VwGH 2009/09/0028

VwGH2009/09/002824.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der P Gesellschaft, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. November 2008, Zl. UVS- 07/A/3/1986/2008, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 idF 2005/I/101;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AuslBG §2 Abs2 idF 2005/I/101;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 23. August 2007 wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - A S. schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der beschwerdeführenden Partei zu verantworten, den rumänischen Staatsangehörigen I S. vom 12. bis zum 14. März 2007 auf der Baustelle in Wien mit Spachtelarbeiten beschäftigt zu haben, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. A S. habe dadurch eine Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe von EUR 2.800,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die beschwerdeführende Partei hafte für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Partei hat die belangte Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben. Die beschwerdeführende Partei sei als Generalunternehmer im Auftrag der Liegenschaftseigentümerin, der A. GmbH, tätig gewesen. Als Subunternehmer seien die M. GmbH und die G. GmbH auf der Baustelle tätig gewesen. I S. sei von einem Herrn D. darauf angesprochen worden, auf dieser Baustelle Wände zu verspachteln. Würde er dies zur Zufriedenheit erledigen, könne er weiterarbeiten. I S. habe nicht gewusst, für welche Firma er tätig sei. Er habe täglich von 08.00 bis 16.00 Uhr gearbeitet. Das Material sei firmenseitig beigestellt worden. Am 15. März 2007 hätte er durch den "Chef" erfahren sollen, wie viel er bezahlt bekomme (dazu ist es wegen der Kontrolle vom 14. März 2007 nicht mehr gekommen).

Aus einem "Auftragsschreiben" der beschwerdeführenden Partei an I S. vom 12. März 2007 ergebe sich als "Auftragsgegenstand" die "Verspachtelung der bestehenden Gipskartonwände" zu einem Pauschalpreis von EUR 3.400,--. Weitere Vereinbarungen enthalte dieses Auftragsschreiben nicht. Herr I S. sei direkt von der beschwerdeführenden Partei beauftragt worden. Dieses habe der "Chef" ausgefüllt und es I S. mit den Worten zur Unterschrift gegeben, dass er es bei der Hand haben müsse, wenn eine Kontrolle komme. I S. habe aber nicht gewusst, was in dem Auftragsschreiben stehe. Die beschwerdeführende Partei habe I S. auf der Baustelle beschäftigt. Die von ihr vorgelegten Urkunden seien nur dem Zweck errichtet worden, diesen Sachverhalt zu verschleiern. Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 VStG sei A S. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei für diese Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Die über A S. verhängten, im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegenden Strafen seien tat- und schuldangemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich - im Umfang der Bestrafung und des Haftungsausspruchs hinsichtlich den I S. - die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass nach Anhang VII Z. 2 der Beitrittsakte Rumäniens zur Europäischen Union die früheren Mitgliedstaaten berechtigt sind, während eines Übergangszeitraumes bis zu sieben Jahren (Z. 5) den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Österreich hat von dieser Möglichkeit durch § 32a Abs. 1 iVm Abs. 10 AuslBG Gebrauch gemacht, wonach rumänische Staatsangehörige den Bestimmungen des AuslBG unterfallen.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, dass auch bei einem Auftragsgegenstand wie der Verspachtelung bestehender Gipskartonwände - wie es der Anmeldung des freien Gewerbes entspreche - ein echter Werkvertrag vorliege. Herr I. S. habe diese Arbeiten auf Grund eines mündlichen Werkvertrages verrichtet. Es sei zu einer ganz konkreten zeitlich kurzen Beauftragung des rumänischen Ausländers gekommen. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen getroffen, warum ein Arbeitsvertrag oder ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis gegeben sei.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2005, gilt als Beschäftigung u.a. die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit. b).

Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs. 2 lit. a und b AuslBG ist u.a., dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher (Arbeitsverhältnis) bzw. wirtschaftlicher (arbeitnehmerähnliches Verhältnis) Abhängigkeit des Arbeitenden vom Beschäftiger ausgeübt wird. Dabei ist der Beschäftiger derjenige, der gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. dem arbeitnehmerähnlich Beschäftigten Aufträge erteilt, Arbeitsmittel zur Verfügung stellt bzw. eine Dienst- und Fachaufsicht im Sinne einer organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in seinen Betrieb ausübt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2002/09/0167, mwN). Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen (§ 2 Abs. 4 AuslBG). Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob dieser (etwa im Hinblick § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder wie die Vertragsparteien die Tätigkeit bezeichnet haben, kommt es nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Wird ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Baustellen eines Unternehmens angetroffen, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, ist gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG das Vorliegen einer nach dem AuslBG unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt. Es obliegt dem Beschuldigten, das Fehlen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses glaubhaft zu machen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/09/0129 und Zl. 2009/09/0065, mwN). Dies entbindet die Behörde zwar nicht von ihrer - angesichts der im Grund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 37 und § 39 Abs. 2 AVG gegebenen - Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen, die dafür notwendigen Beweise aufzunehmen, Parteiengehör einzuräumen und ein dem Art. 6 EMRK entsprechendes Verfahren durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2010, Zl. 2009/09/0018). Diese Grundsätze hat die belangte Behörde jedoch nicht verletzt. Baustellen sind Arbeitsstellen eines Unternehmens, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2003/09/0109). Bei den gegenständlichen Tätigkeiten handelt es sich nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend und unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Verspachtelungsarbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der Hilfsarbeiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2009/09/0018).

Mit dem Argument, dass I S. nur kurzfristig und nur für bestimmte Verspachtelungsarbeiten im Rahmen eines "Zielschuldverhältnisses" aufgenommen worden sei, vermag die beschwerdeführende Partei keine von einem üblichen Arbeitsverhältnis abweichenden atypischen Umstände aufzuzeigen. Auch die auf kürzere Einsatzzeiten beschränkte Beiziehung von Hilfskräften ändert nichts an den Bedingungen, unter denen die Verspachtelungsarbeiten zu erbringen waren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat demzufolge bereits in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen ausgesprochen, dass die Vornahme von Verspachtelungsarbeiten auf Baustellen durch Hilfskräfte, die weder über eine eigene nennenswerte unternehmerische Organisation noch über wesentliche Betriebsmittel verfügen und die bei Aufnahme ihrer Tätigkeit letztlich nur über ihre eigene Arbeitskraft disponieren, kein eigenständiges Werk in dem Sinn errichten, dass ihre Arbeit als selbständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn klassifiziert werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl. 2010/09/0150).

Gegen die Strafbemessung wird in der Beschwerde nichts vorgebracht. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit keine Bedenken entstanden. Die Haftung der beschwerdeführenden Partei für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten gründet sich auf § 9 Abs. 7 VStG.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. März 2011

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