VwGH 2009/18/0217

VwGH2009/18/02177.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des LO (auch: LO), geboren am 2. Februar 1967 (auch: 10. Februar 1967), vertreten durch Mag. Andreas Duensing, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. April 2009, Zl. E1/67.740/2009, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §12 Abs1;
AsylG 2005 §13;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs6;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
AsylG 2005 §12 Abs1;
AsylG 2005 §13;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs6;
FrPolG 2005 §53 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. April 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität mangels Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 6. Mai 2003 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug vom Asylgerichtshof abgewiesen worden sei. Weiters sei festgestellt worden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei. Dem habe der Beschwerdeführer entgegengehalten, das Erkenntnis des Asylgerichtshofes sei ihm niemals ordnungsgemäß zugestellt worden, weshalb das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Auf Anfrage habe der Asylgerichtshof mit Schreiben vom 24. März 2009 mitgeteilt, dass das Erkenntnis am 4. November 2008 dem Beschwerdeführervertreter zugestellt und von diesem auch persönlich übernommen worden sei, eine Kopie des Rückscheines sei beigelegt worden. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers liege sohin ein rechtskräftig negativ beschiedenes Asylverfahren vor.

Der Beschwerdeführer halte sich somit seit Abschluss seines Asylverfahrens ohne Aufenthaltstitel - und damit unrechtmäßig - in Österreich auf, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Mit Schreiben vom 19. November 2008 sei dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Erlassung einer Ausweisung zur Kenntnis gebracht worden, er habe dazu jedoch keine Stellungnahme abgegeben. Anlässlich seiner Vernehmung beim Bundesasylamt habe er zunächst angegeben, nicht verheiratet, sondern ledig zu sein. In weiterer Folge habe er deponiert, verheiratet zu sein und drei Kinder zu haben, diese habe er in seiner Heimat zurückgelassen. In der Berufung sei nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers eingegangen worden. Es müsse daher festgestellt werden, dass keine familiären bzw. beruflichen Bindungen in Österreich bestünden. Wenn man daher auf Grund seines seit Mai 2003 bestehenden Aufenthaltes im Bundesgebiet von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgehe, sei dieser zulässig, da er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit dem rechtskräftig negativ beschiedenen Asylverfahren im November 2008 jedoch gravierend. Ebenso werde das Gewicht der aus seinem Aufenthalt resultierenden persönlichen Interessen dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer während des anhängigen Asylverfahrens bloß zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen sei und sich sein Asylantrag als unberechtigt erwiesen habe.

Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei daher von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten Interessen nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Erlassung der Ausweisung als dringend geboten und zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG erweise.

In Ermangelung besonderer, zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

2. Die Feststellungen der belangten Behörde, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers im Instanzenzug vom Asylgerichtshof abgewiesen worden sei, diese Entscheidung am 4. November 2008 in Rechtskraft erwachsen sei und sich der Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt ohne einen Aufenthaltstitel in Österreich aufhalte, blieben unbestritten. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FPG erfüllt seien, begegnet somit keinen Bedenken.

Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, der Beschwerdeführer habe gegen die abweisende Entscheidung des Asylgerichtshofes einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an den Verfassungsgerichtshof gestellt. Beide Anträge seien nach wie vor offen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei damit begründet worden, dass der Beschwerdeführer von der Zustellung des abweisenden Erkenntnisses des Asylgerichtshofes an seinen Rechtsvertreter keine Kenntnis erlangt habe und daher keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben worden sei.

Dieses Beschwerdevorbringen ist bereits deshalb nicht zielführend, weil die bloße Stellung des Wiedereinsetzungsantrages an der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegebenen Rechtskraft des negativen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes nichts ändert und damit die nach den Feststellungen der belangten Behörde während des Asylverfahrens gegebene vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers nicht wieder aufleben lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2008, Zl. 2005/18/0716).

3. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid auch unter dem Blickwinkel der Interessenabwägung nach § 66 Abs. 1 FPG und bringt vor, er sei unbescholten und in Österreich integriert. Durch den jahrelangen rechtmäßigen Aufenthalt habe sich eine soziale Integration in Österreich ergeben, die durch eine Ausweisung vernichtet würde. Auch wenn seine Kernfamilie nicht in Österreich sei, verletze die Ausweisung sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK. Darüber hinaus könne er nach der neuen Rechtslage einen Inlandsantrag auf Gewährung eines humanitären Niederlassungstitels stellen, da er vor dem 1. Mai 2004 nach Österreich gekommen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG den überwiegend auf Grund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Mai 2003 im Bundesgebiet berücksichtigt und festgestellt, dass keine familiären bzw. beruflichen Bindungen in Österreich bestünden. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt bis November 2008 nur auf Grund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt und seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig war.

Diesen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit November 2008 unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt. In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

Soweit die Beschwerde darauf verweist, dass der Beschwerdeführer, der vor dem 1. Mai 2004 nach Österreich gekommen sei, berechtigt wäre, einen Inlandsantrag auf Erteilung eines humanitären Niederlassungstitels zu stellen, ist ihr zu erwidern, dass im Inland zu stellende Anträge nach §§ 43 Abs. 2 sowie 44 Abs. 3 und 4 NAG gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen und sohin an der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG nichts ändern würden.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebenden Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 7. Juli 2009

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