VwGH 2009/13/0083

VwGH2009/13/008320.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Am Hof 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 30. März 2009, Zl. RV/2935- W/08, betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Dezember 2007, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §289;
FamLAG 1967;
VwRallg;
BAO §289;
FamLAG 1967;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der auch als Beschwerdevertreter einschreitende Sachwalter des Beschwerdeführers beantragte für diesen mit Schriftsatz vom 27. November 2006 die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe "ab November 2001".

Das Finanzamt erließ einen mit 10. Jänner 2008 datierten Bescheid, mit dem es diesen Antrag für den "Zeitraum 11/2001- 12/2001" abwies (der Beschwerdeführer habe in diesem Zeitraum keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gehabt). Mit einem weiteren Bescheid ebenfalls vom 10. Jänner 2008 wurde der Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe lt. Spruch für den Zeitraum Jänner 2002 bis Dezember 2007 abgewiesen (die abverlangten Unterlagen seien nämlich trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden, sodass im "oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat oder besteht").

Mit Schriftsatz vom 15. Jänner 2008 brachte der Beschwerdeführer Berufung gegen den Bescheid vom 10. Jänner 2008 ein, mit dem der Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Dezember 2007 abgewiesen worden war, in der er dessen mangelhafte Begründung (insbesondere betreffend eine angeblich unterbliebene Urkundenvorlage) rügte.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde dahingehend, dass der Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum 1. Jänner 2002 bis "1." (richtig wohl: 31.) Dezember 2007 teilweise Folge gegeben werde. Der erstinstanzliche Bescheid werde abgeändert. Die erhöhte Familienbeihilfe "wird gewährt vom 1.11.2005 - 31.12.2005, vom 1.4.2006 - 30.6.2007 und vom 1.10.2007 - 31.12.2007".

Nach einer Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides aus, nach den Ermittlungsergebnissen sei der Beschwerdeführer vom 16. September 2005 bis 14. November 2005, vom 7. Dezember 2005 bis 30. März 2006 sowie vom 4. April 2006 bis zum 6. April 2006 in Spitalsbehandlung gewesen. Im Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. August 2007 habe keine Meldung in Österreich bestanden. Erst ab 24. Oktober 2007 sei der Beschwerdeführer wieder in Österreich gemeldet gewesen. Vom 1. September 2007 bis 22. Oktober 2007 sowie vom 4. August 2008 bis 19. September 2008 habe er sich wieder in Spitalsbehandlung befunden. Zum Vorbringen des Sachwalters, wonach der Beschwerdeführer teilweise obdachlos gewesen sei und sich nur im Zeitraum vom 12. Juni 2007 bis 1. September 2007 in Deutschland aufgehalten habe, sei festzuhalten, dass diese Aussage für die belangte Behörde nicht genügend Beweis dafür sei, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich während der "Obdachlosenzeit" in Österreich aufgehalten habe. Für Zeiten, in denen sich der Beschwerdeführer in Spitalspflege befunden habe und somit nicht für die Kosten der Lebensführung habe aufkommen müssen, stehe auf Grund der Bestimmung des § 6 Abs. 1 lit. d FLAG keine Familienbeihilfe zu. Die Familienbeihilfe sei gemäß § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats an zu gewähren, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt seien. Der Anspruch erlösche mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfalle oder ein Ausschließungsgrund hinzukomme. Der Beschwerdeführer habe somit - da die sonstigen Voraussetzungen nachgewiesen worden seien - Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag "für Dezember 2005, März 2006 bis Mai 2007, Oktober 2007 bis Dezember 2007". Für den Zeitraum ab Jänner 2002 bis zum Oktober 2005 sei der Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe abzuweisen gewesen, weil ein Aufenthalt in Österreich erst ab 15. November 2005 habe nachgewiesen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer geltend macht, er sei durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Bezug der erhöhten Familienbeihilfe "über den 31.12.2007 hinaus verletzt" (die belangte Behörde habe ihm auch in einem Schreiben im Ermittlungsverfahren vom 22. Oktober 2008 mitgeteilt, dass "sich aufgrund ihrer Feststellungen ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe unter anderem auch für den Zeitraum ab 01.10.2007 bis laufend ergeben kann").

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ist ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2008, 2007/15/0067, mwN).

Im Beschwerdefall hat nun das Finanzamt mit dem (mit Berufung bekämpften) Bescheid vom 10. Jänner 2008 den Antrag auf Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Dezember 2007 abgewiesen und damit auch einen Endzeitpunkt seiner Gültigkeit festgelegt. Die Befugnis der Berufungsbehörde nach § 289 BAO, "in der Sache selbst zu entscheiden" und "den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen", bedeutet, dass die Berufungsbehörde so zu entscheiden hat, als ob die Sache erstmals nach den für sie geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen unter Beachtung der Verfahrensgrundsätze behandelt würde. Das Gebot, "in der Sache selbst zu entscheiden", setzt allerdings voraus, dass die Sache, also die, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. Ritz, BAO3, § 289 Tz 38), mit der Sache identisch ist, die in die Sachentscheidung der Berufungsbehörde einbezogen wird (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, 2009/15/0081).

Entsprechend dieser rechtlichen Vorgabe durfte die belange Behörde nur über die Sache des erstinstanzlichen Bescheides, nämlich die Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Dezember 2007, entscheiden. Eine Entscheidung über diesen Zeitraum hinaus lag nicht in ihrer Zuständigkeit (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 2003, 99/15/0080, und vom 4. Juli 2008, 2007/17/0175). Damit haftet aber dem angefochtenen Bescheid die vom Beschwerdeführer gesehene Rechtswidrigkeit nicht an (für den Zeitraum ab Jänner 2008 wird das Finanzamt gegebenenfalls nach neuerlicher Antragstellung zu entscheiden haben).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Jänner 2010

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