VwGH 2009/18/0168

VwGH2009/18/01686.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des JG in F, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler, Mag. Nicolas Stieger und Mag. Andreas Droop, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 10. März 2009, Zl. P5/2513/09, betreffend Entziehung eines Reisepasses und eines Personalausweises, zu Recht erkannt:

Normen

12010E020 AEUV Art20;
12010E021 AEUV Art21;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art27 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art27 Abs2;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art4 Abs3;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62010CJ0430 Hristo Gaydarov VORAB;
EURallg;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z4 idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §19 Abs2 idF 2006/I/044;
VwGG §42 Abs2 Z1;
12010E020 AEUV Art20;
12010E021 AEUV Art21;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art27 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art27 Abs2;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art4 Abs3;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62010CJ0430 Hristo Gaydarov VORAB;
EURallg;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z4 idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 2006/I/044;
PaßG 1992 §19 Abs2 idF 2006/I/044;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer sein für ihn ausgestellter österreichischer Reisepass sowie sein österreichischer Personalausweis von der belangten Behörde gestützt auf § 15 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f und Z 4 Passgesetz 1992 (PassG) entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 12. November 2008 rechtskräftig für schuldig befunden worden, Anfang Jänner 2007 näher dargestellte Mengen von Kokain und Marihuana anderen Personen überlassen sowie in den Zeiträumen Ende 2005 bis Ende Februar 2007 und Anfang März 2008 bis Anfang September 2008 nicht näher bestimmte Mengen Marihuana und Kokain selbst konsumiert zu haben; auch habe er am 5. September 2008 einer weiteren Person eine geringe Menge Kokain zum Konsum übergeben. Dafür sei er nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten bestraft worden. Das Strafgericht habe bei der Strafbemessung zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt, dass er ein umfassendes, reumütiges und zur Wahrheitsfindung beitragendes Geständnis abgelegt habe, sowie des Weiteren, dass er auf Grund seiner Suchtgiftergebenheit nur eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit aufgewiesen habe. Hingegen seien zwei einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen als erschwerend gewertet worden.

Eine Passentziehung nach dem PassG sei ausschließlich auf Grund einer Prognoseentscheidung möglich. Diese Prognose zukünftiger Verhaltensweisen sei auf Basis des Wissensstandes der Gegenwart zu treffen und zwar in der Weise, dass von Tatsachen nach den Regeln der Denkgesetze auf das künftig zu erwartende Verhalten eines Menschen geschlossen werde.

Anhand der vom Beschwerdeführer gesetzten Taten ergebe sich seine mangelnde Bereitschaft, die österreichische Rechtsordnung im "Suchtmittelbereich" zu akzeptieren. Dies werde auch dadurch verdeutlicht, dass er bereits im Jahr 1996 und im Jahr 1999 wegen Übertretung des Suchtmittelgesetzes verurteilt worden sei. Dennoch habe er neuerlich "Drogendelikte" begangen. Dazu komme, dass "aus kriminalstatistischer Sicht gerade im Deliktsbereich des Drogenmissbrauchs mit hohen Rückfallsquoten gerechnet werden" müsse. Sohin rechtfertige die Begehung eines Deliktes nach § 28b SMG die Versagung eines Reisepasses. Auf Grund des schwerwiegenden rechtswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers könne derzeit keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Daran ändere auch nichts, dass der Beschwerdeführer "angeblich nach einer Therapie drogenfrei sei". Der Zeitraum von "5 Monaten" sei zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen.

Nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung sei es im Passentziehungsverfahren, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass bei der Begehung der ihm angelasteten Straftaten nach dem SMG verwendet habe. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft sei. Die Verwendung eines Reisepasses würde im Übrigen einen weiteren Handel mit Suchtmitteln jedenfalls erleichtern.

Somit lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass benutzen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde sowie nach Erstattung einer Stellungnahme der obersten Behörde, der Bundesministerin für Inneres, erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass sich mit Blick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das PassG in der Fassung des BGBl. I Nr. 44/2006 als maßgeblich darstellt.

§ 14 Abs. 1 Z 3 lit. f und Z 4, § 15 Abs. 1 und § 19 Abs. 2 PassG (jeweils samt Überschrift) lauten:

"Passversagung

§ 14. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des

Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu

versagen, wenn

3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der

Passwerber den Reisepass benützen will, um

f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in

einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder

4. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde, oder …

Passentziehung

§ 15. (1) Ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, ist zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

Personalausweise

§ 19. …

(2) Auf die Ausstellung, die Gültigkeitsdauer und ihre Einschränkung, die Vorlagepflicht, die Versagung und die Entziehung von Personalausweisen, sowie auf die Abnahme von Personalausweisen sind die diesbezüglichen, die gewöhnlichen Reisepässe betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einschließlich der §§ 9 Abs. 7 und 15 Abs. 5 mit der Maßgabe anzuwenden, daß Entziehungsverfahren auf gültige Personalausweise beschränkt sind.

…"

Gemäß Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG stellen die Mitgliedstaaten ihren Staatsangehörigen gemäß ihren Rechtsvorschriften einen Personalausweis oder einen Reisepass aus, der ihre Staatsangehörigkeit angibt und verlängern diese Dokumente. Artikel 4 Abs. 4 dieser Richtlinie sieht vor, dass der Reisepass zumindest für alle Mitgliedstaaten und die unmittelbar zwischen den Mitgliedstaaten liegenden Durchreiseländer gelten muss. Sehen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates keinen Personalausweis vor, so ist der Reisepass mit einer Gültigkeit von mindestens fünf Jahren auszustellen oder zu verlängern.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat zuletzt in seinem Urteil vom 17. November 2011, C-430/10 , Rs Gaydarov, bekräftigt, dass die Entscheidung eines Mitgliedstaates, seinem eigenen Staatsbürger die Ausreise zu verbieten, eine Angelegenheit darstellt, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, konkret der Richtlinie 2004/38/EG sowie Art. 20 und Art. 21 AEUV, fällt (Randnr. 24 bis 27 dieses Urteils). Hinsichtlich der Ausstellung eines Reisepasses und eines Personalausweises für eigene Staatsbürger ergibt sich dies bereits aus Art. 4 Abs. 3 RL 2004/38/EG .

Unzweifelhaft bezweckt die hier gegenständliche Entscheidung betreffend den Entzug eines Reisepasses und eines Personalausweises, es dem Beschwerdeführer unmöglich zu machen, sich ins Ausland, also auch in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zu begeben und sich dort aufzuhalten. Somit hat die gegenständliche Entscheidung aber auch zum Inhalt, das dem Beschwerdeführer, einem österreichischen Staatsbürger, der sohin auch als Unionsbürger anzusehen ist, unionsrechtlich zustehende Recht auf Freizügigkeit, soweit es das Recht umfasst, sich in einen anderen Mitgliedstaat als seinen Herkunftsmitgliedstaat zu begeben, als auch das Recht, den Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen, einzuschränken. Dies hat aber nach dem oben Gesagten zur Folge, dass die diesbezüglich maßgeblichen Vorschriften der RL 2004/38/EG zu beachten sind (vgl. Randnr. 25 bis 27 des bereits genannten Urteils des EuGH C-430/10 ).

Der EuGH hat allerdings darauf hingewiesen, dass das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit nicht uneingeschränkt besteht, sondern den im Vertrag und in den Bestimmungen zu seiner Durchführung vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen unterworfen werden darf. In Bezug auf eine mit dem hier vorliegenden Sachverhalt vergleichbare Konstellation, wie sie auch hier vorliegt, führt der EuGH aus, dass sich diese Beschränkungen und Bedingungen insbesondere aus Art. 27 Abs. 1 RL 2004/38/EG ergeben. Nach dieser Bestimmung dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit der Unionsbürger oder ihrer Familienangehörigen nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken (vgl. Randnr. 29 und 30 Urteil C-430/10 ). Der EuGH stellt aber auch klar, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung jedenfalls voraussetzt, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (Randnr. 33 Urteil C-430/10 ). Die Ausnahmen vom freien Personenverkehr, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, implizieren in diesem Rahmen, wie Art. 27 Abs. 2 RL 2004/38/EG zu entnehmen ist, insbesondere, dass Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nur gerechtfertigt sind, wenn für sie ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend ist, während vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen nicht zulässig sind. Strafrechtliche Verurteilungen allein können eine die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit beschränkende Maßnahme nicht ohne weiteres begründen (Randnr. 34 Urteil C-430/10 ; vgl. zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2012, Zl. 2009/18/0094).

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17. November 2011 aber auch klargestellt, dass die beschränkende Maßnahme geeignet sein muss, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen darf, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. In den Ausführungen in Randnr. 40 dieses Urteils präzisiert der EuGH dies dahingehend, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss.

Für die weitere Beurteilung ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken dahingehend hegt, dass die - in diesem Licht zur Anwendung zu bringenden - in § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f und Z 4 PassG enthaltenen Tatbestände den unionsrechtlichen Vorgaben der RL 2004/38/EG widersprechen würden.

Wie die Beschwerde im Ergebnis zu Recht aufzeigt, ist aber nicht erkennbar, dass die oben angeführten Voraussetzungen in einer der Rechtslage gerecht werdenden Weise geprüft worden wären. Dazu wird in der Beschwerde - bezogen auf die Frage der Verhältnismäßigkeit - geltend gemacht, die Entziehung der Reisedokumente treffe den Beschwerdeführer unbillig hart, weil er eine Arbeitsstelle bei einer "Leasingfirma" habe "erlangen" können. Im Zuge seiner Arbeitstätigkeit sei er fast ausschließlich für Einsätze im Ausland vorgesehen. Ohne Reisedokument verliere er seine Arbeitsstelle, weil er für seinen Arbeitgeber ohne Nutzen sei. Des Weiteren verweist der Beschwerdeführer zur Frage einer von ihm allfällig ausgehenden Gefahr, unter Missbrauch von Reisedokumenten Straftaten zu begehen, darauf, zu keiner Zeit Suchtmittel geschmuggelt zu haben; er habe bei seinen früheren Taten seinen Reisepass nicht verwendet. Es sei aber auch kein Grund vorhanden, demzufolge ihm begründet unterstellt werden könnte, er werde diesen in Zukunft zu diesem Zweck verwenden. Es werde sohin sein Recht auf Freizügigkeit in unzulässiger Weise eingeschränkt.

Zunächst ist zum zuletzt genannten Vorbringen des Beschwerdeführers darauf hinzuweisen, dass es, um die Prognose im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG zu rechtfertigen, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich ist, dass bei der Begehung bisheriger Straftaten der der Entziehung unterliegende Reisepass oder Personalausweis bereits verwendet worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2010, Zl. 2007/18/0764). Daran ist festzuhalten.

Bei der Beurteilung, ob es zulässig ist, das unionsrechtlich zustehende Recht auf Freizügigkeit einzuschränken, hat sich die Behörde allerdings damit auseinanderzusetzen, ob vom Beschwerdeführer im Zeitpunkt ihrer Entscheidung (allenfalls: immer noch) eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr im Sinn der Vorgaben der RL 2004/38/EG ausgeht und diese Annahme auch für die Zukunft gerechtfertigt ist.

Dabei kann - anders als es die belangte Behörde offenbar vor Augen hat - aber nicht ausgeklammert bleiben, ob die Straftaten des Beschwerdeführers dergestalt waren, dass auf Grund der Art der Tatbegehungen begründet angenommen werden kann, der Beschwerdeführer werde hinkünftig Straftaten im Sinn des - fallbezogen in erster Linie relevanten - § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG begehen (vgl. dazu nochmals das bereits genannte Erkenntnis 2007/18/0764, in dem dies durch die Tathandlungen des dortigen Beschwerdeführers dadurch zum Ausdruck kam, dass dieser Kontakte mit ausländischen Cannabiszüchtern unterhalten, eine besonders große Anzahl an Cannabispflanzen in das Ausland verkauft und dazu beigetragen hatte, dass diese Pflanzen unbeschadet dort ankommen, sowie von B nach W geschmuggeltes Marihuana in einer großen Menge persönlich übernommen hatte). Kann aber auf Grund der Tathandlungen und der dadurch offen gelegten Persönlichkeit nicht davon ausgegangen werden, es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, der Passinhaber wolle seinen Reisepass dazu benutzen (dies gilt sinngemäß auch für den Personalausweis), um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, kann eine Entziehung des Reisepasses nach § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG (oder iVm § 19 Abs. 2 PassG eines Personalausweises) nicht als gerechtfertigt angesehen werden (vgl. etwa den dem hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2006, Zl. 2005/18/0486, zu Grunde liegenden Fall, in dem der dortige Beschwerdeführer seinen Reisepass bei seinem auf die Erzeugung sowie den Erwerb und den Besitz von Suchtgift gerichteten Fehlverhalten nicht benützt hat, und auch sonst kein Anhaltspunkt dafür vorhanden war, dass die von ihm gesetzten Suchtgiftdelikte in irgendeinem Zusammenhang mit der Verwendung seines Reisepasses hätten stehen können, oder er die Absicht gehabt hätte, den Reisepass zur Begehung von Suchtgiftdelikten zu gebrauchen).

Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde damit begnügt, beim Beschwerdeführer die Gefahr der Wiederholung von solchen Taten, wie er sie bisher begangen hat, zu konstatieren. Ausgehend von den dazu getroffenen - aber sich fallbezogen im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage insoweit als unzureichend erweisenden - Feststellungen reicht das nach dem Gesagten aber nicht hin, um eine Gefahr im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG zu begründen.

Dies gilt auch für die Beurteilung, ob der in § 14 Abs. 1 Z 4 PassG enthaltenen Tatbestand als erfüllt angesehen werden kann. Dazu enthält der angefochtene Bescheid keine nähere Begründung.

Schließlich hat sich die belangte Behörde aber auch nicht mit der - infolge der Klarstellung der unionsrechtlichen Rechtslage durch den EuGH aber notwendigerweise zu beantwortenden - Frage der Verhältnismäßigkeit der von ihr getroffenen Maßnahme auseinandergesetzt. Dies wäre - mit Blick auf die durch das Unionsrecht gegebenen Vorgaben - auch deshalb geboten gewesen, weil der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren ein darauf abzielendes Vorbringen mit dem Hinweis darauf, dass er durch die Unmöglichkeit zu reisen, den Kontakt zu seinem Sohn und seiner Lebensgefährtin, die in Ungarn wohnhaft seien, verlieren würde, erstattet hat.

Da sich somit der angefochtene Bescheid schon aus den genannten Gründen als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er bereits deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf darüber hinausgehende unionsrechtliche Problemstellungen (vgl. aber auch dazu das bereits mehrfach erwähnte Urteil des EuGH vom 17. November 2011, C- 430/10 ) hätte eingegangen werden müssen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 6. September 2012

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