VwGH 2009/06/0093

VwGH2009/06/009323.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der P K in X, vertreten durch Dr. Rainer Kurbos, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 5, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 25. März 2009, Zl. 013067/2008-10, betreffend Feststellung gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13 Abs8;
BauG Stmk 1995 §40 Abs1;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauO Stmk 1968 §4 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13 Abs8;
BauG Stmk 1995 §40 Abs1;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauO Stmk 1968 §4 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom 4. April 2008 die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für den Zubau eines Flugdaches auf dem Grundstück Nr. 589/9, KG W. Nach dem Einreichplan befindet sich der vorgesehene Zubau im Bereich der südlichen Grundgrenze des Baugrundstückes zwischen dem östlich davon gelegenen Gebäude mit einer Fläche von 121,8 m2 (zu dem der Zubau erfolgt) und einem westlich davon gelegenen Objekt (im Ausmaß von ca. 40 m2), das nahe der westlichen Grundgrenze gelegen ist. Beide Gebäude sind im Einreichplan als Bestand ausgewiesen. In der Darstellung betreffend das Erdgeschoß ist das westlich des geplanten Flugdaches ausgewiesene Gebäude durchgestrichen und angemerkt "nicht Gegenstand der Genehmigung". Auf dem Lageplan ist im übrigen nördlichen Bereich des Baugrundstückes ein weiteres, sehr großes Gebäude ausgewiesen.

Die erstinstanzliche Baubehörde teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. Juni 2008 mit, dass aus den Archivakten weder eine Bewilligung für die ca. 122 m2 große Lagerhalle noch für das Objekt nahe der westlichen Grundgrenze im Ausmaß von ca. 40 m2 vorhanden sei. Im Übrigen wurden in diesem Schreiben verschiedene Angaben zum Bauvorhaben und Pläne (wie einen Schnitt betreffend die Fundamentierung) nachgefordert.

Die Beschwerdeführerin stellte in der Folge mit Schreiben vom 1. Juli 2008 (eingelangt beim Magistrat Graz am 4. Juli 2008) in Bezug auf diese beiden Gebäude den Antrag auf Feststellung des rechtmäßigen Bestandes gemäß § 40 Stmk. BauG. Danach seien die gegenständlichen baulichen Anlagen zwischen dem 1. Jänner 1969 und dem 31. Dezember 1984 errichtet worden und wären zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen. Da die Beschwerdeführerin die Liegenschaft im Wege der Zwangsversteigerung erworben habe, verfüge sie über keinerlei Bewilligungsunterlagen, Bauakten etc. Der Voreigentümer R.N. sei derzeit in Phuket (Thailand) wohnhaft und könne nicht befragt werden. Mit seiner Wiederkehr nach Österreich werde in absehbarer Zeit nicht gerechnet, sodass von den Baulichkeiten, wie sie vorhanden seien, auszugehen sei. Allenfalls sei ein Ortsaugenschein durchzuführen. Es sei denkunmöglich, dass Bauobjekte wie die gegenständlichen vor 27 Jahre konsenslos errichtet und diese lange Zeit konsenslos benützt worden seien. Daher müsse eine geeignete rechtliche Basis für den Bestand vorhanden sein. Wäre dem nicht so, so hätte die Beschwerdeführerin, verursacht durch das Verschulden der Stadt Graz, einen Schaden in der Höhe des kapitalisierten Mieterlöses als anteiligem Grundwert/Kaufpreis/Meistbot erlitten, der ersatzpflichtig wäre.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz wies den Antrag auf Feststellung gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG betreffend die Lagerhalle (121,8 m2) und das Objekt im Ausmaß von 40 m2 nahe der westlichen Grundgrenze mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 ab. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass mit Bescheid vom 26. April 1979 auf dem Baugrundstück die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines nicht unterkellerten, eingeschoßigen Gebäudes für die Lagerung, das Abstellen, die Wartung und Instandsetzung von Schaustellgeräten und der dazugehörigen Transportmittel, einer Parkfläche mit 3 Pkw-Abstellplätzen und einer 8,00 m breiten Ein- und Ausfahrt an der künftigen öffentlichen Verkehrsfläche G-Weg unter Vorschreibung diverser Auflagen bewilligt worden seien.

Mit weiterem Bescheid vom 24. März 1983 sei auf dem Baugrundstück die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines Zubaues zum bestehenden Lager- und Werkstättengebäude unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt worden.

Mit weiterem Bescheid vom 25. Februar 1986 habe die Baubehörde Planabweichungen an dem mit Bescheid vom 24. März 1983 bewilligten Zubau am bestehenden Lager- und Werkstättengebäude unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Nach Durchsicht der Pläne, Baubeschreibungen und Bescheide lasse sich eindeutig feststellen, dass das Objekt mit einem Lagerraum mit einer Fläche von 121,80 m2 und das Objekt mit den drei Lagerräumen und Vorraum zu diesen Zeitpunkten keinen Bestand gehabt habe. Die Errichtung dieses Gebäudes (gemeint offensichtlich: dieser Gebäude) müsste demnach nach dem Jahre 1994 erfolgt sein, da am 23. Juni 1994 eine Benützungsbewilligungsverhandlung für die zuvor erwähnten Objekte stattgefunden habe und keinerlei Feststellungen über allfällige Abweichungen und zusätzlich errichtete Objekte vermerkt worden seien. Ein rechtmäßiger Bestand der verfahrensgegenständlichen Objekte habe nicht festgestellt werden können.

In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass ihr zu den angeführten baurechtlichen Bewilligungen kein Parteiengehör eingeräumt worden sei. Es sei ihr so die Möglichkeit genommen worden, geltend zu machen, dass das gegenständliche Bauwerk sehr wohl bereits vor dem 31. Dezember 1984 errichtet worden sei. Als Beweis dafür werde der Ortsaugenschein und die Einvernahme des Voreigentümers R.N. angeboten, weiters die Untersuchung des Bauwerkes durch einen Bausachverständigen. Bei genauerer Untersuchung werde sich nämlich herausstellen, dass das Bauwerk schon mindestens 15 Jahre alt sei. Dies könne durch Besichtigung der verwendeten Materialien und die bereits wahrnehmbaren Zeichen des Verfalls klargestellt werden. In rechtlicher Hinsicht hätte die Baubehörde ausgehend von einer Errichtung vor dem 31. Dezember 1984 eingehende Tatsachenfeststellungen über die Art und das Ausmaß des Bauwerkes treffen müssen, bevor die früher geltenden baurechtlichen Bestimmungen herangezogen worden wären.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und führte dazu im Besonderen aus, dass das Berufungsvorbringen nicht geeignet sei, Zweifel an der von der erstinstanzlichen Behörde aus den angeführten baurechtlichen Konsensen abgeleiteten Schlussfolgerung zu erwecken, wonach im Gegenstandsfall kein rechtmäßiger Bestand vorliegen könne. Dies deshalb, weil auch nach der vor dem 31. Dezember 1984 anzuwendenden Rechtslage Baupläne immer auch einen Lageplan aufzuweisen gehabt hätten, der u.a. die bestehenden und geplanten Bauten auszuweisen gehabt habe. In keinem der Lagepläne fänden sich außer dem an der nördlichen Bauplatzgrenze situierten Objekt weitere Objekte auf dem Baugrundstück. Diese Feststellung decke sich auch mit dem Inhalt des Benützungsbewilligungsbescheides vom 14. Juli 1994, in welchem die anlässlich der im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 23. Juni 1994 vorgenommenen Endbeschau festgestellten Planabweichungen präzise erfasst seien. Wolle man der Baubehörde nicht unterstellen, sie hätte in mehreren Baubewilligungsverfahren entgegen den gesetzlichen Vorgaben Lagepläne vidiert, auf denen im Widerspruch zur Örtlichkeit Bestandsobjekte nicht eingezeichnet worden seien, bzw. sie hätte eine Benützungsbewilligung erteilt, bei der im Rahmen einer örtlichen Erhebung sogar geringfügige Planabweichungen festgestellt worden seien, nicht aber der Bestand der an der südlichen Grundgrenze situierten nunmehr verfahrensgegenständlichen Objekte im Ausmaß von 40 bzw. 120 m2, könne auch nach Ansicht der Berufungsbehörde kein Zweifel daran bestehen, dass mangels Existenz der antragsgegenständlichen Objekte in den gemäß § 40 Abs. 1 und 2 Stmk. BauG umschriebenen Zeiträumen kein rechtmäßiger Bestand vorliegen könne.

Abgesehen davon wäre das im Abstand von lediglich 80 cm von der westlichen Bauplatzgrenze situierte Nebengebäude auch zwischen dem 1. Jänner 1969 und dem 31. Dezember 1984 nicht bewilligungsfähig gewesen, sondern hätte unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 2007, Zl. 2003/06/0064, eine vorschriftswidrige bauliche Anlage im Abstandsbereich dargestellt, hinsichtlich derer kein rechtmäßiger Bestand gegeben gewesen wäre.

Auf Basis der rechtkräftigen Konsense und schließlich der dazugehörigen Planunterlagen erweise sich der erstinstanzliche Bescheid als rechtmäßig, wobei aus den angeführten Gründen die im Berufungsschriftsatz angebotenen Beweise daran nichts ändern könnten. Insbesondere dürfte die beantragte "Einvernahme des R... N... im Hinblick auf die Beweiskraft der öffentlichen Urkunden der Baubewilligungsbescheide und des Benützungsbewilligungsbescheides schon unter Hinblick auf dessen Erreichbarkeit kaum zur Wahrheitsfindung beitragen, da diesbezüglich im Antrag vom ... folgendes ausgeführt wird" (es wird in der Folge die Aussage der Beschwerdeführerin im Antrag wiedergegeben, dass der Voreigentümer nun in Thailand wohnhaft sei und nicht befragt werden könne und seine Wiederkehr in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei und daher von den Gegebenheiten auszugehen sei, wie sie vorlägen).

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall kam das Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 27/2008 zur Anwendung. Die Übergangsbestimmung des § 119g zur Novelle LGBl. Nr. 88/2008 sieht vor, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle anhängigen Verfahren nach den bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen sind. Das vorliegende Feststellungsverfahren war im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 (am 30. August 2008) anhängig.

§ 40 Stmk. BauG lautet wie folgt:

"§ 40

Rechtmäßiger Bestand

(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden.

(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.

(3) Die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 ist über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.

(4) Wird das Feststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, ist der Objekteigentümer zu beauftragen, die erforderlichen Projektunterlagen binnen angemessener Frist bei der Behörde einzureichen."

Die Beschwerdeführerin macht - wie schon in der Berufung - eine Parteiengehörverletzung dahingehend geltend, dass sich die belangte Behörde mit den Beweisanträgen in der Berufung nicht auseinander gesetzt habe, obwohl der von ihr beantragte Ortsaugenschein und die Beiziehung eines Bausachverständigen durchaus geeignet gewesen wären, die aufgeworfene Frage des Errichtungszeitpunktes der in Frage stehenden Bauwerke im Sinne der Beschwerdeführerin (mindestens vor dem 31. Dezember 1984 oder vor dem 1. Jänner 1969) zu entscheiden. Die belangte Behörde meine lediglich, dass der Voreigentümer derzeit in Phuket in Thailand wohnhaft sei und kaum zur Wahrheitsfindung beitragen könne. Einen Ortsaugenschein bzw. die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre auch ohne die Einvernahme des Voreigentümers möglich, weiters sei keineswegs sicher, dass man den Voreigentümer in Phuket mit Hilfe der österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland nicht vernehmen könne. Solange nicht zumindest eine Auskunft des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten vorliege, dass eine Einvernahme des Voreigentümers in Thailand gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ausführbar sei, erweise sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Die belangte Behörde hat sich im vorliegenden Fall auf Grund der vorliegenden Baubewilligungen (insbesondere der diesen zugrundeliegenden vidierten Lageplänen) betreffend das weitere auf dem Baugrundstück in der nördlichen Hälfte errichtete, das Grundstück weitgehend ausfüllende große Gebäude, die die damaligen Eigentümer des Grundstückes gerade im fraglichen Zeitraum (nämlich 1979, 1983 und dann auch 1986) eingeholt haben, weiters des im Jahre 1994 dazu erteilten Benützungsbewilligungsbescheides und des in diesem Zusammenhang erfolgten Ortsaugenscheines ein ausreichendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1997, Zl. 96/06/0004, weiters Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz 22 und 23). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass auf Grund der im Zusammenhang mit Baubewilligungsbescheiden aus dem fraglichen Zeitraum vorliegenden Lageplänen und Ergebnissen aus einem späteren Benützungsbewilligungsverfahren nicht auf einen rechtmäßigen Bestand der in Frage stehenden Gebäude gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG geschlossen werden kann, nicht als unschlüssig beurteilt werden. Die belangte Behörde hat sich dabei zutreffend darauf gestützt, dass nach der damals geltenden Rechtslage (§ 59 Abs. 1 lit. a Stmk. BauO 1968) in Lageplänen u.a. die bestehenden und geplanten Bauten auf dem Bauplatz auszuweisen waren. Sie nahm schlüssig an, dass aus diesen Lageplänen die in diesen Zeitpunkten gegebene tatsächliche Situation an bestehenden Bauten auf dem Grundstück erschlossen werden kann, da nicht angenommen werden könnte, die Baubehörde hätte in drei Bauverfahren den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechende Lagepläne vidiert. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren - wie auch in der Beschwerde - nichts vorgetragen, was diese schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde in Frage stellen könnte. Der benannte Voreigentümer R. N. hatte das Baugrundstück nach einem Grundbuchsauszug vom 30. November 2007 auf Grund eines im Jahr 2004 abgeschlossenen Kaufvertrages erworben.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist weiters Folgendes von Bedeutung: Neben der Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Feststellung des Sachverhaltes gemäß § 39 AVG besteht auch eine Pflicht der Parteien an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken (vgl. die in Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 9 angeführte hg. Judikatur). Eine solche Mitwirkung der Partei wird in der hg. Judikatur angenommen, wenn die im Hinblick auf den gesetzlichen Tatbestand erforderlichen Feststellungen ein entsprechendes Vorbringen der Partei voraussetzen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 99/04/0092), weil es dabei um Umstände geht, über die vor allem die Partei Bescheid wissen muss. Die in § 40 Abs. 2 Stmk. BauG vorgesehene Feststellung auf Antrag einer Partei setzt im dargelegten Sinne ein solches entsprechendes Vorbringen der beantragenden Partei zum Errichtungszeitpunkt der betreffenden baulichen Anlage in dem dort genannten Zeitraum voraus. Auch dieser besonderen Mitwirkungspflicht hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren in keiner Weise entsprochen. Sie hat vielmehr keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass die beiden in Frage stehenden Gebäude in der Zeit zwischen 1. Jänner 1969 und dem 31. Dezember 1984 errichtet worden sein könnten.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters erstmals in der Beschwerde geltend macht, es seien bei der gegenständlichen Halle Trapezblechprofile zum Einsatz gelangt, die an Hand ihrer Herstellungsmarkierungen vom Sachverständigen zum Teil sogar auf Monate datiert werden könnten, handelt es sich um ein erstmals beim Verwaltungsgerichtshof erstattetes Tatsachenvorbringen, das gemäß dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot keine Berücksichtigung mehr finden kann. Dies gilt auch dafür, dass der Sachverständige nach der Beschwerde Luftbilder hätte auswerten können. Abgesehen davon ist festzustellen, dass es der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren unbenommen war, entsprechende Beweise, wie etwa Luftbilder aus verschiedenen Zeiträumen bzw. Fotos oder Gutachten der Behörde vorzulegen.

Weiters macht die Beschwerdeführerin eine Parteiengehörverletzung im Berufungsverfahren dahingehend geltend, als die Berufungsbehörde erstmals festgestellt habe, dass das westlich gelegene Nebengebäude in einem Abstand von lediglich 80 cm von der westlichen Bauplatzgrenze situiert sei.

Auch dieses Vorbringen ist nicht berechtigt. Die Beschwerdeführerin bestreitet insbesondere nicht, dass das westliche Nebengebäude auf dem Baugrundstück in einem solchen Abstand von der westlichen Bauplatzgrenze gelegen ist. Ihr als Grundbesitzerin war es auch jederzeit möglich, sich über das genaue Ausmaß des Abstandes zur westlichen Grundgrenze Kenntnis zu verschaffen. Es handelt sich dabei nicht um eine Tatsache, die der Beschwerdeführerin nicht bekannt sein konnte, womit sie im angefochtenen Bescheid hätte tatsächlich überrascht werden können. Aber selbst wenn man in dieser Hinsicht von einem Verfahrensmangel ausginge, wird auch in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin die allfällige Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels nicht dargetan. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang auch noch, dass aus dem Umstand, dass von der Baubehörde und von Nachbarn ein nicht rechtmäßiger Baubestand geduldet wird, für die Vollziehung des § 40 Stmk. BauG nichts abgeleitet werden kann.

Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass dieses westlich auf dem Baugrundstück gelegene Nebengebäude im Hinblick auf den geringen Abstand zur westlichen Bauplatzgrenze von lediglich 80 cm im Zeitraum vom 1. Jänner 1969 bis 31. Dezember 1984 ebenfalls nicht bewilligungsfähig gewesen wäre. Aus dem von der Behörde angeführten Erkenntnis vom 21. Februar 2007, Zl. 2003/06/0064 (zur Ermessenbestimmung des § 13 Abs. 8 Stmk. BauG), wäre vielmehr abzuleiten gewesen, dass die Baubehörde geringere Abstände zulassen habe können und im vorliegenden Fall, da das Nachbargrundstück unbebaut und nur als Park benützbar sei, ein Abstand von 80 cm zulässig sei.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2007, Zl. 2003/06/0064, betrifft zwar die geltenden Bauvorschriften des Stmk. BauG (insbesondere die Ermessensbestimmung des § 13 Abs. 8 Stmk. BauG, nach dem geringere Abstände als die in § 13 Abs. 1 vorgesehenen von der Behörde zugelassen werden können), aber aus diesem Erkenntnis ergibt sich, wie dies auch für die im vorliegenden Feststellungsverfahren heranzuziehen gewesene gleichartige Ermessenbestimmung des § 4 Abs. 2 Stmk. BauO 1968 gälte, dass diese Ermessensbestimmung für die Gewährung geringerer Grenzabstände in einer für beide betroffenen Grundeigentümer gleichheitskonformen Weise vollzogen werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 2008, Zl. 2007/06/0074). Da auch nach der alten Rechtslage ein Gebäudeabstand von 2 m (sog. Reichen) unzulässig war (nunmehr § 13 Abs. 9 Stmk. BauG), war der verfahrensgegenständliche Grenzabstand für das westliche Gebäude von ca. 80 cm jedenfalls als unzulässig und dieses Gebäude auch als nicht bewilligungsfähig im Sinne des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG zu beurteilen.

Abgesehen davon bezieht sich § 4 Abs. 2 Stmk. BauO 1968 nur auf kleinere, ebenerdige, unbewohnte Bauten von untergeordneter Bedeutung, wie z.B. Geräteschuppen, Kleingaragen, Waschküchen, Holzlagen udgl. Das im vorliegenden Beschwerdefall in Frage stehende Nebengebäude mit einer Fläche von 40 m2 (drei Lagerräume und ein Vorraum) kann nicht als ein solcher kleinerer Bau im Sinne der genannten Bestimmung qualifiziert werden.

Zum Beschwerdevorbringen ist weiters klarzustellen, dass unter dem Tatbestand der Errichtung eines Gebäudes im § 40 Abs. 2 Stmk. BauG ein solcher Bauzustand zu verstehen ist, bei dem das Gebäude nach außen abgeschlossen ist und alle bauplanmäßigen konstruktiven Merkmale verwirklicht worden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0130). Danach genügt es also keinesfalls, wenn bis zum gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG maßgeblichen Endzeitpunkt der Errichtung, dem 31. Dezember 1984, Fundamente oder Ansätze von Fundamentmauern errichtet worden waren.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters meint, die belangte Behörde hätte zunächst einmal festzustellen gehabt, ob ausgeschlossen werden könne, dass die gegenständlichen Objekte vor dem 31. Dezember 1984 oder gar vor dem 1. Jänner 1969 errichtet worden seien (oder anders ausgedrückt, dass die beiden Gebäude in dieser Zeit nicht errichtet wurden), ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde - wie bereits dargelegt - auf Grund entsprechender Ermittlungen und Feststellungen und einer nicht zu beanstandenden schlüssigen Beweiswürdigung genau dies, nämlich eine Errichtung der in Frage stehenden Objekte vor dem 31. Dezember 1984, verneint hat. Soweit sich die Beschwerdeführerin in der Beschwerde auch auf den gemäß § 40 Abs. 1 Stmk. BauG entscheidenden Zeitraum der Errichtung vor dem 1. Jänner 1969 bezieht, ist festzustellen, dass sich der Antrag ausdrücklich und allein auf den Zeitraum gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG gestützt hat, wobei das vorliegende zutreffende Ergebnis der belangten Behörde, dass die Gebäude nicht in diesem Zeitraum errichtet wurden, alerdings auch bedeutet, dass sie auch nicht vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden.

Anzumerken ist weiters, dass aus dem Umstand, dass ein Nachbar keine Einwände gegen ein zu nahe an der Grundgrenze errichtetes, nicht konsentiertes Gebäude auf dem Nachbargrundstück erhebt, baurechtlich, so auch für die Vollziehung des im vorliegenden Fall maßgeblichen § 40 Stmk. BauG, nichts abgeleitet werden kann.

Klarzustellen ist auch, dass von dem Vorliegen des Kriteriums der Errichtung im Sinne § 40 Stmk. BauG in dem relevanten Zeitraum immer nur dann ausgegangen werden kann, wenn entsprechende Beweismittel eine solche Schlussfolgerung rechtens zulassen. Ein Grundsatz dahingehend - wie die Beschwerdeführerin meint -, dass im Zweifel von einer Errichtung im fraglichen Zeitraum auszugehen wäre, kann aus dieser Ausnahmebestimmung vom sonstigen System des Baurechtes, das insbesondere grundsätzlich vom Erfordernis von Bewilligungen und entsprechenden Anzeigen vor den Bauführungen ausgeht, nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. November 2010

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