VwGH 2009/15/0152

VwGH2009/15/015229.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der "S" Tgesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 29. Juni 2009, Zl. RV/0508-L/08, betreffend Investitionszuwachsprämie 2004, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §85 Abs2;
BAO §85;
EStG §108e;
VwRallg;
BAO §85 Abs2;
BAO §85;
EStG §108e;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr - Bilanzstichtag 30. April - hat, reichte am 25. Oktober 2006 auf elektronischem Weg die Körperschaftsteuererklärung für 2005 ein. In der Rubrik "Sonstige Abrechnungen" (Kennzahl 9306) wurde ein Betrag von -75.122,46 EUR angegeben. In einer in Schriftform beim Finanzamt eingereichten Beilage "Steuerberechnung für das Geschäftsjahr 2004/2005" wurde ua. als "Zu- und Abrechnungsposten" ein Betrag von -73.414,33 EUR als Investitionszuwachsprämie angeführt. Am 30. Oktober 2006 erging der Körperschaftsteuerbescheid für 2005.

Ende 2007 fand bei der Beschwerdeführerin eine Außenprüfung statt. Im Verlauf der Prüfung wurde dem Prüfer am 29. November 2007 eine mit 19. November 2007 datierte "Beilage zur Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung für 2004 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e" im Ausmaß von 73.414 EUR überreicht (beim Finanzamt eingelangt am 4. Dezember 2007). In der Niederschrift über die Schlussbesprechung am 31. März 2008 wurde festgehalten, dass im Zuge der Betriebsprüfung unter anderem ein Antrag auf Investitionszuwachsprämie 2004 (in Höhe von 73.414 EUR) gestellt worden sei. Es sei vorgebracht worden, aus den Beilagen zur Steuererklärung sei die Geltendmachung der Prämie erkennbar gewesen. Da das Unternehmen ein abweichendes Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 30. April habe, wäre der Antrag spätestens bis zur (ersten) Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2005 einzureichen gewesen. In den beim Finanzamt eingereichten Unterlagen sei zwar ein Erlös aus Investitionsprämien zu erkennen, der außerbücherlich abgerechnet worden sei, es scheine aber kein Antrag auf. Deshalb sei nach Ansicht des Prüfers auch kein Mängelbehebungsauftrag zu erteilen gewesen. Es sei weder ein Antrag auf eine Prämie erkennbar gewesen, noch eine Berechnung oder Auflistung jener Wirtschaftsgüter, die der Berechnung zugrunde liegen sollten. Aus dem Umstand, dass in der handelsrechtlichen und steuerlichen Gewinnermittlung Investitionsprämien aufschienen, könne nicht auf eine erfolgte Antragstellung geschlossen werden.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom 14. April 2008 das Ansuchen "vom 19.11.2007 eingebracht am 04.12.2007 betreffend Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG für 2004" ab. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf die Niederschrift zur Betriebsprüfung vom 31. März 2008.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin insbesondere ein, es sei bereits mit der Körperschaftsteuererklärung 2005 ein Antrag auf Zuerkennung einer Investitionszuwachsprämie vorgelegen, sodass die Abweisung nicht zu Recht erfolgt sei. Mittels Steuerrechnung, die der Körperschaftsteuererklärung 2005 beigefügt gewesen sei, sei ein Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie gestellt worden. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sei der sich daraus ergebende Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie wiederholt worden. Vor Abweisung des Antrages auf Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie hätte ein Mängelbehebungsauftrag erteilt werden müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der am 29. November 2007 dem Prüfer überreichten Beilage finde sich kein Hinweis auf eine nach Meinung der Beschwerdeführerin bereits im Zuge der Einreichung der Körperschaftsteuererklärung erfolgten Antragstellung. Im Bescheid des Finanzamtes werde nur über das am 4. Dezember 2007 eingebrachte Ansuchen vom 19. November 2007 abgesprochen. Gegenstand des Berufungsverfahrens könne nur das vom Spruch des angefochtenen Bescheides umfasste Anbringen sein. Der Körperschaftsteuerbescheid 2005 trage das Datum 30. Oktober 2006. Die Beilage hätte bis zum Eintritt der (ersten) Rechtskraft dieses Körperschaftsteuerbescheides nachgereicht werden können. Der Ablauf der Rechtsmittelfrist habe zur Rechtskraft geführt, die Nachreichung sei zweifelsfrei verspätet erfolgt. Die Rechtsfolge einer verspäteten Geltendmachung bestehe darin, dass ein die Prämie abweisender Bescheid zu ergehen habe. Der Beschwerdeführerin bleibe es unbenommen, eine Entscheidung abzuverlangen (§ 311 BAO), ob im Zuge der Einreichung der Körperschaftsteuererklärung 2005 schon ein Anbringen auf Zuerkennung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2004 vorgelegen habe.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Verfahrensgegenstand sei die Frage, ob bereits mit der Einreichung der Körperschaftsteuererklärung 2005 im Oktober 2006 ein Antrag auf Zuerkennung einer Investitionszuwachsprämie vorgelegen sei. Der Umstand, dass die mit 19. November 2007 datierte Beilage keinen "besonderen" Hinweis auf die mit Einreichung der Körperschaftsteuererklärung 2005 erfolgte Antragstellung enthalte, sei nicht ausschlaggebend, da die Beilage immer als Wiederholung bzw. Ergänzung zur im "Oktober 2007" (gemeint wohl: Oktober 2006) erfolgten Antragstellung zu verstehen gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 108e EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2004 lautet auszugsweise:

"(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(...)

(4) Die Prämie kann nur in einer Beilage zur Einkommensteuer- , Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung (§ 188 BAO) des betreffenden Jahres geltend gemacht werden. Sie kann überdies in einer bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides nachgereichten Beilage geltend gemacht werden. In der Beilage sind die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie darzustellen.

(...)"

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz - außer in den Fällen des Abs. 1 - immer in der Sache selbst zu entscheiden. "Sache" ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. Ritz, BAO3, § 289 Tz 38; vgl. auch Stoll, BAO-Kommentar, 2800).

Für die Beurteilung von Anbringen kommt es nicht auf die Bezeichnungen von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte, allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeiten nimmt (vgl. Ritz, aaO, § 85 Tz 1, mwN).

Gegenstand des Verfahrens ist - entgegen der Annahme der belangten Behörde - die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004.

Zu prüfen ist demnach, ob bis zum Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2005 eine Investitionszuwachsprämie geltend gemacht wurde.

Aus der Eintragung in der Körperschaftsteuererklärung 2005 (Kennzahl 9306 "sonstige Abrechnungen" -75.122,46 EUR) sowie aus jener in der "Steuerberechnung für das Geschäftsjahr 2004/2005" (Investitionszuwachsprämie: -73.414,33 EUR) kann - anders als etwa entsprechend dem Sachverhalt des hg. Erkenntnisses vom 15. Jänner 2008, 2007/15/0119 - eine (allenfalls im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO verbesserbare) Geltendmachung nicht abgeleitet werden. Aus diesen Eintragungen könnte nur abgeleitet werden, dass im Bilanzgewinn/Bilanzverlust eine Investitionszuwachsprämie gewinnerhöhend berücksichtigt sei, welcher Betrag für die steuerliche Gewinnermittlung wieder in Abzug zu bringen sei. Lediglich dieser Abzug für die steuerliche Gewinnermittlung ist das erkennbare und zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Insbesondere kann auch die Beilage "Steuerberechnung" nicht als ein "Verzeichnis" oder "Beilage" im Sinne des § 108e Abs. 4 EStG 1988 verstanden werden, da dieser Beilage in keiner Weise entnommen werden kann, wie die Bemessungsgrundlage ermittelt worden sei, also welcher Investitionszuwachs vorliege. Eine allenfalls verbesserbare Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie im Sinne des § 108e Abs. 4 EStG 1988 kann daher darin aber nicht erblickt werden.

Die Vorlage der Beilage zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 im Rahmen der Betriebsprüfung im Jahr 2007 erfolgte hingegen - unstrittig - erst nach Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2005.

Damit wurde aber der Antrag der Beschwerdeführerin auf Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 - mangels rechtzeitiger Geltendmachung - zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde erweist sich daher im Ergebnis als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Juli 2010

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