Normen
AHG 1949 §11;
BauO Wr §128 Abs4 idF 1976/018;
BauO Wr §128 Abs4;
BauO Wr §60 Abs1 litc idF 1976/018;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
AHG 1949 §11;
BauO Wr §128 Abs4 idF 1976/018;
BauO Wr §128 Abs4;
BauO Wr §60 Abs1 litc idF 1976/018;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Dem Antrag des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10. April 2009, GZ 30 Cg 1/04v-143, wird Folge gegeben und die Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes II.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. September 1980, Zl. MA 37/14-Salzwiesengasse 3/4/79, festgestellt.
Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Parteien erwachsenen Kosten sind Kosten des Rechtsstreites vor dem antragstellenden Gericht.
Begründung
Mit Beschluss vom 10. April 2009, GZ 30 Cg 1/04v-143, stellte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gemäß § 11 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz (AHG) in Verbindung mit Art. 131 Abs. 2 B-VG den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes II.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. September 1980, Zl. MA 37/14- Salzwiesengasse 3/4/79, feststellen.
In der Begründung dieses Antrages wurde ausgeführt, am 13. November 2000 sei es gegen 18.30 Uhr in dem von der Erstklägerin (hier: erstgenannte weitere Partei) gemieteten und von ihr mit dem Zweitkläger (hier: zweitgenannte weitere Partei) bewohnten Haus Salzwiesengasse 3 in 1140 Wien zu einem Brand gekommen, der seinen Ausgang bei einem offenen Kamin (Cheminee) im Wohnzimmer des ersten Obergeschosses (Dachgeschosses) genommen habe. Die Brandursache sei darin gelegen, dass der Metalleinsatz des seit 1976 bestehenden Cheminees seine Wärme auf die dahinter liegende Außenwand des Gebäudes abgegeben habe und dadurch auf Grund der jahrelangen Wärmedauerbelastung der Außenwand hinter dem Cheminee die Zündtemperatur der dort befindlichen Holzbauteile kontinuierlich herabgesetzt worden sei, sodass es letztlich am 13. November 2000 zu einer Entzündung des Sperrholzes der Wandbeplankung gekommen sei.
Das Haus sei 1975 errichtet und 1976 den damaligen Eigentümern übergeben worden. Bereits damals sei der in den der Baubewilligung vom 11. August 1976 zu Grunde liegenden Plänen noch nicht enthaltene Rauchfang samt Cheminee im Wohnzimmer so vorhanden gewesen, wie bei der am 7. November 1979 durchgeführten Augenscheinsverhandlung zur Erteilung der Benützungsbewilligung festgestellt worden sei. Die Errichtung dieses direkt auf das Cheminee aufgesetzten Rauchfangs im Wohnzimmer sei auf dem Plan zur Erteilung der Benützungsbewilligung eingezeichnet, aber nicht als Änderung gekennzeichnet gewesen. Der Rauchfang sei anlässlich der Augenscheinsverhandlung von Vertretern der Baubehörde begutachtet und nicht beanstandet worden. Ein Befund eines Rauchfangkehrers sei nicht vorgelegen. In der Benützungsbewilligung vom 22. September 1980 seien in Ansehung dieses Rauchfangs und des Cheminees keine Auflagen erteilt worden. Das Cheminee sei so gestaltet gewesen, dass zwischen der Rückseite seines als Metallteil ausgeführten Feuerraums und der Außenwand ein Hohlraum mit einer Tiefe von 16 cm bestanden habe. Die Außenwand sei durch Gipskartonplatten zum Cheminee hin brandhemmend verkleidet gewesen. Das Cheminee sei bis zur Außenwand mit Fliesen verkleidet gewesen, sodass weder dessen Rückseite noch der Abstand zur Außenwand noch deren bauliche Ausführung durch bloßen Augenschein feststellbar gewesen sei. Durch einen nach "amerikanischem Prinzip" aufgebauten, d.h. direkt auf das Cheminee aufgesetzten Rauchfang - ohne Rauchfangsohle und Putzöffnung - werde grundsätzlich keine unmittelbare Gefahr begründet, die auf diese Bauweise zurückzuführen wäre. Das Cheminee habe bis zum Brand im Jahr 2000 problemlos funktioniert. Bei einem Abstand des Metallteils des Feuerraums von der Außenwand von 25 cm wäre ein Brand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterblieben.
Die Kläger begehrten nunmehr den Ersatz des ihnen durch den Brand entstandenen Schadens aus dem Titel der Amtshaftung. Wegen der bauordnungswidrigen Ausführung des Kamins, insbesondere wegen des zu geringen Sicherheitsabstandes zu brennbaren Teilen der Außenmauer, erweise sich die Erteilung der Benützungsbewilligung durch die beklagte Partei als rechtswidrig und schuldhaft, weil die Bauordnungswidrigkeit auffallen hätte müssen.
Die beklagte Partei Stadt Wien habe im Verfahren eingewendet, dass der Brand nicht auf bauliche Mängel der Kaminanlage zurückzuführen gewesen sei. Auf Grund der Planunterlagen habe kein Anlass für ein Einschreiten bestanden. Die Benützungsbewilligung habe sich nicht auf den Rauchfang erstreckt. Die Befeuerung eines Ofens ohne Kaminbefund sei den Klägern als auffallende Sorglosigkeit anzulasten.
Das Klagebegehren sei im ersten Rechtsgang in erster und zweiter Instanz mit der Begründung abgewiesen worden, dass der hier maßgebliche Rauchfang nicht die Ursache für den Brand dargestellt habe. Vom Cheminee sei keine unmittelbare Brandgefahr ausgegangen. Gesetzliche Vorschriften über einzuhaltende Sicherheitsabstände habe es bei der Benützungsbewilligung nicht gegeben. Mangels augenscheinlicher Mängel habe die Benützungsbewilligung erteilt werden müssen, ein rechtswidriges Verhalten von Organen der beklagten Partei liege - auch im Zuge späterer feuerpolizeilicher Verrichtungen - nicht vor.
Der Oberste Gerichtshof habe jedoch die Urteile der Vorinstanzen mit Beschluss vom 16. Dezember 2008, GZ 1 Ob 200/07d, aufgehoben und die Rechtssache zur Prüfung des Benützungsbewilligungsbescheides gemäß § 11 AHG an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die belangte Behörde und die weiteren Parteien Stadt Wien, G S, Dr. C M und Dr. S S erstatteten Äußerungen.
Aus den vom antragstellenden Landesgericht vorgelegten Verwaltungsakten des Magistrates der Stadt Wien ergibt sich folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 11. August 1976, Zl. 37/14- Salzwiesengasse 3/1/76, wurde
"gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes, in der geltenden Fassung, (...) nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen die Bewilligung erteilt, auf der Liegenschaft, Grundstück 34/87, in EZ. 451 des Grundbuches der Kat.-Gem. Hadersdorf, 14. Bez., Salzwiesengasse ONr. 3, nach den vorgelegten Plänen unter Einhaltung der mit Bescheid der MA 37 vom 9. Februar 1976, Zl. MA 37-6881-75, bekannt gegebenen Fluchtlinien in der endgültigen Höhenlage ein voll unterkellertes, eingeschossiges Einfamilienhaus in Fertigteilbauweise mit teilweise ausgebautem Dachgeschoß errichten zu lassen. Das Haus soll eine Mittelwohnung enthalten. Die Beheizung der Aufenthaltsräume wird durch Zentralheizung erfolgen. Für die Ableitung der anfallenden Schmutz- und Niederschlagswässer sollen PVC-Rohrleitungen zum städt. Straßenkanal (Trennsystem) in der Salzwiesengasse hergestellt werden. Im Keller ist weiters der Einbau einer Kleingarage geplant."
In den dieser Baubewilligung zu Grunde liegenden, mit einer Bezugsklausel versehenen Einreichplänen ist nur ein Rauchfang neben dem im nordöstlichen Bereich des Gebäudes gelegenen Heizraum eingezeichnet.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 12. April 1978, Zl. MA 37/14- Salzwiesengasse 3/2/77, wurde gemäß § 70 und § 73 der Bauordnung für Wien (BO)
"nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plan die Bewilligung erteilt, abweichend von dem mit Bescheid vom 1976 08 11, Zl. MA 37/14-Salzwiesengasse 3/1/76, bewilligten Bauvorhaben nachstehende Änderungen durchzuführen:
Für die Ableitung der Drainagewässer soll eine Rohrleitung aus PVC-Rohren zum städt. Regenwasserkanal führend hergestellt werden."
Am 6. September 1978 wurde die Baubeginnsanzeige erstattet.
Mit Eingabe vom 7. März 1979 beantragten die Bauwerber die Erteilung der Benützungsbewilligung unter Anschluss eines Bescheides über die Gehsteigübernahme, eines Kanalbefundes und eines Rauchfangbefundes.
Dieser Antrag wurde in der Augenscheinsverhandlung vom 4. April 1979 zurückgezogen. Gleichzeitig verpflichteten sich die Bauwerber, binnen drei Monaten einen Planwechsel durchzuführen.
Mit Eingabe vom 28. August 1979 ersuchten die Bauwerber um "Baubewilligung für Planwechsel und Benützungsbewilligung für das auf dem Baugrundstück errichtete Einfamilienhaus".
In der von der Baubehörde aufgenommenen Niederschrift über die Verhandlung vom 7. November 1979 betreffend die "I.) Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben II.) Benützungsbewilligung" wurde festgehalten, dass der Rauchfangbefund, der Kanalbefund sowie die Gehsteigkonstatierung der MA 28 vorgelegt und die nach § 127 Abs. 3 BO vorgesehenen technischen Überprüfungen durchgeführt worden seien und keinen Anstand ergeben hätten.
Der vorgelegte Rauchfangbefund bezog sich auf den mit der Baubewilligung mitbewilligten Rauchfang neben dem Heizraum, welcher für die vorgesehene Ölheizungsanlage vorgesehen ist.
Die Behörde stellte fest, dass nachstehende Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben vorgenommen wurden:
"Das Dachgeschoss wurde geändert, wobei die beiden vorgesehenen Trockenräume in zwei Zimmer umgestaltet und ein Abort und ein Bad hergestellt wurden.
An der Ostseite des Einfamilienhauses wurde im Bereich des Dachgeschosses ein 10,50 m2 großer Balkon errichtet."
Der Verhandlung lag ein Einreichplan (mit "Planwechsel" bezeichnet) zu Grunde, in dem in roter und gelber Farbe Änderungen im Keller und Erdgeschoss sowie Änderungen der Raumeinteilung und Raumnutzung im Dachgeschoss eingezeichnet sind. In diesem als Planwechsel bezeichneten Einreichplan ist nunmehr auch ein zweiter Rauchfang sowohl im Erdgeschoss als auch durchgehend im Dachgeschoss im südlich gelegenen Teil des Gebäudes in den Räumen neben der Terrasse (Erdgeschoss) und dem Balkon (Dachgeschoss) in grauer Farbe sowie in den Ansichten eingezeichnet.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. September 1980, Zl. MA 37/14- Salzwiesengasse 3/4/79, wurden die Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben und die Benützungsbewilligung wie folgt erteilt:
"I.) Der Magistrat erteilt gemäß § 70 und § 73 der Bauordnung für Wien (BO) nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plan nachträglich die Bewilligung für folgende Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben:
Das Dachgeschoss wurde geändert, wobei die beiden vorgesehenen Trockenräume in zwei Zimmer umgestaltet und ein Abort und ein Bad hergestellt wurden. An der Ostseite des Einfamilienhauses wurde im Bereich des Dachgeschosses ein 10,50 m2 großer Balkon errichtet.
II.) Der Magistrat erteilt gemäß § 128 der Bauordnung für Wien (BO) die Bewilligung, das zufolge der Baubewilligung vom 11. Aug. 1976, MA 37/14-Salzwiesengasse 3/1/76, und der Bewilligung zur Abweichung von der Baubewilligung vom 12. April 1978, MA 37/14-Salzwiesengasse 3/2/77, auf der Liegenschaft 14. Bez., Salzwiesengasse ONr. 3, EZ 451 der Kat. Gem. Hadersdorf geschaffene Einfamilienhaus, wie in dem zu diesem Bescheid gehörigen Plan dargestellt, benützen zu lassen."
In der Begründung wurde hiezu ausgeführt:
"Da die Bauführung nach dem Ergebnis des Augenscheines vom 7. November 1979 den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, konnte die Benützungsbewilligung erteilt werden. Die vorgeschriebenen Auflagen sind in § 128 Abs. 4 der BO begründet."
Auflagen sind in diesem Bescheid nicht enthalten. Auf den erwähnten zweiten Rauchfang wurde in diesem Bescheid ebenfalls nicht Bezug genommen.
Der mit "Planwechsel" bezeichnete Einreichplan enthält die Bezugsklausel: "Hierauf bezieht sich der Bescheid, MA 37/14- Salzwieseng. 3/4/79" mit dem Datum "22.9.1980."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Antrag des Zivilgerichtes gemäß § 11 AHG ist als Beschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG aufzufassen. Im Falle der Stattgebung der Beschwerde hat der Gerichtshof die Rechtswidrigkeit des Bescheides festzustellen, andernfalls ist die Beschwerde abzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Verfahren nach § 11 AHG an die Anfechtungserklärung des Gerichtes gebunden, er hat aber ohne Bindung an die Rechtsanschauung der Gerichte zu prüfen, ob die Verwaltungsbehörde die Subsumtionsfrage zutreffend gelöst hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 88/05/0269, VwSlg. 13.700/A). Der Verwaltungsgerichtshof ist auch in diesem Verfahren grundsätzlich an den von der Verwaltungsbehörde angenommenen Sachverhalt gebunden.
Die maßgebende Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des in Prüfung stehenden Benützungsbewilligungsbescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. September 1980 ergibt sich aus der Bauordnung für Wien in der Fassung LGBl. Nr. 18/1976. Der hier maßgebliche § 128 hat folgenden Wortlaut:
"Benützungsbewilligung
§ 128.
(1) Neu-, Zu- und Umbauten (§ 60 Abs. 1 lit. a), bewilligungspflichtige sonstige baulichen Anlagen (§ 60 Abs. 1 lit. b), von einer bewilligungspflichtigen Bauabänderung (§ 60 Abs. 1 lit. c) betroffene Bauteile, Motoren und Maschinen (§ 60 Abs. 1 lit. i) und bewilligungspflichtige Anlagen (§ 61) dürfen vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht benützt werden; für die Einhaltung dieser Verpflichtung sind der Bauwerber und der Eigentümer (alle Miteigentümer) der Baulichkeit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Von dieser Verpflichtung kann im Baubewilligungsbescheid abgesehen werden, wenn keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen zu besorgen ist; in diesen Fällen ist jedoch die Vollendung der Bauführung der Behörde anzuzeigen (Fertigstellungsanzeige).
(2) Der Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung kann vom Bauwerber, vom Eigentümer (allen Miteigentümern) der Baulichkeit und vom Grundeigentümer (allen Miteigentümern) eingebracht werden. Über den Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung hat die Behörde unbeschadet des Abs. 4 in der Regel binnen vier Wochen nach Einlangen des Antrages schriftlich durch Bescheid zu erkennen.
(3) Dem Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung sind die Befunde über die vorhandenen Rauch- und Abgasfänge und die vorhandenen Kanäle bzw. Senkgruben beizulegen. Ist die Verpflichtung zur Herstellung eines Gehsteiges bereits erfüllt, ist die behördliche Feststellung der vorschriftsmäßigen Herstellung des Gehsteiges anzuschließen. Sind während der Bauausführungen Abänderungen vorgenommen worden, sind dem Antrag ungeachtet der hiefür erwirkten Bewilligung die zur Ausführung entsprechenden Pläne in drei Gleichstücken beizuschließen. Die Pläne müssen den Bestimmungen der §§ 64 und 65 entsprechen.
(4) Die Benützungsbewilligung ist zu erteilen, wenn das Gebäude, die bauliche Anlage bzw. der Gebäudeteil der Baubewilligung und den Vorschriften dieses Gesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entsprechend ausgeführt und alle mit dem Bau verbundenen gesetzlichen und bescheidmäßig auferlegten Verpflichtungen erfüllt sind. Sie ist auch zu erteilen, wenn die Ausführung von den genehmigten Bauplänen nur insoweit abweicht, als für die Abweichung eine Baubewilligung nicht erforderlich ist (§ 62) oder wenn nur untergeordnete Teile noch nicht ausgeführt sind und mit diesen Mängeln keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder nur solche Verpflichtungen noch nicht erfüllt sind, mit deren Nichterfüllung keine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen verbunden ist. Im letzten Fall ist von der Behörde eine Frist für die Vollendung des Gebäudes, der baulichen Anlage bzw. des Gebäudeteiles oder für die Erfüllung der Verpflichtungen festzusetzen. In allen übrigen Fällen ist die Benützungsbewilligung zu versagen; bei Nichterfüllung der aus dem Wiener Garagengesetz erfließenden Verpflichtungen ist die Benützungsbewilligung jedenfalls zu versagen. Für Teile eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ist die Benützungsbewilligung zu erteilen (Teilbenützungsbewilligung), wenn die vorangeführten Grundsätze hiefür eingehalten sind und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen das Betreten der nicht zur Benützung freigegebenen Teile des Gebäudes oder der baulichen Anlage getroffen worden sind. Für Wohnungen kann die Benützungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die gesamte Wohnungseinheit benützbar ist. Ist eine Abteilungsbewilligung (§ 13) erforderlich, darf die Benützungsbewilligung erst nach Durchführung der Abteilungsbewilligung im Grundbuch erteilt werden; die Benützungsbewilligung ist jedoch unter Einräumung einer Nachfrist für die grundbücherliche Durchführung der Abteilungsbewilligung zu erteilen, wenn die grundbücherliche Durchführung ohne Verschulden des Verpflichteten unterblieben und der Antrag beim Grundbuchsgericht eingebracht ist. Durch die Erteilung der Benützungsbewilligung ist die nach anderen Bestimmungen dieses Gesetzes bestehende Verpflichtung, Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben, nicht berührt."
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 128 Abs. 4 BO durfte daher eine Benützungsbewilligung nicht erteilt werden, wenn die Ausführung eines Bauvorhabens von den genehmigten Bauplänen abweicht und für diese Abweichung eine Baubewilligung erforderlich ist.
Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO waren zum Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung des gegenständlichen Hauses jedenfalls bewilligungspflichtig:
"Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage."
Ein Rauchfang berührt auf Grund der mit seiner Errichtung und Benützung bewirkten Vergrößerung der Brandgefahr öffentliche Interessen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0225). Seine Errichtung ist von Einfluss auf die Feuersicherheit und war daher nach der hier anzuwendenden Rechtslage gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO im Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung des Hauses bewilligungspflichtig.
Eine Benützungsbewilligung nach § 128 BO, deren Gegenstand und Inhalt ausschließlich die Benützung des Bauwerks bildet, kann den Baukonsens nicht abändern oder ersetzen. Nur wenn eine Benützungsbewilligung erkennen lässt, dass damit bewilligungspflichtige Projektsänderungen bewilligt werden, ist davon auszugehen, dass in Wahrheit zugleich auch eine Baubewilligung erteilt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 2005, Zl. 2004/05/0104, m.w.N.).
Für den hier gegenständlichen Rauchfang wurde kein Befund im Sinne des § 128 Abs. 3 BO vorgelegt. Die im Spruchpunkt I.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 22. September 1980 erteilte nachträgliche Bewilligung bezog sich auch nicht auf diesen Rauchfang.
Wie dem Spruch des Benützungsbewilligungsbescheides (Spruchpunkt II.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. September 1980 zu entnehmen ist, wurde die Benützungsbewilligung "wie in dem zu diesem Bescheid gehörigen Plan dargestellt" erteilt. Die Benützungsbewilligung bezog sich also auch auf die Benützung dieses Rauchfangs, obwohl hiefür keine erforderliche Baubewilligung vorlag und auch nicht erteilt wurde.
Auf Grund dieser Erwägungen folgt, dass die Baubehörde die beantragte Benützungsbewilligung nicht hätte erteilen dürfen, weil für den im Plan dargestellten und offenbar tatsächlich auch vorhandenen, im südlich gelegenen Teil des Gebäudes gelegenen Rauchfang keine Baubewilligung vorlag.
Die Benützungsbewilligung, die beurkundet, dass die Voraussetzungen für die Bewohnung bzw. Benützung gegeben sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2004/05/0205), bewirkte ein Recht auf bewilligungsmäßige Benützung der Baulichkeit (vgl. hiezu Geuder/Hauer/Krzizek, Das Wiener Baurecht, 1. Aufl., Anm. 8 zu § 128 BO).
Die Erteilung der Benützungsbewilligung war daher im Beschwerdefall objektiv rechtswidrig.
Ob dieser Rauchfang bewilligungsfähig gewesen wäre und ob die Baubehörde im Rahmen des Benützungsbewilligungsverfahrens allenfalls eine ihr obliegende Pflicht zur Prüfung der vorhandenen Feuerstätte verletzt hat, ist im Beschwerdeverfahren ebenso wenig entscheidungsrelevant wie die Frage, ob die Baubehörde verpflichtet gewesen wäre, bezüglich dieser Feuerstätte und des mit dieser verbundenen Rauchfangs einen Bauauftrag § 129 Abs. 10 BO zu erlassen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Benützungsbewilligungsbescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. September 1980 gerichtete Antrag gemäß § 11 AHG des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. April 2009.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 68 VwGG.
Wien, am 15. Juni 2010
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