Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin brachte am 6. Juli 2004 beim Bezirksgericht Hallein eine Mahnklage mit einem bezifferten Streitwert von 6.108,32 EUR ein, mit welcher sie von den beklagten Parteien Schadenersatz samt Zinsen begehrte, der ihr auf Grund eines Verkehrsunfalles zustehe, an welchem sie als Lenkerin des einen der beteiligten Fahrzeuge und der Erstbeklagte als Lenker des anderen der beteiligten Fahrzeuge gleichteiliges Verschulden trügen. Der Schaden setze sich aus "Reparaturschaden EURO 1.934,-- , Abschleppkosten EURO 152,64, Um- und Ausbau Autoradio EURO 50,-- , unfallskausale Generalunkosten EURO 80,--, Schmerzengeld (Beschwerdeführerin) EURO 8.000 EUR, gesamt, daher EURO 10.216,64, hievon 50 %, das sind EURO 5.108,32" zusammen. Hinzu komme ein der Beschwerdeführerin abgetretener Anspruch auf Schmerzengeld für H.M., die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin, im Betrag von 1.000 EUR, weil die Tochter der Beschwerdeführerin Beifahrerin gewesen sei und die beklagten Parteien für die Schäden einer Beifahrerin nach den Bestimmungen des EKHG zu 100 % haften würden. Der gesamte Schadensbetrag belaufe sich sohin auf 6.108,32 EUR.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bezirksgericht Hallein am 11. Jänner 2005 dehnte die Klägerin das Klagebegehren um einen Betrag von 82,50 EUR (die Hälfte von Ab- und Anmeldekosten) aus, sodass das Klagebegehren nunmehr auf den Betrag von insgesamt 6.190,82 EUR samt Zinsen lautete.
Mit Urteil vom 25. Juli 2005 wies das Bezirksgericht Hallein das Klagebegehren ab.
Die Beschwerdeführerin erhob mit Schriftsatz vom 21. September 2005 Berufung
"wegen: EUR 6.190,82 s.A.
Berufungsinteresse: EUR 1.000,--".
In der Berufung wird eingangs ausgeführt:
"Das vorliegende Urteil wird seinem gesamten Inhalt nach insoweit angefochten, als mit dem Urteil auch der abgetretene Schmerzengeldanspruch der H.M. im Betrag EUR 1.000,-- abgewiesen wurde. Der Berufungsstreitwert errechnet sich daher mit EUR 1.000,-
-."
Die Berufung endet mit:
"Aus den genannten Gründen wäre daher dem Klagebegehren in
einem Umfang von EUR 1.000,-- Folge zu geben gewesen. Aus diesen Gründen werden daher gestellt nachstehende
Anträge
1.) der Berufung der klagenden Partei Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben und dahingehend abzuändern, als ein Betrag von EUR 1.000,-- als zu Recht bestehend erkannt und der Klägerin zugesprochen wird, in eventu
2.) der Berufung der klagenden Partei Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.
3.) Dies alles bei den gesetzlichen Kostenfolgen."
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10. November 2005 wurde der Berufung nicht Folge gegeben. Das Landesgericht Salzburg führt darin aus, gegen das erstinstanzliche Urteil richte sich "die fristgerechte Berufung der Klägerin insoweit, als vom Erstgericht auch der abgetretene Schmerzensgeldanspruch der mj. H.M. im Betrag von EUR 1.000,-- abgewiesen wurde. Gestellt wird ein Abänderungsantrag dahin, dass der Klägerin der Betrag von EUR 1.000,-- s.A. zugesprochen werde, hilfsweise im Umfang der Anfechtung ein Aufhebungsantrag."
Mit Zahlungsauftrag vom 20. Juli 2009 forderte die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Hallein unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von 6.191,-- EUR restliche Pauschalgebühr nach TP 2 GGG samt Mehrbetrag nach § 31 GGG sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG ein.
Im dagegen erhobenen Berichtigungsantrag vom 4. August 2009 brachte die Beschwerdeführerin vor, das Urteil des Bezirksgerichtes Hallein vom 25. Juli 2005 sei lediglich hinsichtlich des nicht zugesprochenen Teilbetrages von 1.000,-- EUR bekämpft worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab. Die Beschwerdeführerin habe neben der Nennung des Streitwertes von 6.190,82 EUR s.A. im Rubrum im Rahmen der Anfechtungserklärung ihr Interesse mit 1.000,-- EUR beziffert. Sie habe jedoch in der Anfechtungserklärung unter Punkt 2.) durch ihr Eventualbegehren klargestellt, dass sie das bekämpfte Urteil in seiner Gänze angefochten habe. Die Beschwerdeführerin habe sich mit ihrer Berufung somit nicht bloß gegen einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes zur Wehr gesetzt, sondern gegen die Gesamtsumme. Demnach hätte im Fall der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteiles durch das Landesgericht Salzburg wieder der ursprüngliche Streitwert von gerundet 6.191,-- EUR gegolten und stelle somit dieser von der Beschwerdeführerin beantragte Punkt 2.) das tatsächliche Berufungsinteresse dar. Wäre von der Beschwerdeführerin beabsichtigt gewesen, die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteiles nur im Betrag von 1.000,-- EUR zu begehren, so hätte sie dies auch mit diesem Betrag in seinem Punkt 2.) beziffern müssen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt erachtet, "nicht mit Gerichtsgebühren belastet zu werden, die ungerechtfertigt sind und aus einem von ihr unangefochten gebliebenen Streitwert berechnet werden".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie des Gerichtsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 des Gerichtsgebührengesetzes - GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Nach § 54 Abs. 1 JN ist für die Berechnung des für die Zuständigkeit maßgebenden Wertes des Streitgegenstandes der Zeitpunkt der Anbringung der Klage entscheidend.
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Hievon tritt nach § 18 Abs. 2 Z 3 GGG u. a. folgende Ausnahme ein: Betrifft das Rechtsmittelverfahren nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend.
Tarifpost (TP) 2 GGG sieht Pauschalgebühren für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz in einer nach dem Berufungsinteresse abgestuften Höhe vor.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Berufung in der Sache wegen des Gesamtbetrages von 6.190,82 EUR samt Anhang mit einem ausdrücklich erklärten Berufungsinteresse von 1.000,-- EUR erhoben. Mag auch der einleitende Satz des Berufungsschriftsatzes mit "seinem gesamten Inhalt nach" unglücklich formuliert sein, so ist aus dem Folgenden ersichtlich, dass das erstinstanzliche Urteil nur insoweit angefochten wurde, als der von H.M. abgetretene Schmerzengeldanspruch im Betrag von 1.000,-- EUR abgewiesen wurde. Folgerichtig hat auch das Landesgericht Salzburg in seinem Urteil über die Berufung ausgeführt, das erstgerichtliche Urteil sei insoweit bekämpft worden, und das erstgerichtliche Urteil auch in Anwendung des § 501 ZPO nur insoweit (§ 462 Abs. 1 ZPO) geprüft.
Wurde das Ersturteil durch die Erklärung in der Berufung, inwieweit das Urteil angefochten wird (§ 467 Z 3 ZPO), nur in einem Teilbereich bekämpft, so war es im Beschwerdefall nicht mehr erforderlich, dass die Berufungswerberin in der weiteren Folge des Berufungsschriftsatzes jedes Mal ausdrücklich vom Urteil im bekämpften Umfang spricht. Solcherart erweist sich im Beschwerdefall die Formulierung des Punktes 1.) des Berufungsantrages, das angefochtene Urteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben und dahingehend abzuändern, zwar als präzise. Der Punkt 2.) des Berufungsantrages, das angefochtene Urteil aufzuheben, ist aber auch nicht anders zu verstehen, weil sich aus dem durch die Anfechtungserklärung eingeschränkten Umfang der Anfechtung eindeutig ergebend der Antrag so zu verstehen war, das Urteil (lediglich) im bekämpften Umfang aufzuheben. In diesem Sinne wurde die Erklärung auch vom Berufungsgericht verstanden.
Die Beschwerdeführerin hatte ihr Berufungsinteresse im Sinn der TP 2 GGG im übrigen ziffernmäßig und damit in einer für den Kostenbeamten äußerlich und formal leicht erkennbaren Art und Weise klargestellt, ohne dass dem der Inhalt des Berufungsantrages oder das sonstige Berufungsvorbringen widersprochen hätte.
Solcherart erweist sich aber der von einem Berufungsinteresse von rund 6.191,-- EUR ausgehende angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft die Umsatzsteuer; denn ein über den Pauschalbetrag hinausgehender Ersatz für Schriftsatzaufwand aus dem Titel der Umsatzsteuer ist nicht vorgesehen.
Wien, am 22. Februar 2012
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