VwGH 2009/07/0136

VwGH2009/07/013619.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des Mag. K F in H, vertreten durch Dr. Herbert Heigl, Mag. Willibald Berger und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 8. Juli 2009, Zl. Senat-AM-09-0171, betreffend ein Verfahren nach § 54b Abs. 3 VStG (weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VStG §53b Abs2;
VStG §54b Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VStG §53b Abs2;
VStG §54b Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer an die Bezirkshauptmannschaft A (BH) gerichteten Eingabe vom 8. Mai 2009 führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit Straferkenntnis der BH vom 29. August 2007 "wegen einer angeblichen Verwaltungsübertretung" nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (PMG) bestraft worden sei. Er habe dagegen Berufung an die belangte Behörde erhoben. Dieser sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 2009 insofern Folge gegeben worden, "als die Geldstrafe auf EUR 1.000,00 und der Kostenbeitrag auf EUR 100,00" herabgesetzt worden sei. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 2009 habe er Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Darin seien u.a. zahlreiche Argumente "gegen die Verfassungskonformität und gegen die EU-Rechtskonformität" einzelner Bestimmungen des PMG vorgebracht worden. Sollten die Strafbestimmungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden, wäre eine Bestrafung schon aus diesem Grunde unzulässig.

Darüber hinaus wäre für ihn - so führte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe weiter aus - die sofortige, vollständige Entrichtung der Geldstrafe samt Nebenkosten aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar und mit ungebührlichen Härten verbunden. Dies folge schon daraus, dass nicht nur eine Strafe in Höhe von EUR 1.000,--, sondern zusätzlich noch erhebliche Nebenkosten gefordert würden, sodass sich insgesamt ein wesentlich höherer Betrag ergebe.

In dieser Eingabe vom 8. Mai 2009 stellte der Beschwerdeführer schließlich folgende Anträge:

"die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz möge

a. dem Antragsteller Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über die von ihm eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bewilligen; in eventu

b. dem Antragsteller die Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen in monatlichen Raten zu je EUR 100,00 beginnend mit Juni 2009 bewilligen."

Die BH erließ darauf hin den Bescheid vom 19. Mai 2009 mit

folgendem Spruch:

"Teilzahlungsbescheid

Die Bezirkshauptmannschaft ... bewilligt Ihr Ansuchen um

Teilzahlung.

Der aushaftende Gesamtbetrag von Euro 1.505,70 ist in monatlichen Teilbeträgen von je Euro 100,00 zu entrichten.

Der Anzahlungsbetrag von Euro 105,07 ist am 15.06.2009 fällig, die weiteren Teilbeträge sind jeweils ab 15.07.2009 monatlich fällig.

Rechtsgrundlagen

§ 54b des Verwaltungsstrafgesetzes 1991

Sollten Sie Ihren Zahlungen unentschuldigt nicht termingerecht nachkommen, müssten Zwangsmaßnahmen (gerichtliche Exekution bzw. Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe) ergriffen werden."

Gegen diesen Bescheid der BH erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Darin führte er aus, dass er in seiner Eingabe vom 8. Mai 2009 "primär" die Gewährung von Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über die von ihm eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof beantragt habe. Der Antrag auf Abstattung "der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen in monatlichen Raten" sei ausdrücklich als Eventualantrag formuliert worden. Die BH wäre daher verpflichtet gewesen, zunächst über den Primärantrag auf Gewährung von Zahlungsaufschub zu entscheiden. Für eine sofortige Entscheidung über den Eventualantrag hätte es an einer entsprechenden Zuständigkeit der BH gemangelt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Zudem wurde der Spruch des Erstbescheides dahingehend ergänzt, dass der "Antrag auf Zahlungsaufschub" abgewiesen werde. Die Fälligkeit des Anzahlungsbetrages wurde mit 15. August 2009, die der weiteren Teilbeträge ab 15. September 2009 monatlich neu festgesetzt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 8. Mai 2009 lediglich Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit einiger Bestimmungen des PMG finden würden. Der Beschwerdeführer bringe zwar vor, dass die sofortige Entrichtung der Geldstrafe aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sei. Dazu fänden sich jedoch weder konkrete Angaben noch irgendwelche Bescheinigungsmittel. Die verfassungsrechtlichen Ausführungen könnten jedoch die Glaubhaftmachung entsprechender wirtschaftlicher Gründe nicht ersetzen. Ein Zahlungsaufschub sei somit mangels näher vorgebrachter wirtschaftlicher Gründe nicht zu bewilligen gewesen.

Die BH habe jedoch über den Antrag auf Zahlungsaufschub "insoferne indirekt entschieden, als eben die Teilzahlung bewilligt" und somit dem Eventualantrag stattgegeben worden sei. Lediglich "zur Klarstellung bzw. Konkretisierung" sei eine "spruchgemäße Ergänzung" vorzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.

Wie sich aus der Wiedergabe des Bescheides der BH vom 19. Mai 2009 ergibt, hat diese lediglich über das "Ansuchen um Teilzahlung" abgesprochen. Allein der Eventualantrag war somit Gegenstand des mit "Teilzahlungsbescheid" überschriebenen Bescheidspruches. Auch der "Betreff" dieses Bescheides bezieht sich ausschließlich auf die "Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen". Damit steht der Auslegung der belangten Behörde, wonach die BH über den Primärantrag des Beschwerdeführers auf Zahlungsaufschub "indirekt" entschieden habe, bereits der eindeutige Wortlaut des Bescheidspruches der BH vom 19. Mai 2009, der keine Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, entgegen. Der Primärantrag des Beschwerdeführers war somit nicht Gegenstand dieses Bescheidspruches der BH.

Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit der BH hätte die belangte Behörde von Amts wegen aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen (vgl. u.v.a. die hg. Erkenntnisse vom 28. April 2008, Zl. 2005/12/0148, und vom 5. September 2008, Zl. 2007/12/0078, sowie den hg. Beschluss vom 4. Februar 2009, Zl. 2008/12/0224). Keinesfalls war die belangte Behörde befugt, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des Bescheides der BH im Instanzenzug erstmals den Primärantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Abschließend sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgender Feststellung veranlasst: Die Auffassung, dass die Anhängigkeit von Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes einen Aufschubgrund iSd § 54b Abs. 3 VStG darstellt - wie der Beschwerdeführer in seinem Primärantrag vom 8. Mai 2009 offenbar meint -, findet im Gesetz keine Deckung (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1994, Zl. 94/17/0364, und vom 17. Februar 1995, Zl. 94/17/0423).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 19. November 2009

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