VwGH 2009/05/0264

VwGH2009/05/026416.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X in Y, vertreten durch Dr. Karl Erich Puchmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Friedhofstraße 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 2009, Zl. IKD(BauR)-013976/4-2009-Be/Wm, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Landeshauptstadt Linz, 2. A in B), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer der Grundstücke Nrn. 1205, 1207 und 1212/06 der Liegenschaft, KG Q, und Bauwerber im gegenständlichen Verfahren.

Die Beschwerdeführerin ist zu 90/1739 Anteilen Miteigentümerin des Grundstückes Nr. 1204 der Liegenschaft, KG Q. Dieses an der L-Straße seitlich benachbarte Grundstück grenzt im Norden unmittelbar an die Baugrundstücke Nrn. 1205, 1207 des Zweitmitbeteiligten an.

Mit (undatiertem) Ansuchen, bei der Baubehörde erster Instanz eingelangt am 22. Dezember 2006, beantragte der Zweitmitbeteiligte die Erteilung einer Baubewilligung nach § 24 OÖ Bauordnung 1994 (in weiterer Folge: OÖ BauO) für die Errichtung eines sechsgeschossigen Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäudes mit Tiefgarage für 50 PKWs auf den Baugrundstücken, welche einen mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Jänner 2007 genehmigten gemeinsamen Bauplatz bilden. Das Projekt wurde laut "Projektbeschreibung" wie folgt beschrieben:

"Am Standort L-Straße 105 soll ein bestehendes Gebäude abgerissen und durch ein neues Wohn-, Büro- bzw. Geschäftsgebäude ersetzt werden. Im Untergeschoss befinden sich neben der Tiefgarage mit 50 PKW-Stellplätzen (13 für Wohnungen, 21 für Geschäfte, 16 für Ordinationen) die Kellerabteile und Müllräume sowie ein Technikraum. Die Ein- und Ausfahrt zur Tiefgarage erfolgt von der L-Straße aus über eine im Gebäude integrierte Rampe. Die Tiefgarage wird natürlich und mechanisch belüftet. Die Ausblasstelle befindet sich am höchsten Punkt des Daches in ca. 26 m Höhe. Darüber hinaus wird von einem Kühlgerät des geplanten Geschäfts im EG erwärmte Frischluft in die Tiefgarage eingeblasen. Laut Einreichplan für das Geschäft ist ein weiteres Lüftungsgerät geplant, das ebenfalls Luft in die Garage einbringen wird."

Im Zuge des Baubewilligungsverfahrens wurde am 25. April 2007 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher die Beschwerdeführerin Einwendungen dahingehend erhob, dass durch die Anordnung der Tiefgaragenausfahrt für ihr unmittelbar daneben befindliches Lebensmittelgeschäft eine massive Geruchsbelästigung zu befürchten sei.

Mit Eingabe des Bauwerbers vom 4. Mai 2007 wurden weitere Ergänzungen nachgereicht, welche der immissionstechnischen Sachverständigen übermittelt wurden. Diese Sachverständige erstattete mit Schreiben vom 13. Juni 2007 ein Gutachten, demzufolge aus immissionstechnischer Sicht kein Einwand gegen das geplante Projekt bestehe, sofern bestimmte Auflagen eingehalten würden. Insbesondere wurde darin zur Tiefgaragenein- und -ausfahrt ausgeführt:

"Da sich die Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage an der L-Straße befindet, die durch Kfz-Verkehr und Straßenbahn selbstverständlich erheblich frequentiert ist, werden die Fahrten im Zusammenhang mit der Tiefgarage keinen wesentlichen Lärmimmissions-Beitrag leisten. Einzelne Schallpegelspitzen können jedoch hervortreten. Üblicherweise wird daher bei Tiefgaragenein-/-ausfahrten die Anbringung einer schallabsorbierenden Verkleidung an der Decke vorgeschrieben. Diese Verkleidung sollte im Frequenzbereich von 125 Hz bis 4000 Hz einen arithmetisch gemittelten Schallabsorptionsgrad von mindestens 0,5 aufweisen und würde insbesondere auch für die gegenüber befindlichen Wohnungen in den oberen Geschossen eine hörbare Immissionspegel-Reduktion von ca. 3 dB bringen, da dadurch bei der Ein-/Ausfahrt entstehende Reflexionen verringert werden können. Weiters dient diese Verkleidung auch als Wärmedämmung für die über der Einfahrt befindlichen Räume. Eine diesbezügliche Auflage wird vorgeschrieben".

Dieses Gutachten wurde den Nachbarn zur Stellungnahme zugestellt. Die Beschwerdeführerin wendete dazu ein, dass die neue Hauseinfahrt von Süden nach Norden verlegt worden sei, unmittelbar gegen ihr dort befindliches Lebensmittel- und Bäckereigeschäft. Im Gutachten werde unter Punkt 3.a) ein Abstand von "mind. 8 m und mehr als 20 m" "zu den Nachbargebäuden" festgestellt. Dies treffe jedoch für ihr Geschäft nicht zu. Laut Punkt 2.2. des immissionstechnischen Gutachtens erfolge zur Nachtzeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr die Be- und Entlüftung der Tiefgarage über die Lüftungsgitter oberhalb des Einfahrtsbereiches. Laut Punkt

2.3. werde die Abluft der Kellerräume immer und jene der Müllräume zur Nachtzeit im Bereich der Einfahrtsrampe ausgeblasen. In Punkt

2.4. des Gutachtens sei nicht näher auf die verschiedenen Geschäftstypen eingegangen worden.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8. August 2007 wurde dem mitbeteiligten Bauwerber die beantragte Baubewilligung unter der Vorschreibung von Auflagen erteilt. In ihrer Begründung führte die Baubehörde aus, es ergebe sich aus den Feststellungen des immissionstechnischen Gutachtens, dass bei projektgemäßer Benützung des beantragten Bauvorhabens erhebliche Belästigungen durch Lärm und Abgase nicht zu erwarten seien.

Auf Grund der von Nachbarn, u.a. auch der Beschwerdeführerin, erhobenen Berufungen wurde von der Baubehörde eine weitere fachkundige Stellungnahme des Sachverständigen Ing. E. vom Umwelt- und Technik-Center vom 22. November 2007 zu den Einwendungen, unter anderem auch der Beschwerdeführerin, eingeholt, in der ausgeführt wurde:

"a) Abstandsangabe im Gutachten des UTC von min. 8 m und mehr als 20 m: Dabei handelt es sich um die Abstände von den Lüftungsöffnungen am Dach des geplanten Neubaus und im Hofbereich zu den nächstgelegenen Wohnungsfenstern. Es handelt sich dabei nicht um den Abstand zwischen der Ein- und Ausfahrt zum nächstgelegenen Lebensmittelgeschäft.

...

c) Geruch nach Autoabgasen:

Bei der Ein- und Ausfahrt von Kraftfahrzeugen kann es zu Geruchsimmissionen kommen, wobei ein verstärktes Maß auf Fahrzeuge entfallen wird, die lange in der Tiefgarage abgestellt waren und die im Kaltstart höhere Schadstoff- und Geruchsimmissionen aufweisen. Zufahrende Fahrzeuge haben üblicherweise warme Motoren, deren Abgase weniger geruchsbehaftet sind. Beim Kaltstart weisen Pkw mit Benzinmotoren erfahrungsgemäß höhere Geruchsimmissionen auf als Dieselmotoren. Im vorliegenden Fall mit 0,6 bis max. 5 Kaltstarts/h wird die Dauer der Geruchseinwirkung auf die kurze Zeit der Ausfahrt im Rampenbereich beschränkt sein und es ist beispielsweise mit keiner Überschreitung des Geruchsimmissionsgrenzwertes der deutschen Geruchsimmissionsrichtlinie GIRL von 10% der Jahressstunden zu rechnen. 10% der Jahresstunden würden beispielsweise 2,4 Geruchsstunden pro Tag bedeuten. Für die Bewertung als 1 Geruchsstunde muss der Geruch mindestens 10% der Stunde andauern (6 min).

...

2.4. Max. Emissions- bzw. Immissionskonzentration an der Grundgrenze 1204 KG Q, L-Straße 101:

Ein Teil der Emissionen wird durch den dauernd laufenden Abluftventilator der Tiefgarage (1.000 m3/h - TG-Abluft bei Stufe 1) über Dach ausgeblasen. ...

Zwischen der Ein- und Ausfahrt und dem nächsten Punkt der Grundstücksgrenze 1204 KG Q in einem Minimalabstand von 1 m wird es bereits zu einer gewissen Verdünnung der ausströmenden Tiefgaragenluft kommen. Für derart geringe Abstände kann aber eine Verdünnung nicht genau berechnet werden. Wenn man unrealistisch davon ausgeht, dass keine Verdünnung stattfindet, dann treten immissionsseitig die gleichen Konzentrationen wie im Bereich der Ein- und Ausfahrt auf (Emissionskonzentrationen als Halbstundenmittelwerte). Da durch lokale Windbeeinflussungen bei bodennahen Quellen im dicht verbauten Gebiet keine zuverlässige Berechnungen von Langzeitimmissionen möglich sind, können hier nur die max. erwartbaren Immissionen über eine halbe Stunde angeführt werden. Dieser Zeitraum ist für den Schadstoff NO2 und CO relevant. Die anderen Schadstoffe haben längere Beurteilungszeiträume. Da die CO-Immissionen weit unter dem OÖ. Grenzwert von 20 mg/m3 liegen, werden die Immissionsdaten nicht mehr angeführt.

...

3. Schlussbetrachtung:

Das bauverhandelte Projekt (Tiefgarage mit Stellplätzen für Wohnungen, Ordinationen, Geschäft; mit Rückkühler des Geschäfts in der Tiefgarage) verursacht nur bei der Komponente Stickstoffdioxid Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes der OÖ. Luftreinhalteverordnung für den Halbstundenmittelwert (HMW), wenn die Stellplätze des Geschäftes berücksichtigt werden und die innerstädtische Vorbelastung hinzugezählt wird und unrealistisch von keiner Verdünnung der Abluft zwischen Ein- und Ausfahrt und der benachbarten Grundgrenze (Nachbarhaus) ausgegangen wird. Die Garagenein- und -ausfahrt ist 1 m bis 4,4 m (im Mittel 2,7 m) vom Grundstück Nr. 1204 KG Q entfernt. Durch den langsamen Austritt der Garagenluft mit 0,1 bis 0,2 m/s ist bereits in den angeführten Abständen eine deutliche Verdünnung der Gesamtimmission von 0,4 mg/m3 NO2 unter die Immissionsgrenzwerte der OÖ. Luftreinhalteverordnung (0,3 mg/m3) und des IG-L (0,2 mg/m3) zu erwarten.

Es ist noch darauf hinzuweisen, dass insbesondere in der wärmeren Jahreszeit, die vom Rückkühler zugefügte Luftmenge wesentlich höher als in der Berechnung liegen wird, was dann zu wesentlich geringeren Immissionen führen wird.

Kurzfristige Geruchsimmissionen nach Autoabgasen sind im Wesentlichen bei der Ausfahrt von Fahrzeugen mit kalten Benzinmotoren möglich. Wie bereits ausgeführt, ist durch die geringe Dauer der Geruchsimmissionen, selbst mit einer gewissen innerstädtischen Vorbelastung, mit keiner Überschreitung des beispielsweise heranziehbaren deutschen Immissionsgrenzwertes für Geruchsimmissionen von 10 % der Jahresstunden zu rechnen".

Auch diese gutachterliche Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme zugestellt. In ihrer Stellungnahme vom 20. Dezember 2007 forderte sie im Hinblick auf das ihrer Ansicht nach unvollständige Gutachten die Einholung eines luftreinhaltetechnischen sowie eines medizinischen Gutachtens "hinsichtlich der zu erwartenden zukünftigen Geruchsimmissionen aus der Tiefgaragenausfahrt mit exakten Werten für mein direkt angrenzendes Lebensmittelgeschäft".

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 29. Jänner 2008 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Der gegen diese Entscheidung erhobenen Vorstellung gab die nunmehr belangte Behörde mit Bescheid vom 10. November 2008 mit der Feststellung Folge, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt worden sei. Der bekämpfte Berufungsbescheid wurde behoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Auswirkungen der vom immissionstechnischen Sachverständigen ermittelten Immissionen auf den menschlichen Organismus nicht näher untersucht worden seien. Vielmehr habe es die Baubehörde zweiter Instanz zu Unrecht unterlassen, einen medizinischen Amtssachverständigen beizuziehen und auf Grundlage des immissionstechnischen Gutachtens ein medizinisches Gutachten zu den Auswirkungen der festgestellten Immissionen auf den menschlichen Organismus zu veranlassen. Es werde im fortgesetzten Verfahren die Baubehörde zweiter Instanz ein derartiges medizinisches Gutachten einzuholen haben.

Zum bereits eingeholten immissionstechnischen Gutachten führte die belangte Behörde aus:

"Entgegen der Ansicht der Vorstellungswerberin wurde in den Gutachten schlüssig und umfangreich dargelegt, dass das gegenständliche Projekt nur bei der Komponente Stickstoffdioxid eine Überschreitung des Immissionsgrenzwertes der OÖ. Luftreinhalteverordnung für den Halbstundenmittelwert verursache, wenn die Stellplätze des Geschäftes berücksichtigt würden, die innerstädtische Vorbelastung hinzugezählt und in unrealistischer Weise von keiner Verdünnung der Abluft zwischen der Ein- und Ausfahrt und der benachbarten Grundgrenze, insbesondere zu jener der Erstvorstellungswerberin (Beschwerdeführerin), ausgegangen würde. Auf Grund der Entfernung der Garagenein- und -ausfahrt von 1 m bis 4,4 m zum Grundstück Nr. 1204 und dem langsamen Austritt der Garagenluft mit 0,1 bis 0,2 m/Sekunde ist bereits in den angeführten Abständen eine deutliche Verdünnung der Abluft zu erwarten, welche zu einer Verdünnung der gesamten Immissionen von 0,4 mg/m3 Stickstoffdioxid unter die Immissionsgrenzwerte der OÖ. Luftreinhalteverordnung und des Immissionschutzgesetzes-Luft führt. Dies entspricht auch der logischen Denkgesetzen folgenden allgemeinen Lebenserfahrung. Dabei geht der immissionstechnische Amtssachverständige von der für die Vorstellungswerberinnen nachteiligeren kalten Jahreszeit aus, wenn dieser anführt, dass in der wärmeren Jahreszeit die vom Rückkühler zugeführte Luftmenge wesentlich höher wäre als der Berechnung zugrunde gelegt, was dann zu wesentlich geringeren Immissionen führen werde. Durch die geringe Dauer der Geruchsimmissionen selbst mit einer gewissen innerstädtischen Vorbelastung ist mit keiner Überschreitung des beispielsweise heranziehbaren deutschen Immissionsgrenzwertes für Geruchsimmissionen von 10% der Jahresstunden zu rechnen.

Auch die Schlussfolgerungen hinsichtlich der prognostisch ermittelten Lärmimmissionen durch die Lüftungsanlagen an den Grenzen der Grundstücke Nr. 1212/7 und 1212/8 sind für die erkennende Behörde schlüssig und nachvollziehbar, wonach die zu erwartende Immission von 23 dB(A) zu keiner Anhebung der lärmtechnischen Ist-Situation, im Kerngebiet führen werde. Die in der OÖ. Grenzwerteverordnung, LGBl. 22/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 93/1995 unter § 2 Abs. 1 für das Kerngebiet festgelegten Grenzwerte von 60 dB(A) bei Tag und 50 dB(A) bei Nacht werden demnach weit unterschritten und entsprechend eingehalten".

Die Baubehörde zweiter Instanz holte in Entsprechung des Vorstellungsbescheides ein medizinisches Gutachten vom 21. Jänner 2009 ein, in dem die Sachverständige zu dem Ergebnis kam, dass die dargestellten Luft-, Lärm- und Geruchsimmissionen, ausgehend von gegenständlicher Tiefgarage, unter Berücksichtigung ihrer Art, Intensität, Dauer und dem Zeitpunkt ihres Auftretens mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geeignet seien, eine erhebliche Belästigung bei den nächsten Nachbarn zu verursachen. Eine Gesundheitsgefährdung sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich hiezu mit ihrer Stellungnahme vom 15. Februar 2009.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Februar 2009 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin erneut als unbegründet abgewiesen. Die Berufungsbehörde habe nunmehr ein medizinisches Gutachten zu den Auswirkungen der vom gegenständlichen Bauvorhaben ausgehenden Immissionen auf den menschlichen Organismus eingeholt. Aus diesem Gutachten ergebe sich, dass eine Gesundheitsgefährdung durch das Bauprojekt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten sei. Im Baugenehmigungsverfahren sei nur das vom Bauwerber eingereichte Projekt zu berücksichtigen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die medizinische Amtssachverständige in ihrem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten zum Schluss komme, dass die bei Benützung des Bauvorhabens zu erwartenden Luft-, Lärm- und Geruchsimmissionen nicht geeignet seien, eine erhebliche Belästigung bei den nächsten Nachbarn zu verursachen. Weiters sei auch eine Gesundheitsgefährdung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. Mit der Einholung des medizinischen Gutachtens habe die Baubehörde zweiter Instanz jedenfalls dem tragenden Aufhebungsgrund im Vorstellungsbescheid vom 10. November 2008 entsprochen. Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, die Garagenein- und -ausfahrt sei zu verlegen, werde erneut darauf hingewiesen, dass der Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht auf Änderung eines Bauvorhabens habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten gemäß "§§ 31 und 35 der OÖ BauO 1994, § 3 des OÖ Bautechnikgesetzes, sowie den §§ 37 und 45 AVG" verletzt.

Insbesondere führt sie in ihrer Beschwerde aus, unter Punkt 3. a) des immissionsschutztechnischen Gutachtens sei ein Abstand von mind. 8 und mehr als 20 m angenommen worden; ein solcher Abstand werde jedoch zu ihrem Geschäft nicht eingehalten. Die Be- und Entlüftung der Tiefgarage erfolge zur Nachtzeit (das sei zwischen 22:00 und 6:00 Uhr), die Abluft der Kellerräume werde immer und jene der Müllräume zur Nachtzeit im Bereich der Einfahrt direkt neben ihr Lebensmittelgeschäft geblasen; diese Ausblasung erfolge auf eine der wichtigsten Straßen von Q. Auf die verschiedenen Geschäftstypen sei im immissionstechnischen Gutachten nicht eingegangen worden. Das Gutachten sei unvollständig und lasse besonders im Nahbereich zu ihrem Geschäft die notwendige Sorgfalt missen. Die besondere Situation, nämlich die das ortsübliche Maß übersteigenden Emissionen der aus der Tiefgaragenrampe ausfahrenden PKWs, insbesondere deren Anfahr- und Anhaltemanöver, seien nie in die Gesamtbeurteilung einbezogen worden. Nach wie vor sei ein spezielles luftreinhaltetechnisches sowie ein medizinisches Gutachten unter Einbeziehung des Nahbereiches und eines noch vorzulegenden Verkehrskonzeptes ausständig. Da 29 der vorgesehenen KFZ-Stellplätze nicht der Gewerbeordnung unterlägen, hätte sich die belangte Behörde mit diesem Teil der dem Bauwerk zuzuordnenden Verkehrsbewegungen, inkl. der Verweildauer der PKWs speziell beim Ausfahren, auseinandersetzen müssen, da diese nur von der Baubehörde zu berücksichtigen seien. Die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, wonach das medizinische Gutachten auf einem Projekt fuße, zu dem der UVS im gewerberechtlichen Berufungsverfahren bereits erkannt habe, dass dieses Projekt nicht ausreichend für eine fachliche und rechtliche Beurteilung, geschweige denn eine Genehmigung sei. Die medizinische Sachverständige gehe zwar auf die ortsübliche Immissionssituation, auf die Schadstoffsituation der gegenständlichen Tiefgarage und auf die gesetzlichen Grenzwerte im Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) ein, zu den konkreten Messdaten betreffend die Tiefgarage würden jedoch keinerlei nachvollziehbare Aussagen über die Einhaltung von Grenzwerten nach dem IG-L getroffen. Die medizinische Amtssachverständige sei in ihrem Gutachten auch nicht konkret auf die Belastung durch Stickstoff und Benzol eingegangen, insbesondere im Hinblick auf die in der Nacht erfolgende Lüftungs- bzw. Abluftanlage. Daher sei im Gutachten die Gesamtbeurteilung unvollständig. Das Parteiengehör sei verletzt worden, da der Beschwerdeführerin die Möglichkeit, dem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, von der Behörde genommen worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - wie auch die mitbeteiligte Landeshauptstadt - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin ist Nachbarin im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 1 Oberösterreichische Bauordnung 1994 (OÖ BauO; in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 36/2008).

Gemäß § 31 Abs. 3 leg. cit. können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Öffentlichrechtliche Einwendungen der Nachbarn werden in § 31 Abs. 4 OÖ BauO wie folgt umschrieben:

"Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, dass die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Daraus folgt, dass die Prüfungsbefugnisse der Berufungsbehörde sowie der Aufsichtsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn nach der BauO im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektivöffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden. Die Beschwerdeführerin kann durch die von der Berufungsbehörde erteilte Baubewilligung nur dann in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein, wenn ihre öffentlich-rechtlichen Einwendungen von den Baubehörden in rechtswidriger Weise nicht berücksichtigt worden sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2010, Zl. 2009/05/0212, mit weiteren Nachweisen).

In ständiger Rechtsprechung führt der Verwaltungsgerichtshof zur hier anzuwendenden Rechtslage aus, dass die Nachbarn ein subjektives Recht auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen auch dort haben, wo die Widmungskategorie keinen Immissionsschutz gewährt. Es kommt dabei darauf an, dass keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Nachbarschaft durch ein Bauvorhaben herbeigeführt werden. Die Baubehörde hat somit im Hinblick auf die Anordnungen des OÖ Bautechnikgesetzes an der Grundgrenze der Liegenschaft der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren zu überprüfen, ob durch das Bauvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft entfaltet werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2001/05/1062, und die daran anschließende Judikatur).

Die in einer bestimmten Widmungskategorie üblichen Immissionen müssen von den Nachbarn hingenommen werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 90/05/0097).

Die Beschwerdeführerin rügt in mehreren Punkten das von den Baubehörden ihren Entscheidungen zu Grunde gelegte immissionstechnische Gutachten. Dieses Gutachten wurde von der belangten Behörde (bereits im ersten Rechtsgang) als schlüssig und vollständig gewürdigt. Im angefochtenen Bescheid verweist die belangte Behörde diesbezüglich auf ihre Ausführungen im ersten Vorstellungsbescheid.

Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag eine Unschlüssigkeit dieses Gutachtens nicht zu erkennen. Der Immissionsgrenzwert der hier maßgeblichen Widmungskategorie "Bauland-Kerngebiet" wird nach begründeter Ansicht des immissionstechnischen Sachverständigen durch das Bauvorhaben nicht überschritten. Die Beschwerdeführerin wiederholt vor dem Verwaltungsgerichtshof zwar ihr Vorbringen im Verfahren vor den Baubehörden. In der Beschwerde wird jedoch nicht ausreichend dargelegt, warum die Beschwerdeführerin die Auffassung der belangten Behörde, das immissionstechnische Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar, für falsch erachtet.

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin bekämpften Aussage des immissionstechnischen Sachverständigen, die relevanten Abstände der Nachbargrundstücke lägen bei "mindestens 8 m und mehr als 20 m", ist darauf zu verweisen, dass diesbezüglich schon in der ergänzenden Stellungnahme des immissionstechnischen Gutachters darauf hingewiesen wurde, dass es sich bei dieser Angabe nicht um den Abstand der Tiefgarageneinfahrt zum Geschäft der Beschwerdeführerin, sondern um die Abstände von den Lüftungsöffnungen am Dach und im Hofbereich des geplanten Neubaus zu den nächstgelegenen Wohnungsfenstern handelt. Dem Gutachten liegt vielmehr die (hier relevante) Annahme eines Abstandes von 1 m bis 4,4 m zwischen der Tiefgaragenein- und -ausfahrt und dem Grundstück Nr. 1204 zu Grunde. Unter Berücksichtigung des geringsten Abstandes zur Nachbargrundgrenze hat der immissionstechnische Sachverständige seine Berechnungen und Schlussfolgerungen betreffend die durch den Betrieb des bewilligten Bauvorhabens zu erwartenden Immissionen dargelegt.

Woraus sich eine Unvollständigkeit des immissionstechnischen Gutachtens ergeben soll, wird von der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht näher ausgeführt. Sie vermeint lediglich, es sei nicht hinreichend auf die "verschiedenen Geschäftstypen", bzw. die spezifische Lage eingegangen worden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass im Gutachten der immissionstechnische Sachverständige eine Gesamtbetrachtung der örtlichen Situation vornimmt und zu dem Ergebnis kommt, dass mit einer Überschreitung der Geruchsimmissionen von als relevant anzusehenden 10% der Jahresstunden nicht zu rechnen ist. Dass die Berechnung der prognostizierten Ein- und Ausfahrten pro Stunde nicht richtig wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht begründet bestritten. Ausgehend von den plausiblen Annahmen des Sachverständigen kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass keine gefährdende oder beeinträchtigende Immissionsbelastung für die Beschwerdeführerin durch die Benützung des bewilligten Baus zu erwarten ist.

Allein dadurch, dass die Ausblasung der Garagenentlüftung auf eine der wichtigsten Straßen von Q erfolgt, vermag die Beschwerdeführerin eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes nicht aufzuzeigen.

Insofern die Beschwerdeführerin auch vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführt, dem Verfahren, insbesondere dem medizinischen Gutachten, läge nicht das beabsichtigte Vorhaben zu Grunde, ist ihr entgegenzuhalten, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren stets um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit des Bauverfahrens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist; Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2005, Zl. 2003/05/0091 m.w.N.). Auf eventuell sonstige beabsichtigte Projekte kommt es daher, wie bereits die Berufungsbehörde in ihrer Entscheidung ausführte, nicht an.

Die belangte Behörde hat auch das von der Berufungsbehörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten als schlüssig und vollständig beurteilt. In diesem Gutachten ging die Amtssachverständige auf die Faktoren Luft, Lärm, KFZ-Verkehr und Geruch umfassend und fallspezifisch ein. Sie zog aus den gewonnenen Sachverhaltsgrundlagen den auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Schluss, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weder eine Gesundheitsgefährdung noch eine Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin durch das bewilligte Bauvorhaben, insbesondere durch die Benutzung der Tiefgarage, zu erwarten ist.

Eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinn des § 37 AVG liegt ebenfalls nicht vor. Das medizinische Gutachten, das von der Baubehörde zweiter Instanz eingeholt wurde, wurde der Beschwerdeführerin zugestellt. Die von der Beschwerdeführerin angeführte, das Parteiengehör verletzende "Vorgangsweise der belangten Behörde" entbehrt jeglicher Konkretisierung, sodass ein weiteres Eingehen darauf unterbleiben konnte.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 16. November 2010

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