Normen
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §65 Abs1;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) sind Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, an das südlich das Grundstück der Beschwerdeführerin angrenzt. Mit Eingabe vom 22. Juli 2008 beantragten die Bauwerber die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung für die Errichtung einer Einfriedungsmauer auf ihrem Grundstück, die am westlichen Teil ihres Grundstückes (entlang einer Verkehrsfläche) und entlang der (parallel zur) Südgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin verlaufen soll. Weiters sind "Halbschalen" (die Errichtung eines Halbschalengerinnes) im lt. Plan 1 m breiten Zwischenraum zwischen der Mauer und der Grundgrenze vorgesehen, die an ihrem Ende zu einem bestehenden Schacht führen. (Jenseits der Grenze, also auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin, befindet sich bereits ein Habschalengerinne, das ebenfalls zu diesem Schacht führt).
In der Bauverhandlung vom 29. August 2008 führte der beigezogene Sachverständige P. ua. aus, der neue offene Graben, der mit Halbschalen befestigt sei, diene der kontrollierten Ableitung der aus dem Westbereich (gemeint: aus einem Bereich westlich des Baugrundstückes) anfallenden Oberflächenwässer. Aus seiner Sicht könne davon ausgegangen werden, dass durch die errichtete Sockelwand der derzeitige Wasserverlauf entlang der Südgrundgrenze insbesondere auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin nicht verändert werde. Aus den im Einreichplan dargestellten Schnitten sei ersichtlich, dass das Grundstück der Beschwerdeführerin tiefer liege als das Baugrundstück. Weiters werde durch die Herstellung eines zusätzlichen offenen Grabens eine Ausbreitung des Wasserflusses verhindert bzw. verbessert.
Die Beschwerdeführerin erklärte, sie sei "wegen der Oberflächenwässer gegen diese Mauer".
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 27. August 2008 wurde die angestrebte Baubewilligung erteilt. Die Behörde erster Instanz stützte sich dabei auf das Gutachten des Bausachverständigen P.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie vorbrachte, es sei unzutreffend, dass der derzeitige Wasserverlauf entlang der Südgrenze durch die Mauer nicht verändert werde. Dabei werde übersehen, dass im Falle der Errichtung der Mauer die Oberflächenwässer der angrenzenden Felder im westlichen Bereich, die eine Neigung zum Grundstück der Bauwerber und zu ihrem Grundstück aufwiesen, ausschließlich über ihr Grundstück abfließen würden. Durch die Errichtung der Mauer werde daher in den Oberflächenabfluss der angrenzenden Grundstücke eingegriffen, dies ausschließlich zu Lasten ihres Grundstückes, das demnach zu versumpfen drohe.
Die Berufungsbehörde holte ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen P. (vom 13. Feber 2009) ein, der zum Ergebnis gelangte, durch die Errichtung der Mauer und damit verbunden die Absenkung des Geländes zwischen Grundgrenze und Mauer und den Einbau einer Halbschale werde die mögliche Abflussmenge soweit abgesenkt, dass sich die Wasserspiegelhöhe an der Grundgrenze auf 10 cm bis 20 cm absenke. Andererseits könnte der Wasserspiegel um bis zu 10 cm oder 20 cm ansteigen, ohne dass dadurch mehr Oberflächenwasser auf das Grundstück der Beschwerdeführerin gelange, das in Richtung Südosten abfalle, sodass kein Wasserfluss in Richtung Norden gegeben sei.
Die Berufungsbehörde gewährte hiezu Parteiengehör. Die Beschwerdeführerin äußerte sich dahin, der Sachverständige habe die Platzregen nicht berücksichtigt. Die Bauwerber wollten die Wand errichten, um Oberflächenwässer von ihrem Grundstück fernzuhalten und es somit vor Überschwemmungen und Versumpfung zu schützen.
Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 31. März 2009 als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid ebenfalls als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung heißt es, gemäß den in den Akten erliegenden planlichen Darstellungen handle es sich beim gegenständlichen Bauvorhaben um eine Sockelwand mit einer Sockelhöhe von ca. 60 cm - 100 cm, die in etwa die Hälfte der westseitigen und die gesamte südseitige Begrenzung des Baugrundstückes umfasse. Zusätzlich werde an der Südseite ein mit Halbschalen ausgekleideter Ableitungsgraben auf dem Baugrundstück zwischen der Einfriedungsmauer und dem auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin befindlichen, ebenfalls mit Halbschalen ausgekleideten Graben errichtet. Beide Gräben mündeten in einem an der Südostecke des Baugrundstückes sowie an der Nordostecke des Grundstückes der Beschwerdeführerin befindlichen Schacht. Wie der dem Verfahren beigezogene bautechnische Sachverständige in der Verhandlung vom 28. August 2008 festgestellt habe, sei aus seiner Sicht davon auszugehen, dass durch die errichtete Sockelwand der derzeitige Wasserlauf entlang der Südgrundgrenze im Speziellen auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin nicht verändert werde, weil dieses tiefer liege als das Baugrundstück und der geplante zusätzliche offene Graben. Dies sei auch in der ergänzenden Stellungnahme des bautechnischen Sachverständigen vom 13. Februar 2009 wiederholt dargelegt worden.
Wie den im Akt erliegenden Plänen zu entnehmen sei, falle der zur Einfriedung vorgesehene Teil des Baugrundstückes leicht gegen Südosten ab. Gemäß dem Geographischen Informationssystem Steiermark (GIS) ergebe sich ganz eindeutig, dass das Grundstück der Beschwerdeführerin den natürlichen Verlauf einer aus Westen zuführenden Geländemulde darstelle und von diesem Grundstück das Gelände in beide Richtungen (nach Norden und Süden) mit unterschiedlichen Neigungen ansteige. An diesen natürlichen Abflussverhältnissen ändere auch die Ausführung der Einfriedung nichts Wesentliches, zumal mit dem beschriebenen Schacht an der Nordostecke eine künstliche Vorflut geschaffen werde. Diese werde - zum raschen Abfluss der Wässer - durch ein weiteres Halbschalengerinne noch zusätzlich "ertüchtigt". Für die belangte Behörde seien die Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen daher schlüssig und nachvollziehbar. Die von der Beschwerdeführerin allgemein gehaltenen Behauptungen könnten an der Schlüssigkeit des Gutachtens nichts ändern, sie sei diesen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem sich aus § 65 Stmk. BauG ergebenden Recht darauf, dass die von den Bauwerbern geplante Einfriedungsmauer wegen des damit verbundenen Nachteiles eines vermehrten Abflusses von Obenflächenwässer auf das Grundstück der Beschwerdeführerin nicht errichtet werden dürfe, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 27/2008 anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
- 2. die Abstände (§ 13);
- 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
- 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
- 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
§ 65 Stmk. BauG lautet auszugsweise (Abs. 1 letzter Satz
angefügt durch die Novelle LGBl. Nr. 78/2003, ansonsten Stammfassung):
" 65
Entsorgungsanlagen für Abwässer und Niederschlagswässer
(1) Bei baulichen Anlagen ist eine einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestandsdauer sicherzustellen. Dafür erforderliche Anlagen sind so anzuordnen, herzustellen und in Stand zu halten, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Bei Veränderungen des Geländes im Bauland und auf daran angrenzenden Grundstücken im Freiland dürfen damit verbundene Änderungen der Abflussverhältnisse keine Gefährdungen oder unzumutbaren Beeinträchtigungen verursachen."
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen in seiner Stellungnahme vom 13. Februar 2009 besagten, dass die Halbschale als weiterer Abflussgraben eine bestimmte Abflussmenge an Wasser auffange. Das heiße, dass eine darüber hinausgehende Wassermenge dadurch nicht mehr abgefangen bzw. reguliert werden könne, um ihr Grundstück vor Beeinträchtigungen zu bewahren. Mit dieser Mehrbelastung, die insbesondere bei überdurchschnittlichen Regenfällen oder Abwässern bei Schnee- und Eisschmelze auftrete, habe sich weder der Sachverständige noch die belangte Behörde auseinander gesetzt. Es liege auf der Hand, dass die Einfriedungsmauer den Abfluss auf ihr Grundstück zu ihren Lasten begünstige, weil ihr Zweck ja gerade darin bestehe, das Wasser vom Grundstück der Bauwerber fernzuhalten. Wäre auf Grund der Hanglage kein Abfluss von ihrem Grundstück auf jenes der Bauwerber zu befürchten, müssten die Bauwerber die Einfriedungsmauer erst gar nicht bauen. Sie wollten sie aber deshalb errichten, damit die Mauer das vom Westen herströmende Wasser ab- und zum Grundstück der Beschwerdeführerin umleite. Die Mauer werde bereits auf der westlichen Seite geführt. Der dadurch verhinderte Wassereintritt auf das Grundstück der Beschwerdeführer vom Westen habe nichts mit dem Nord-Süd-Gefälle zum Grundstück der Beschwerdeführerin zu tun.
Sie habe gemäß § 65 Abs. 1 Stmk. BauG ein subjektivöffentliches Recht zu verlangen, dass ein Bauwerk nicht errichtet werde, wenn es dadurch zu Änderungen der Abflussverhältnisse komme, die unzumutbare Beeinträchtigungen verursachten. Außerdem sei bei baulichen Anlagen für eine einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und die Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestandsdauer zu sorgen. Unzumutbare Belästigungen dürften durch das Bauwerk nicht entstehen. Dass durch die beantragte Einfriedungsmauer diese Voraussetzungen erfüllt seien und die von der Beschwerdeführerin im Bauverfahren erhobenen Einwendungen unzutreffend seien, stehe auf Grund der unzureichenden Sachverhaltsannahme, von denen sowohl der angefochtene Bescheid als auch der Berufungsbescheid ausgingen, nicht mängelfrei fest.
Die Beschwerdeführerin wendet sich, wie sich aus dem Beschwerdepunkt (und aus den Ausführungen in der Beschwerde) ergibt, wie schon im Verwaltungsverfahren gegen die Errichtung dieser Mauer, weil dadurch die von Westen heranströmenden Oberflächenwässer vom Baugrundstück abgehalten und auf ihr Grundstück abgeleitet würden.
Dem ist zu entgegnen, dass § 65 Abs. 1 Stmk. BauG nicht den von der Beschwerdeführerin angenommenen Inhalt hat.
§ 65 Abs. 1 erster Satz Stmk. BauG sieht vor, dass bei baulichen Anlagen eine einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestanddauer sicherzustellen ist. Es geht dabei um die Abwässer und Niederschlagswässer bezogen auf die bauliche Anlage und (daher) bezogen auf das Baugrundstück. Nun ist die Mauer zwar eine bauliche Anlage, Abwässer fallen dabei aber naturgemäß nicht an, und die Menge der Niederschlagswässer die auf diese Mauer fällt (und die daher abrinnen) stellt angesichts ihrer Dimension keine relevante Menge dar. Es geht der Beschwerdeführerin auch nicht darum, sondern um die von außen zuströmenden Oberflächenwässer.
§ 26 Abs. 1 Z 5 iVm § 65 Abs. 1 Stmk. BauG gewährt dem Nachbarn ein Mitspracherecht betreffend die im § 65 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. umschriebenen Anlagen einerseits (nämlich zur einwandfreien Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestanddauer) und (dritter Satz) hinsichtlich näher umschriebener Geländeveränderungen andererseits (siehe dazu aus jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2009, Zl. 2009/06/0163, mwN).
Bei der geplanten Mauer handelt es sich nicht um eine Anlage zur Entsorgung der anfallenden Abwässer und zur Beseitigung der Niederschlagswässer im Sinne des § 65 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit., die Mauer kann auch nicht als Geländeveränderung im Sinne des dritten Satzes dieses Absatzes angesehen werden. Schließlich geht es der Beschwerdeführerin auch nicht um die auf dem Baugrundstück anfallenden Abwässer und Niederschlagswässer. Vielmehr will sie verhindern, dass durch diese Mauer die natürlichen Abflussverhältnisse verändert werden und das von außen ansonsten auf das Baugrundstück fließende Wasser nun durch diese Mauer auf ihr Grundstück abgelenkt wird. Diesbezüglich sieht aber § 65 Abs. 1 Stmk. BauG (oder auch sonst eine der im § 26 Abs. 1 Stmk. BauG aufgezählten Bestimmungen) kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht vor. Allfällige Abwehransprüche, die sich aus dem bürgerlichen Recht ergeben, werden dadurch nicht berührt.
Zwar ist das projektierte Halbschalengerinne eine Anlage zur Beseitigung der Niederschlagswässer, es ist aber nicht erkennbar, dass es zur Beseitigung der projektsgemäß anfallenden Niederschlagswässer im Sinne des § 65 Abs. 1 zweiter Satz Stmk. BauG (das sind, wie gesagt, nicht die von außen von den umgebenden Feldern zuströmenden Oberflächenwässer) unzureichend wäre.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008
Wien, am 24. März 2010
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