VwGH 2009/10/0173

VwGH2009/10/017316.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Pelant, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des F G in F, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Maga. Doris Einwallner, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. Juni 2009, Zl. FA10A- 31Ga-27/2007-10, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2009100173.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. Juni 2009 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf nachträgliche Erteilung der Bewilligung zur Rodung einer rund 10 m2 großen Teilfläche eines näher bezeichneten Waldgrundstückes zwecks "Errichtung einer Holzhütte zur Betreibung einer homöopathisch-botanischen Forschungsstelle" gemäß § 17 Abs. 3 Forstgesetz 1975 abgewiesen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, es sei nach den eingeholten forstfachlichen Gutachten davon auszugehen, dass angesichts der im Waldentwicklungsplan ausgewiesenen mittleren Wohlfahrtsfunktion des von der beantragten Rodung betroffenen Waldes ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung bestehe. Den fachlichen Darlegungen betreffend die Wohlfahrtswirkung des Waldes sei der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rodungsbewilligung gemäß § 17 Abs. 2 ForstG 1975 seien daher nicht erfüllt. Die der Behörde möglichen amtswegigen Ermittlungen hätten kein öffentliches Interesse am Rodungsvorhaben erbracht. Der Beschwerdeführer habe in diesem Punkt bloß allgemein auf diverse Fachartikel und Internetadressen hingewiesen, ohne jedoch konkrete Angaben zu seinem Forschungsvorhaben zu machen oder darzulegen, aus welchen Gründen er unbedingt auf Waldboden tätig werden müsse. Mangels konkreter, fachlich begründeter Darlegungen betreffend den Rodungszweck habe die Behörde keine weitergehenden Ermittlungsschritte setzen können. Die beantragte Rodungsbewilligung sei daher spruchgemäß zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 55/2007, (ForstG 1975) lauten auszugsweise wie folgt:

"Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, an der Erhaltung des von der beantragten Rodung betroffenen Waldes bestehe angesichts der forstfachlich festgestellten Wohlfahrtsfunktion ein besonderes öffentliches Interesse. Dem Rodungsantrag des Beschwerdeführers könnte daher nur bei Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses am Rodungszweck entsprochen werden. Ein solches öffentliches Interesse habe jedoch nicht festgestellt werden können.

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung der betroffenen Fläche vor. Vielmehr fehlten ausreichende Feststellungen, um dieser Beurteilung eine Grundlage zu geben.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 ForstG 1975 liegen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zum Beispiel das Erkenntnis vom 31. März 2011, Zl. 2007/10/0033, und die dort zitierte Vorjudikatur) im allgemeinen dann nicht vor, wenn es sich um Waldflächen handelt, denen nach dem Waldentwicklungsplan mittlere oder hohe Schutzfunktion, mittlere oder hohe Wohlfahrtsfunktion oder hohe Erholungsfunktion zukommt. Dem Waldentwicklungsplan als einem grobflächigen Planungsinstrument kommt nämlich in diesem Zusammenhang eine wesentliche Indizwirkung zu; allerdings entbindet diese die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, die Frage des Walderhaltungsinteresses im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG 1975 an Hand des Gutachtens eines forstlichen Sachverständigen zu beurteilen (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis).

Im vorliegenden Fall wies bereits der erstinstanzlich beigezogene forstfachliche Amtssachverständige auf die Bedeutung des von der Rodung betroffenen Waldes für die Speicherung von Wasser, die Reduktion der Abflussmengen und Abflussspitzen sowie für die Luftreinhaltung hin. Dieser Bedeutung der Waldfläche sei durch die Ausweisung einer mittleren Wohlfahrtsfunktion im Waldentwicklungsplan Rechnung getragen worden.

Diese Beurteilung wurde von dem im Berufungsverfahren beigezogenen forstfachlichen Amtssachverständigen "bestätigt"; der Beschwerdeführer ist dem weder konkret, noch fachlich fundiert entgegengetreten.

Unter diesen Umständen ist aber die Auffassung der belangten Behörde, es lägen die Voraussetzungen für ein Vorgehen gemäß § 17 Abs. 2 ForstG 1975 nicht vor, nicht rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde habe ein an der Rodung bestehendes öffentliches Interesse zu Unrecht verneint. Er habe ein umfassendes Vorbringen erstattet, aus dem sich deutlich ergebe, weshalb der Betrieb der Forschungsstelle im Wald von besonderer Bedeutung sei und weshalb der Forschungstätigkeit im Bereich der Homöopathie besondere Bedeutung zukomme. Daraus hätte der Schluss gezogen werden müssen, dass das Rodungsvorhaben im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen sei. Dem gegenüber habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Unrecht vorgeworfen, er sei seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen. Tatsächlich habe er ein konkretes und ausreichend substantiiertes Vorbringen erstattet und dies durch Beweisanträge ergänzt, denen die belangte Behörde jedoch nicht nachgekommen sei.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Zwar können angesichts der nur beispielhaften Aufzählung öffentlicher Interessen in § 17 Abs. 4 ForstG 1975 das Walderhaltungsinteresse überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG 1975 auch in der medizinischen Forschung begründet sein. Dies hat allerdings zur Voraussetzung, dass unter dem Blickwinkel der medizinischen Forschung am konkreten Vorhaben selbst ein öffentliches Interesse besteht und weiters, dass das Vorhaben ohne Inanspruchnahme von Waldflächen nicht verwirklicht werden kann.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten als Rodungszweck geltend gemacht, die Hütte solle dem Betrieb einer "homöopathisch-botanischen Forschungsstelle" und damit medizinischen Forschungszwecken dienen.

Über behördliche Aufforderung, sein Vorhaben zu konkretisieren und insbesondere anzugeben, wie die Forschungsstelle betrieben werden solle, gab der Beschwerdeführer an, er sei seit 15 Jahren als "praktischer Arzt mit dem Spezialbereich Naturheilkunde" tätig. Im Vordergrund stehe die Forschung an einheimischen Pflanzen, die in ihrer "homöopathischen und phytotherapeutischen Heilwirkung" bisher unterbewertet und unterrepräsentiert seien. Die Tätigkeit im Rahmen der Forschungsstation umfasse auch die Registrierung und Dokumentation der örtlichen Flora, der Erarbeitung und Erweiterung der phytotherapeutischen und homöopathischen Arzneimittelbilder. Dadurch sollten nicht zuletzt auch Kolleginnen und Kollegen mit diesem theoretischen und praktischen Wissen (zum Beispiel betreffend frische Tinkturen, Potenzierung, etc.) vertrauter gemacht werden.

Im Zuge seiner Berufung wies der Beschwerdeführer noch auf Zeitschriftenartikel und Internetadressen hin, denen die Bedeutung der Homöopathie als Heilmethode entnommen werden könne.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist allerdings weder ein Forschungsvorhaben so konkret zu entnehmen, dass beurteilt werden könnte, ob daran ein in der medizinischen Forschung begründetes öffentliches Interesse bestehe, noch wird daraus ersichtlich, dass eine Verwirklichung des Vorhabens der Inanspruchnahme von Waldflächen bedürfe. Die belangte Behörde hat daher ein öffentliches Interesse am geltend gemachten Rodungszweck zu Recht verneint.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, die belangte Behörde hätte den entscheidungswesentlichen Sachverhalt von Amts wegen und durch Einholung der von ihm beantragten Beweise feststellen müssen, übersieht er, dass es zuvor seine Sache gewesen wäre, den Rodungszweck soweit zu konkretisieren, dass eine Beurteilung, ob daran ein öffentliches Interesse bestehen kann, überhaupt möglich wird.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer noch die Begründung des angefochtenen Bescheides als mangelhaft, legt aber die Wesentlichkeit des solcherart behaupteten Verfahrensmangels nicht im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG dar. Auch mit diesem Vorbringen wird daher keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 16. Juni 2011

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte