Normen
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.211,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V (BH) vom 16. Jänner 2003 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung "für die Errichtung und den Betrieb der Erweiterung und Sanierung der Wasserversorgungsanlage" auf den Grst. Nrn. 1279, 397/2, 397/1/, 396, 357/1, 357/7, 447/5, 449, 398, alle KG St. unter Auflagen und Bedingungen erteilt.
Unter Auflage 49 dieses Bescheides wurde zugunsten der Wasserversorgungsanlage der Beschwerdeführerin auf Grst. Nr. 398/1, KG. St. eine quantitative Beweissicherung (Messung des Brunnenwasserspiegels und der Quellschüttung) und eine qualitative Beweissicherung (physikalische, chemische, bakteriologische Untersuchung durch einen Befugten) angeordnet.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die belangte Behörde.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. März 2003 wurde diese Auflage ergänzt. Demnach habe die mitbeteiligte Partei der Beschwerdeführerin Wasser von mindestens gleich guter Beschaffenheit unter wirtschaftlich und technisch nicht ungünstigeren Bedingungen zur Verfügung zu stellen, wenn durch die Arbeiten an der Wasserversorgungsanlage der Mitbeteiligten die Quelle der Beschwerdeführerin auf Grst. Nr. 398/1, KG St. nachweislich beeinträchtigt würde.
Mit Bescheid der BH vom 30. Juli 2004 wurde gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 festgestellt, dass die Erweiterung und Sanierung der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei mit der mit Bescheid der BH vom 16. Jänner 2003 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme.
Gleichzeitig wurde im Spruch dieses Bescheides ein Übereinkommen zwischen der mitbeteiligten Partei und der Beschwerdeführerin vom 23. März 2003 gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959 beurkundet. Demnach wurde vereinbart, dass die Wassermenge von 2 l/min aus dem Überwasser der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei der Beschwerdeführerin als Entschädigung für die Beeinträchtigung ihrer Quelle zur Verfügung gestellt werde. Zudem wurde festgehalten, dass bereits eine Vorrichtung zur Abgabe "dieses Wassers" errichtet worden sei.
Eine dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 2004 als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit an die BH gerichteter Eingabe vom 21. Jänner 2008 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erhöhung der Wasserentnahmemenge aus ihrer Wasserversorgungsanlage und führte begründend aus, dass zusätzlich zu den bereits vier versorgten Wohnhäusern und zwei landwirtschaftlichen Betrieben noch zwei weitere Wohnhäuser an die Trinkwasserversorgung angeschlossen werden sollten.
Die BH beraumte dazu eine mündliche Verhandlung für den 11. Juni 2008 an. Eine persönliche Verständigung der Beschwerdeführerin erfolgte nicht.
Mit Eingabe vom 9. Juni 2008 teilte die Beschwerdeführerin der BH mit, dass sie von der mündlichen Verhandlung durch Anschlag an der Amtstafel beim Gemeindeamt erfahren habe. Sie stimme einer Erhöhung der Wasserentnahmemenge nicht zu. Mit Messungen könne belegt werden, dass die Überwassermenge im Jahresdurchschnitt nur 1 bis 1,5 l/min betrage.
Der Verhandlungsschrift der BH über die mündliche Verhandlung ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Tochter anfänglich an der Verhandlung teilnahm. Ihre Stellungnahme vom 9. Juni 2008 wurde "vollinhaltlich verlesen". Anlässlich der Besprechung der "Rechts- und Sachlage" hätten die Beschwerdeführerin und deren Tochter die Verhandlung verlassen.
Der beigezogene wasserbautechnische Amtssachverständige gab im Rahmen dieser Verhandlung ein Gutachten ab, wonach sich aus den vorgelegten mehrjährigen Aufzeichnungen über das Wasserdargebot der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei ergebe, dass im Mittel mit einer Quellschüttung von etwa 15 l/min zu rechnen sei, aber auch in Trockenzeiten die Schüttung nicht unter 8 l/min absinke. Unter Berücksichtigung der für das Anwesen der Beschwerdeführerin vorzubehaltenden 2 l/min könne einer Erhöhung des Maßes der Wasserbenutzung auf 4 l/min. bzw. max. 5.700 l/d durchaus zugestimmt werden. Dieser Bedarf sei "offensichtlich durch das Dargebot" gedeckt.
Mit Bescheid der BH vom 4. Juli 2008 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Änderung der Konsensmenge der Wasserversorgungsanlage auf den Grst. Nrn. 1279, 397/2, 397/1/, 396, 357/7, 447/5, 449 und 398, alle KG St., erteilt. Dabei wurde das Maß der Wassernutzung insgesamt mit max. 5.700 l/d begrenzt. Vorab würden gemäß der Verfügung im Spruch dieses Bescheides (wie bisher) 3 l/min durch die mitbeteiligte Partei bezogen, die nächsten 2 l/min seien (wie bisher) der Beschwerdeführerin zur Verfügung zu stellen, " bevor 1 l/min zusätzlich " durch die mitbeteiligte Partei bezogen werden dürfe. Diese Bewilligung wurde gemäß § 21 Abs. 1 WRG 1959 bis 31. Dezember 2095 befristet erteilt.
Begründend verwies die BH nach Wiedergabe der Verhandlungsschrift auf den mit ihrem Bescheid vom 30. Juli 2004 beurkundeten Vergleich zwischen der mitbeteiligten Partei und der Beschwerdeführerin. Damals habe die konsentierte Wassermenge 3 l/min betragen, sodass 2 l/min der Beschwerdeführerin noch vor dem für die mitbeteiligte Partei bestimmten zusätzlichen 1 l/min zur Verfügung zu stellen seien. Dies sei durch eine entsprechende bauliche Ausgestaltung sicherzustellen. Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere des "schlüssigen und leicht nachvollziehbaren" Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, habe spruchgemäß entschieden werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die belangte Behörde, in welcher sie geltend machte, dass die Erhöhung der Wasserentnahmemenge zugunsten der mitbeteiligten Partei ihr Grundeigentum berühre. Durch den Eingriff "der Änderung der wasserrechtlichen Bewilligung" werde sie beeinträchtigt. Sie hätte daher als Partei dem Verfahren zugezogen werden müssen. Weiters machte die Beschwerdeführerin mangelhafte Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die von der BH verfügte Regelung entspreche gänzlich der Übereinkunft zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei vom 30. Juli 2004. Mit Bescheid der BH vom 4. Juli 2008 sei unmissverständlich geregelt, dass "die Liter 1. bis 3." der mitbeteiligten Partei zustünden und die "Liter 4. und 5." der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt werden müssten. Erst der
"6. Liter" könne von der mitbeteiligten Partei bezogen werden. Diese Regelung sei ausreichend bestimmt und klar formuliert. Die BH habe einen Amtssachverständigen beigezogen, der die Lage beurteilt habe. Fest stehe, dass das Wasserdargebot über mehrere Jahre aufgezeichnet worden sei. Daraus sei auch für Außenstehende klar ersichtlich, dass der Bedarf aus der Quelle gedeckt werden könne. Die Entscheidung stütze sich somit auf ein verständliches und nachvollziehbares Gutachten.
Zur Parteistellung der Beschwerdeführerin hielt die belangte Behörde in der Begründung ihres angefochtenen Bescheides fest, dass die Beschwerdeführerin durch die Erhöhung der Konsensmenge "auf einen weiteren Liter" in keiner Weise beeinträchtigt sei. Auch "eine mögliche Beeinträchtigung" könne ausgeschlossen werden, da ein 6. Liter aus der Quelle erst entnommen werden dürfe, wenn der 4. und 5. Liter der Quellschüttung an die Beschwerdeführerin gesichert abgeleitet worden sei. Dies sei auch durch eine entsprechende bauliche Ausgestaltung sicherzustellen. Es werde sohin nicht "in wasserrechtlich gesicherte Rechte" der Beschwerdeführerin eingegriffen, weshalb ihr auch keine Parteistellung zukomme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 12 und des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 lauten auszugsweise:
"§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
...
§ 102. (1) Parteien sind:
...
b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;"
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die belangte Behörde zu Unrecht ihre Parteistellung verneint habe. Ihre Parteistellung sei nicht zweifelhaft, da ihr Grundeigentum "berührt" sei. Sie sei durch die Erhöhung der Konsensmenge unmittelbar berührt, da sie Wasser aus der gegenständlichen Quelle beziehe und eine tatsächliche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden könne.
In ihrer Eingabe an die BH vom 9. Juni 2008 wies die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei darauf hin, "dass das Wasser noch immer von meinem Grund entnommen wird".
Mit diesem Vorbringen kann gemeint sein, dass die mitbeteiligte Partei ihr Wasser und damit auch die bewilligte Erhöhung der Entnahmemenge aus einer Quelle bezieht, die auf einem Grundstück der Beschwerdeführerin liegt oder dass durch die (erhöhte) Wasserentnahme in die aus dem Grundeigentum resultierenden Nutzungsbefugnisse der Beschwerdeführerin iSd § 5 Abs. 2 WRG 1959 eingegriffen wird. Damit machte die Beschwerdeführerin eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte iSd § 12 Abs. 2 WRG 1959 geltend. Die Wasserrechtsbehörden haben sich damit nicht auseinander gesetzt, sodass auch nicht beurteilt werden kann, ob der Beschwerdeführerin Parteistellung zukam oder nicht. Es reicht bereits die mögliche Beeinträchtigung von Rechten iSd § 12 Abs. 2 WRG 1959 aus, um die Parteistellung zu begründen. Die Parteistellung ist nicht davon abhängig, dass tatsächlich in geschützte Rechte eingegriffen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, 2001/07/0077, u.a.). Es reicht für die Verneinung der Parteistellung auch nicht aus, dass durch Vorschreibung von Nebenbestimmungen ein (tatsächlicher) Eingriff in wasserrechtlich geschützte Rechte verhindert wird. Entscheidend ist, ob die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besteht. Nur wenn eine solche Möglichkeit nicht besteht, kann die Parteistellung verneint werden. Dazu fehlen aber Feststellungen im angefochtenen Bescheid.
Aus den dargestellten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im begehrten Ausmaß - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien,am 30. September 2010
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