VwGH 2009/12/0113

VwGH2009/12/011312.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der P K in W, vertreten durch die Tögl & Maitz Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 11. Mai 2009, Zl. BMWF- 414.422/0001-I/4/2009, betreffend Versagung eines Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §75 Abs1 idF 1997/I/061;
BDG 1979 §75 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §58 Abs1 impl;
BDG 1979 §75 Abs1 idF 1997/I/061;
BDG 1979 §75 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §58 Abs1 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Außerordentliche Universitätsprofessorin in der Verwendungsgruppe der Universitätsdozenten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Universitätsklinik für Frauenheilkunde (der Medizinischen Universität X) zur Dienstleistung zugewiesen.

Mit Bescheid des Amtes der Medizinischen Universität X vom 21. Juni 2007 war ihr auf ihren Antrag hin zwecks Tätigkeit als Abteilungsvorständin der Gynäkologisch-Geburtshilflichen Abteilung der Y-Frauenklinik für die Zeit vom 1. August 2007 bis 31. Juli 2009 ein Karenzurlaub - auf der Grundlage des § 75 BDG 1979 - gewährt worden.

In ihrem "Karenzurlaub-Antrag" vom 9. Dezember 2008 ersuchte sie um Gewährung eines Karenzurlaubes für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. März 2013. Hiezu führte sie in einer weiteren Eingabe vom 11. d.M. aus, die Z-Krankenanstaltengesellschaft beabsichtige, sie als Medizin-Vorständin befristet bis 31. März 2013 einzusetzen.

Laut der im "Karenzurlaub-Antrag" enthaltenen "Stellungnahme Leiter/in der Organisationseinheit", des Vorstandes der genannten Universitätsklinik, werde die Gewährung des Karenzurlaubes befürwortet. Dienstlich spreche nichts dagegen.

Mit Erledigung vom 16. Dezember 2008 teilte das Amt der Medizinischen Universität X (als Dienstbehörde erster Instanz) der Beschwerdeführerin im Wesentlichen mit, dass der Rektor der Medizinischen Universität X beabsichtige, den neuerlichen Antrag nicht zu genehmigen. Eine Karenzierung werde nur für die Dauer von zwei Jahren befürwortet, da eine länger dauernde Abwesenheit vom Dienst über den bisher bewilligten Zeitraum hinaus eine notwendige Reintegration nicht in genügendem Ausmaß zulasse.

Hiezu nahm die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 5. Jänner 2009 wie folgt Stellung:

"Argumentation für die neuerliche Karenzierung von 1.8.2009 bis 31.3.2013:

1. Eine Reintegrierung einer Mitarbeiterin muss nicht zwingend in der identen Position wie vor Antritt der Karenz erfolgen. Es obliegt dem Rektor bzw. dem Leiter der OE die Zuweisung zu einer Dienstleistung innerhalb der Medizinischen Universität X vorzunehmen.

2. Alle Kenntnisse und Fähigkeiten, die während der Karenz erworben werden, sind bei Wiederantritt des Dienstes im Sinne der Medizinischen Universität X einzusetzen. Kenntnisse und Erfahrung im Bereich des Gesundheitsmanagements, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Medizin-Vorständin der KAGes erwerben werde, können bei meiner Rückkehr zur Medizinischen Universität X entsprechend eingesetzt werden. Eine Tätigkeit im Bereich der von der Medizinischen Universität X angebotenen Lehrgänge für Health Care Management und Public Health und ein Einsatz in den der Medizinischen Universität X affiliierten Krankenhäusern in K, A und T sind zusätzlich zu meiner Tätigkeit im klinischen, studentischen und Forschungsbereich mögliche Einsatzgebiete.

3. Als Bedienstete der Medizinischen Universität X habe ich auch während meiner Karenzierung aktiv meinen Beitrag im Rahmen von Dissertationsbetreuung geleistet. Diese Lehr-Tätigkeit führe ich für die Medizinische Universität X weiterhin durch in Verbundenheit und Dankbarkeit zur Medizinischen Universität X.

4. Die Medizinische Universität X bekennt sich in ihrem 'mission statement' zur Frauenförderung. Zitat: 'Gleichstellung und Frauenförderung müssen ihren adäquaten Niederschlag in strukturbezogenen Entscheidungsprozessen, Personalpolitik, Forschung und Lehre sowie in den Zielvereinbarungen finden.' Es wäre für Außenstehende nicht nachvollziehbar warum entgegen dieser Feststellung bei mir als Mitarbeiterin der Medizinischen Universität X, die sich durch jahrelange Arbeit dem Haus verbunden und verpflichtet fühlt, eine davon abweichende Personalentscheidung vom Rektorat beabsichtigt wird.

5. Die Begründung für die Karenzierung gem. §75 BDG ist in meinem Fall keine Karenzierung aus rein privaten und persönlichen Interessen, sondern dieser Erfahrungszuwachs ist im Sinne einer Weiterbildung und Weiterentwicklung zu sehen.

Bitte überprüfen Sie in Ihrer Funktion als Leiterin der Personalabteilung der Medizinischen Universität X vor nochmaliger Vorlage beim Rektor, ob mein Karenzierungsansuchen vom 1.8.2009 bis 31.3.2013 positiv entschieden werden kann."

Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 wies die Dienstbehörde erster Instanz den Antrag vom 9. Dezember 2008 auf Gewährung eines weiteren Karenzurlaubes für den Zeitraum 1. August 2009 bis 31. März 2013 zwecks Tätigkeit als Medizin-Vorständin der Y-Krankenanstaltengesellschaft ab. In der Begründung dieses Bescheides erwog diese Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens (auszugsweise):

"Gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 kann dem Beamten auf Antrag ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Die Gewährung von Karenzurlauben im Sinne des § 75 Abs. 1 BDG 1979 fällt somit ausdrücklich in das freie Ermessen der zuständigen Dienstbehörde. Es liegt im Wesen einer Ermessensentscheidung, dass ihr Inhalt nicht vorher bestimmt ist, mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zugelassen und alle diese möglichen Entscheidungen gesetzmäßig sind ...

Es besteht kein Rechtsanspruch auf Gewährung eines Karenzurlaubes, es sei denn es liegt einer der in § 75 Abs. 2 BDG abschließend genannten Gründe oder ein sonstiger gesetzlicher Karenzurlaub vor. Im gegenständlichen Fall ist jedoch keiner dieser Tatbestände erfüllt, die von Gesetzes wegen einen Anspruch auf eine Karenzierung einräumen.

Das Beamtendienstverhältnis bleibt für die Dauer der Karenzierung aufrecht. Aus § 75 BDG 1979 geht hervor, dass ein Karenzurlaub eine nur vorübergehende Befreiung von den Dienstpflichten für eine bestimmte Dauer darstellt und damit eine Rückkehr an die Dienststelle bzw. in den Betrieb voraussetzt. Nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung des § 75 BDG 1979 kann ein Karenzurlaub daher nur befristet für außeruniversitäre Zwecke gewährt werden. Dies zeigt sich auch schon darin, dass der Gesetzgeber eine Höchstfrist für Karenzurlaube vorsieht, nach deren Ablauf ein Karenzurlaub jedenfalls endet und der Beamte danach wieder an seine Dienststelle bzw. den Betrieb zurückzukehren hat.

Nach der Rechtsprechung des VwGH dient das Rechtsinstitut des Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979 nicht dazu, die langfristige Ausübung eines Berufes außerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu ermöglichen, der mit dem Dienstverhältnis in keinem Zusammenhang steht ...

Die entscheidungsbefugte Behörde hat in diesem Zusammenhang somit auch darauf Bedacht zu nehmen, ob mit der Tätigkeit, für die ein Karenzurlaub gewährt werden soll, ein Kenntnis- und Erfahrungszugewinn im Hinblick auf die Verwendbarkeit bei der Rückkehr des Beamten in seiner Verwendung im öffentlich-

rechtlichen Dienstverhältnis verbunden ist ... Aus diesem Grund

wird nach den internen Richtlinien der Medizinischen Universität X eine Karenzierung grundsätzlich nur für die Dauer von zwei Jahren befürwortet, da eine länger dauernde Abwesenheit vom Dienst eine Reintegration in den Universitätsbetrieb nicht mehr in genügendem Ausmaß zulässt.

Das Amt der Medizinischen Universität X hat im Sinne dieser Regelung geprüft, ob bestimmte tatsächliche Umstände einer Gewährung des Karenzurlaubes entgegenstehen.

Der Antragstellerin wurden bereits Karenzurlaube gemäß § 75 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 im Ausmaß von zwei Jahren vom Rektor der Medizinischen Universität X gewährt. Im gegebenen Fall würde daher die beantragte Karenz über den zuletzt bewilligten Zeitraum hinaus die Dauer von zwei Jahren übersteigen, sodass sich einschließlich der bereits gewährten Karenz eine Abwesenheit von insgesamt knapp sechs Jahren ergäbe.

Die von der Antragstellerin - wie oben dargestellt - erwähnten Möglichkeiten der Reintegration als Managerin liegen nicht im Interesse der Medizinischen Universität X. Eine diesbezügliche Verpflichtung der Berücksichtigung einer Verwendung nach eigenen Vorstellungen ist dem Dienstrecht überdies nicht zu entnehmen. Seitens der Medizinischen Universität X besteht ein ausschließliches Interesse an einer Reintegration und künftigen Weiterverwendung der Antragstellerin in Präsenz als Ärztin und Wissenschafterin sowie der Nutzbarmachung der als Abteilungsvorständin der Y-Frauenklinik erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde. Bei einer Karenz bzw. Absenz im Ausmaß von fast vier Jahren für eine Tätigkeit, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Aufgaben der Medizinischen Universität X in Forschung, Lehre und Patientenversorgung steht, ist eine solche Reintegration als Ärztin und Wissenschafterin in den Universitäts- und Krankenanstaltenbetrieb an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde jedoch nicht mehr gewährleistet.

Die entscheidungsbefugte Behörde ist daher zum Schluss gekommen, dass nach Maßgabe einer Interessensabwägung eine Karenz über das bereits genehmigte Ausmaß hinaus im Lichte des dargestellten Sachverhalts und der maßgeblichen Rechtslage nicht zu gewähren ist, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Der Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal wurde in Kenntnis gesetzt."

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die zehnjährige Gesamtdauer von Karenzurlaub vor, die Verkürzung der Zeitspanne von zehn auf zwei Jahre beruhe auf einer neuen internen Richtlinie der Medizinischen Universität X. Diese werde damit begründet, dass eine länger als zwei Jahre dauernde Abwesenheit vom Dienst eine Reintegration in den Universitätsbetrieb nicht mehr in genügendem Ausmaß zuließe. Diese Befürchtung werde dadurch entkräftet, dass die Beschwerdeführerin auch während ihres Karenzurlaubes aktiv ihren Beitrag zur Lehre an der Medizinischen Universität X im Rahmen von Dissertationsbetreuung geleistet habe und auch weiterhin leiste. Weiterhin führe sie die Überarbeitung der von ihr erstellten Prüfungsfragen durch. Ihre Erfahrungen im Gesundheitsmanagement stellten bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit in Forschung, Lehre und Patientenbetreuung eine Bereicherung dar und behinderten keinesfalls ihre Reintegration an der Medizinischen Universität X als Ärztin und Wissenschafterin. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei eine Reintegration von Ärzten an der Medizinischen Universität X und insbesondere an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde mit einer länger als zwei Jahre dauernden Abwesenheit vom Dienst immer zur vollsten Zufriedenheit möglich gewesen. Dies werde auch durch die Tatsache bekräftigt, dass der Vorstand der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Univ.Prof. Dr. H., ihr Ansuchen um Verlängerung der Karenzierung befürwortet habe. Nach Ablauf des gewährten Karenzurlaubes obliege es dem Rektor bzw. dem Leiter der Organisationseinheit, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes innerhalb der Medizinischen Universität X entsprechend dem § 75b BDG 1979 vorzunehmen. Die Ausübung der Tätigkeit bei der Z-Krankenanstaltengesellschaft stehe im Zusammenhang mit der Tätigkeit an der Medizinischen Universität X und stelle einen - näher dargelegten - Kenntnis- und Erfahrungszugewinn dar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zur Begründung ihrer Entscheidung legte sie vorerst den Gang des Verwaltungsverfahrens dar, um daran anzuschließen, diesbezüglich habe sie als Berufungsbehörde Nachstehendes festgestellt und erwogen (Auszug; Schreibung im Original):

"Der Sachverhalt kann wie von der Dienstbehörde erster Instanz festgestellt der Entscheidung als unstrittig zu Grunde gelegt werden.

...

Ihnen wurde antragsgemäß seitens des (damaligen) Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr mit Bescheid vom 10. März 1998 ... für eine klinisch-ärztliche Tätigkeit an der A-Universität ein Karenzurlaub gemäß § 75 BDG 1979 für die Zeit vom 1. April 1998 bis einschließlich 31. Jänner 2000 gewährt.

Für die Ausübung einer Tätigkeit als Abteilungsvorständin an der Gynäkologisch-Geburtshilflichen Abteilung der Y-Frauenklinik wurde Ihnen seitens des Amts der Medizinischen Universität X für die Zeit vom 1. August 2007 bis 31. Juli 2009 ein Karenzurlaub gemäß § 75 BDG 1979 gewährt.

Nunmehr beantragten Sie einen (weiteren) Karenzurlaub zur Ausübung einer Tätigkeit als Medizin-Vorständin der Z-Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. März 2013.

§ 75 BDG 1979 ist als echte 'kann'- Bestimmung konstruiert und damit in die freie Ermessensübung der Dienstbehörde gelegt.

...

Zwar sind die von der Dienstbehörde erster Instanz aus dem Erkenntnis des VwGH vom 26. Mai 1999, Zl. 99/12/0107, soweit es sich mit dem abseits privater Interessen gelegenen Zweck und der Frage des Vorliegens besonders berücksichtigungswürdiger Gründe für die Anrechnung eines Karenzurlaubes auf dienstzeitabhängige Rechte iSd § 75 Abs.3 BDG 1979 (alt) auseinandersetzt, auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar. Dennoch ist das Ergebnis ihrer Abwägung rechtskonform.

Wiegt die Dienstbehörde erster Instanz nämlich, angesichts der bereits gewährten langjährigen Karenzurlaube, abseits der Feststellung einer Karenzierung entgegenstehender zwingender dienstlicher Gründe, den Umstand der durch die lange und mit überwiegend administrativen Aufgaben ausgefüllten beabsichtigten antragsgegenständlichen Tätigkeit bewirkten Schwierigkeit der Reintegration in den Dienstbetrieb, gegen das private Interesse der Verbesserung der Karrierechancen ab, kann der daraus gewonnenen Schlussfolgerung nicht wirksam entgegengetreten werden.

Ist es doch aus Dienstgebersicht nachvollziehbar, dass durch die weitere langjährige Abwesenheit die Verwendungsfähigkeit auf dem Ihnen zugeordneten Arbeitsplatz, dessen Aufgabenspektrum wesentlich in der wissenschaftlichen Forschung, Lehre und der damit verbundenen klinischen Tätigkeit besteht, als gefährdet angesehen wird. Dass diesen unmittelbar aus den dienstlichen Interessen abgeleiteten Umständen gegenüber Ihrem Interesse an einer Fortführung Ihrer Weiterqualifizierung im Bereich des Medizin- und Gesundheitsmanagements auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung zur Frauenförderung größeres Gewicht beigemessen wird, bleibt im Rahmen der gesetzlich eingeräumten Ermessensübung.

Zudem dient die Einrichtung des Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979 grundsätzlich nicht dazu, die langfristige Ausübung eines Berufes außerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, wie dem antragsgegenständlichen, zu ermöglichen. Zwar gilt dies natürlich besonders für Berufe, die in keinem Zusammenhang zur dienstlichen Tätigkeit stehen, der Beamte hat sich aber generell nach einer angemessenen Zeit zu entscheiden, ob er nach Beendigung des ihm bereits gewährten Karenzurlaubes seine Tätigkeit wieder aufnimmt oder das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis durch Austritt auflöst und seinem privaten Beruf weiter nachgeht ... Nachdem Sie bereits langjährig, einem zwar 'fachverwandten', aber abseits Ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gelegenen Beruf nachgehen, erscheint es, angesichts der beantragten weiteren vier Jahre an Abwesenheitszeit, nicht unbillig, Ihnen diese Richtungsentscheidung abzuverlangen.

...

Unter Berücksichtigung der dargestellten Erwägungen hinsichtlich der durch die Dienstbehörde erster Instanz als entscheidungsrelevant herangezogenen Begründung, lässt sich ein solcher, eine abweichende Entscheidung wahrscheinlich machender Konnex, nicht ausnehmen. ..."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Hiezu erstattete die Beschwerdeführerin eine Gegenäußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über den beantragten Karenzurlaub" verletzt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung eines Karenzurlaubes für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. März 2013 u. a. auf der Grundlage des § 75 Abs. 1 BDG 1979 abgewiesen.

Gemäß § 75 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 - BDG 1979, in der Fassung der 1. BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, kann dem Beamten auf Antrag ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt aus § 75 Abs. 1 BDG 1979, dass das Gesetz die Gewährung eines Karenzurlaubes für den Fall ausdrücklich untersagt, dass ihr zwingende dienstliche Gründe entgegen stehen, sie in allen anderen Fällen jedoch dem freien Ermessen der für die Entscheidung zuständigen Dienstbehörde anheim stellt. Ob der Karenzurlaubsgewährung zwingende dienstliche Gründe entgegen stehen, ist von der Behörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen. Dass der Bewilligung des Karenzurlaubes solche zwingenden Gründe nicht entgegen stehen, bedeutet nicht, dass der Beamte einen Rechtsanspruch auf dessen Gewährung hätte, vielmehr liegt die Entscheidung dann im Ermessen der Behörde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 2008, Zl. 2005/12/0059, mwN).

Die Ermessensentscheidung besteht in einer Abwägung der für bzw. gegen die Gewährung des Karenzurlaubes sprechenden dienstlichen bzw. privaten Interessen, wobei der Behörde jedoch gerade in Ansehung der Gewichtung dieser Interessen ein Ermessensspielraum zukommt. Entscheidend ist, dass das Ergebnis dieser Abwägung gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG dem "Sinn des Gesetzes" entspricht (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 28. April 2008 mwN sowie das zur vergleichbaren Regelung des § 58 Abs. 1 LDG 1984 ergangene hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2009, Zl. 2008/12/0171).

Die belangte Behörde legte ihrer eigenen Entscheidung einen von der Dienstbehörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt als "unstrittig" zu Grunde; sie sah einer Gewährung des beantragten Karenzurlaubes offensichtlich nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, sondern gelangte in Abwägung der gegen die Gewährung des Karenzurlaubes sprechenden dienstlichen Interessen mit den für dessen Gewährung sprechenden privaten Interessen zum Ergebnis der Versagung des Karenzurlaubes.

Die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten "freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat" (Art. 130 Abs. 2 B-VG) setzt voraus, dass die Behörde im angefochtenen Bescheid eine solche Abwägung in ausreichender und nachvollziehbarer Weise, gegründet auf nachvollziehbar getroffene Sachverhaltsfeststellungen, darlegt. Betreffend die Tatsachengrundlagen für die Ermessensentscheidung verweist der angefochtene Bescheid auf einen von der Dienstbehörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann dem erstinstanzlichen Bescheid jedoch allenfalls der Gang des Verwaltungsverfahrens unstrittig entnommen werden; das - auch schon in erster Instanz - die Versagung des Karenzurlaubes tragende Tatsachensubstrat einer mangelnden Reintegration der Beschwerdeführerin als Ärztin und Wissenschafterin in den Universitäts- und Krankenanstaltenbetrieb an der Universitätsklinik nach Beendigung der weiteren Karenz war von der Beschwerdeführerin schon im Verwaltungsverfahren erster Instanz bestritten worden. Zudem hatte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid das Argument der mangelnden Reintegration nach Ende des beantragten Karenzurlaubes substantiiert bestritten, sodass dem angefochtenen Bescheid, wie von der Beschwerde zutreffend gerügt, fundiert begründete Tatsachenfeststellungen fehlen, auf die die von der belangten Behörde ins Treffen geführten, einer Gewährung des Karenzurlaubes entgegenstehenden dienstlichen Interessen und damit letztlich eine Interessenabwägung im Sinn des § 75 Abs. 1 BDG 1979 gegründet werden könnten.

Da der angefochtene Bescheid tragender Tatsachenfeststellungen für die vom Gesetz bei einer Ermessensentscheidung gebotene Interessenabwägung im Sinn des § 75 Abs. 1 BDG 1979 entbehrt, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 12. Mai 2010

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