VwGH 2009/05/0149

VwGH2009/05/014920.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. des K P, und 2. der G P, beide in Oberwölbling und vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. April 2009, Zl. RU1-BR-1091/001-2008, betreffend Anschlussverpflichtung an die öffentliche Abwasserentsorgung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Wölbling in 3124 Oberwölbling, Oberer Markt 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs1;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs3;
BauO NÖ 1996 §62 Abs4;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;
AVG §73 Abs1;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs3;
BauO NÖ 1996 §62 Abs4;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Die Beschwerdeführer beantragten mit Schriftsätzen vom 27. Juni 2006 die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung zur öffentlichen Abwasserentsorgung nach § 62 der NÖ Bauordnung als Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften in Ambach 84, Parzelle Nr. 419/1, KG Ambach, und in Ambach Nr. 16, Parzelle Nr. 16, KG Ambach. Bezüglich der Liegenschaft in Ambach 84 erfolge die Entsorgung der Schmutzwässer über die aufrechte Güllewirtschaft des landwirtschaftlichen Betriebs unter Einhaltung der Bestimmungen des § 10 NÖ Bodenschutzgesetzes, bezüglich der Parzelle in Ambach Nr. 16 erfolge die Entsorgung der Schmutzwässer über die aufrechte Güllewirtschaft des landwirtschaftlichen Betriebs in Ambach 84 unter Einhaltung der genannten bodenschutzgesetzlichen Bestimmungen.

2. Mit Bescheid vom 5. Mai 2008 wies der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz diesen Antrag gemäß § 62 Abs. 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: BO) iVm § 10 NÖ Bodenschutzgesetz ab. Zwar sei der von § 62 Abs. 4 NÖ Bauordnung 1996 vorletzter Absatz verlangte Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung entsprechend den Bestimmungen des § 10 NÖ Bodenschutzgesetzes im Ermittlungsverfahren erbracht worden, beim Kanalisationsprojekt der mitbeteiligten Marktgemeinde sei das Planungsstadium aber bereits abgeschlossen, weshalb für die Marktgemeinde keine Dispositionsmöglichkeit mehr bestehe und die in § 62 Abs. 4 BO getroffene Ausnahmeregelung betreffend Güllewirtschaft - die nur geplante, also künftige Kanalisationsanlagen erfasse - nicht zur Anwendung komme.

Begründend wurde insbesondere Folgendes festgehalten: Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde habe am 28. September 1995 beschlossen, den Gemeindebürgern die Möglichkeit einer ordnungs- und gesetzmäßigen Entsorgung der Fäkalwässer anzubieten. Diese Entsorgung würde mittels einer Gemeinschaftslösung der Gemeinden Wölbling, Statzendorf, Nussdorf und Inzersdorf-Getzersdorf mit einem Sammelkanal nach Traismauer erfolgen, weil nur hier Förderungsmittel von der NÖ Landesregierung gewährt würden. Die Gesamtkosten der mitbeteiligten Marktgemeinde seien mit ca. 170 Millionen Schilling beziffert worden, als einmalige Anschlusskosten seien 30.000,-- Schilling, als jährliche Kanalbenützungskosten ca. Schilling 5.500,-- errechnet worden. Jeder wahlberechtigte Gemeindebürger habe bis zum 31. Oktober 1995 mittels Abgabe seiner Unterschrift am Gemeindeamt dieses Vorhaben ablehnen können, bei mehrheitlicher Ablehnung der Gemeindebürger wäre das Projekt nicht verwirklicht worden. Jeder Haushalt wäre dann verpflichtet gewesen, in Eigenverantwortung den gesetzmäßigen Zustand seiner Fäkalienentsorgung herzustellen. Dieser Gemeinderatsbeschluss sei als amtliche Mitteilung in der Gemeindezeitung vom 5. Oktober 1995 veröffentlicht worden.

In weiterer Folge sei durch den Gemeinderat am 11. April 1996 der Beitritt der Marktgemeinde Wölbling zum Abwasserverband Fladnitztal beschlossen worden. Die mitbeteiligte Marktgemeinde habe seit dem Jahr 1996 finanzielle Mittel für die Errichtung des öffentlichen Kanals aufgewendet, da Vorauszahlungen an die Betreiber der Kläranlage Traismauer sowie Zahlungen an den Abwasserverband Fladnitztal und Projektkosten geleistet worden seien. Insgesamt habe der diesbezügliche Aufwand der mitbeteiligten Marktgemeinde in den Jahren 1996 bis 2005 rund 1,5 Millionen Euro betragen. Im Jahr 1997 sei für den Abwasserverband Fladnitztal eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden, am 1. Februar 1999 sei im Gemeindegebiet Inzersdorf ob der Traisen mit dem ersten Bauabschnitt des Verbands-Sammelkanals begonnen worden. Im Jahr 2005 sei die Anschlussmöglichkeit an einen öffentlichen Kanal auch in der Marktgemeinde Wölbling soweit fortgeschritten gewesen, dass eine Anschlussverpflichtung der betroffenen Bürger habe vorgeschrieben werden können. Dabei sei ein Formalfehler bei der Kundmachung des Grundsatzbeschlusses vom 28. September 1995 entdeckt worden und somit (auf Anraten der zuständigen Experten der NÖ Landesregierung) am 25. April 2005 die Grundsatzbeschlussfassung des Gemeinderats der mitbeteiligten Marktgemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften der Gemeinde über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen, wiederholt worden. Für alle Liegenschaften innerhalb des Gemeindegebietes, bei denen eine Anschlussmöglichkeit an den öffentlichen Kanal errichtet worden sei, sei eine Anschlussverpflichtung vorgeschrieben worden. Der Beschluss des Gemeinderats sei mittels sechswöchigen Aushangs an der Amtstafel der Gemeinde kundgemacht und den Haushalten, die sich im Anschlussbereich der geplanten Kanalisationsanlage befänden, durch eine ortsübliche Aussendung bekannt gegeben worden. Auf Grund der eingehaltenen Kundmachungsfrist sei den betroffenen Liegenschaftseigentümern, die zu diesem Zeitpunkt noch keiner Kanalanschlussverpflichtung unterlegen seien und eine Ausnahme angestrebt hätten, bis spätestens 5. Juli 2005 Frist (vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist) gegeben worden, einen Antrag um Ausnahme von der gesetzlich möglichen Kanalanschlussverpflichtung bei der Baubehörde einzubringen. Der in Rede stehende Antrag sei von den Beschwerdeführern fristgerecht gestellt worden, der Nachweis der aufrechten Güllewirtschaft sowie der vorhandenen Lagerkapazitäten und Ausbringungsflächen sei erbracht worden.

Nach den Gesetzesmaterialien zu § 62 Abs. 4 BO solle es aber eine Ausnahmegenehmigung nach dieser Bestimmung nur bei zukünftig zu errichtenden Kanalanlagen geben. Der Antrag sei daher im zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des öffentlichen Kanals zu stellen. Würde man Liegenschaften, die schon zum Anschluss verpflichtet seien bzw. schon angeschlossen seien, von der Anschlussverpflichtung wieder ausnehmen, würde dies den Kalkulationsgrundlagen zuwiderlaufen und nachteilige Folgen für die Gemeinde bzw. die übrigen Benützer der Anlage nach sich ziehen. Zwar sei vor dem Jahr 2005 die in Rede stehende Kanalisationsanlage im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde noch nicht bzw. noch nicht soweit fertiggestellt gewesen, dass eine Anschlussverpflichtung bereits formal hätte ausgesprochen werden dürfen (s. § 62 Abs. 2 BO: "... wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht ..."), aus dem Ermittlungsverfahren gehe aber eindeutig hervor, dass beim Kanalisationsprojekt der mitbeteiligten Marktgemeinde das Planungsstadium bereits abgeschlossen sei und damit keine Dispositionsmöglichkeit mehr für die Gemeinde bestehe. Dies ergebe sich eindeutig daraus, dass bereits seit dem Jahr 1995 Kalkulationen angestellt worden seien, seit 1996 rund 1,5 Millionen Euro aufgewendet und auch die notwendigen behördlichen Schritte gesetzt worden seien (wasserrechtliche Bewilligungen seien bereits erteilt worden). Ebenso sei mit der Bauausführung von Teilabschnitten des Projekts bereits vor Jahren (Beginn: 1. Februar 1999) begonnen worden, ferner bestünden vertragliche Bindungen mit den anderen betroffenen Gemeinden bzw. dem Abwasserverband Fladnitztal. Daraus lasse sich zweifelsfrei schließen, dass das in Rede stehende Kanalisationsprojekt in natura zwar noch nicht umgesetzt, aus rechtlichen und finanziellen Gründen (va. im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum Abwasserverband Fladnitztal) aber einer fertiggestellten Kanalanlage gleichzuhalten sei. Für die mitbeteiligte Marktgemeinde sei insofern eine Sondersituation gegeben, weil zwar ein öffentlicher Kanal noch nicht bestehe, das übliche Planungsstadium mit Änderungen der Gestaltungsmöglichkeiten für das Gesamtprojekt aber bereits seit längerem abgeschlossen sei.

3. Die dagegen gerichtete Berufung der Beschwerdeführer wurde vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde als Baubehörde zweiter Instanz - die sich der Meinung der Baubehörde erster Instanz anschloss - mit Bescheid vom 13. November 2008 abgewiesen.

Die Berufungsbehörde führte unter anderem aus, der Gesetzgeber habe sich bei der Ausnahme für Güllewirtschaften davon leiten lassen, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung der öffentlichen Anlage vor bzw. spätestens bei der Planung anzustellen sei, also zu einem Zeitpunkt, zu dem über die Errichtung eines potenziellen öffentlichen Kanals noch disponiert werden könne. Diese Möglichkeit bestehe für die mitbeteiligte Marktgemeinde aber nicht mehr, diese sei vielmehr seit dem Beitritt zum Abwasserverband Fladnitztal im Jahr 1996 verpflichtet, 23,23 % der Herstellungs- und Reininvestitionskosten des Gesamtprojekts sowie 20,88 % der Betriebs- und Geschäftsführungskosten des Verbandes zu leisten. Die Kundmachung des Grundsatzbeschlusses im Jahr 2005 habe angesichts des abgeschlossenen Planungsstadiums der Gemeinschaftskanalisationsanlage lediglich deklaratorischen Charakter gehabt und keine Rechtsfolge nach sich ziehen können. Der Umstand, dass seitens einer anderen Baubehörde in deren Zuständigkeitsbereich eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung gewährt worden sei, sei rechtlich nicht erheblich.

4. Die dagegen gerichtete Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. April 2009 als unbegründet ab.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die belangte Behörde der Rechtsauffassung der Baubehörde zweiter Instanz anschließe. Aus dem Verweis in § 62 Abs. 4 BO auf § 62 Abs. 3 leg. cit. betreffend die Kundmachung und Bekanntgabe eines Grundsatzbeschlusses ergebe sich, dass auch für eine Ausnahme iSd § 62 Abs. 4 BO lediglich eine geplante Kanalisationsanlage in Frage komme. Zu der letztgenannten Regelung könne bei bereits bestehenden Anlagen die Gemeinde bei der Planung und Errichtung der Anlage davon ausgehen, dass sämtliche Liegenschaften anschlusspflichtig seien. Für den Abschluss des Planungsstadiums der Kanalanlage der mitbeteiligten Marktgemeinde sprächen folgende Tatsachen:

 

Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:

1. § 62 der NÖ Bauordnung 1996 (idF LGBl. 8200-12 (6. Novelle)) lautet wie folgt:

"§ 62

Wasserver- und -entsorgung

(1) Für jedes Gebäude, das Aufenthaltsräume enthält, muß die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser gesichert sein.

(2) Die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer sind, wenn eine Anschlußmöglichkeit besteht, grundsätzlich in den öffentlichen Kanal abzuleiten.

(3) Von dieser Anschlußverpflichtung sind Liegenschaften ausgenommen, wenn die anfallenden Schmutzwässer über eine Kläranlage abgeleitet werden, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, und

1.  die Bewilligung dieser Kläranlage vor der Kundmachung der Entscheidung der Gemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluß), erfolgte und noch nicht erloschen ist und

2.  die Reinigungsleistung dieser Kläranlage

o dem Stand der Technik entspricht und

o zumindest gleichwertig ist mit der Reinigungsleistung

jener Kläranlage, in der die Schmutzwässer aus der öffentlichen Anlage gereinigt werden,

und

3.  die Ausnahme die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Anlage nicht gefährdet.

Die Entscheidung der Gemeinde nach Z. 1 ist nach Beschlußfassung durch den Gemeinderat durch mindestens sechs Wochen an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und den Haushalten, die sich im Anschlußbereich der geplanten Kanalisationsanlage befinden, durch eine ortsübliche Aussendung bekanntzugeben.

Innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist hat der Liegenschaftseigentümer einen Antrag um Ausnahme von der Anschlußverpflichtung bei der Baubehörde einzubringen. Diesem Antrag sind der Nachweis der wasserrechtlichen Bewilligung der Kläranlage und wenn diese schon betrieben wird, ein Befund über deren Reinigungsleistung, erstellt von einer hiezu befugten Stelle (staatlich autorisierte Anstalt, in einem EU-Mitgliedsstaat oder EWR-Staat akkreditierte Stelle, Sachverständiger), anzuschließen.

Wird die Ausnahme genehmigt, hat der Liegenschaftseigentümer, beginnend mit der Inbetriebnahme seiner Kläranlage bzw. der Rechtskraft des Ausnahmebescheides, in Zeitabständen von jeweils fünf Jahren unaufgefordert einen Befund über die aktuelle Reinigungsleistung der Baubehörde vorzulegen. Ist die Reinigungsleistung nicht mehr jener der Kläranlage der öffentlichen Kanalisation gleichwertig, ist der Ausnahmebescheid aufzuheben.

(4) Von der Anschlußverpflichtung sind auf Antrag des Liegenschaftseigentümers weiters ausgenommen:

1. landwirtscahftliche Liegenschaften mit aufrechter Güllewirtschaft (§ 3 Z. 14 NÖ Bodenschutzgesetz, LGBl. 6160), die die darauf anfallenden Schmutzwässer gemeinsam mit Gülle, Jauche und sonstigen Schmutzwässern aus Stallungen, Düngerstätten, Silos für Naßsilage und anderen Schmutzwässern, die nicht in den öffentlichen Kanalanlagen eingebracht werden dürfen, entsorgen und

2. Liegenschaften, welche die anfallenden Schmutzwässer über einen Betrieb mit aufrechter Güllewirtschaft entsorgen, der im selben räumlich zusammenhängenden Siedlungsgebiet liegt.

Die Entsorgung der Schmutzwässer muß unter Einhaltung der Bestimmungen des § 10 NÖ Bodenschutzgesetz bereits vor der Kundmachung des Gemeinderatsbeschlusses erfolgen, die Schmutzwässer der betroffenen Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluß).

Für das Verfahren betreffend die Kundmachung und Bekanntgabe des Grundsatzbeschlusses gelten die Bestimmungen des Abs. 3 sinngemäß.

Der Antrag muß unter Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung entsprechend den Bestimmungen des § 10 NÖ Bodenschutzgesetz innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist eingebracht werden.

Die Einstellung der Güllewirtschaft bzw. der Entsorgung der Schmutzwässer über einen Betrieb mit Güllewirtschaft ist vom Liegenschaftseigentümer der Baubehörde unverzüglich anzuzeigen. Wird die Güllewirtschaft eingestellt, hat die Baubehörde den Ausnahmebescheid aufzuheben.

(5) Ist der Anschluß an einen öffentlichen Kanal nicht möglich, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube zu leiten oder über eine Kläranlage, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, abzuleiten.

Jauche, Gülle und sonstige Schmutzwässer aus Stallungen, Düngerstätten und Silos für Naßsilage sowie andere Schmutzwässer, die nicht in den öffentlichen Kanal eingebracht werden dürfen, sind in Sammelgruben einzuleiten.

Ist die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den genannten Landwirtschaftlichen Schmutzwässern auf landwirschaftlichen Flächen zulässig, ist keine Senkgrube zu errichten, wenn die häuslichen Abwässer direkt in die Sammelgrube für landwirtschaftliche Schmutzwässer eingeleitet werden.

(6) Durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern darf weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Niederschlagswässer dürfen nicht auf Verkehrsflächen abgeleitet werden.

(7) Die Landesregierung hat die technische Ausführung der Wasserver- und -entsorgung mit Verordnung zu regeln."

2. § 62 Abs. 2 BO enthält die Regelung über die Verpflichtung zum Anschluss einer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal. Diese Bestimmung geht von einer grundsätzlichen Anschlusspflicht an den öffentlichen Kanal aus, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0310). Im Verfahren betreffend die Kanalanschlussverpflichtung iSd § 62 Abs. 2 leg. cit. ist die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahmen nicht zu prüfen, weil das Gesetz auf dieses Kriterium nicht abstellt (siehe nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2005/05/0310, mwH).

Bezüglich der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Ausnahmeregelung des § 62 Abs. 4 BO ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser gesetzlichen Bestimmung für das Verfahren betreffend die Kundmachung und Bekanntgabe des Grundsatzbeschlusses die Bestimmungen des § 62 Abs. 3 BO sinngemäß gelten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Juli 2009, Zl. 2009/05/0112, ausführte, tritt mit der Kundmachung des Grundsatzbeschlusses dieser Beschluss nach außen in Erscheinung, wird den Gemeindebürgern inhaltlich bekannt und verschafft ihnen die notwendigen Informationen, auf Grund deren sie entscheiden können, ob sie einen Antrag nach § 62 Abs. 3 oder 4 leg. cit. stellen wollen. Umgekehrt ist die Befristung der Antragstellung von dem Gedanken getragen, der Gemeinde möglichst früh Informationen darüber zu verschaffen, welche Liegenschaften eine Ausnahmebewilligung anstreben, um bereits in der Planungsphase darauf entsprechend reagieren zu können. Im hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2008, Zl. 2007/05/0124, wird diesbezüglich ausgeführt, dass während der durch diese Kundmachungsregelung eröffneten Möglichkeit, innerhalb von spätestens zehn Wochen (sechs Wochen Dauer der Kundmachung plus vier Wochen nach Ablauf der Kundmachung) einen Ausnahmeantrag zu stellen, im Regelfall nicht davon auszugehen ist, dass innerhalb von zehn Wochen nach dem Grundsatzbeschluss oder bis zur Entscheidung der Behörde über diesen Antrag bereits eine faktische Anschlussmöglichkeit besteht. Dies deshalb, weil dem Grundsatzbeschluss regelmäßig erst die Projektierung, dann die diesbezüglichen behördlichen Verfahren und erst nach deren rechtskräftigem Abschluss die bauliche Umsetzung einer Kanalanlage folgt. Zudem erweist sich die Klärung von Anschlusspflichten bzw. von Ausnahmen von der Anschlusspflicht noch vor dem Stadium der Errichtung einer Kanalanlage auch als sinnvoll, weil die Gemeinde rechtzeitig in der Planungsphase auf die von der Anschlusspflicht ausgenommenen Liegenschaften reagieren und die konkrete Leitungsführung darauf abstimmen kann. Zwar kann die bescheidmäßige Umsetzung der Anschlussverpflichtung nach § 62 Abs. 2 BO iVm § 17 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 erst dann erfolgen, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht; über den Antrag auf Ausnahme von dieser Verpflichtung kann (s. § 73 Abs. 1 AVG: muss) aber bereits vorher bescheidmäßig entschieden werden.

3.1. Im vorliegenden Fall hat die mitbeteiligte Gemeinde den in Rede stehenden Grundsatzbeschluss vom 25. April 2005 über ihre Entscheidung, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen, unstrittig kundgemacht. Ebenso unstrittig erfolgte die vorliegend maßgebliche Antragstellung innerhalb der besagten Frist von zehn Wochen, weshalb sie rechtzeitig iSd § 62 Abs. 4 iVm § 62 Abs. 3 BO war.

3.2. Wenn (wie schon erwähnt) gemäß § 62 Abs. 4 BO für das Verfahren betreffend die Kundmachung und die Bekanntgabe des Grundsatzbeschlusses die Bestimmungen des Abs. 3 sinngemäß gelten, ist entgegen der Beschwerde der in der Kundmachungs- und Bekanntgaberegelung des Abs. 3 enthaltene Hinweis, dass sich ein Grundsatzbeschluss auf eine "geplante Kanalisationsanlage" bezieht, auch für die Ausnahmeregelung des Abs. 4 maßgeblich. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach Abs. 4 kann derart dann nicht mehr erfolgen, wenn die Kanalisationsanlage nicht mehr bloß geplant ist.

3.3. Die Auffassung der belangten Behörde, wonach das Planungsstadium für die Kanalanlage der mitbeteiligten Gemeinde bereits abgeschlossen sei, eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden und die Anlage bereits teilweise in Ausführung begriffen gewesen sei, vermag die Beschwerde nicht wirksam zu entkräften. Mit dem Vorbringen, es gäbe tatsächlich laufend Planungsänderungen, "zumal erst am 28.11.2006 die Gemeinde Obritzberg/Rust als fünfte Partnergemeinde dem Abwasserverband Fladnitztal beigetreten" sei, wird nicht aufgezeigt, dass sich damit eine Änderung der Planung für den die Beschwerdeführer konkret betreffenden Teil der Kanalanlage ergebe. Gleiches gilt für den Hinweis, dass "noch nicht über alle Ausnahmeregelungen entschieden" worden sei. Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde mit dem Hinweis, dass in der Gemeinde Statzendorf, die auch am gemeinsamen Kanalprojekt beteiligt sei, einem namentlich genannten Ehepaar ein Ausnahme gemäß § 62 Abs. 4 BO mit Bescheid vom 25. Mai 2007 erteilt worden sei, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, zumal nicht konkret aufgezeigt wurde, dass dieser Fall dem der Beschwerdeführer in allen wesentlichen Punkten gleichgelagert ist. Daher geht die Verfahrensrüge fehl, die belangte Behörde habe betreffend ihre rechtliche Beurteilung den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht vollständig ermittelt.

Bei diesem Ergebnis ist es im Beschwerdefall schließlich nicht relevant, ob sich die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung nach § 62 Abs. 4 BO - wie die Beschwerdeführer meinen: zu Unrecht -

auch davon leiten ließ, dass ihrem Antrag aus dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit nicht stattzugeben gewesen sei.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Der Antrag der mitbeteiligten Marktgemeinde auf Ersatz des Aufwandes für die von ihr eingebrachte Gegenschrift war abzuweisen, weil ein solcher Aufwandersatz nach § 48 Abs. 3 lit. 2 VwGG nur insofern in Betracht kommt, wenn die Gegenschrift des Mitbeteiligten durch einen Rechtsanwalt (oder vorliegend nicht maßgeblich, durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) eingebracht wurde.

Wien, am 20. Oktober 2009

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