer nur dann vor einer Ausweisung gestützt, wenn eine rasche bzw. sofortige Erteilung eines (humanitären) Aufenthaltstitels zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffes in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- oder Familienleben erforderlich wäre. Die in den Beschwerden angeführten persönlichen Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich stellen jedoch - auch nach den in der Judikatur des EGMR dargestellten Kriterien (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, Zl. 2009/18/0138, mwN) - keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK dar, die es den Beschwerdeführern unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels von Österreich auszureisen. Wenn die Beschwerden auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach den §§ 43 und 44 NAG hinweisen, so ist damit für ihren Standpunkt nichts gewonnen, zumal gemäß § 44b Abs. 3 NAG Anträge nach § 43 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 und 4 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach dem NAG begründen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0217).

Wenn die Beschwerdeführer ferner darauf hinweisen, dass sie vom Bruder des Zweitbeschwerdeführers und dessen Ehegattin unterstützt würden, so ist auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich, dass eine finanzielle Unterstützung durch diese Angehörigen nicht auch im Ausland möglich wäre. Entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde auch berechtigt, zur Beurteilung der medizinischen Versorgungslage im Kosovo auf die Ergebnisse des Asylverfahrens zurückzugreifen (vgl. zum Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel § 46 AVG), und es kann keine Rede davon sein, dass sich die belangte Behörde mit der medizinischen Versorgung im Kosovo nicht befasst habe. Die Beschwerde legt nicht dar, auf Grund welcher konkreter Berichte oder sonstiger Unterlagen die belangte Behörde zu anderen Feststellungen hätte gelangen müssen, und führt auch nicht aus, auf Grund welcher konkreten Besonderheiten des Krankheitsbildes eine Behandlung des Viertbeschwerdeführers im Kosovo nicht möglich wäre. Wenn die Beschwerde auf das Vorbringen der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren hinweist, wonach der Viertbeschwerdeführer an einer schweren spastischen Bronchitis leide, weshalb er mehrfach mit Erstickungsanfällen in ein Krankenhaus habe eingeliefert werden müssen, und im Kosovo keine genügende fachärztliche Behandlung für diese Krankheit verfügbar sein würde sowie diese Behandlung finanziell auch nicht leistbar wäre, so stehen diesem Vorbringen die diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid entgegen, denen zufolge im Kosovo eine funktionierende Gesundheitsversorgung bestehe, wenn auch von Seiten des medizinischen Personals "gewisse Aufmerksamkeiten" erwartet würden. Zur Frage der finanziellen Leistbarkeit ist auf das eigene Vorbringen der Beschwerdeführer hinzuweisen, wonach der Bruder und die Schwägerin des Zweitbeschwerdeführers die Beschwerdeführer in jeglicher Hinsicht, insbesondere auch finanziell, unterstützten. Dass eine finanzielle Unterstützung der Beschwerdeführer bei deren Aufenthalt im Ausland durch die genannten Angehörigen für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht möglich sei, wird in der Beschwerde - wie bereits angeführt - nicht behauptet. Darüber hinaus begründete auch das Unterbleiben der Einholung eines Gutachtens zu der ins Treffen geführten Erkrankung keinen Verfahrensmangel, weil die belangte Behörde in ihrem Bescheid ohnedies von einer solchen Erkrankung des Viertbeschwerdeführers ausgegangen ist. Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass die belangte Behörde von Amts wegen einen Bericht zur wirtschaftlichen und humanitären Lage im Kosovo hätte beischaffen müssen, so präzisieren sie nicht, auf Grund welchen konkreten Berichtes sich welche von den obgenannten, im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen abweichenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben hätten. Auch der weitere Beschwerdevorwurf, dass die belangte Behörde "die namhaft gemachten Zeuginnen" - offensichtlich gemeint: der in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde genannte Bruder des Zweitbeschwerdeführers und dessen Ehegattin - hätte vernehmen müssen, ist nicht zielführend, führt die Beschwerde doch nicht aus, welche konkreten eigenen Wahrnehmungen diese Personen hätten bezeugen sollen und welche konkrete Feststellungen im angefochtenen Bescheid auf Grund dieser Zeugenaussagen hätten getroffen werden sollen.

Auf Grund dieser Überlegungen kann es dahingestellt bleiben, ob die behauptete Qualität der gesundheitlichen Versorgung des Viertbeschwerdeführers in seinem Heimatstaat überhaupt unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu beurteilen ist oder ob dieses Vorbringen nur auf den Schutzbereich des Art. 3 EMRK abzielt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die Urteile des EGMR vom 6. Februar 2001, Nr. 44599/98 (Bensaid), und vom 27. Mai 2008, Nr. 26565/05 (N.); ferner etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2008, B 2400/07).

Was die behauptete Bedrohung des Zweitbeschwerdeführers und seiner Familienangehörigen in deren Heimatland anlangt, so ist darüber in einem gesonderten Verfahren - so z.B. in einem Asylverfahren oder einem Feststellungsverfahren gemäß § 51 FPG - zu entscheiden und hindert diese Behauptung nicht die Erlassung einer Ausweisung. Im Übrigen ist ein Fehlen jeglicher Existenzgrundlage nicht in einem Ausweisungsverfahren, sondern etwa in einem Verfahren gemäß § 51 leg. cit. geltend zu machen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0056).

Wenn die Beschwerden das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 2008, B 1859/07 u.a., ins Treffen führen, so sind die diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fälle, in denen sich bei Erlassung der von diesem Gericht zu beurteilenden Ausweisungsbescheide ein legal eingereister Drittstaatsangehöriger, der zuerst über Aufenthaltstitel verfügt hatte, und auch seine ihm nachgefolgten, illegal eingereisten Familienangehörigen (seine Ehefrau und seine minderjährigen Kinder) ununterbrochen bereits rund neun Jahre - somit deutlich länger als in den vorliegenden Beschwerdefällen - im Bundesgebiet aufgehalten hatten, mit den vorliegenden Beschwerdefällen, in denen noch keiner der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel verfügt hat, nicht vergleichbar. Die Ansicht der belangten Behörde, dass § 66 FPG der Erlassung der Ausweisung nicht entgegensteht, begegnet daher keinem Einwand.

3. Ferner kann keine Rede davon sein, dass die angefochtenen Bescheide, wie die Beschwerden meinen, nicht ausreichend begründet seien. Soweit die Beschwerden vorbringen, dass bei der "MA 35" (gemeint: beim Landeshauptmann von Wien) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt worden seien und die Verfahren darüber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen seien, weshalb die belangte Behörde den Ausgang dieser Verfahren hätte abwarten müssen, ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass nach ständiger hg. Judikatur selbst die Anhängigkeit eines Niederlassungsverfahrens zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung führt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, Zl. 2008/18/0651, mwN; ferner das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2009/18/0217).

4. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, und ergeben sich keine besonderen Umstände, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten der Beschwerdeführer geboten hätten. Die in der Beschwerde angesprochene Möglichkeit, einem Fremden gemäß den §§ 43 und 44 NAG einen Aufenthaltstitel zu erteilen, stellt hiebei keinen Umstand im genannten Sinn dar (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 2009/18/0217, und das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0204).

5. Das somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne ein weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. September 2009

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